BGH Beschluss v. - IX ZB 9/09

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: InsO § 295 Abs. 1; InsO § 296 Abs. 1

Instanzenzug: LG Braunschweig, 6 T 618/08 089 vom AG Braunschweig, 271 IN 33/01 vom

Gründe

I.

Der Schuldner, der eine gynäkologische Kassenarztpraxis betrieb, trat zur Erlangung der Restschuldbefreiung am seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge an den vom Gericht bestimmten Treuhänder ab. Während der laufenden Wohlverhaltensperiode stellte er beim zuständigen Versorgungswerk einen Antrag auf Vorziehung des Rentenbeginnalters. Durch Bescheid des Versorgungswerks der Ärztekammer Hamburg vom wurde ihm beginnend ab dem ein Anspruch auf Zahlung von monatlich 2.365, 84 EUR bewilligt. Die erstmalige Überweisung sollte am erfolgen, und zwar auf ein Bankkonto des Schuldners. Zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt, spätestens im Januar 2007, nahm das Versorgungswerk die Zahlungen auf, von denen monatlich mehr als 200 EUR pfändbar sind. Der Schuldner nahm die Leistungen in vollem Umfang entgegen, ohne das Insolvenzgericht oder den Treuhänder hiervon in Kenntnis zu setzen. Die von dem Schuldner vorgelegte Gewinnermittlung vom , die von seinem damaligen Verfahrensbevollmächtigten gefertigt war, schloss für das Jahr 2006 mit einer Unterdeckung. Sie berücksichtigt die Rentenzahlungen für dieses Jahr nicht.

Das beteiligte Land hat diesen "Widerspruch" mit Schreiben vom aufgezeigt und unter dem beantragt,

dem Schuldner die angekündigte Restschuldbefreiung zu versagen.

Die Vorinstanzen haben diesem Antrag entsprochen. Mit seiner Rechtsbeschwerde begehrt der Schuldner die Aufhebung dieser Entscheidungen.

II.

Die gemäß §§ 7, 6 Abs. 1, § 300 Abs. 3 Satz 2, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Die Sache weist keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts nicht erforderlich.

1.

Das Landgericht sieht die entscheidende Obliegenheitsverletzung des Schuldners nach § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO, welche die Versagung der Restschuldbefreiung nach § 296 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 und 2 InsO rechtfertigt, darin, dass er - entgegen der Abtretungserklärung - den pfändbaren Teil der Rentenbezüge für sich vereinnahmt hat, ohne das Insolvenzgericht und/oder den Treuhänder auf die Zahlungen hinzuweisen. Grundsatzfragen stellen sich insoweit nicht.

a)

Die Rentenbezüge des Schuldners wurden von seiner Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO erfasst. Gemäß § 54 Abs. 4 SGB I können die Rentenansprüche wie Arbeitseinkommen gepfändet werden.

b)

Da der Schuldner die Rentenzahlungen an dem Treuhänder vorbei durch seinen Antrag vom auf "Vorziehung des Rentenbeginnalters" selbst veranlasst hat, liegt ein Fall aktiven Tuns vor, so dass sich die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfenen Fragen zu den Anforderungen an ein Verheimlichen durch Unterlassen nicht stellen. Gleiches gilt für die von der Rechtsbeschwerde problematisierte Zurechnung von Anwaltsverschulden bei Verstößen gegen Obliegenheiten. Das anwaltliche Belehrungsschreiben vom , mit dem sich der Schuldner entlasten will (vgl. § 296 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 InsO), ist zu einem Zeitpunkt verfasst worden, als der Schuldner seine Pflicht, den pfändbaren und damit abgetretenen Teil der Rentenzahlungen unverzüglich an den Treuhänder weiterzuleiten (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 192), bereits über mehrere Monate verletzt hatte. Dadurch waren der Gläubigergemeinschaft bereits nicht unerhebliche Beträge vorenthalten worden.

c)

Abgesehen hiervon wird durch das Schreiben, insbesondere den das Ergebnis der rechtlichen Prüfung zusammenfassenden Schlusssatz, eher der Rechtsstandpunkt des beteiligten Gläubigers - monatliche Abführung des pfändbaren Teils der Rente - als der des Schuldners - Ausgleich erst in Verbindung mit den Einkünften aus dem Praxisbetrieb im Folgejahr - bestätigt. Jedenfalls brauchte der Tatrichter das Belehrungsschreiben vom nicht im Sinne der Auslegung durch den Schuldner verwerten.

2.

Der Angriff der Rechtsbeschwerde, wegen der nachträglichen Abführung der pfändbaren Rentenbeiträge in Höhe von 5.996,80 EUR sei der Versagungsgrund der Obliegenheitsverletzung entfallen, greift nicht durch. Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Heilung durch nachträgliche Abführung eines zu Unrecht empfangenen Geldbetrages nicht mehr möglich, wenn ein Gläubiger die Obliegenheitsverletzung bereits aufgedeckt hat (vgl. , NZI 2008, 623, 624 Rn. 13; v. - IX ZB 116/08, WM 2009, 1292, 1293 Rn. 15).

3.

Die Vereinnahmung von Geldbeträgen durch den Schuldner in der hier festgestellten Größenordnung, obwohl diese der Gläubigergemeinschaft zustehen, stellt eine mehr als nur geringfügige Pflichtverletzung dar, die zur Versagung der Restschuldbefreiung führen kann. Hiervon sind die Vorinstanzen zu Recht ausgegangen. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
IAAAD-31805

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein