Gewinne aus Teilanteilsveräußerung im Anwendungsbereich des § 18 Abs. 3 EStG seit nicht mehr tarifbegünstigt
Leitsatz
§ 18 Abs. 3 Satz 2 EStG in der Fassung vom ist gemäß der Grundregel in § 52 Abs. 1 Satz 1 EStG (rückwirkend) erstmals für den Veranlagungszeitraum 2002 anzuwenden.
Der Gewinn aus einer Teilanteilsveräußerung an einer freiberuflich tätigen Mitunternehmerschaft ist seit dem nicht mehr tarifbegünstigt.
Gesetze: EStG § 16 Abs. 1 Nr. 2, EStG § 18 Abs.3 Satz 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, GG Art. 20
Instanzenzug:
Gründe
I. Streitig ist, ob der Gewinn aus einer Teilanteilsveräußerung an einer freiberuflich tätigen GbR im ersten Halbjahr 2002 steuerbegünstigt ist.
Die beiden Altgesellschafter (Kläger und Beschwerdeführer zu 2. und 3.) veräußerten jeweils die Hälfte ihrer Anteile an der Klägerin und Beschwerdeführerin zu 1. an den als Gesellschafter neu eintretenden Kläger zu 4., der keine Beschwerde erhoben hat. Im geänderten Gesellschaftsvertrag vom ist der Eintritt des neuen Gesellschafters zum vorgesehen.
Das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt, § 18 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sei dahingehend auszulegen, dass Gewinne aus Teilanteilsveräußerungen nach dem als laufender Gewinn zu versteuern seien.
Die Kläger zu 1. bis 3. (Kläger) meinen, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Sie möchten höchstrichterlich klären lassen, ob die Änderung des § 18 Abs. 3 Satz 2 EStG a.F. durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen vom (BStBl I 2002, 714) die bereits seit dem für gewerbliche Veräußerungsgewinne geltende Rechtslage für freiberufliche Veräußerungsgewinne lediglich klargestellt oder die Steuerbegünstigung für Teilanteilsveräußerungen im freiberuflichen Bereich erst abgeschafft hat und ob der Inhalt der Regelung des § 18 Abs. 3 EStG für Veräußerungen in der Zeit vom 1. Januar bis im Wege der Auslegung ermittelt werden kann oder sich am eindeutigen Wortlaut des Gesetzes zu orientieren hat.
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung.
a) Die mit der Beschwerde sinngemäß aufgeworfene Rechtsfrage, welches Recht auf die im Streitfall verwirklichten Teilanteilsveräußerungen anzuwenden ist, ist nicht klärungsbedürftig, denn sie beantwortet sich unmittelbar aus dem Gesetz. Anzuwenden ist § 18 Abs. 3 Satz 2 EStG i.d.F. durch Art. 2 Nr. 4 des Fünften Gesetzes zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen. Das Gesetz ist nach seinem Art. 17 Abs. 1 am Tag nach seiner Verkündung in Kraft getreten. Mangels einer speziellen Anwendungsregel (Art. 2 Nr. 10 des Gesetzes, durch den § 52 EStG geändert worden ist, enthält insoweit keine besonderen Vorschriften) ist der geänderte § 18 EStG gemäß der Grundregel in § 52 Abs. 1 Satz 1 EStG (rückwirkend) erstmals für den Veranlagungszeitraum 2002 anzuwenden. Danach ist gesetzlich eindeutig geregelt, dass § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG i.d.F. durch Art. 1 Nr. 5 Buchst. a aa des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom (Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz —UntStFG—, BGBl I 2001, 3858) auf den Streitfall entsprechend anzuwenden ist mit der Folge, dass Teilanteilsveräußerungen im Anwendungsbereich des § 18 Abs. 3 EStG seit dem nicht mehr tarifbegünstigt sind.
b) Vernünftige Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Gesetzeslage, aus denen sich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergeben könnte, sind weder dargelegt noch ersichtlich. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus Äußerungen im Schrifttum, die sich allein mit der Frage befassen, ob bereits die Änderung von § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG durch das UntStFG Auswirkungen (auch) auf Teilanteilsveräußerungen bei freiberuflich tätigen Mitunternehmerschaften hatte und dabei den nachträglich geänderten § 18 Abs. 3 EStG nicht in den Blick nehmen (vgl. etwa Böttner, Der Betrieb 2002, 1798). Denn die möglicherweise insoweit für eine Übergangszeit bestehende Unklarheit des Gesetzes ist durch die nachfolgende Änderung des § 18 Abs. 3 Satz 2 EStG klargestellt und beseitigt worden (vgl. BTDrucks 14/8887, S. 25 „macht dies deutlicher als die bisherige Regelung”). Die Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Klarstellung wird, soweit ersichtlich, auch nicht in Zweifel gezogen (vgl. Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach, § 18 EStG Rz J 02-2). Die Kläger haben sich überdies mit der entscheidenden Frage in ihrer Beschwerdebegründung nicht eingehend genug auseinandergesetzt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang sinngemäß meinen, die rückwirkende Klarstellung des § 18 Abs. 3 Satz 2 EStG verletze ihr verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen in den Fortbestand der für sie günstigen Gesetzeslage, verkennen sie, dass eine gesicherte Gesetzeslage, auf deren Fortbestand sie hätten vertrauen dürfen, zumindest seit dem Inkrafttreten des im UntStFG geänderten § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG nicht mehr bestand. Durch den Beschluss des Großen Senats des (BFHE 189, 465, BStBl II 2000, 123) war geklärt, dass die Tarifbegünstigung von Gewinnen aus der Veräußerung des Teils eines Mitunternehmeranteils sachlich nicht gerechtfertigt war. Dies hat der Gesetzgeber zum Anlass genommen, im UntStFG Teilanteilsveräußerungen vom Anwendungsbereich des § 16 EStG „aus Gründen der Besteuerungsgleichheit und aus steuersystematischen Gründen” auszunehmen (vgl. BTDrucks 14/6882, S. 34). Diese generelle Begründung lässt keinen Zweifel daran zu, dass für Teilanteilsveräußerungen bei freiberuflich tätigen Mitunternehmerschaften nach dem Willen des Gesetzgebers nichts anderes gelten sollte (vgl. Schmidt/ Wacker, EStG, 21. Aufl., § 18 Rz 224). Auf vereinzelte davon abweichende Äußerungen im Schrifttum kann berechtigtes Vertrauen dann aber nicht mehr begründet werden.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 1258 Nr. 8
BFH/PR 2009 S. 293 Nr. 8
DStRE 2009 S. 845 Nr. 14
AAAAD-22753