BGH Beschluss v. - 1 StR 556/07

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: StPO § 45 Abs. 2; StPO § 356a

Gründe

I.

Mit Urteil des Landgerichts München I vom wurde der damalige Angeklagte wegen unerlaubter Betäubungsmittelgeschäfte zu zwei Gesamtstrafen in Höhe von vier Jahren und neun Monaten und von zehn Jahren verurteilt. Außerdem wurde gegen ihn die Sicherungsverwahrung angeordnet. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten verwarf der Senat mit Beschluss vom gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet. Die dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde des Angeklagten wurde mit - schon deshalb nicht zur Entscheidung angenommen, da sie mangels Mitteilung der angegriffenen Entscheidung und des Inhalts der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unzulässig war. Mit persönlich verfasstem Schriftsatz vom hat der Angeklagte nunmehr die Anhörungsrüge gemäß § 356a StPO gegen den Senatsbeschluss vom erhoben. Gegen die Versäumung der Wochenfrist des § 356a Satz 2 StPO hat er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Seine Verteidiger hätten, so trägt der Verurteilte zutreffend vor, keine Anhörungsrüge erhoben. Ein derartiger schwerwiegender Verteidigerfehler sei ihm nicht zuzurechnen. Ihm persönlich sei diese Möglichkeit unbekannt gewesen. Niemand, auch nicht seine Verteidiger, hätten ihn hierauf hingewiesen. Er habe in der Justizvollzugsanstalt Straubing "gerüchteweise, allerdings unspezifiziert" von der Anhörungsrüge gehört. Mit Schreiben vom habe er Frau Rechtsanwältin G. - sie vertrat ihn nicht im vorangegangenen Strafverfahren - um Auskunft gebeten, die er mit dem Text des § 356a StPO am erhalten habe.

II.

Die Gehörsrüge ist unzulässig, da sie nicht innerhalb der Wochenfrist des § 356a Satz 2 StPO gestellt wurde und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung dieser Frist nicht gewährt werden kann.

1. Der Antrag, das Verfahren in die Lage vor Erlass des Senatsbeschlusses vom zurückzuversetzen, ist binnen einer Woche nach Kenntniserlangung von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu stellen (§ 356a Satz 2 StPO). Dabei geht es nur um die Kenntnis der tatsächlichen Umstände, aus denen sich der Verstoß ergibt ( - Rdn. 7 m.w.N.). Dies ist hier der Senatsbeschluss vom , der von der Geschäftsstelle am auch an den Angeklagten verschickt wurde, der ihm auch zuging, wie die Erhebung der Verfassungsbeschwerde zeigt. Die Gehörsrüge wurde daher mit Schriftsatz vom verspätet erhoben.

2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Frist zur Erhebung der Anhörungsrüge (§ 356a StPO) gegen den Senatsbeschluss vom ist unzulässig.

Der Verurteilte hat nicht glaubhaft gemacht (§ 45 Abs. 2 Satz 1 StPO), dass er über die Möglichkeit der Erhebung einer Anhörungsrüge seitens seiner beiden Verteidiger, die ihn im Revisionsverfahren vertraten, nicht informiert wurde. Die schlichte Erklärung des von der Fristversäumung Betroffenen genügt hierzu regelmäßig (vgl. Graalman-Scheerer in Löwe/Rosenberg, StPO 26. Aufl. § 45 Rdn. 18) und insbesondere im vorliegenden Fall nicht. Mit der Vorlage entsprechender Äußerungen der beiden Verteidiger in der Revisionsinstanz hätte der Verurteilte den Anforderungen zur Glaubhaftmachung auch unschwer genügen können. Auch im Schriftsatz des schließlich mit der Begründung der Anhörungsrüge beauftragten Rechtsanwalts S. vom findet sich zur Glaubhaftmachung lediglich der Hinweis auf die Angaben des Verurteilten.

Auch im Falle einer fehlenden Information seiner Verteidiger ist es höchst zweifelhaft - kann hier aber dahinstehen -, ob der Verurteilte den Widereinsetzungsantrag innerhalb der Wochenfrist nach Wegfall des Hindernisses - der fehlenden Kenntnis von der Möglichkeit einer Anhörungsrüge - gestellt hat (§ 45 Abs. 1 StPO). Es ist nach den Angaben des Verurteilten selbst wenig glaubhaft, dass er nicht schon erhebliche Zeit vor dem in ausreichender Weise über die Möglichkeit der Erhebung einer Anhörungsrüge informiert war. Der Verurteilte ist im Umgang mit Rechtsfragen nicht unerfahren, wie sein selbst verfasster Schriftsatz zur Erhebung der Anhörungsrüge zeigt. Wann er erstmals "gerüchteweise, allerdings unspezifiziert" von der Anhörungsrüge hörte und was unter "gerüchteweise, allerdings unspezifiziert" zu verstehen ist, hat der Angeklagte gleichwohl nicht mitgeteilt.

Es kann auch dahinstehen, ob ein Verteidiger in jedem Fall die Möglichkeit der Erhebung einer Gehörsrüge mit seinem Mandanten erörtern muss. Die Gehörsrüge dient nicht dazu, die gesamte Revisionsentscheidung nochmals zu überprüfen. Es handelt sich um einen außerordentlichen Rechtsbehelf, der allein dazu dient, einen bestimmten Grundrechtsverstoß, nämlich die Verletzung des Anspruchs eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise - so dies denn ausnahmsweise im Revisionsverfahren geschehen sein sollte -, zu beanstanden. Dann muss dieser Mangel durch Zurückversetzung des Verfahrens in den Stand vor der Revisionsentscheidung behoben werden. Liegt ein solcher Fehler aber auch aus Sicht der Verteidiger völlig fern, dann muss die Gehörsrüge auch nicht zwingend thematisiert werden. Dementsprechend ist auch keine Rechtsmittelbelehrung seitens des Revisionsgerichts vorgeschrieben.

Dazu, dass sich ein Verurteilter Verteidigerverschulden bei fehlerhafter Erhebung der Gehörsrüge zurechnen lassen muss, vgl. - Rdn. 16 ff.

III.

Die Anhörungsrüge wäre jedoch auch unbegründet. Der Senat hat weder zum Nachteil des Verurteilten Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen dieser nicht gehört worden wäre, noch hat er zu berücksichtigendes Vorbringen des Verurteilten übergangen.

Der Verurteilte hat insbesondere beanstandet, der Senat habe die Ausführungen der Revision zum - behaupteten - fehlerhaften Umgang des Tatgerichts mit gestellten Hilfsbeweisanträgen (es handelte sich um einen Hilfsbeweisantrag mit dem Ziel der Vernehmung dreier Sachverständiger) nicht zur Kenntnis genommen. Auf die entsprechende Rüge geht der Generalbundesanwalt jedoch in seiner Antragsschrift vom unter I. ausführlich ein, wie anschließend auch auf das weitere Revisionsvorbringen. Die Darlegungen des Generalbundesanwalts machte sich der Senat ersichtlich zu eigen, da er den Beschluss über die Verwerfung der Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO nicht weiter begründete. Dies entspricht der Ratio des Verfahrens nach § 349 Abs. 2 und 3 StPO und gibt daher gerade keinen Hinweis auf die Nichtbeachtung des Sachvortrags des Revisionsführers (). Eine Begründungspflicht für letztinstanzliche, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angreifbare Entscheidungen besteht nicht (vgl. - m.w.N.), auch nicht deswegen, weil der Beschwerdeführer auf den Antrag des Generalbundesanwalts erwidert hatte (BGH, Beschlüsse vom - 1 StR 233/07 - und vom - 1 StR 162/08 - Rdn. 20).

Fundstelle(n):
IAAAD-26135

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