BAG Urteil v. - 8 AZR 220/07

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: BGB § 242; BGB § 249; BGB § 280; BGB § 613a

Instanzenzug: LAG Düsseldorf, 7 (3) Sa 542/06 vom ArbG Solingen, 5 Ca 1832/05 lev vom

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz darüber, ob zwischen ihnen über den hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht.

Der Kläger war seit dem zunächst bei dem B Konzern und seit dem bei der Beklagten beschäftigt. Er arbeitete zuletzt als Leiter "C I in der VO Polen" und in Personalunion als "Preismanager international der BG C I". Er war dabei schwerpunktmäßig im Geschäftsbereich C I (im Folgenden CI) tätig.

Der Geschäftsbereich CI verzeichnete seit mehreren Jahren Umsatzrückgänge, welche die Beklagte zu Personalabbaumaßnahmen veranlassten. Unter dem Datum legte die Beklagte dem Kläger eine Berechnung der Leistungen bei Vereinbarung eines Frühruhestandes vor.

Mit Schreiben vom informierte die Beklagte den Kläger über die von ihr beabsichtigte Übertragung des Geschäftsbereichs CI auf die A GmbH. In dem Schreiben heißt es auszugsweise:

"Die A-G AG plant, den Geschäftsbereich C I (CI) mit Wirkung zum auf die A GmbH zu übertragen.

Für die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter, die dem Geschäftsbereich CI zugeordnet sind, führt diese Übertragung zu einem automatischen Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse. Dies ist in § 613a BGB geregelt, dessen Bestimmungen auf den Übergang zwingend anwendbar sind. ...

Ihr Arbeitsverhältnis ist dem Geschäftsbereich CI zugeordnet und würde deshalb mit dem auf A GmbH übergehen. ...

1. Zum geplanten Zeitpunkt des Übergangs: Das Datum des geplanten Übergangs ist der .

2. Zum Grund für den Übergang:

Grund des Übergangs ist die rechtliche Verselbständigung des Geschäftsbereichs CI in die A GmbH und deren anschließende Veräußerung an N GmbH. A GmbH mit Sitz in L umfasst das gesamte bisherige CI-Geschäft der A-G AG, also die Geschäftsfelder Film, Finishing und Laborgeräte. A GmbH übernimmt das Vermögen von CI. Hierzu gehören insbesondere Produktionsanlagen, Markenzeichen, Patente und technologisches Know-how, Vorräte und Forderungen.

...

Das Unternehmen wird mit einem guten Eigenkapital ausgestattet und verfügt über hohe Liquidität, um unerwartet auftretende Risiken bewältigen, in neue Geschäfte investieren und Marktchancen besser nutzen zu können.

3. Zu den rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer:

Mit dem Übergang des Geschäftsbereichs CI tritt A GmbH in die bestehenden, unveränderten Arbeitsverhältnisse ein. Zur Klärung und Regelung der Einzelheiten haben A-G AG, A GmbH, Gesamtbetriebsrat der A-G AG sowie die örtlichen Betriebsräte am eine Überleitungsvereinbarung 'zur Klärung der rechtlichen Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse betroffener Arbeitnehmer, auf die kollektiv-rechtlichen Regelungen sowie auf die betriebsverfassungsrechtlichen Strukturen' abgeschlossen, die davon geprägt ist, so weit wie möglich Kontinuität zu wahren:

- Die bei der A-G AG verbrachten und/oder von ihr anerkannten Dienstjahre werden als Dienstzeit bei A GmbH anerkannt.

- ...

...

5. Zu Ihrer persönlichen Situation:

Ihr Arbeitsverhältnis wird nach unserer Planung von dem geplanten Personalabbau gemäß Ziffer 4 betroffen sein. Die Zustimmung des Betriebsrats und des Sprecherausschusses zu Ihrer Aufnahme in die Namensliste liegt derzeit noch nicht vor. Insofern sind Verhandlungen mit dem Betriebsrat und dem Sprecherausschuss noch nicht abgeschlossen. Sie müssen jedoch damit rechnen, nach Abschluss dieser Verhandlungen mit oder ohne Ihre Aufnahme in die Namensliste der zur Kündigung vorgesehenen Mitarbeiter eine Kündigung zu erhalten. Zur Milderung wirtschaftlicher Nachteile stehen Ihnen dann die für Leitende Angestellte im Unternehmen üblichen Leistungen zu.

Die geplante Kündigung wirkt sich auf den Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses nicht aus. Ihr Arbeitsverhältnis geht trotzdem über und Sie sind verpflichtet, Ihre Tätigkeit bei A GmbH fortzuführen. Die nachfolgend dargestellten Konsequenzen eines eventuellen Widerspruchs treffen auch in Ihrem Falle zu.

6. Zum Widerspruchsrecht:

Sie haben das Recht, dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH binnen einer Frist von einem Monat ab Zugang dieses Schreibens schriftlich zu widersprechen. ...

....

7. Zu den Folgen eines Widerspruchs:

Im Falle eines fristgerechten Widerspruchs bleibt Ihr Arbeitsverhältnis bei der A-G AG und geht nicht auf die A GmbH über.

Da nach dem Übergang des vollständigen Geschäftsbereichs CI auf A GmbH Ihr bisheriger Arbeitsplatz bei A-G AG nicht mehr vorhanden sein wird und eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht besteht, müssen Sie daher im Falle der Ausübung Ihres Widerspruchsrechts mit der Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses durch A-G AG rechnen. Wir weisen Sie ausdrücklich darauf hin, dass nach der eindeutigen Regelung in der mit dem Gesamtbetriebsrat der A-G AG und den örtlichen Betriebsräten vereinbarten Überleitungsvereinbarung in diesem Fall kein Anspruch auf eine Abfindung besteht, weder gegenüber der A-G AG noch gegenüber A GmbH. Im Falle eines Widerspruchs müssen Sie deshalb damit rechnen, Ihren Arbeitsplatz ohne jede finanzielle Leistung zu verlieren. Außerdem sind bei einer eventuellen Arbeitslosigkeit nach einem Widerspruch Ihre Ansprüche auf Leistungen der Agentur für Arbeit in Frage gestellt. Wir empfehlen Ihnen daher dringend, von einem Widerspruch abzusehen."

Mit Wirkung zum wurde der Geschäftsbereich CI ausgegliedert und auf die neu gegründete A GmbH übertragen. Der Kläger widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf diese GmbH zunächst nicht und erbrachte in der Folgezeit für die A GmbH Arbeitsleistungen. Von der A GmbH erhielt der Kläger am eine "Ermittlung der voraussichtlichen Versorgungsanwartschaften LM/LA/OF" und eine Berechnung von Leistungen im Frühruhestand.

Am schlossen der Kläger und die A GmbH einen schriftlichen Aufhebungsvertrag. Es wurde vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der A GmbH aus betriebsbedingten Gründen auf Veranlassung des Arbeitgebers zum beendet wird und die A GmbH an den Kläger zum Ausgleich des sozialen Besitzstands und unter Anwendung der zum Auszahlungszeitpunkt geltenden Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes eine Abfindung gemäß § 3 Ziffer 9 EStG in Höhe von 230.000,00 Euro zahlt. Der Kläger bestätigte unter Ziffer 10 der Vereinbarung, dass er ausreichend Zeit zur Prüfung dieses Vertrages und/oder der Einholung von Rechtsrat hatte und unter Ziffer 12 der Vereinbarung erklärte der Kläger, er verzichte auf ein eventuelles Recht zum Widerruf der Vereinbarung.

Die A GmbH stellte im Mai 2005 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Mit anwaltlichen Schreiben vom widersprach der Kläger gegenüber der Beklagten, dem vorläufigen Insolvenzverwalter und der A GmbH dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH.

Am wurde über das Vermögen der A GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet.

Mit seiner am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger ua. die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis zu der Beklagten über den hinaus unbefristet fortbesteht.

Der Kläger meint, das Unterrichtungsschreiben vom genüge nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB, weshalb die Frist für die Erklärung des Widerspruchs nicht in Gang gesetzt worden sei. Sein Widerspruchsrecht sei auch nicht verwirkt.

Der Kläger hat - soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist - beantragt

festzustellen, dass zwischen den Parteien über den hinaus unbefristet ein Arbeitsverhältnis fortbesteht.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie meint, das Informationsschreiben vom genüge den gesetzlichen Anforderungen. Daher sei der Widerspruch des Klägers verfristet. Jedenfalls sei das Widerspruchsrecht aber verwirkt.

Das Arbeitsgericht hat dem Feststellungsantrag des Klägers auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den hinaus stattgegeben. Mit Teilurteil hat das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, soweit das Arbeitsgericht dem Feststellungsantrag stattgegeben hatte. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter, während der Kläger die Zurückweisung der Revision beantragt.

Gründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Zwischen den Parteien besteht kein Arbeitsverhältnis mehr.

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine klagestattgebende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Kläger habe dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses form- und fristgerecht widersprochen. Das Unterrichtungsschreiben der Beklagten vom genüge den Anforderungen des § 613a BGB nicht. Die Beklagte habe den Kläger nicht hinreichend über die rechtlichen Folgen des Teilbetriebsübergangs unterrichtet. So gebe der Hinweis auf den "Übergang der Arbeitsverhältnisse" lediglich die in § 613a Abs. 1 BGB getroffene Regelung wieder und erschöpfe sich letztlich in der Wiederholung des gesetzlich vorgegebenen Begriffs "Übergang". Außerdem fehle es an der Darstellung der Haftungsregelung des § 613a Abs. 2 BGB und an jeglicher Information zu § 613a Abs. 4 BGB. Aufgrund der fehlerhaften Unterrichtung sei die einmonatige Frist für die Ausübung des Widerspruchsrechts nicht in Lauf gesetzt worden. Eine zeitliche Begrenzung des Widerspruchsrechts sehe das Gesetz nicht vor. Das Widerspruchsrecht sei auch nicht verwirkt. Das Zeitmoment könne frühestens ab dem Zeitpunkt beginnen, zu dem der Arbeitnehmer Kenntnis davon erlangt habe, dass die Unterrichtung fehlerhaft gewesen sei. Die darlegungs- und beweispflichtige Beklagte habe keine Umstände dafür vorgetragen, dass der Kläger vor Erklärung seines Widerspruchs Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit des Unterrichtungsschreibens gehabt und dennoch einen längeren Zeitraum zugewartet habe. Es fehle auch an dem Umstandsmoment. Weder in der Weiterarbeit noch in der Angabe der A GmbH als Arbeitgeberin in der Bescheinigung zur Vorlage beim Arbeitsamt lägen ausreichende vertrauensbildende Umstände. Da der Beklagten der Abschluss des Aufhebungsvertrages zwischen dem Kläger und der A GmbH nicht bekannt gewesen sei, könne sie sich im Rahmen der Verwirkung nicht auf diesen berufen. Der Kläger habe durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages auch keinen Verzicht auf sein Widerspruchsrecht erklärt. Ein etwaiger Verzicht auf das Widerspruchsrecht sei in analoger Anwendung des § 144 BGB zu beurteilen. Der Kläger habe durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages zwar gegenüber der Erwerberin erklärt, dass er sie als Vertragspartnerin akzeptiere. Diese Erklärung sei aber nicht in Kenntnis eines bestehenden Widerspruchsrechts erfolgt. Der Kläger habe auch mit der Möglichkeit eines bestehenden Widerspruchrechts im Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages nicht rechnen können. Eine rechtsmissbräuchliche Ausübung des Widerspruchsrechts sei ebenfalls nicht gegeben.

B. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

Zwischen den Parteien besteht kein Arbeitsverhältnis mehr, weil dieses mangels eines wirksamen Widerspruchs des Klägers ab dem auf die A GmbH gemäß § 613a Abs. 1 BGB übergegangen war. Das Widerspruchsrecht des Klägers war zum Zeitpunkt seiner Ausübung mit Schreiben vom verwirkt.

I. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Unterrichtung des Klägers mit Schreiben vom über den beabsichtigten Betriebsteilübergang nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB entsprochen hat und dadurch die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB für den Kläger nicht in Gang gesetzt worden ist. Dies hat der Senat bereits in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle entschieden (vgl. zB - 8 AZR 1016/06 - NZA 2008, 1354 oder - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347).

II. Das Recht des Klägers zum Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die A GmbH war zum Zeitpunkt der Widerspruchserklärung im Juni 2005 jedoch verwirkt.

1. Der Senat hat mehrmals entschieden, dass das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers grundsätzlich verwirken kann (vgl. zB - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347).

2. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckt haben, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruches nicht mehr zuzumuten ist.

Schon nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor dem Inkrafttreten des § 613a Abs. 5 und 6 BGB konnte das Widerspruchsrecht wegen Verwirkung ausgeschlossen sein. An dieser Rechtsprechung hat der Senat im Einklang mit der herrschenden Auffassung im Schrifttum auch nach der neuen Rechtslage festgehalten. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber eine Widerspruchsfrist eingeführt hat, schließt eine Anwendung der allgemeinen Grundsätze nicht aus, weil jedes Recht nur unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben ausgeübt werden kann (Senat - 8 AZR 431/06 - mwN, BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64).

Angesichts der gesetzlichen Regelung kann hinsichtlich des Zeitmoments nicht auf eine feststehende Monatsfrist, beispielsweise von sechs Monaten abgestellt werden. Im Gesetzgebungsverfahren sind nämlich Vorschläge auf Aufnahme einer generellen Höchstfrist von drei (BR-Drucks. 831/1/01 S. 2) bzw. sechs Monaten (BT-Drucks. 14/8128 S. 4) nicht aufgegriffen worden. Abzustellen ist vielmehr auf die konkreten Umstände des Einzelfalles (Senat - 8 AZR 431/06 - BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64). Dabei ist, wie der Senat bereits zur Verwirkung der Geltendmachung eines Betriebsüberganges ( - 8 AZR 106/99 -) ausgeführt hat, davon auszugehen, dass bei schwierigen Sachverhalten die Rechte des Arbeitnehmers erst nach längerer Untätigkeit verwirken können. Zutreffend ist es weiterhin auch, die Länge des Zeitablaufes in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen. Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, sind, desto schneller kann ein Anspruch verwirken. Es müssen letztlich besondere Verhaltensweisen sowohl des Berechtigten als auch des Verpflichteten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechtes als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (Senat - 8 AZR 431/06 - mwN, aaO.).

3. Die Voraussetzungen für eine Verwirkung liegen vor.

a) Die Beurteilung der Frage, ob ein Recht verwirkt ist, obliegt zwar grundsätzlich den Tatsachengerichten, die den ihnen zur Begründung des Verwirkungseinwandes vorgetragenen Sachverhalt eigenverantwortlich zu würdigen haben (so zB - DB 2007, 1034). Vom Revisionsgericht ist das Berufungsurteil aber darauf zu überprüfen, ob das Tatsachengericht die von der Rechtsprechung entwickelten rechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung beachtet, alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird (vgl. - mwN, EzA BGB 2002 § 242 Verwirkung Nr. 1).

b) Vorliegend hat das Landesarbeitsgericht die Voraussetzungen, unter denen das Widerspruchsrecht verwirken kann, verkannt.

Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts beginnt die Frist für das für die Verwirkung maßgebliche Zeitmoment nicht erst mit Kenntnis des Arbeitnehmers von der Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung zu laufen (vgl. Senat - 8 AZR 174/07 - NZA 2009, 552).

Der Kläger hat sein Widerspruchsrecht erst nach über siebeneinhalb Monaten nach dem vollzogenen Betriebsübergang am ausgeübt, nämlich mit Schreiben vom . Vor Ablauf eines Monats nach der Unterrichtung in Textform muss der Arbeitgeber wegen der in § 613a Abs. 6 BGB normierten Monatsfrist mit einem Widerspruch des Arbeitnehmers rechnen. Durch die Unterrichtung über den Betriebsübergang gibt der Arbeitgeber grundsätzlich zu erkennen, dass er mit dieser die Widerspruchsfrist von einem Monat in Gang setzen will und nach Fristablauf die Erklärung von Widersprüchen nicht mehr erwartet (Senat - 8 AZR 166/07 -; - 8 AZR 1020/06 -). Dies gilt auch, wenn die Unterrichtung unvollständig oder fehlerhaft war. Der Zeitraum von siebeneinhalb Monaten zwischen der Unterrichtung über den Betriebsteilübergang und der Erklärung des Widerspruchs erfüllte im Streitfall insbesondere deshalb das Zeitmoment, weil der Kläger durch den Abschluss seines Aufhebungsvertrages ein besonders gewichtiges Umstandsmoment gesetzt hatte (vgl. unter B II 4 der Gründe).

4. Der Kläger hat durch sein Verhalten, insbesondere auch durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages mit der A GmbH am das Umstandsmoment verwirklicht.

a) Es entspricht der Rechtsprechung des Senats, dass dann, wenn ein Arbeitnehmer eine vom Betriebserwerber ausgesprochene Kündigung nicht angreift ( - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347) oder - wie vorliegend - durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit dem Betriebserwerber über sein Arbeitsverhältnis disponiert ( - 8 AZR 174/07 - NZA 2009, 552), das für die Annahme einer Verwirkung erforderliche Umstandsmoment erfüllt sein kann.

b) Aufgrund des Abschlusses des Aufhebungsvertrages zwischen dem Kläger und der A GmbH sowie des Gesamtverhaltens des Klägers durfte die Beklagte davon ausgehen, dieser werde sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben (Erfüllung des Umstandsmoments).

Es ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts unerheblich, ob und ggf. ab wann die Beklagte von dem Abschluss des Aufhebungsvertrages Kenntnis hatte.

Auf die Verwirkung darf sich die Beklagte berufen, unabhängig davon, ob ihr alle vom Kläger verwirklichten Umstandsmomente bekannt geworden sind. Bei der Verwirkung des Widerspruchsrechts im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang genügt es, dass einer der Verpflichteten von den vertrauensbildenden Umständen Kenntnis hat. Jedenfalls im unmittelbaren Verhältnis zwischen Betriebsveräußerer und Betriebserwerber sieht das Gesetz grundsätzlich eine gemeinsame Verpflichtung und Berechtigung beider aus dem Arbeitsverhältnis vor. Daraus folgt, dass immer dann, wenn sich der Betriebserwerber als neuer Arbeitgeber auf Verwirkungsumstände berufen könnte, diese auch der Betriebsveräußerer als früherer Arbeitgeber für sich in Anspruch nehmen kann.

Die Unterrichtungspflicht nach § 613a Abs. 5 BGB trifft als Gesamtschuldner sowohl den bisherigen Arbeitgeber als auch den neuen Betriebsinhaber. Der von einem Betriebsübergang betroffene Arbeitnehmer erlangt die Fortdauer seines Widerspruchsrechts sowohl durch Informationsfehler des einen wie des anderen. Wenn das Gesetz in der Frage der Informationspflicht zum Betriebsübergang den alten und neuen Arbeitgeber als Einheit sieht, legt es nahe, Betriebsveräußerer und Betriebserwerber auch hinsichtlich des Informationsstands zum Arbeitnehmerverhalten einheitlich aufzufassen. Auch Art. 3 Abs. 2 der RL 2001/23/EG fingiert einen gleichen Informationsstand von Veräußerer und Erwerber über die Rechte und Pflichten der übergegangenen Arbeitsverhältnisse. Entscheidend kommt hinzu, dass nach § 613a Abs. 6 Satz 2 BGB der Arbeitnehmer den Widerspruch sowohl gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber (Betriebsveräußerer) als auch gegenüber dem neuen Inhaber (Betriebserwerber) erklären kann. Der Widerspruch kann aber nicht gegenüber dem neuen Arbeitgeber verwirkt sein, weil dieser die eingetretenen "Umstände" subjektiv kennt, gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber wegen dessen Unkenntnis jedoch nicht. Für das Schuldverhältnis von Betriebsveräußerer und Betriebserwerber als Gesamtschuldner gegenüber dem Arbeitnehmer als Berechtigtem ist in § 613a BGB, insbesondere in dessen Abs. 6 "ein anderes" normiert (§ 425 Abs. 1 BGB). Neuer und alter Arbeitgeber können sich wechselseitig auf die Kenntnis des anderen vom Arbeitnehmerverhalten berufen. Eine nachgewiesene subjektive Kenntnis des in Anspruch genommenen Verpflichteten von einem bestimmten Arbeitnehmerverhalten ist nicht erforderlich, wenn feststeht, dass dieses Verhalten wenigstens dem anderen Verpflichteten bekannt geworden ist (Senat - 8 AZR 174/07 - NZA 2009, 552; so auch Gaul/Niklas DB 2009, 452).

c) Entgegen der Auffassung des Klägers begründen die Verhandlungen über einen Frühruhestand zwischen ihm und der Beklagten vor dem Betriebsteilübergang keinen Umstand, welcher der Vertrauensbildung entgegensteht. Der Kläger hat die A GmbH als seine neue Arbeitgeberin akzeptiert und sich entschlossen, das auf diese Gesellschaft übergegangene Arbeitsverhältnis zu beenden. Der mit der A GmbH vereinbarte Aufhebungsvertrag war nicht bereits in der Rechtsbeziehung der Parteien vor dem Betriebsteilübergang angelegt. Es handelte sich auch nicht um den bloßen Vollzug bereits getroffener Vereinbarungen. Des Weiteren lässt sich dem Vortrag des Klägers nicht entnehmen, dass zwischen ihm und der Beklagten über den Abschluss eines Frühruhestandes bereits rechtsverbindliche Willenserklärungen abgegeben worden waren, zB in Form eines Vorvertrages. Offensichtlich ist es vor dem Betriebsteilübergang zwischen den Parteien gerade nicht zu einer Einigung über die Beendigungsmodalitäten gekommen. Eine solche Einigung wurde erst mit der A GmbH erzielt. Der Kläger schloss mit dieser allerdings keine "Frühruhestandsvereinbarung", sondern einen Aufhebungsvertrag mit einem Anspruch auf Zahlung einer Abfindung. Die Konditionen, die in der Berechnung der Beklagten bzgl. der Höhe von Frühruhestandsleistungen erwähnt sind, entsprechen nicht den im Aufhebungsvertrag getroffenen Vereinbarungen. Gerade der Umstand, dass der Kläger keine Frühruhestandsvereinbarung zu den von der Beklagten ursprünglich genannten Bedingungen abgeschlossen hat, sondern einen eigenständigen Aufhebungsvertrag mit einer einmaligen Abfindungszahlung, verdeutlicht, dass er die A GmbH als seine neue Arbeitgeberin akzeptiert hatte. Erst mit dieser Gesellschaft hat er sich letztlich über die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses und über die Beendigungsbedingungen verständigt.

d) Der Annahme des Umstandsmoments steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte dem Kläger bereits in dem Unterrichtungsschreiben vom mitgeteilt hatte, eine Kündigung seines Arbeitsverhältnisses sei unabhängig vom Betriebsübergang aufgrund des bereits geplanten Personalabbaus beabsichtigt. Weder die Beklagte noch die A GmbH haben diese Kündigung ausgesprochen. Der Kläger hat sich selbst entschlossen, sein auf die A GmbH übergegangenes Arbeitsverhältnis im Einvernehmen mit dieser zu beenden. Im Übrigen kann ein Umstandsmoment auch dann vorliegen, wenn der bisherige Arbeitgeber zwar eine Kündigung geplant, eine solche aber nicht ausgesprochen hat, und erst der Betriebserwerber das Arbeitsverhältnis gekündigt und der Arbeitnehmer diese Kündigung nicht angegriffen hat (vgl. Senat - 8 AZR 225/07 -).

5. Der Kläger hat auch gemäß § 613a Abs. 5 BGB iVm. § 280 Abs. 1, § 249 Abs. 1 BGB keinen Schadensersatzanspruch auf Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten über den hinaus.

a) Bei der Unterrichtungspflicht nach § 613a Abs. 5 BGB handelt es sich um eine echte Rechtspflicht, deren Verletzung einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB auslösen kann (Senat - 8 AZR 1022/06 - mwN, EzA BGB 2002 § 613a Nr. 91). Macht der Arbeitnehmer geltend, nicht oder nicht vollständig über den Betriebsübergang unterrichtet worden zu sein, ist er so zu stellen, wie er gestanden hätte, wenn er richtig und vollständig informiert worden wäre. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer vortragen und beweisen muss, dass ihm infolge der unterbliebenen Unterrichtung der geltend gemachte Schaden entstanden ist. Bei rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Unterrichtung müsste der Arbeitnehmer gemäß § 613a Abs. 6 BGB dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses wirksam widersprochen haben und der geltend gemachte Schaden dürfte nicht eingetreten sein. Hierfür hat der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast.

b) Der Kläger kann von der Beklagten aufgrund deren Verstoßes gegen § 613a Abs. 5 BGB nach § 280 Abs. 1, § 249 Abs. 1 BGB nicht verlangen, so behandelt zu werden, als ob es wegen eines ordnungsgemäßen Widerspruches iSd. § 613a Abs. 6 BGB nicht zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten gekommen wäre.

Die fehlerhafte oder unvollständige Unterrichtung durch die Beklagte hat dazu geführt, dass die Frist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB für die Ausübung des Widerspruchsrechts nicht in Gang gesetzt worden ist. Der Gesetzgeber hat dem Arbeitnehmer über § 613a Abs. 6 BGB die Möglichkeit eingeräumt, bei einer Verletzung der Unterrichtungspflicht nach § 613a Abs. 5 BGB einen Widerspruch auch ohne Einhaltung der Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB auszuüben. Damit hat es der Arbeitnehmer in der Hand, durch die nicht fristgebundene Ausübung des Widerspruchsrechts den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebsveräußerer zu erreichen. Eines Schadensersatzanspruchs, der bei einer Verletzung der Unterrichtungspflicht auf Begründung/Wiederherstellung des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebsveräußerer gerichtet ist, bedarf es daneben nicht. Führt ein Verhalten des Arbeitnehmers dazu, dass sein Recht auf Ausübung des Widerspruchs untergegangen ist, zB durch das Rechtsinstitut der Verwirkung, liegt es nicht im Schutzzweck der Vorschrift des § 613a Abs. 5 BGB, dem Arbeitnehmer gleichsam eine weitere Widerspruchsmöglichkeit einzuräumen, indem er im Wege der Naturalrestitution den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses verlangen kann. Würde ein solcher Schadensersatzanspruch zuerkannt, würden letztlich die Regelungen, die zum Untergang des Widerspruchsrechts geführt haben, umgangen.

C. Eine Entscheidung über die Kosten, auch über die der Revision, hat das Landesarbeitsgericht im Schlussurteil zu treffen.

Fundstelle(n):
DB 2009 S. 2214 Nr. 41
ZIP 2009 S. 2310 Nr. 48
YAAAD-29248

1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein