Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: EGZPO § 26
Instanzenzug: OLG Karlsruhe, 6 U 122/06 vom LG Mannheim, 2 O 360/05 vom
Gründe
I.
Der Kläger war bei der Beklagten als Leiter der Elektronik-Entwicklung beschäftigt. Während seiner Beschäftigungszeit erfand er ein Verfahren und eine Schaltungsanordnung zum Aufheizen einer Glühkerze. Die Beklagte nahm die ihr gemeldete Diensterfindung unbeschränkt in Anspruch. Ihr wurde das die Erfindung betreffende deutsche Patent 100 28 073 C2 (Klagepatent) mit einer Anmeldepriorität vom erteilt, das den Kläger als einzigen Erfinder benennt. Das Patent, dessen Erteilung am veröffentlicht wurde, steht in Kraft.
Die Beklagte stellt her und vertreibt mit dem "Schnellstart-Glühsystem ISS" ein elektronisch gesteuertes Glühsystem für Dieselmotoren. Es besteht aus elektronisch gesteuerten Stahlglühkerzen und einem Steuergerät. Das Schnellstart-Glühsystem verfügt über eine sog. Wiederholstart-Erkennung, von der es zwei Ausführungsformen gibt. Die neuere Ausführungsform macht von der Lehre des jüngeren deutschen Patents 103 48 391 B2 Gebrauch, dessen Inhaberin ebenfalls die Beklagte ist.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte von der Lehre des Klagepatents durch Herstellung und Vertrieb des Schnellstart-Glühsystems ISS in beiden unterschiedlichen Ausführungen Gebrauch mache. Er begehrt im Wege der Stufenklage Auskunft und Rechnungslegung zur Vorbereitung seiner Vergütungsansprüche nach dem Gesetz über Arbeitnehmererfindungen.
Das Landgericht hat die Stufenklage, die damals nur die ältere Ausführungsform erfasste, insgesamt abgewiesen, weil die Beklagte die Lehre des Klagepatents nicht nutze. Auf die Berufung des Klägers und die von ihm in zweiter Instanz vorgenommene Klageerweiterung hat das Berufungsgericht hinsichtlich beider angegriffenen Ausführungsformen dem Kläger Auskunftsansprüche gegen die Beklagte zuerkannt und die Sache zur Entscheidung über die weitere Klagestufe sowie die Kosten des Verfahrens an das Landgericht zurückverwiesen.
Das Berufungsgericht hat mit seinem Teilurteil die Beklagte verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über die seit dem durch sie selbst, verbundene Unternehmen oder Lizenznehmer hergestellte und verkaufte Anzahl von Schnellstartglühsystemen und/oder Steuergeräten, die den im einzelnen bezeichneten Merkmalen der beiden angegriffenen Ausführungsformen entsprechen, wobei getrennt einerseits nach Glühkerzen und andererseits nach Steuereinrichtungen bzw. Steuergeräten Rechnung zu legen ist unter detailliertem Nachweis der hierbei erzielten Erlöse und sonstigen wirtschaftlichen Vorteile.
Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Beschwerde.
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO unzulässig, da der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 EUR nicht übersteigt.
1.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bemisst sich die Beschwer eines Beklagten bei einer Verurteilung zu Auskunft und Rechnungslegung nach seinem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Für dessen Ermittlung bildet neben einem etwaigen Geheimhaltungsinteresse des Verurteilten der Aufwand an Zeit und Kosten, den die Erfüllung des Anspruchs erfordert, den wesentlichen Anhaltspunkt (, BGHZ 128, 85; Sen. Beschl. v. - X ZR 127/99, GRUR 2000, 1111 - Urteilsbeschwer bei Stufenklage; , v. - VIII ZR 289/03, NJW-RR 2005, 74 und v. - III ZR 40/06). Zu den berücksichtigungsfähigen Kosten gehören neben dem Eigenaufwand auch die Ausgaben für die Inanspruchnahme fachkundiger Dritter, auf deren Hilfe der Verpflichtete zur Vorbereitung einer nicht ohne weiteres zu leistenden Auskunft zurückgreifen darf (Sen. Beschl. v. - X ZR 127/99, aaO).
2.
Die Beklagte führt in ihrer Beschwerde unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung eines ihrer Angestellten zunächst interne Kosten zur Erteilung der Auskünfte an, die sich bisher auf schätzungsweise 2.000 EUR bis 4.000 EUR belaufen sollen. Weiter beruft sie sich auf bisher angefallene Netto-Honorarkosten in Höhe von über 8.000 EUR für die Einschaltung des vorinstanzlichen Rechtsanwalts und eines Patentanwalts, der das Verfahren begleite; beide Anwälte seien damit befasst, die innerbetrieblich ermittelten Zahlen im Hinblick auf den Urteilstenor zu prüfen und aufzubereiten.
Darüber hinaus behauptet die Beklagte ein erhebliches Geheimhaltungsinteresse. Der Kläger sei zwischenzeitlich bei dem Tochterunternehmen eines Automobilzulieferers beschäftigt, zu dessen Tätigkeitsspektrum im Bereich der Antriebstechnik auch "(Schnellstart) Glühkerzen" gehörten. Einem Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom sei zu entnehmen, dass dessen Arbeitgeberin im Zusammenhang mit dem Klagepatent ihre Marktzutritts-Chancen prüfe.
Das dementsprechend unter Hinweis auf das bestehende Wettbewerbsverhältnis an den Kläger gerichtete Ersuchen, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung des Inhalts abzugeben, bekannt zu gebende Unterlagen bei Versprechen einer Vertragsstrafe von 100.000 EUR dritten Personen nicht zur Kenntnis zu geben, sei abgelehnt worden. Über eine detaillierte Rechnungslegung könnten Mitbewerber wertvolle Informationen über die geschäftliche Tätigkeit der Beklagten erhalten, insbesondere, mit welchen Typen von Steuergeräten und Glühkerzen die größten Umsätze erzielt würden. Dies könne sich im Wettbewerb zum Nachteil der Beklagten auswirken, deren Umsatzerlöse sich für den fraglichen Zeitraum im dreistelligen Millionenbereich bewegt hätten.
3.
a)
Nach diesen Darlegungen könnte als verurteilungsbedingter Aufwand allenfalls ein Betrag von 10.000 EUR veranschlagt werden, weil die Beklagte selbst einen überschießenden Betrag nicht definitiv behauptet. Auch eine Summe in dieser Höhe kann jedoch für die Beschwer nicht zu Grunde gelegt werden. Die Zusammensetzung des nur in Form einer Grobschätzung behaupteten bisherigen betriebsinternen Aufwands wird nicht substantiiert. So ist von der Beklagten nicht einmal ansatzweise ausgeführt worden, welche Arbeiten mit welchem Inhalt und welchem zeitlichen Umfang in ihrem Unternehmen vorgenommen werden müssen. Auch hat die Beklagte nicht dargetan, dass für die betriebsintern durchzuführenden Maßnahmen nicht auf personelle und sachliche Ressourcen zurückgegriffen werden kann, die ohnehin vorgehalten werden und deren Bindung anderweitige gewinnbringende Einsatzmöglichkeiten nicht vereitelt (vgl. zu diesem Aspekt , [...], Tz.8). Zu etwaigem künftig noch zu erwartenden internen Aufwand verhält sich das Beschwerdevorbringen nicht. Ebenso wenig werden eine Erforderlichkeit sowohl der Beauftragung des instanzgerichtlich prozessbevollmächtigten Rechtsanwalts als auch eines Patentanwalts erklärt und die Höhe der behaupteten bisherigen Honorarkosten in der Beschwerde und in der in Bezug genommenen eidesstattlichen Versicherung näher erläutert. Jedenfalls der damit geltend gemachte Umfang anwaltlicher Beratung versteht sich auch nicht von selbst.
Zur mangelnden Substantiierung und Schlüssigkeit des Beschwerdevorbringens unter Berücksichtigung des überhaupt nur geschuldeten Umfangs der Auskunfts- und Rechnungslegungspflichten weist der Kläger in der Beschwerdeerwiderung mit Recht auf eine von der Beklagten in anderem Zusammenhang selbst vorgebrachte Verständigung zwischen den Parteien hin, wonach seine Vergütung nach der Lizenzanalogie mittels eines bestimmten Lizenzsatzes zu bemessen sei und er zur Berechnung der ihm zustehenden Vergütung deshalb keine gewinnbezogenen und keine detaillierten Angaben benötige. Dieser in der Berufungsinstanz von ihm vorgetragenen Einigung hatte der Kläger offensichtlich schon Rechnung getragen durch die Formulierung seines Antrags, der sich auf den Nachweis der "Erlöse" bezogen hat, die mit den beiden angegriffenen Glühkerzen samt Steuergeräten erzielt worden sind. Nach den vom Berufungsgericht diesbezüglich tenorierten Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüchen geht es somit tatsächlich nur noch um die Zusammenstellung der erzielten Umsatzerlöse.
Auch angesichts des dergestalt umgrenzten Umfangs der tenorierten Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche ist nach allem weder glaubhaft dargetan noch ersichtlich, dass der Aufwand der Beklagten einen für die Beschwer erheblichen Teilbetrag auch nur in der behaupteten Größenordnung der bislang angeblich angefallenen 10.000 EUR erreichen könnte. Die hierzu von der Beklagten vorgelegte eidesstattliche Versicherung führt nicht weiter, da sie über die unsubstantiierten Behauptungen der Beschwerdeschrift nicht hinausgeht.
b)
Das Beschwerdevorbringen der Beklagten reicht ebenfalls nicht aus zur Substantiierung eines besonderen Geheimhaltungsinteresses, das - einen Kostenaufwand von 10.000 EUR für die Erteilung der Auskünfte unterstellt - mit einem 10.000 EUR übersteigenden Betrag hätte bewertet werden müssen, um die gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO erforderliche Mindestbeschwer zu erreichen.
Soweit sich die Beklagte auf das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom beruft, ist der Kläger diesem Vorbringen in der Beschwerdeerwiderung überzeugend entgegen getreten mit dem Hinweis, dass in dem Schreiben lediglich auf der Grundlage einer gerichtlich geklärten Rechtslage eine Prüfung von Marktzutrittschancen in Aussicht gestellt wird. Nur für den Fall einer "bis in die letzte Instanz geklärte(n) gerichtliche(n) Feststellung, dass durch ein Glühkerzensystem nach Sicht der Klage das Patent nicht benutzt würde," und damit nur für den Fall einer nicht bestehenden Auskunftspflicht der Beklagten hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Schreiben vom erklärt, dass er "eine Marktzutrittschance sehen würde, die wir (gemeint: die damalige Arbeitgeberin des Klägers) bislang aufgrund der klagemäßigen Sichtweise des Patents für versperrt hielten".
Mit dem von der Beschwerde weiter angeführten Gesichtspunkt, dass der Kläger die ihm mit Schreiben vom übermittelte Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abgelehnt habe, macht die Beklagte einen Umstand geltend, der erst nach Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde eingetreten ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Wertberechnung der Beschwer ist jedoch der Zeitpunkt der Einlegung einer Beschwerde (vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege, EGZPO, § 26 Rdn. 16). Anhaltspunkte, dass schon zu diesem Zeitpunkt () mit einem Verhalten des Klägers zu rechnen war, das die Geheimhaltungsinteressen der Beklagten hätte beeinträchtigen können, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Allein der Umstand, dass der Kläger bei einem (potentiellen) Konkurrenzunternehmen tätig sei, belegt keine konkreten Nachteile, die der Beklagten aufgrund der von ihr zu erteilenden Auskünfte drohen könnten.
Ein besonderes Geheimhaltungsinteresse, das für den Wert der Beschwer mit einem erheblichen Teilbetrag berücksichtigt werden könnte, ist mithin nicht glaubhaft dargelegt (vgl. zu den an eine Substantiierung konkreter Nachteile zu stellenden Anforderungen , NJW 1999, 3049; Beschl. v. - IV ZB 7/01; Benkard/ Rogge/Grabinski, PatG, § 139 Rdn. 169 m.w.N.).
Es war nicht geboten, der Beklagten Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zur Beschwer zu geben. Denn ihr ausdrückliches Eingehen auf die Frage, ob die Mindestbeschwer erreicht ist, belegt, dass sie um die Notwendigkeit wusste, hierzu hinreichende Angaben zu machen.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren, der den Wert der Beschwer übersteigt, orientiert sich an der Streitwertfestsetzung für den Berufungsrechtszug.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
HAAAD-30547
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein