BGH Beschluss v. - 1 StR 515/09

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: StPO § 349 Abs. 4; StGB § 64; StGB § 67 Abs. 2; StGB § 67 Abs. 5

Instanzenzug: LG Konstanz, vom

Gründe

1. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen mehrerer Verbrechen des unerlaubten bandenmäßigen Handels mit Betäubungsmitteln zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass zwei Jahre der Gesamtfreiheitsstrafe vor der Unterbringung zu vollziehen sind.

Mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision erstrebt der Angeklagte, dass der Vorwegvollzug vom Revisionsgericht auf ein Jahr der erkannten Gesamtfreiheitsstrafe festgesetzt wird, hilfsweise die Aufhebung des Urteils im Ausspruch über den Vorwegvollzug und insoweit die Zurückverweisung der Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts Konstanz.

Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom ausgeführt:

"Der Beschwerdeführer beschränkt die Revision auf die Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzuges. Dies ist zulässig, da der Beschwerdepunkt nach dem inneren Zusammenhang des Urteils, losgelöst von seinem nicht angefochtenen Teil, rechtlich und tatsächlich unabhängig beurteilt werden kann, ohne eine Überprüfung des Urteils im Übrigen erforderlich zu machen (st. Rspr., vgl. m.w.N.). So liegt es hier. Die Kammer hat - sachverständig beraten (UA S. 13) -rechtsfehlerfrei festgestellt, dass beim Angeklagten die Voraussetzungen für die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB vorliegen (UA S. 14, 15).

Hinsichtlich der Dauer des Vorwegvollzuges kann die Entscheidung, bei der sich das Landgericht offensichtlich am Zeitpunkt einer möglichen 2/3-Entlassung orientiert hat (UA S. 15), nicht bestehen bleiben (§ 349 Abs. 4 StPO).

Wie der Beschwerdeführer auch zutreffend rügt, soll gemäß § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB in der am in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom (BGBl I 1327ff.; im Folgenden n.F.) das Gericht bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Eine abweichende Entscheidung zur Vollstreckungsreihenfolge ist nur dann gerechtfertigt, wenn diese aus gewichtigen Gründen des Einzelfalls eher die Erreichung eines Therapieerfolgs erwarten lässt. Liegen - wie hier - keine Gründe vor, die gegen die Anordnung des Vorwegvollzugs eines Teils der Strafe sprechen, so hat der Tatrichter im Erkenntnisverfahren bei der Bemessung des Vorweg zu vollziehenden Teils der Strafe keinen Beurteilungsspielraum mehr. Dieser Teil ist nach § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB n.F. so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung nach Erledigung der Hälfte der Strafe gemäß § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB möglich ist (vgl. Senat Beschluss vom - 1 StR 144/08 sowie vom - 1 StR 644/07).

Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass gemäß § 64 StGB die Dauer der Unterbringung im Regelfall mit zwei Jahren anzusetzen sei, diese indessen bei dem Angeklagten nicht 'unerheblich unterschritten werden' könne (UA S. 15). Die Bemessung des Vorwegvollzuges und die voraussichtliche Dauer des Maßregelvollzuges werden es nach Auffassung des Tatgerichts aller Voraussicht nach bei einem erfolgreichen Abschluss der Therapie dem Angeklagten möglich machen, das letzte verbleibende Strafdrittel zur Bewährung auszusetzen (UA a.a.O.).

Dies ist rechtsfehlerhaft sowohl in der Hinsicht, dass sich die Kammer entgegen § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB am Zeitpunkt einer möglichen 2/3-Entlassung orientiert, als auch davon abgesehen hat, die voraussichtliche Dauer der Unterbringung bestimmt festzusetzen (Fischer, StGB § 67 Rdn. 11a m.w.N.).

Da insoweit die voraussichtliche Dauer der Therapie nicht rechtsfehlerfrei festgestellt wurde, ist dem Senat eine Durchentscheidung verwehrt, mit der er die Dauer des Vorwegvollzuges selbst bestimmen könnte (vgl. Senat Beschluss vom - 1 StR 144/08 -). Eine andere Strafkammer wird die voraussichtliche Dauer der Unterbringung gemäß § 64 StGB feststellen und danach die des Vorwegvollzuges neu bestimmen müssen."

Dem tritt der Senat bei.

2. Die Urteilsformel bedarf einer Ergänzung:

Der landgerichtliche Urteilstenor lautet: "Die Angeklagten B. , M. und F. sind des unerlaubten bandenmäßigen Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen und in Tateinheit mit versuchter unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in einem Fall schuldig." Die Strafkammer erkannte dann auf Gesamtfreiheitsstrafen. Der formulierte Schuldspruch ist offensichtlich unvollständig. Wie sich aus den Urteilsgründen - sowohl in der Sachverhaltsdarstellung als auch in der rechtlichen Würdigung und in der Strafzumessung - zweifelsfrei ergibt, wurden der Angeklagte und die - nicht revidierenden - Mitverurteilten M. und F. wegen unerlaubten bandenmäßigen Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge für schuldig befunden - in dreien dieser Fälle - so das Landgericht - in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln, in einem weiteren in Tateinheit mit versuchter unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln, jeweils in nicht geringer Menge. Es bestehen keine Zweifel daran, dass das Urteil so "beschlossen" wurde (vgl. RGSt 13, 267, 269) und dies auch der mündlichen Eröffnung der Urteilsgründe zugrunde lag (vgl. BGH GA 1969, 119). Das Verlesen der Urteilsformel und die Eröffnung der Urteilsgründe bilden eine Einheit (vgl. § 268 Abs. 2 Satz 1 StPO). Die Worte "in fünf Fällen" wurden ersichtlich nur wegen eines Schreibversehens nicht in die Urteilsformel aufgenommen. Dies hat der Senat korrigiert (entsprechend § 354 Abs. 1 StPO), auch hinsichtlich der Mitverurteilten (entsprechend § 357 StPO). Die Behebung derartiger offensichtlicher Versehen (Lücken) bei der Niederschrift der Urteilsformel, hinter denen sich zweifelsfrei keine sachliche Änderung verbirgt, ist nicht nur dem Ausgangsgericht (vgl. BGHSt 5, 5, 10; 25, 333, 336; BGH NStZ 1984, 279; ; RGSt 13, 267, 269), sondern ebenso dem mit der Sache befassten Rechtsmittelgericht möglich, auch wenn der Schuldspruch schon rechtskräftig ist (entsprechend BayObLGSt 1972, 1 bei unvollständiger Wiedergabe der Strafvorschrift).

3. Zum Konkurrenzverhältnis zwischen bandenmäßigem unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und deren unerlaubter Einfuhr wird auf Rdn. 2 verwiesen (vgl. auch Weber, BtMG 3. Aufl., § 30a Rdn. 36). Insoweit ist dem Senat eine Korrektur des rechtskräftigen Schuldspruchs jedoch verwehrt, da bei der Annahme von Tateinheit nicht nur ein Formulierungsversehen vorliegt, wie die Urteilsgründe ausweisen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
QAAAD-32433

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