Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StPO § 52; StPO § 70; StPO § 247; StPO § 344 Abs. 2; StGB § 19
Instanzenzug: LG Münster, vom
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen schwerer Körperverletzung, gefährlicher Körperverletzung in zehn Fällen und wegen Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Ferner hat es den Angeklagten verurteilt, an die Nebenklägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 100.000 Euro nebst Zinsen zu zahlen und festgestellt, "dass der Angeklagte verpflichtet ist, der Nebenklägerin v. H. sämtliche materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die dieser aus den unter Ziff. 1 bis 13 der Urteilsfeststellungen näher beschriebenen Verletzungshandlungen künftig noch entstehen".
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge zum Adhäsionsausspruch in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1.
Zu der Rüge der Verletzung des § 247 StPO bemerkt der Senat ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts:
Die Rüge ist ungeachtet der Frage, ob das Revisionsvorbringen insoweit den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt, jedenfalls unbegründet. Der Ausschluss des Angeklagten während der Dauer der Vernehmung der 12jährigen Zeugin K. v. H. , der Tochter der Nebenklägerin, hält im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.
Zwar reicht nach der Rechtsprechung der bloße Wunsch eines Zeugen, in Abwesenheit des Angeklagten auszusagen, für dessen vorübergehende Entfernung gemäß § 247 Satz 1 StPO grundsätzlich nicht aus (BGHSt 22, 18, 21) . Etwas anderes gilt dann, wenn zu befürchten ist, dass ein Zeuge in Gegenwart des Angeklagten von seinem Zeugnisverweigerungsrecht (vgl. BGHSt aaO; BGH NStZ 2001, 608 ) oder von seinem umfassenden Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO (vgl. BGH NStZ-RR 2004, 116) Gebrauch machen werde.
Steht einem Zeugen ein Weigerungsrecht nach den §§ 52 ff. StPO zu, darf sein Zeugnis nicht gemäß § 70 StPO erzwungen werden. Dies gilt aber auch für einen gemäß § 19 StGB schuldunfähigen kindlichen Zeugen, dem kein umfassendes Weigerungsrecht gemäß §§ 52 ff. StPO zusteht (vgl. Senge in KK-StPO 6. Aufl. § 70 Rdn. 4). Ob demgemäß § 247 Satz 1 StPO den Ausschluss des Angeklagten auch dann rechtfertigt, wenn ein kindlicher Zeuge, der weder ein Zeugnisverweigerungs- noch ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht hat, nicht aussagen will, was nahe liegt, bedarf keiner Entscheidung, weil jedenfalls auch die Voraussetzungen des § 247 Satz 2 StPO für den Ausschluss des Angeklagten für die Dauer der Vernehmung der Zeugin vorliegen. Aus den in der Begründung des Anordnungsbeschlusses angeführten Gründen liegt es auf der Hand, dass bei der Vernehmung der 12jährigen Zeugin in Gegenwart des Angeklagten ein erheblicher Nachteil für ihr Wohl zu befürchten war und dass das Landgericht den Ausschluss des Angeklagten jedenfalls auch darauf gestützt hat (vgl. BGHR StPO § 247 Satz 2 Begründungserfordernis 1).
2.
Der Senat hat auf die Sachrüge den Adhäsionsausspruch wie aus der Beschlussformel ersichtlich aus folgenden Gründen geändert und ergänzt:
a)
Soweit das Landgericht festgestellt hat, dass der Angeklagte verpflichtet ist, die der Nebenklägerin aus den in den Fällen II. 1 bis 13 der Urteilsgründe festgestellten Verletzungshandlungen in Zukunft noch entstehenden Schäden zu ersetzen, hat es bei der Fassung der Urteilsformel übersehen, dass es den Angeklagten im Fall II. 4 der Urteilsgründe freigesprochen hat.
b)
Zudem hat das Landgericht, obwohl die Nebenklägerin den Feststellungsantrag "vorbehaltlich eines Anspruchsübergangs" gestellt hat, entgegen § 308 Abs. 1 ZPO, der auch im Adhäsionsverfahren gilt (BGHR StPO § 404 Abs. 1 Entscheidung 2), ohne den hier im Hinblick auf § 116 SGB X erforderlichen Vorbehalt festgestellt, dass der Angeklagte verpflichtet ist, "sämtliche" künftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen.
c)
Das Landgericht hat den hinsichtlich aller angeklagten Taten gestellten Anträgen auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes und auf Feststellung der Verpflichtung des Angeklagten, sämtliche materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die der Nebenklägerin aus den angeklagten Taten noch entstehen werden, nur insoweit stattgegeben, als es den Angeklagten verurteilt hat. Soweit das Verfahren hinsichtlich der übrigen angeklagten Taten gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist, hat es demgemäß von einer Entscheidung abgesehen. Gleiches gilt für die hinsichtlich des Falles II. 4 der Urteilsgründe, in dem der Angeklagte freigesprochen worden ist, geltend gemachten Ansprüche. Das teilweise Absehen von einer Entscheidung ist im Hinblick auf § 406 Abs. 3 Satz 2 StPO zur Verdeutlichung ausdrücklich zu tenorieren (vgl. BGHR StPO § 406 Teilentscheidung 1).
3.
Im Hinblick auf den nur geringen Teilerfolg der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten und Auslagen seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
OAAAD-29581
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