Zinsen für Darlehen zur Ablösung von Grundpfandrechten, die als Sicherheit für fremde Schulden dienen keine Werbungskosten; Ablösung von Belastungen eines Grundstücks, das unentgeltlich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge erworben wurde führen nicht zu Anschaffungskosten
Leitsatz
1. Nimmt der Steuerpflichtige ein Darlehen auf, um Grundpfandrechte, die als Sicherheit für fremde Schulden dienen, abzulösen, sind die für dieses Darlehen aufgewendeten Zinsen und Kreditkosten nicht als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar.
Der für den Werbungskostenabzug erforderliche Veranlassungszusammenhang mit der Einkünfteerzielung ist grundsätzlich zu verneinen, wenn die Zugehörigkeit eines der Einkünfteerzielung dienenden Wirtschaftsguts zum Vermögen des Steuerpflichtigen bedroht ist; so etwa wenn im Fall der Nichterfüllung der Schuld ein Vollstreckungszugriff auf das Mietobjekt gedroht hätte.
2. Wird ein Grundstück unentgeltlich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge erworben, führt die Ablösung von Belastungen des Grundstücks, die vom Erblasser herrühren, jedenfalls dann nicht zu Anschaffungskosten der Erben, wenn es sich um rein privat veranlasste Verbindlichkeiten handelt, etwa um Vermächtnis- oder Pflichtteilsverbindlichkeiten.
3. Einkünfte nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielt, wer Träger der Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag oder Pachtvertrag ist. Dies gilt auch für den Erwerber eines zwangsverwalteten Wohngrundstücks.
Gesetze: EStG § 9 Abs. 1 Satz 1, EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erwarb im Jahr 2000 im Wege der Gesamtrechtsnachfolge von ihrer Mutter u.a. drei vermietete Grundstücke. In dem zugrunde liegenden Testament wurde dem Bruder der Klägerin das Pflichtteilsrecht entzogen. Für den Fall eines gleichwohl bestehenden Pflichtteilsanspruchs sollten „noch vorhandene Resthaftungen” angerechnet bzw. darüber hinausgehende Freistellungs- und Erstattungsansprüche als Nachlassforderungen behandelt werden. Zur Absicherung von Verbindlichkeiten des Bruders der Klägerin waren auf den Grundstücken Hypotheken eingetragen. Da er seine Verbindlichkeiten von 1,4 Mio. DM nicht tilgen konnte, wurden die drei Objekte —auch noch zum Zeitpunkt des Erwerbs durch die Klägerin— teilweise zwangsverwaltet. Nach dem Erbfall nahm die Klägerin Darlehen in Höhe von 1,4 Mio. DM auf, löste die Verbindlichkeiten des Bruders ab und erklärte die Aufrechnung mit dessen Pflichtteilsanspruch, den der Bruder auch nicht mehr geltend machte.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) berücksichtigte die von der Klägerin für das Streitjahr 2002 erklärten Schuldzinsen für die aufgenommenen Darlehen nicht. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Im Klageverfahren machte die Klägerin Schuldzinsen in Höhe von 42 950,86 € sowie weitere Absetzungen für Abnutzung (AfA) in Höhe von 7 000 € als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab, da die Schuldzinsen nicht durch die Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes —EStG—) veranlasst seien. Bei den mit den streitigen Darlehen aufgenommenen Mitteln handle es sich nicht um Anschaffungskosten der ererbten Grundstücke.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Die mit den streitigen Schuldzinsen finanzierten Darlehensablösungen seien als Anschaffungskosten zu behandeln.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des FG aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, dass Schuldzinsen in Höhe von 42 950,86 € sowie zusätzliche AfA in Höhe von 7 000 € als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen. Insbesondere dienten die streitigen Ablösezahlungen der Abwehr von Gefahren für das der Einkünfteerzielung dienende Vermögen.
II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Zutreffend hat das FG die als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemachten Schuldzinsen, die wegen der Finanzierung der Ablösung von als Sicherheit für die Schulden des Bruders der Klägerin bestellten Hypotheken entstanden sind, sowie weitere AfA auf die Ablösesumme nicht zum Abzug zugelassen.
1. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Dies gilt auch für Schuldzinsen, soweit sie mit einer Einkunftsart im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG), sowie entsprechend für AfA (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 Satz 1 EStG).
a) Schuldzinsen müssen, um als Werbungskosten abziehbar zu sein, für eine Verbindlichkeit geleistet worden sein, die durch die Einkünfteerzielung —hier aus Vermietung und Verpachtung— veranlasst ist. So verhält es sich nur, wenn der Steuerpflichtige ein Darlehen tatsächlich dazu verwendet, um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, insbesondere indem er damit Anschaffungskosten eines der Einkünfteerzielung dienenden Grundstücks bzw. Gebäudes finanziert (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFHE 217, 531, BStBl II 2007, 645, m.w.N.). Ein allein rechtlicher Zusammenhang —etwa aufgrund einer Besicherung des Grundstücks— reicht ebenso wenig aus wie eine bloße gedankliche Zuweisung des Steuerpflichtigen (ständige Rechtsprechung, , BFHE 207, 24, BStBl II 2005, 324, m.w.N.).
Nimmt der Steuerpflichtige ein Darlehen auf, um Grundpfandrechte, die als Sicherheit für fremde Schulden dienen, abzulösen, so sind die für dieses Darlehen aufgewendeten Zinsen und Kreditkosten nicht als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar (, BFHE 184, 80, BStBl II 1997, 772, unter 1.a). Aufwendungen zur Abwehr von Gefahren für das der Einkünfteerzielung dienende Vermögen sind nur als Werbungskosten abziehbar, wenn die abzuwehrende Gefahr durch die Einkünfteerzielung begründet ist, z.B. durch die Verwendung eines Wirtschaftsguts zur Einkünfteerzielung. Ein Veranlassungszusammenhang mit der Einkünfteerzielung ist aber dann grundsätzlich zu verneinen, wenn die Zugehörigkeit eines der Einkünfteerzielung dienenden Wirtschaftsguts zum Vermögen des Steuerpflichtigen bedroht ist; so etwa wenn im Fall der Nichterfüllung der Schuld ein Vollstreckungszugriff auf das Mietobjekt gedroht hätte (vgl. , BFHE 171, 445, BStBl II 1993, 751, und in BFHE 184, 80, BStBl II 1997, 772).
b) Wird ein Grundstück unentgeltlich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge erworben, so führt die Ablösung von Belastungen des Grundstücks, die vom Erblasser herrühren, jedenfalls dann nicht zu Anschaffungskosten der Erben, wenn es sich um rein privat veranlasste Verbindlichkeiten handelt, etwa um Vermächtnis- oder Pflichtteilsverbindlichkeiten (, BFHE 169, 511, BStBl II 1993, 275; davon ausgehend auch Beschluss des Großen Senats des , BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847).
Zwar wird ein Grundstück mit der Folge weiterer (nachträglicher) Anschaffungskosten auch dann angeschafft, wenn der Eigentümer eines Grundstücks das daran bestehende dingliche Nutzungsrecht eines Dritten wie z.B. ein Erbbaurecht (Urteil vom VIII R 215/78, BFHE 138, 44, BStBl II 1983, 410), einen Vermächtnisnießbrauch (Urteil vom XI R 4/85, BFH/NV 1991, 681) oder ein Wohnungsrecht (Urteil vom IX R 14/89, BFHE 169, 313, BStBl II 1993, 484, m.w.N.) ablöst, um die insoweit bestehende Beschränkung seiner Eigentümerbefugnis i.S. von § 903 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zu beseitigen (Urteil vom IX R 323/87, BFHE 169, 386, BStBl II 1993, 488). Etwas anderes gilt aber, wenn die Beseitigung einer Nutzungsbeschränkung lediglich die Vermögenssphäre des Grundstückseigentümers betrifft und die Nutzungsbeschränkung der Erzielung und Zurechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung beim Grundstückseigentümer nicht entgegensteht (vgl. , BFH/NV 2006, 270). So verhält es sich bei einem zwangsverwalteten Grundstück. Einkünfte nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielt, wer Träger der Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag oder Pachtvertrag ist. Dies gilt auch für den Erwerber eines zwangsverwalteten Wohngrundstücks (, BFH/NV 2002, 1152, sowie vom IX R 65-67/01, BFH/NV 2003, 778).
2. Nach diesen Grundsätzen stellen die Darlehenszinsen keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Klägerin dar. Die Ablösung der Verbindlichkeiten des Bruders der Klägerin führt nicht zu Anschaffungskosten der Klägerin.
a) Die Klägerin erzielte als Vermieterin trotz der Zwangsverwaltung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Die aufgenommenen Darlehen dienten der Begleichung von Schulden des Bruders der Klägerin und sind daher nicht durch die Einkünfteerzielung veranlasst.
b) Der Klägerin entstanden durch die Ablösung der Verbindlichkeiten des Bruders, für welche die der Einkünfteerzielung dienenden Grundstücke der Klägerin mit Hypotheken belastet waren, auch keine (nachträglichen) Anschaffungskosten auf diese Grundstücke (§ 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs). Der Erwerb der Grundstücke im Wege der Erbfolge war unentgeltlich. Insbesondere handelt es sich bei der Ablösung nicht um eine Abfindung eines Erben im Rahmen der Erbauseinandersetzung (vgl. dazu Beschluss des Großen Senats des , BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837).
Anschaffungskosten entstanden auch nicht dadurch, dass über die Ablösung der fremden Schulden eine Belastung der der Einkünfteerzielung dienenden Grundstücke beseitigt wurde. Der Umstand, dass die Klägerin durch die Ablösungszahlung die Belastungsfreiheit der ihr bereits gehörenden Grundstücke erreichte, kam ihrer privaten Vermögenssphäre zugute. Die mit der Zwangsverwaltung einhergehende Nutzungsbeschränkung betrifft lediglich die Verwendung der Mieterträge, nicht deren Erzielung durch die Klägerin. Sie hat zudem ihre Ursache im privaten Bereich der Klägerin.
Die Zwangsverwaltung ist überdies lediglich die Konsequenz dessen, dass nicht rechtzeitig eine —privat veranlasste— Ablösung der Hypotheken erfolgt ist. Die Hypotheken haben insoweit den Zweck, den Gläubiger aus dem Grundstück zu befriedigen, sofern die zugrunde liegenden (privaten) Verbindlichkeiten nicht rechtzeitig beglichen werden. Allein daraus, dass das mit einer Hypothek ihrer Natur nach verbundene Besicherungsrisiko sich in einer Zwangsverwaltung realisiert, folgt nicht, dass die Ablösung der Hypothek nicht mehr der Sphäre der privaten Lebensführung bzw. der privaten Vermögenssphäre zuzuordnen wäre, sondern der Erwerbssphäre. Wie die Abwehr der drohenden Zwangsvollstreckung, so begründet auch die Beseitigung einer aktuellen Zwangsverwaltung nicht den Veranlassungszusammenhang der Ablösung privater Verbindlichkeiten mit der Einkünfteerzielung aus Vermietung und Verpachtung.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 1100 Nr. 7
HFR 2009 S. 871 Nr. 9
StBW 2009 S. 4 Nr. 12
JAAAD-22108