BFH Beschluss v. - I S 1/09

Kein Finanzrechtsweg bei Verweigerung der Einsichtnahme in die Akten eines abgeschlossenen finanzgerichtlichen Verfahrens; kein Akteneinsichtsrecht für am Rechtsstreit nicht Beteiligte

Gesetze: FGO § 33, FGO § 78, FGO § 128, GG Art. 103 Abs. 1

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Rügeführer haben gegen den Senatsbeschluss vom I B 107/08, mit dem eine unter Hinweis auf einen Verfahrensfehler erhobene Beschwerde gegen die Zurückweisung als Bevollmächtigte (§ 62 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung —i.d.F. vor dem Inkrafttreten der Änderungen durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom , BGBl I 2007, 2840—) zurückgewiesen wurde, Anhörungsrüge erhoben. Sie beantragen, das Verfahren „ordnungsgemäß unter Gewährung rechtlichen Gehörs und Erfüllung zwingender Vorlagepflichten” an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) fortzusetzen. Es sei der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden, darüber hinaus lägen „sonstige schwerwiegende formelle und/oder materielle Mängel” vor. „Kernfrage im Verfahren” sei „die nach Umfang und Einschränkbarkeit der EU-Dienstleistungsfreiheit des Art. 49 EGV für alle in Art. 50 EGV bezeichneten Dienstleister”. Dazu seien vom Bundesfinanzhof (BFH) die von den Rügeführern angebotenen Beweise nicht erhoben worden. Die Sache hätte auch dem EuGH vorgelegt werden müssen.

II. Die Rüge ist als unzulässig zu verwerfen (§ 133a Abs. 4 Satz 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Es fehlt an einer ordnungsgemäßen Darlegung i.S. des § 133a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 133a Abs. 2 Satz 6 FGO.

Dass der erkennende Senat im Verfahren I B 107/08 den Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat, wird von den Rügeführern nicht dargelegt. Es bestand im Übrigen für die Rügeführer ausreichend Gelegenheit, über ihre auf den Vorwurf einer Überraschungsentscheidung beschränkte Beschwerdebegründung vom hinaus weiter gehend vorzutragen. Das Verfahren einer Anhörungsrüge kann nicht dazu dienen, weiter gehenden Tatsachen- oder Rechtsstoff in ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren einzuführen oder dem Gericht vorzuhalten, in der Sache fehlerhaft entschieden zu haben (, BFH/NV 2008, 1854).

Die Rüge, der angefochtene Beschluss habe —durch die unterbliebene Vorlage der Sache an den EuGH gemäß Art. 234 Abs. 3 des Vertrages von Nizza zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften, sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte (EG - Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 2002 Nr. C 325/1)— zu einem Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) geführt, kann nicht Gegenstand eines Verfahrens i.S. des § 133a FGO sein. Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass dem Gericht für die Entscheidung, ob ein Verfahren dem EuGH gemäß Art. 234 Abs. 3 EG vorgelegt wird, ein Beurteilungsrahmen zusteht - Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist erst dann verletzt, wenn dieser Beurteilungsrahmen überschritten ist (z.B. Senatsbeschluss vom I S 5/08, juris; , BFH/NV 2009, 211). Davon kann im Streitfall nicht die Rede sein (s. auch in einem Parallelfall , BFH/NV 2009, 221, zu II.3. der Gründe).

Fundstelle(n):
JAAAD-21791