BFH Urteil v. - I R 81/08 BStBl 2011 II S. 379

Erlass von auf Veräußerungsgewinnen und Übergangsgewinnen beruhender Kirchensteuer; keine sachliche Unbilligkeit; keine Bindung an Erlasspraxis in anderen Gemeinden; Klagebefugnis bei konfessionsverschiedenen Ehegatten; Verfassungsmäßigkeit der Erhebung von Kirchensteuern

Leitsatz

1. Es ist nicht sachlich unbillig, wenn eine Kirchensteuer auch insoweit erhoben wird, als sie auf der Berücksichtigung von Veräußerungsgewinnen und Übergangsgewinnen beruht.

2. Ist die Bestimmung der Besteuerungsgrundlagen für die Kirchensteuer den Kirchengemeinden übertragen, so ist die einzelne Kirchengemeinde insoweit nicht an die von anderen Kirchengemeinden getroffenen Regelungen gebunden.

Gesetze: KiStG NW § 4EStG § 34AO § 227GG Art. 3 Abs. 1

Instanzenzug: (EFG 2008, 1769) (Verfahrensverlauf),

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob durch Einkünfte des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) ausgelöste Kirchensteuer teilweise erlassen werden muss.

Die klagenden Eheleute wurden für das Streitjahr (2005) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist römisch-katholisch, die Klägerin gehört der evangelischen Kirche an.

Im Streitjahr veräußerte der Kläger seinen Anteil an einer GbR, deren Einkünfte gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt worden waren. Er erzielte dabei einen Übergangsgewinn in Höhe von 275 911 € und einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 72 037 €. Ferner gab er im Streitjahr ein Einzelunternehmen auf, wobei er einen Übergangsgewinn in Höhe von 4 468 € und einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 1 141 € erzielte. Das für die Kläger zuständige Finanzamt setzte unter Ansatz dieser Werte gegen die Kläger eine Einkommensteuer von 208 337 € fest. Ferner wurde der Klägerin gegenüber, ausgehend von einer auf sie entfallenden Einkommensteuer von 104 169 €, evangelische Kirchensteuer in Höhe von 9 375,17 € festgesetzt.

Daraufhin beantragten die Kläger bei der Beklagten und Revisionsbeklagten (der Evangelischen Gemeinde G —Beklagte—) einen Teilerlass der evangelischen Kirchensteuer in Höhe von 2 785 €. Dies ist nach ihrer Berechnung die Hälfte des Differenzbetrags zwischen der festgesetzten Steuer und derjenigen, der sich ohne Berücksichtigung der Übergangsgewinne und der Veräußerungsgewinne ergeben hätte. Die Kläger beriefen sich dabei auf eine Mitteilung des Deutschen Steuerberaterverbandes, nach der sich die evangelischen Kirchensteuerämter auf eine 50 %ige Kirchensteuerkappung verständigt hätten, soweit Veräußerungsgewinne betroffen seien. Diese Vereinbarung müsse sich auch auf Übergangsgewinne erstrecken.

Die Beklagte lehnte den Antrag ab und wies den deshalb erhobenen Einspruch der Kläger zurück. Die Kirchenleitung habe den Kirchensteuergläubigern zwar empfohlen, in Fällen der Tarifvergünstigung nach § 34 EStG die auf die Tarifvergünstigung entfallende Kirchensteuer um die Hälfte zu reduzieren. Von dieser Möglichkeit mache die Beklagte aber grundsätzlich nicht Gebrauch. Dem entsprechend werde auch im Streitfall entschieden. Die daraufhin erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab; sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2008, 1769 abgedruckt.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger eine Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragen sinngemäß, das angefochtene Urteil sowie die ihm voraufgegangene Einspruchsentscheidung aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, von der festgesetzten evangelischen Kirchensteuer einen Teilbetrag von 2 785 € zu erlassen.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist unbegründet und deshalb gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Soweit sie vom Kläger eingelegt worden ist, folgt dies daraus, dass die vom Kläger erhobene Klage unzulässig ist. Die von der Klägerin eingelegte Revision kann keinen Erfolg haben, weil das angefochtene Urteil im Ergebnis der Rechtslage entspricht.

1. Nach § 40 Abs. 2 FGO ist eine Klage regelmäßig nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts in seinen Rechten verletzt zu sein. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) fehlt die so beschriebene Klagebefugnis, wenn ein in glaubensverschiedener Ehe lebender Ehemann einen Kirchensteuerbescheid angreift, der gegen seine einer steuerberechtigten Kirche angehörende Ehefrau ergangen ist (, BFHE 138, 531, BStBl II 1983, 645). Dasselbe gilt im Hinblick auf eine Klage auf Erlass von Kirchensteuer, die nur gegenüber der Ehefrau festgesetzt worden ist. Ein solcher Sachverhalt liegt im Streitfall vor.

Denn die im Streit befindliche evangelische Kirchensteuer ist zwar im Zusammenhang mit einem Einkommensteuerbescheid festgesetzt worden, der sich an beide Kläger richtet. Sie ist jedoch von der „auf die Ehefrau entfallenden” Einkommensteuer berechnet worden und getrennt von der römisch-katholischen Kirchensteuer ausgewiesen, die von der auf den Kläger entfallenden Einkommensteuer berechnet worden ist. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass die evangelische Kirchensteuer nur gegenüber der Klägerin festgesetzt ist (vgl. Senatsbeschluss vom I B 192/93, BFH/NV 1995, 272). In diesem Sinne haben denn auch die Kläger den betreffenden Bescheid erkennbar verstanden. Daher fehlte dem Kläger im Streitfall die Klagebefugnis, weshalb seine Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen ist, dass seine Klage unzulässig ist (§ 126 Abs. 4 FGO).

2. Dem Antrag der Klägerin, die Beklagte zu einem Teilerlass der evangelischen Kirchensteuer zu verpflichten, hat das FG zu Recht nicht entsprochen.

a) Nach § 227 der Abgabenordnung (AO) können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Dasselbe gilt sinngemäß im Hinblick auf die hier in Rede stehende Kirchensteuer. Denn § 8 Abs. 1 des im Streitfall einschlägigen Kirchensteuergesetzes Nordrhein-Westfalen (KiStG NW) verweist zum Besteuerungsverfahren auf die Vorschriften der AO. Über den hiernach zulässigen Steuererlass entscheidet diejenige Stelle, die von der kirchensteuerberechtigten Körperschaft mit dieser Entscheidung betraut worden ist; das ist ausweislich des angefochtenen Urteils im Streitfall die Beklagte als die Kirchengemeinde, der die Klägerin angehört. Diese Feststellung ist nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffen worden und deshalb gemäß § 118 Abs. 2 FGO für den Senat bindend.

b) Die Entscheidung über den Erlass von Kirchensteuer ist nicht als innerkirchliche Angelegenheit der Überprüfung durch die staatlichen Gerichte entzogen. Sie kann vielmehr in Nordrhein-Westfalen mit dem Einspruch angefochten werden (§ 14 Abs. 3 KiStG NW), und gegenüber einer Einspruchsentscheidung ist der Rechtsweg zu den FG gegeben (§ 5 des Gesetzes zur Ausführung der Finanzgerichtsordnung vom im Lande Nordrhein-Westfalen; § 14 Abs. 4 KiStG NW). Allerdings folgt aus der Verweisung auf die Vorschriften der AO, dass über einen Antrag auf Erlass von Kirchensteuer nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 5 AO) zu entscheiden ist und dass die FG jene Entscheidung nur in den von § 101 und § 102 FGO gezogenen Grenzen überprüfen dürfen (Senatsbeschluss vom I B 129/86, BFH/NV 1987, 595).

c) Die Unbilligkeit der Erhebung einer Steuer, an die § 227 AO die Möglichkeit eines Erlasses knüpft, kann sich aus sachlichen oder aus persönlichen Gründen ergeben. Das Vorliegen persönlicher Billigkeitsgründe hat das FG im Streitfall verneint. Dem ist die Revision nicht entgegengetreten.

d) Eine sachliche Unbilligkeit der Steuererhebung kann im Streitfall nicht daraus abgeleitet werden, dass die Festsetzung der Kirchensteuer an ein zu versteuerndes Einkommen anknüpft, in dessen Bemessung Gewinne des Klägers aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils und aus der Aufgabe eines Einzelunternehmens (Veräußerungs- und Aufgabegewinne) sowie aus dem Wechsel der Gewinnermittlungsart (Übergangsgewinne) eingegangen sind.

aa) Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a KiStG NW können die evangelischen Kirchengemeinden in Nordrhein-Westfalen die Kirchensteuer als Zuschlagsteuer zur Einkommensteuer erheben. Die Bemessung der Kirchensteuer knüpft an die Höhe der festgesetzten Einkommensteuer an (§ 4 Abs. 2 KiStG NW). Mit diesen Regelungen haben sowohl der Landesgesetzgeber als auch die zuständige kirchliche Stelle in Kauf genommen, dass Besonderheiten bei der Bemessung der Einkommensteuer auf die Bemessung der Kirchensteuer durchschlagen. Ausweislich des angefochtenen Urteils haben sie darauf verzichtet, für den Bereich der Kirchensteuer zusätzliche Bestimmungen zu schaffen, nach denen einzelne Vorgänge sich in systematischer Hinsicht auf die Kirchensteuer anders als auf die Einkommensteuer auswirken. Das gilt namentlich im Hinblick auf Veräußerungsgewinne und auf Gewinne, die durch einen Wechsel der Gewinnermittlungsart entstehen. Anhaltspunkte dafür, dass die zuständigen Organe diese Punkte übersehen und anderenfalls kirchensteuerrechtliche Sonderregelungen getroffen hätten, sind weder vom FG festgestellt noch von der Klägerin benannt worden. Daher fehlt es an dem Widerspruch zwischen dem Norminhalt und dem Willen des Normgebers, der Voraussetzung dafür ist, dass die Erhebung der normativ vorgesehenen Steuer unbillig erscheint (vgl. dazu , BFHE 211, 30, 33, BStBl II 2006, 155, 157; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 227 AO Rz 40, m.w.N.).

bb) Die von der Klägerin begehrte Anwendung des § 227 AO kann nicht darauf gestützt werden, dass die ungemilderte Erfassung von Veräußerungs- und Übergangsgewinnen bei der Kirchensteuer zu einer systemwidrigen Überbesteuerung führt. Vielmehr ist das Fehlen von Sonderregelungen zu diesen Punkten systemgerecht. Denn sowohl bei Veräußerungs- als auch bei Übergangsgewinnen geht es darum, dass ein „steuerwürdiger” Vermögenszuwachs in der Vergangenheit nicht besteuert wurde und dass dies nunmehr nachgeholt wird: Bei der Besteuerung eines Veräußerungsgewinns werden zuvor entstandene, aber bisher nicht besteuerte Vermögensmehrungen („stille Reserven”) erfasst; die Besteuerung von Übergangsgewinnen trägt vor allem dem Umstand Rechnung, dass bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG vorhandene Forderungen sich nicht gewinnerhöhend auswirken. In beiden Fällen ist das Ziel letztlich eine am Grundsatz des Vermögensvergleichs (§ 4 Abs. 1 EStG) orientierte Besteuerung des in einem abgelaufenen Zeitraum erzielten Totalgewinns und damit zugleich die Vermeidung einer ungleichen Gesamtbesteuerung. Dass es sowohl im Veräußerungsfall als auch beim Wechsel der Gewinnermittlungsart zur zusammengeballten steuerlichen Erfassung eines Vermögenszuwachses kommen kann, dem nicht immer ein gleichwertiger Liquiditätszufluss gegenübersteht, wird für den Veräußerungsfall durch § 34 EStG ausreichend berücksichtigt und muss für den Bereich des Übergangsgewinns keine geminderte Besteuerung veranlassen (, BFHE 196, 546, BStBl II 2002, 287). Ist aber die Ausgestaltung des Einkommensteuerrechts in diesem Punkt nicht zu beanstanden, so bedarf es im Kirchensteuerrecht keiner davon abweichenden Handhabung.

Vor diesem Hintergrund ist der erkennende Senat in der Vergangenheit stets davon ausgegangen, dass eine festgesetzte Kirchensteuer nicht allein deshalb teilweise erlassen werden muss, weil sie u.a. durch den Ansatz eines Veräußerungs- oder Entnahmegewinns ausgelöst worden ist (Senatsbeschlüsse vom I B 79/04, BFH/NV 2005, 1232; vom I B 113/08, BFH/NV 2009, 114). Daran hält er fest. Die von der Klägerin angeführte Entscheidung des IV. Senats des , BFHE 133, 489, BStBl II 1981, 726) bezieht sich auf die Frage des Erlasses aus persönlichen Billigkeitsgründen, um die es im Streitfall nicht geht.

cc) Der Hinweis auf die Empfehlung der Landeskirche und die ihr folgende Erlasspraxis anderer Kirchengemeinden verhilft der Revision ebenfalls nicht zum Erfolg.

aaa) Nach den Feststellungen des FG hat die Kirchenleitung auf Grund eines im Jahr 1994 gefassten Beschlusses den Kirchengemeinden empfohlen, „in allen Fällen der Tarifvergünstigungen nach § 34 EStG die Kirchensteuer auf Antrag um die Hälfte zu reduzieren”. Das FG hat zudem als wahr unterstellt, dass im Streitjahr die meisten evangelischen Gemeinden in Nordrhein-Westfalen und insbesondere alle der Beklagten benachbarten Gemeinden dieser Empfehlung gefolgt sind. Diese Feststellungen sind nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffen worden und deshalb für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO).

bbb) Wie das FG zu Recht angenommen hat, lässt sich aus der Praxis anderer evangelischer Kirchengemeinden indessen nicht ableiten, dass die Beklagte in derselben Weise verfahren muss. In diesem Zusammenhang kann offenbleiben, ob der Ansicht des FG zu folgen ist, dass jene Praxis rechtswidrig sei. Denn unabhängig davon hat sie für die Beurteilung des Streitfalls keine Bedeutung. Insbesondere kann sich die Klägerin nicht im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) auf sie berufen.

aaaa) Dem angefochtenen Urteil ist zu entnehmen, dass die evangelischen Gemeinden in Nordrhein-Westfalen über die Höhe der festzusetzenden und zu erhebenden Kirchensteuer autonom entscheiden. Die dazu getroffenen Regelungen mögen zwar, wie die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, gemäß § 12 Abs. 1 KiStG NW der Zustimmung des Landeskirchenamtes bedürfen. Dennoch handelt es sich um eigenständige Bestimmungen, die jede Gemeinde für ihren Einzugsbereich gesondert trifft. Die danach bestehende Regelungskompetenz der Kirchengemeinden erstreckt sich auch auf die Voraussetzungen für einen Erlass der Kirchensteuer (ebenso , EFG 2000, 1092).

bbbb) Nach Art. 3 Abs. 1 GG sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Dieser allgemeine Gleichheitssatz gilt auch für die Festsetzung und Erhebung von Kirchensteuern (ebenso , EFG 2004, 1105). Er gebietet indessen nur die Gleichbehandlung der Bürger durch ein und denselben Hoheitsträger, nicht aber eine Gleichbehandlung durch mehrere, voneinander unabhängige Verwaltungsträger (Bundesverfassungsgericht —BVerfG—, Beschluss vom 2 BvR 1619, 1628/83, BVerfGE 79, 127, 158, m.w.N.). Er verlangt insbesondere nicht, dass ein zur Rechtsetzung befugter Hoheitsträger sich bei der Ausübung dieser Befugnis an den von anderen Hoheitsträgern getroffenen Regelungen orientiert (, BStBl III 1967, 743, 746). Daher lässt sich auf ihn kein Rechtssatz des Inhalts stützen, dass eine Kirchengemeinde die ihr zustehende Bestimmung der Voraussetzungen für einen Erlass von Kirchensteuer an die einschlägigen Regelungen in vergleichbaren anderen Gemeinden anpassen muss (ebenso , EFG 1995, 691). Vielmehr ist die einzelne Gemeinde insoweit frei, und zwar unabhängig davon, wie verbreitet eine bestimmte Praxis ist und ob sie rechtmäßig ist oder nicht. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz kann insoweit nur dann vorliegen, wenn die einzelne Kirchengemeinde die an sie gerichteten Erlassanträge mit unterschiedlichen Maßstäben misst. Ein solcher Sachverhalt ist im Streitfall weder vom FG festgestellt noch von der Klägerin geltend gemacht worden.

cccc) Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der Umstand, dass die von der Klägerin angesprochene Erlasspraxis anderer nordrhein-westfälischer Kirchengemeinden einer Empfehlung der dortigen Kirchenleitung entspricht. Denn das FG hat diese Empfehlung mit bindender Wirkung (§ 118 Abs. 2 FGO) dahin gewürdigt, dass sie nur einen „Ratschlag” an die einzelnen Gemeinden beinhaltet, diesen die Entscheidung über die Voraussetzungen eines Erlasses aber letztlich überlässt. Es ist deshalb ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass es sich um eine kirchenpolitische Äußerung ohne bindenden Charakter handelt (ebenso Urteil des FG Nürnberg in EFG 1995, 691, 693 zur Rechtslage in Bayern). Angesichts dessen kann offenbleiben, ob eine förmliche Anweisung mit der autonomen Rechtsetzungsbefugnis der Kirchengemeinden vereinbar wäre und wie sie sich auf die Anwendung des Gleichheitssatzes auswirken könnte. Im Streitfall führt die Erklärung der Kirchenleitung jedenfalls nicht dazu, dass das Vorgehen der Beklagten rechtswidrig ist.

dd) Dasselbe gilt im Hinblick auf die Erlasspraxis der römisch-katholischen Kirche. Dazu hat das FG zwar festgestellt, dass die dem Kläger gegenüber festgesetzte Kirchensteuer teilweise erlassen worden ist und dass dies der allgemeinen Handhabung seitens der römisch-katholischen Kirche entspricht. Doch ist die Beklagte an diese Handhabung weder im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG noch aus anderen Gründen gebunden, weshalb sich das Begehren der Klägerin hierauf ebenfalls nicht stützen lässt.

e) Der Hinweis der Klägerin, die Ablehnung ihres Antrags sei nicht hinreichend begründet worden, greift ebenfalls nicht durch. Denn das FG hat zu Recht darauf verwiesen, dass die Beklagte ihre Ermessensausübung im Verlauf des Einspruchsverfahrens erläutert und in der Einspruchsentscheidung auf diese Erläuterung Bezug genommen hat. Damit ist dem Erfordernis einer ausreichenden Begründung (§ 121 Abs. 1 AO) genügt. Der von der Klägerin vermissten „besonderen” Begründung des Umstands, dass die Erlasspraxis der Beklagten von derjenigen anderer Kirchengemeinden abweicht, bedurfte es angesichts der eigenständigen Regelungskompetenz jeder einzelnen Gemeinde nicht.

Fundstelle(n):
BStBl 2011 II Seite 379
AO-StB 2009 S. 324 Nr. 11
BB 2009 S. 2226 Nr. 42
BFH/NV 2009 S. 1908 Nr. 11
BFH/PR 2009 S. 469 Nr. 12
BStBl II 2011 S. 379 Nr. 6
DB 2009 S. 2244 Nr. 42
DStR 2009 S. 2095 Nr. 41
DStRE 2009 S. 1343 Nr. 21
GStB 2009 S. 45 Nr. 12
HFR 2009 S. 1220 Nr. 12
KÖSDI 2009 S. 16716 Nr. 11
NWB-Eilnachricht Nr. 42/2009 S. 3246
StB 2009 S. 379 Nr. 11
StBW 2009 S. 4 Nr. 21
StuB-Bilanzreport Nr. 20/2009 S. 781
WPg 2009 S. 1145 Nr. 22
ZAAAD-29654