BVerwG Urteil v. - OVG 2 K 364/06

Leitsatz

1. Die Änderung eines Bebauungsplans von einem reinen zu einem allgemeinen Wohngebiet berührt nicht stets die Grundzüge der Planung.

2. Die interne Unbeachtlichkeitsklausel des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB ist entsprechend anzuwenden, wenn die Gemeinde das vereinfachte Verfahren (§ 13 BauGB) angewandt hat, weil sie verkannt hat, dass die Änderung oder Ergänzung eines Bauleitplans die Grundzüge der Planung berührt, und infolge dessen auch die Vorschriften über die Begründung der Bauleitpläne verletzt worden sind; das gilt nur, wenn die Durchführung einer Umweltprüfung nicht gemeinschaftsrechtlich geboten war.

Gesetze: BauGB § 2 Abs. 4; BauGB § 2a; BauGB § 3 Abs. 2; BauGB § 4 Abs. 2; BauGB § 9 Abs. 8; BauGB § 13; BauGB § 13a; BauGB § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2; BauGB § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3; BauGB § 214 Abs. 2a; BauNVO § 1 Abs. 1; BauNVO § 1 Abs. 2; BauNVO § 1 Abs. 4; BauNVO § 1 Abs. 5; BauNVO § 1 Abs. 6; BauNVO § 1 Abs. 7; BauNVO § 1 Abs. 8; BauNVO § 1 Abs. 9; BauNVO § 3; BauNVO § 4; RL 2001/42/EG Art. 3; RL 2001/42/EG Art. 5 Abs. 1

Instanzenzug: OVG Magdeburg, OVG 2 K 364/06 vom Fachpresse: ja BVerwGE: ja

Gründe

I

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Änderung eines Bebauungsplans.

Sie ist Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks K...weg 21, das im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 3 "In der Trommel" liegt. In seiner ursprünglichen Fassung aus dem Jahr 1993 setzte der Plan ein nach Gebäudetypen gegliedertes reines Wohngebiet fest. Südlich vom Plangebiet befindet sich eine Windfarm. Sie liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 6 "Windpark Farnstädt" vom . Nordwestlich und nördlich des Plangebiets liegen Misch- und Gewerbegebiete, die durch den Bebauungsplan "Gewerbepark Nr. 1 Schielschke und Mischgebiet" vom festgesetzt wurden.

Am beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin im vereinfachten Verfahren nach § 13 BauGB die dritte Änderung des angegriffenen Bebauungsplans. Der Plan setzt die Fläche des bisherigen reinen Wohngebiets als allgemeines Wohngebiet fest; Gartenbaubetriebe, Tankstellen sowie Schank- und Speisewirtschaften sind in dem Gebiet nicht zulässig.

Nach Bekanntmachung des Änderungsplans erteilte das Landesverwaltungsamt der Betreiberin der Windfarm die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Änderung u.a. des nächtlichen Betriebs von 16 Windkraftanlagen in der bestehenden Windfarm. Zur Begründung wird ausgeführt, dass sich der Immissionsrichtwert für die Nacht nach Nr. 6.1 der TA-Lärm durch die 3. Änderung des Bebauungsplans von 35 dB(A) in einem reinen Wohngebiet auf 40 dB(A) in einem allgemeinen Wohngebiet erhöht habe.

Den gegen die Änderung des Bebauungsplans gerichteten Normenkontrollantrag der Antragstellerin hat das Oberverwaltungsgericht durch Urteil vom abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Ein Verfahrensfehler dürfte nicht darin zu sehen sein, dass die Antragsgegnerin die Änderung im vereinfachten Verfahren nach § 13 BauGB durchgeführt habe. Es spreche überwiegendes dafür, dass durch die Planänderung die Grundzüge der Planung nicht berührt würden. Nach diesem Merkmal brauche nur ein vereinfachtes Verfahren stattzufinden, wenn die Änderung das der bisherigen Planung zugrunde liegende Leitbild nicht verändere, wenn also der planerische Grundgedanke erhalten bleibe. Auch wenn hier - anders als in dem vom (BVerwG 4 B 18.00 - BRS 63 Nr. 41 = ZfBR 2001, 131) entschiedenen Fall - sämtliche 175 Parzellen des über 10 ha großen Plangebiets von der Änderung der Nutzungsart betroffen seien, dürfte das der Planung zugrunde liegende Leitbild nicht verändert worden sein. Bei Aufstellung des Plans sei es der Antragsgegnerin maßgeblich darauf angekommen, die damals verstärkte Nachfrage nach Wohnbauland zu befriedigen. Auch jetzt solle im Plangebiet die Nutzung zu Wohnzwecken vorrangig und die Wohnnutzung störendes Gewerbe ausgeschlossen bleiben.

Letztlich könne jedoch dahingestellt bleiben, ob die streitige Änderung die Grundzüge der Planung berühre und die Antragsgegnerin daher gegen die verfahrensrechtliche Bestimmung des § 13 Abs. 1 BauGB verstoßen habe, denn ein solcher Fehler wäre jedenfalls unbeachtlich. Nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 1 BauGB sei eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften zwar beachtlich, wenn die dort genannten Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung verletzt worden seien; Halbsatz 2 bestimme aber, dass dabei u.a. unbeachtlich sei, wenn bei Anwendung des § 13 BauGB die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach diesen Vorschriften verkannt worden seien. Für die formelle Wirksamkeit eines Bebauungsplans sei unbeachtlich, wenn anstelle des an sich gebotenen "normalen" Beteiligungsverfahrens nach § 3 Abs. 2 BauGB das vereinfachte Verfahren nach § 13 BauGB durchgeführt worden sei. Nur die völlige Unterlassung einer notwendigen Beteiligung bleibe erheblich. Hier habe ein Beteiligungsverfahren stattgefunden.

Die Anwendung der Unbeachtlichkeitsklausel scheitere auch nicht daran, dass die Antragsgegnerin von der Durchführung einer Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB und der Anfertigung eines Umweltberichts abgesehen habe. Der Auffassung, dass die Unbeachtlichkeitsklausel den Plan nur dann vor der Unwirksamkeit bewahren könne, wenn die Gemeinde trotz ihrer Entscheidung für das vereinfachte Verfahren eine förmliche Umweltprüfung vornehme und einen Umweltbericht erstelle, sei, jedenfalls in dieser Allgemeinheit, nicht zu folgen. Bei einer solchen Auslegung würde die Unbeachtlichkeitsklausel völlig oder weitestgehend leerlaufen. Die Gemeinde habe, wenn sie das vereinfachte Verfahren durchführen wolle, nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 3 Satz 1 BauGB keinen Spielraum hinsichtlich einer Umweltprüfung und der Fertigung eines Umweltberichts. Die Regelung in § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB, wonach eine Verletzung von Vorschriften über die Begründung von Satzungen in Bezug auf den Umweltbericht - außer bei Unvollständigkeit in unwesentlichen Punkten - beachtlich sei, sei nur in den Fällen einschlägig, in denen die Gemeinde trotz Durchführung des Regelverfahrens keinen oder einen in wesentlichen Punkten unvollständigen Umweltbericht verfasst habe. Ob die Unbeachtlichkeitsklausel des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Halbs. 2 BauGB in den Fällen nicht zur Anwendung komme, in denen die Gemeinde die in § 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BauGB genannten (weiteren) Voraussetzungen für die Durchführung des vereinfachten Verfahrens verkannt habe, bedürfe keiner Entscheidung.

Der angegriffene Bebauungsplan leide auch nicht an einem Abwägungsmangel. Insbesondere sei eine unzumutbare Belastung für die Bewohner durch die mit der Gebietsartänderung verbundene Erhöhung der Immissionsrichtwerte nicht erkennbar.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Antragstellerin. Sie rügt eine Verletzung des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 BauGB.

II

Die Revision der Antragstellerin ist nicht begründet. Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Änderung eines Bebauungsplans von einem reinen zu einem allgemeinen Wohngebiet nicht stets die Grundzüge der Planung berührt (1.). Ob die Änderung des Bebauungsplans "In der Trommel" die Grundzüge der Planung berührt, hat es im Ergebnis offen gelassen. Seine Auffassung, dass, wenn die Antragsgegnerin zu Unrecht das vereinfachte Verfahren nach § 13 BauGB durchgeführt haben sollte, dieser Fehler unbeachtlich sei, ist zwar, soweit es um das Gemeinschaftsrecht geht, unzureichend begründet, im Ergebnis jedoch mit Bundesrecht vereinbar (2.).

1. Gemäß § 13 Abs. 1 BauGB kann eine Gemeinde für die Änderung eines Bebauungsplans das vereinfachte Verfahren nur anwenden, wenn - neben weiteren Voraussetzungen - durch die Änderung die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Wann eine Planänderung die Grundzüge der Planung berührt, lässt sich nicht für alle Konstellationen abstrakt bestimmen. Ein Rechtssatz des Inhalts, dass Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung stets oder zumindest in der Regel zu den Grundsätzen der Planung gehören, lässt sich nicht aufstellen. Ob eine Abweichung die Grundzüge der Planung berührt oder von minderem Gewicht ist, beurteilt sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls, nämlich dem im Bebauungsplan zum Ausdruck gebrachten planerischen Wollen. Bezogen auf dieses Wollen darf der Abweichung vom Planinhalt keine derartige Bedeutung zukommen, dass die angestrebte und im Plan zum Ausdruck gebrachte städtebauliche Ordnung in beachtlicher Weise beeinträchtigt wird. Es muss - mit anderen Worten - angenommen werden können, die Abweichung liege noch im Bereich dessen, was der Planer gewollt hat oder gewollt hätte, wenn er die weitere Entwicklung einschließlich des Grundes für die Abweichung gekannt hätte ( BVerwG 4 C 16.07 - juris Rn. 23 - zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen). Diese Grundsätze gelten auch, wenn die Planänderung in einem Wechsel von einem reinen zu einem allgemeinen Wohngebiet liegt und sie nicht - wie im Beschluss des Senats vom (BVerwG 4 B 18.00 - BRS 63 Nr. 41 = ZfBR 2001, 131) - auf wenige Grundstücke innerhalb eines größeren Baugebiets beschränkt ist.

Ändert eine Gemeinde nicht nur die Festsetzungen für das jeweilige Baugebiet, sondern den Baugebietstyp selbst, werden die Grundzüge der Planung allerdings in den meisten Fällen berührt sein. Die bauliche Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde wird maßgebend durch die Festsetzung eines Baugebiets im Sinne der §§ 2 bis 11 BauNVO bestimmt. Nach dem Baugebietstyp richtet sich - vorbehaltlich differenzierender Festsetzungen nach § 1 Abs. 4 bis 9 BauNVO -, welche Vorhaben in dem Gebiet allgemein oder ausnahmsweise zulässig sind; die Wahl des Baugebiets entscheidet zugleich über das Maß der zulässigen Immissionen, denn das Immissionsschutzrecht legt für die Baugebiete unterschiedliche Immissionsrichtwerte fest (vgl. § 2 Abs. 1 16. BImSchV, § 2 Abs. 2 18. BImSchV, Nr. 6.1 der TA-Lärm, Beibl. 1 zur DIN 18005 - Teil 1). Zu den grundlegenden Aufgaben der Bauleitplanung gehört es, durch die Festsetzung von Baugebieten Nutzungskonflikte innerhalb des jeweiligen Gebietes zu vermeiden und die verschiedenen Baugebiete einander so zuzuordnen, das Konflikte zwischen den Gebieten und ihrer Umgebung vermieden werden (vgl. BVerwG 4 C 13.04 - BVerwGE 124, 132 <139> für den Flächennutzungsplan).

Ein Wechsel des Baugebietstyps muss jedoch nicht stets die Grundzüge der Planung berühren. Innerhalb der Bauflächenkategorien (vgl. § 1 Abs. 1 Bau-NVO) können die Baugebietstypen fein abgestimmt sein. Bei den Wohnbauflächen unterscheidet die BauNVO zwischen Kleinsiedlungsgebieten, reinen, allgemeinen und besonderen Wohngebieten (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 bis 4, §§ 2 bis 4a BauNVO). Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen (§ 3 Abs. 1 BauNVO), allgemeine Wohngebiete vorwiegend dem Wohnen (§ 4 Abs. 1 BauNVO). Die jeweilige Zwecksetzung darf zwar auch durch differenzierende Festsetzungen nach § 1 Abs. 4 bis 9 BauNVO nicht verloren gehen (Beschlüsse vom - BVerwG 4 NB 32.89 - BRS 49 Nr. 74 und vom - BVerwG 4 NB 16.96 - BRS 58 Nr. 23); im Hinblick auf die Art der Nutzung kann der Unterschied zwischen einem reinen und einem allgemeinen Wohngebiet jedoch weiter verringert werden, wenn die Gemeinde vergleichsweise stärker störende Vorhaben, die in einem allgemeinen Wohngebiet an sich allgemein oder ausnahmsweise zulässig sind - wie hier der Versorgung des Gebiets dienende Schank- und Speisewirtschaften, Gartenbaubetriebe und Tankstellen (§ 4 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 4 und 5 BauNVO) - ausschließt. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann sich der Wechsel von einem reinen zu einem allgemeinen Wohngebiet als qualitativ geringfügig darstellen (Beschluss vom , a.a.O.), selbst wenn die Änderung das gesamte Baugebiet betrifft. Auch in einem solchen Fall kann die Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets noch im Bereich dessen liegen, was die Gemeinde gewollt hätte, wenn sie die weitere Entwicklung einschließlich des Grundes für die Abweichung gekannt hätte, z.B. weil es ihr bei der ursprünglichen Festsetzung des reinen Wohngebiets nicht entscheidend darauf ankam, den Bewohnern des Gebiets eine besondere Wohnruhe zu gewährleisten, sondern überhaupt Wohnbauflächen mit einem hohen Anteil von Wohngebäuden zu schaffen.

Gemeinschaftsrechtlich ist eine solche Auslegung des § 13 Abs. 1 BauGB unbedenklich. Bis zum Inkrafttreten des Europarechtsanpassungsgesetzes Bau vom (BGBl I S. 1359 - im Folgenden: EAG Bau) war die Wahl des vereinfachten Verfahrens gemeinschaftsrechtlich ohne Bedeutung. Im vereinfachten Verfahren konnte die Gemeinde lediglich von der frühzeitigen Bürgerbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB absehen und die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung auf die betroffenen Bürger und die berührten Träger öffentlicher Belange beschränken. Einzige Voraussetzung hierfür war, dass die Grundzüge der Planung durch die Änderungen oder Ergänzungen des Bauleitplans nicht berührt wurden. Dadurch sollte das vereinfachte Verfahren Planänderungen vorbehalten bleiben, die aus städtebaulichen Gründen nur von untergeordneter Bedeutung waren. Zur Umsetzung der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (ABl EG Nr. L 197 S. 30 - im Folgenden: PlanUP-RL) hat das EAG Bau die Umweltprüfung in das Regelverfahren für die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bauleitplänen integriert (§ 2 Abs. 4 BauGB). Gleichzeitig sollte das vereinfachte Verfahren nach § 13 BauGB zur sachgerechten Behandlung von solchen Bauleitplänen fortentwickelt werden, bei denen von vornherein keine erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten sind (BTDrucks 15/2250 S. 30); im vereinfachten Verfahren wird von der Umweltprüfung abgesehen (§ 13 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Das Tatbestandsmerkmal "Grundzüge der Planung nicht berührt" hat nunmehr neben der bisherigen städtebaulichen Bedeutung auch die Funktion, im Zusammenwirken mit den weiteren Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 BauGB sicherzustellen, dass nur solche Planänderungen im vereinfachten Verfahren beschlossen werden können, die keine erheblichen Umweltauswirkungen haben und deshalb auch gemeinschaftsrechtlich eine Umweltprüfung nicht erfordern (BTDrucks 15/2250 S. 50).

Entgegen der Auffassung der Revision sind die Umweltauswirkungen eines Änderungsplans, der anstelle eines reinen Wohngebiets ein allgemeines Wohngebiet festsetzt, nicht bereits deshalb erheblich, weil sich der Immissionsrichtwert nach Nr. 6.1 der TA-Lärm tags von 50 auf 55 dB(A) und nachts von 35 auf 40 dB(A) erhöht und zwar sowohl für Anlagen, die innerhalb als auch für solche, die außerhalb des Gebiets betrieben werden. Eine Erhöhung um 5 dB(A) ist für die Bewohner des Gebiets zwar deutlich wahrnehmbar und damit abwägungserheblich. Ein Störungsniveau, das als solches eine Umweltprüfung erfordern könnte, wird mit den genannten Immissionsrichtwerten aber noch nicht erreicht. Auch in einem allgemeinen Wohngebiet sind Störungen, die die Wohnruhe oder die Umwelt erheblich beeinträchtigen, von vornherein unzulässig.

2. Das Oberverwaltungsgericht hat offen gelassen, ob das der bisherigen Planung zugrunde liegende Leitbild mit der streitigen Planänderung verändert worden ist (UA S. 11: "dürfte"). Es hat unterstellt, dass die Änderung des Bebauungsplans die Grundzüge der Planung berührt und die Antragsgegnerin daher gegen § 13 Abs. 1 BauGB verstoßen hat; ein solcher Fehler wäre nach seiner Auffassung jedenfalls unbeachtlich. Das ist im Ergebnis mit Bundesrecht vereinbar und zwar auch, soweit - was hier allein streitig ist - die Antragsgegnerin infolge der Anwendung des vereinfachten Verfahrens von der Umweltprüfung abgesehen und einen Umweltbericht nicht erstellt hat.

Nach § 214 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften des Baugesetzbuchs für die Rechtswirksamkeit der Satzungen nach dem BauGB nur beachtlich, wenn ein in den Nummern 1 bis 4 bezeichneter Fehler vorliegt und dieser Fehler nicht von einer der sog. internen Unbeachtlichkeitsklauseln erfasst wird. Der Katalog der beachtlichen Verfahrens- und Formvorschriften in den Nummern 1 bis 4 ist abschließend (BTDrucks 15/2250 S. 63). § 13 Abs. 1 BauGB ist eine Verfahrensvorschrift im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 BauGB, ihre Verletzung wird nicht als beachtlich bezeichnet. Eine zu Unrecht erfolgte Anwendung des vereinfachten Verfahrens führt jedoch zu weiteren Verfahrensfehlern, deren Beachtlichkeit ihrerseits nach § 214 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu beurteilen ist. Dass sie auf eine Verletzung des § 13 BauGB zurückgehen, führt nur dann zu ihrer Unbeachtlichkeit, wenn das Gesetz dies - wie in der internen Unbeachtlichkeitsklausel des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 BauGB für die Vorschriften über die Öffentlichkeit- und Behördenbeteiligung geschehen - bestimmt.

Im Regelverfahren muss die Gemeinde gemäß § 2a Satz 2 Nr. 2 BauGB einen Umweltbericht erstellen. Als Teil der Begründung (§ 2a Satz 3 BauGB) muss der Umweltbericht gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB mit dem Entwurf des Änderungsplans öffentlich ausgelegt werden. Gemäß § 9 Abs. 8 BauGB ist dem Bebauungsplan eine Begründung mit den Angaben des § 2a BauGB beizufügen. Diesen Verfahrensanforderungen ist die Antragsgegnerin, da sie das vereinfachte Verfahren angewendet hat, nicht nachgekommen.

Sind die Vorschriften über die Begründung der Satzungen sowie ihre Entwürfe nach § 2a, § 3 Abs. 2, § 9 Abs. 8 BauGB verletzt, ist dies gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 erster Satzteil BauGB beachtlich. Anhaltspunkte für die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB sei nur anwendbar, wenn die Gemeinde trotz Durchführung des Regelverfahrens keinen oder einen in wesentlichen Punkten unvollständigen Umweltbericht verfasse (UA S. 14), finden sich weder im Wortlaut der Vorschrift noch in den Gesetzgebungsmaterialien. Eine solche einschränkende Auslegung widerspräche zudem der Systematik des § 214 Abs. 1 Satz 1 BauGB, der Einschränkungen der Beachtlichkeit durch interne Unbeachtlichkeitsklauseln zum Ausdruck bringt. Nach der internen Unbeachtlichkeitsklausel des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB ist unbeachtlich, wenn die Begründung der Satzung oder ihr Entwurf unvollständig ist; abweichend davon ist eine Verletzung von Vorschriften in Bezug auf den Umweltbericht unbeachtlich, wenn die Begründung hierzu nur in unwesentlichen Punkten unvollständig ist. Fehlt der Umweltbericht völlig, ist er nicht nur in unwesentlichen Punkten unvollständig; die Unbeachtlichkeitsklausel des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB greift nicht ein.

Hat die Gemeinde infolge der Verletzung des § 13 Abs. 1 BauGB auch die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Abs. 2 und § 4 Abs. 2 BauGB verletzt, führt dieser Fehler nicht zur Unwirksamkeit des Plans. Eine Verletzung dieser Vorschriften ist zwar gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 1 BauGB an sich beachtlich; nach dem zweiten Halbsatz ist dabei jedoch unbeachtlich, wenn bei Anwendung des § 4a Abs. 3 Satz 4 BauGB oder des § 13 BauGB die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach diesen Vorschriften verkannt worden sind. Hat die Gemeinde irrtümlich angenommen, dass die Änderung des Bebauungsplans die Grundzüge der Planung nicht berührt und hat sie deshalb nur die von der Änderung betroffene Öffentlichkeit und die berührten Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange beteiligt, soll dies für die Wirksamkeit des Änderungsplans ohne Folgen bleiben.

Die interne Unbeachtlichkeitsklausel des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB gilt unmittelbar nur für eine Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung. Sie ist jedoch entsprechend anzuwenden, wenn die Gemeinde verkannt hat, dass die Änderung oder Ergänzung des Bauleitplans die Grundzüge der Planung berührt, und infolge dessen auch die Vorschriften über die Begründung der Bauleitpläne verletzt worden sind; das gilt jedoch nur, wenn die Durchführung einer Umweltprüfung nicht gemeinschaftsrechtlich geboten war.

Wäre das Fehlen des Umweltberichts für die Rechtswirksamkeit der Änderung eines Bauleitplans stets auch dann beachtlich, wenn die Gemeinde verkannt hat, dass die Änderung die Grundzüge der Planung berührt, liefe die diesen Fehler erfassende Unbeachtlichkeitsklausel in § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB für die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung leer. Dass eine Gemeinde trotz der Entscheidung für das vereinfachte Verfahren einen Umweltbericht verfasst (so Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 214 Rn. 55 und Uechtritz, in: Spannowski/Uechtritz, BeckOK BauGB § 214 Rn. 58), ist nur eine theoretische Möglichkeit. Das Absehen von der Umweltprüfung ist die gesetzliche Folge der Entscheidung für das vereinfachte Verfahren. Es hat gerade den Zweck, ergänzend zur Ausgestaltung der Umweltprüfung als Regelverfahren eine Ausnahme für Bebauungspläne zu ermöglichen, bei denen eine Umweltprüfung mit Umweltbericht unterbleiben kann (BTDrucks 15/2250 S. 30, 50). Dass der Gesetzgeber die dargelegte Folge seiner Regelung, wenn er sie erkannt hätte, gewollt oder jedenfalls in Kauf genommen hätte, ist nicht anzunehmen. Anderenfalls hätte er § 13 Abs. 1 BauGB selbst in den Katalog der nach § 214 Abs. 1 Satz 1 BauGB beachtlichen Verfahrensvorschriften aufgenommen. Auch wenn eine Gemeinde die Voraussetzungen für die Aufstellung eines Bebauungsplans im beschleunigten Verfahren nach § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht richtig beurteilt und deshalb von einer Umweltprüfung und einem Umweltbericht abgesehen hat (§ 13a Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 13 Abs. 3 Satz 1 BauGB), ist dies gemäß § 214 Abs. 2a Nr. 1 BauGB unbeachtlich. Hätte der Gesetzgeber das Fehlen einer Umweltprüfung und eines Umweltberichts stets für beachtlich gehalten, hätte er das Verkennen einzelner Voraussetzungen für die Durchführung des beschleunigten Verfahrens nicht für unbeachtlich erklärt.

Entgegen der Auffassung der Revision hat die Antragsgegnerin die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 BauGB "verkannt". Das ist nur dann der Fall, wenn die Gemeinde die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach § 13 BauGB, hier das Unberührtbleiben der Grundzüge der Planung, aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen fehlerhaft beurteilt; ein bewusster Verstoß gegen diese Vorschriften bleibt hingegen beachtlich (Stock a.a.O. § 214 Rn. 54; Lemmel, in: Berliner Kommentar zum BauGB, § 214 Rn. 31e). Die Antragsgegnerin hat die Grundzüge der Planung - so die Unterstellung des Oberverwaltungsgerichts - fehlerhaft beurteilt. Wider besseren Wissens hat sie nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht gehandelt (UA S. 12).

Die entsprechende Anwendung der internen Unbeachtlichkeitsklausel des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB setzt jedoch voraus, dass die Durchführung einer Umweltprüfung und damit auch die Erstellung eines Umweltberichts (Art. 5 Abs. 1 PlanUP-RL) nicht gemeinschaftsrechtlich geboten waren. Ob und inwieweit das Gemeinschaftsrecht nationalen Rechtsvorschriften, die das Unterlassen einer gemeinschaftsrechtlich gebotenen Umweltprüfung für unbeachtlich erklären, entgegensteht, braucht nicht geklärt zu werden. Denn den Gesetzgebungsmaterialien und den Planerhaltungsvorschriften im Übrigen lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber auch das Fehlen eines gemeinschaftsrechtlich gebotenen Umweltberichts abweichend von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB generell für unbeachtlich erklärt hätte. Er hat den in der PlanUP-Richtlinie enthaltenen Verfahrensanforderungen einen hohen Stellenwert beigemessen und war der Auffassung, dass eine Verletzung dieser Verfahrensanforderungen nicht sanktionslos bleiben dürfe (BTDrucks 15/2250 S. 63). Auch bei Bebauungsplänen, die im beschleunigten Verfahren beschlossen worden sind, ist das Fehlen des Umweltberichts nicht generell unbeachtlich, wenn die Gemeinde die Voraussetzungen für die Durchführung des beschleunigten Verfahrens verkannt hat; das Gesetz trifft vielmehr für die einzelnen Voraussetzungen des § 13a Abs. 1 BauGB eine differenzierte Regelung (§ 214 Abs. 2a Nr. 1, 3 und 4 BauGB).

Nach Art. 3 Abs. 1 PlanUP-RL müssen die unter Absätze 2 bis 4 fallenden Pläne, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, einer Umweltprüfung unterzogen werden. Nach Art. 3 Abs. 2 PlanUP-RL wird vorbehaltlich des Absatzes 3 eine Umweltprüfung bei allen Plänen vorgenommen, die u.a. im Bereich der Bodenordnung ausgearbeitet werden und durch die der Rahmen für die künftige Genehmigung der in den Anhängen I und II der Richtlinie 85/337/EWG aufgeführten Projekte gesetzt wird (Buchstabe a) oder bei denen angesichts ihrer voraussichtlichen Auswirkungen auf Gebiete eine Prüfung nach Art. 6 und 7 der Richtlinie 92/43/EWG für erforderlich erachtet wird (Buchstabe b). Nach Art. 3 Abs. 3 PlanUP-RL bedürfen u.a. geringfügige Änderungen der unter Absatz 2 fallenden Pläne nur dann einer Umweltprüfung, wenn die Mitgliedstaaten bestimmen, dass sie voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben. Für nicht unter Absatz 2 fallende Pläne, durch die der Rahmen für die künftige Genehmigung von Projekten gesetzt wird, bestimmen die Mitgliedstaaten darüber, ob diese Pläne voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben (Absatz 4).

Die Einhaltung der sich aus Art. 3 Abs. 2 ergebenden Anforderungen des Gemeinschaftsrechts an die Änderung eines Bebauungsplans stellen die Nummern 1 und 2 des § 13 Abs. 1 BauGB sicher. Danach kann die Gemeinde das vereinfachte Verfahren nur anwenden, wenn die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum UVPG oder nach Landesrecht unterliegen, nicht vorbereitet oder begründet wird (Nr. 1) und keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. b BauGB genannten Schutzgüter bestehen (Nr. 2). Auch wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann das Gemeinschaftsrecht jedoch gebieten, den Änderungsplan einer Umweltprüfung zu unterziehen. Fiel der Plan in seiner ursprünglichen Fassung - z.B. weil er den Rahmen für die Genehmigung eines UVP-pflichtigen Vorhabens gesetzt hat - unter Art. 3 Abs. 2 PlanUP-RL und wird ein solcher Plan nunmehr geändert, bleibt es den Mitgliedstaaten gemäß Art. 3 Abs. 3 PlanUP-RL nur dann überlassen, zu bestimmen, ob die Änderung voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen hat, wenn die Änderung geringfügig ist; anderenfalls ist die Änderung einer Umweltprüfung zu unterziehen. Das Tatbestandsmerkmal "Grundzüge der Planung nicht berührt" soll geringfügige Änderungen im Sinne dieser Vorschrift umschreiben (BTDrucks 15/2250 S. 50). Auch soweit die Mitgliedstaaten gemäß Art. 3 Abs. 3 und 4 PlanUP-RL bestimmen können, ob der Plan voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen hat, müssen sie die einschlägigen Kriterien des Anhangs II der Richtlinie berücksichtigen, um sicherzustellen, dass Pläne, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, von der Richtlinie erfasst werden (Art. 3 Abs. 5 Satz 2 PlanUP-RL). Unabhängig davon, ob die Änderung eines Bauleitplans "geringfügig" im Sinne des Art. 3 Abs. 3 PlanUP-RL ist und ob die Mitgliedstaaten gemäß Art. 3 Abs. 3 oder Abs. 4 PlanUP-RL zu bestimmen haben, ob die Änderung des Bauleitplans voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen hat, ist eine Umweltprüfung aber jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn offensichtlich ist, dass sie keine erheblichen Umweltauswirkungen hat (vgl. auch BTDrucks 15/2250 S. 30, 50). Derartige Pläne werden vom Schutzzweck der Richtlinie von vornherein nicht erfasst.

Das Oberverwaltungsgericht hat nicht geprüft, ob eine Umweltprüfung für die Änderung des Bebauungsplans gemeinschaftsrechtlich geboten war. Nach seinen tatsächlichen Feststellungen ist jedoch offensichtlich, dass die Änderung des Bebauungsplans keine erheblichen Umweltauswirkungen hat. Wie bereits dargelegt, wird mit den in einem allgemeinen Wohngebiet geltenden Immissionsrichtwerten nicht ein Störungsniveau erreicht, das als solches eine Umweltprüfung erfordern könnte. Vorhaben, die in einem allgemeinen Wohngebiet gebietsunverträglich sind, weil sie - bezogen auf den Gebietscharakter des allgemeinen Wohngebiets - aufgrund ihrer typischen Nutzungsweise störend wirken, dürfen nicht zugelassen werden ( BVerwG 4 C 1.02 - BVerwGE 116, 155 >159 f.>; BVerwG 4 B 60.07 - Buchholz 406.12 § 4 BauNVO Nr. 19 Rn. 11 f.). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass Schank- und Speisewirtschaften, Tankstellen und Gartenbaubetriebe ausgeschlossen sind. Anlagen, die das Wohnen vergleichsweise stärker stören könnten, wie z.B. der Versorgung des Gebiets dienende Läden, Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BauNVO) und die ausnahmsweise zulässigen Betriebe des Beherbergungsgewerbes oder Anlagen der Verwaltung (§ 4 Abs. 3 Nr. 1 und 3 BauNVO) können aufgrund der festgesetzten Grundflächenzahl, der Baugrenzen und der Festsetzungen zu den Vollgeschossen - wenn überhaupt - allenfalls in geringer Größe verwirklicht werden. Abgesehen von der Festsetzung des Baugebietstypus bleiben alle übrigen Festsetzungen, insbesondere die Größe des Baugebiets und die Verkehrsflächen, unverändert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 10 000 € festgesetzt.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




Fundstelle(n):
LAAAD-31830