BAG Beschluss v. - 3 AZB 26/08

Leitsatz

[1] 1. Gegen die Entscheidung des Arbeits- oder des Landesarbeitsgerichts über einen gegen einen Sachverständigen gerichteten Befangenheitsantrag ist in entsprechender Anwendung der für die Entscheidung über Ablehnungsgesuche gegen Richter geltenden Regeln kein Rechtsmittel gegeben.

2. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Arbeitsgerichtsgesetz Rechtsmittel gegen Entscheidungen über Ablehnungsgesuche gegen Richter ausschließt.

Gesetze: GG Art. 19 Abs. 4; GG Art. 20 Abs. 3; GG Art. 101 Abs. 1; GG Art. 103 Abs. 1; ArbGG § 49 Abs. 1; ArbGG § 49 Abs. 3; ArbGG § 64 Abs. 7; ZPO § 46 Abs. 2

Instanzenzug: LAG Baden-Württemberg, 14 Sa 39/07 vom ArbG Karlsruhe, 9 Ca 597/05 vom

Gründe

I. Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten zu 1) über den hinaus fortbesteht. Der Kläger vertritt hierzu die Auffassung, ein am von den Parteien abgeschlossener gerichtlicher Vergleich sei nicht rechtswirksam. Er hat die Wirksamkeit des Vergleichs ua. mit der Begründung angegriffen, er habe sich am im Zustand der Geschäftsunfähigkeit befunden.

Das Landesarbeitsgericht hat am beschlossen, über die vom Kläger behauptete Geschäftsunfähigkeit bei Vergleichsabschluss ein medizinisches-psychiatrisches Sachverständigengutachten einzuholen. Mit der Erstellung des schriftlichen Gutachtens wurde Dr. med. J S beauftragt. Mit Schriftsatz vom hat der Kläger beantragt, den Gutachter wegen Befangenheit abzulehnen. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen, da dieser nicht rechtzeitig im Sinne des § 406 Abs. 2 ZPO gestellt worden sei. Es hat die Rechtsbeschwerde zugelassen.

II. Die Rechtsbeschwerde ist unstatthaft und deshalb als unzulässig zu verwerfen. Gegen den Beschluss über die Ablehnung eines Sachverständigen ist entsprechend § 49 Abs. 3 ArbGG im arbeitsgerichtlichen Verfahren kein Rechtsmittel gegeben. Die Vorschrift ist verfassungsgemäß. Die Rechtsbeschwerde wird nicht allein dadurch statthaft, dass sie durch das Landesarbeitsgericht zugelassen wurde.

1. Gemäß § 49 Abs. 1 und 3 ArbGG findet gegen den Beschluss über die Ablehnung einer Gerichtsperson kein Rechtsmittel statt. Kraft ausdrücklicher Anordnung in § 64 Abs. 7 ArbGG gilt diese Bestimmung entsprechend für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten. Gegen den Beschluss über die Ablehnung eines Sachverständigen findet ebenfalls kein Rechtsmittel statt.

a) § 49 Abs. 1 und 3, § 64 Abs. 7 ArbGG gelten allerdings nicht unmittelbar. Sachverständige sind keine Gerichtspersonen im Sinne des Gesetzes.

Dagegen kann nicht eingewandt werden, der Sachverständige sei Gehilfe des Richters und unterliege, wie der Verweis auf die §§ 41 ff. ZPO in § 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO zeige, besonderen Anforderungen bezüglich seiner Neutralität. Daher werde er für die Dauer seines Amtes zur Gerichtsperson (so aber - Bensheimer Sammlung 2, 2. Abteilung, 211; LAG Bielefeld - 3 A T 22/28, JW 1929, 156; Baumbach ArbGG 2. Aufl. § 49 Anm. 2). Ebenso wenig ist entscheidend, dass er nach § 404a ZPO der Anleitung durch das Gericht unterliegt. Der Begriff der Gerichtsperson ist vielmehr mangels einer abweichenden spezielleren Definition im Arbeitsgerichtsgesetz im selben Sinn zu verstehen, wie er in der Zivilprozessordnung gebraucht wird ( - AP ArbGG 1979 § 49 Nr. 1). Dort findet er sich in der Titelüberschrift zu den §§ 41 ff. ZPO, in denen sich jedoch nur die Vorschriften über die Ablehnung von Richtern (§§ 41 ff. ZPO) und Urkundsbeamten (§ 49 ZPO) finden.

b) § 49 Abs. 3 ArbGG ist auf das Verfahren über die Ablehnung eines Sachverständigen im Verfahren der Gerichte für Arbeitssachen jedoch entsprechend - analog - anzuwenden.

aa) Gegen eine entsprechende Anwendung des § 49 Abs. 3 ArbGG auf die Ablehnung eines Sachverständigen kann nicht von vornherein eingewandt werden, es handele sich um eine Ausnahmevorschrift, die einer Analogie nicht zugänglich sei (so aber Wieczorek Anm. zu AP ArbGG 1953 § 49 Nr.1). Bereits die Annahme, bei § 49 Abs. 3 ArbGG handele es sich um eine Ausnahmevorschrift, ist unzutreffend. § 49 ArbGG stellt keine Ausnahme einer allgemeinen Regel dar, sondern eine spezielle Norm für eine eigenständige Verfahrensordnung. Zudem ist in der juristischen Methodenlehre heute anerkannt, dass der Satz, Ausnahmevorschriften seien eng auszulegen und nicht analogiefähig, so nicht zutreffend ist (Larenz/Canaris Methodenlehre der Rechtswissenschaft 3. Aufl. S. 175 f.; Pawlowski Methodenlehre für Juristen 3. Aufl. Rn. 489a; Wank Die Auslegung von Gesetzen 3. Aufl. S. 66). Sie sind vielmehr in den Grenzen ihres Sinnes und Zweckes der Analogie fähig ( - BAGE 112, 351, zu 4 b bb der Gründe).

bb) Eine Regelungslücke ist gegeben, da die Ablehnung von Sachverständigen im Arbeitsgerichtsgesetz nicht ausdrücklich geregelt ist. Eine solche hätte aber nahe gelegen, weil die verwandte Rechtsfrage für Gerichtspersonen vom Gesetzgeber einer gesonderten Regelung zugeführt wurde. Anhaltspunkte dafür, dass es sich um eine bewusste Nichtregelung der Frage handelte mit der Folge, dass es bei dem Verweis auf die allgemeinen zivilprozessualen Bestimmungen (§ 78 ArbGG iVm. § 574 Abs. 1 ZPO; § 46 Abs. 2 ArbGG iVm. § 406 Abs. 5 ZPO) verbleibt, sind nicht erkennbar.

cc) Sinn und Zweck des § 49 Abs. 3 ArbGG gebieten es, den Ausschluss eines Rechtsmittels auch auf Beschlüsse über die Ablehnung von Sachverständigen im arbeitsgerichtlichen Verfahren anzuwenden (wie hier -; LAG Chemnitz - Ta 9/37 -, Bensheimer Sammlung 31, 2. Abteilung, 18; Lieb/Gift ArbGG 2. Aufl. § 49 Anm. 4; aA - AP ArbGG 1979 § 49 Nr. 1; m. zust. Anm. Wieczorek; - AP ArbGG 1953 § 49 Nr. 1; Germelmann in Germelmann/Matthes/Prüttting/Müller-Glöge ArbGG 6. Aufl. § 49 Rn. 4; ErfK/Koch 8. Aufl. § 49 ArbGG Rn. 16; Volkmar Anm. zu LAG Chemnitz ARS 31, 20 f.). Im Einzelnen gilt:

(1) Der Ausschluss der Beschwerdemöglichkeit durch § 49 Abs. 3 ArbGG dient der Beschleunigung des Verfahrens (vgl. - EzA ArbGG 1979 § 49 Nr. 8, zu II 1 der Gründe; - 9 AZB 5/98 - AP ArbGG 1979 § 49 Nr. 6 = EzA ArbGG 1979 § 49 Nr. 7, zu II 1 der Gründe; vgl. Vollkommer Anm. zu EzA ArbGG 1979 § 49 Nr. 2, zu 1 c, unter Hinweis auf RegEntw. eines ArbGG nebst amtlicher Begründung, Sonderheft zum RArbBl. 1925, Begründung zu § 47 Abs. 3 Entwurf, dort S. 112). Gemäß § 9 Abs. 1 ArbGG ist das Verfahren in allen Rechtszügen zu beschleunigen. Zur Konkretisierung dieses allgemeinen Grundsatzes hat der Gesetzgeber im arbeitsgerichtlichen Verfahren neben § 49 Abs. 3 ArbGG auch verschiedene andere Regelungen eingeführt, die gegenüber den zivilprozessualen Vorschriften zu einer Verkürzung der Verfahrensdauer führen sollen (zB § 47 Abs. 1, 2, § 57 Abs. 1, §§ 59, 60 Abs. 1, § 68 ArbGG; vgl. ErfK/Koch § 9 ArbGG Rn. 1).

Der darin zum Ausdruck kommende allgemeine Rechtsgedanke der Verfahrensbeschleunigung durch Ausschluss von Rechtsmitteln gegen Zwischenentscheidungen gebietet es, auch gegen die zurückweisende Entscheidung über die Ablehnung eines Sachverständigen, die (Rechts-)Beschwerde nicht zuzulassen. Durch die Einlegung einer Beschwerde gegen den zurückweisenden Beschluss kommt es zu einer nicht unerheblichen Verzögerung des Verfahrens. Gemäß § 569 Abs. 1 ZPO beträgt die Frist zur Einlegung der Beschwerde zwei Wochen. Sodann bedarf es einer Abhilfeentscheidung durch das Ausgangsgericht nach § 572 Abs. 1 ZPO. Danach müssen die Akten an das Beschwerdegericht weitergeleitet werden, das erst dann über die Beschwerde entscheiden kann. Die Beschwerde hat zwar nach § 570 Abs. 1 ZPO keine aufschiebende Wirkung. Der Erlass eines Endurteiles vor Erledigung des Beschwerdeverfahrens ist daher nicht rechtsfehlerhaft, er wäre aber unzweckmäßig ( - VersR 1972, 488, zu II 1 der Gründe; Musielak/Huber ZPO 6. Aufl. § 406 Rn. 22). Erklärt nämlich das Beschwerdegericht die Ablehnung für begründet, so entzieht es der Beweiswürdigung im Endurteil nachträglich die Grundlage. Die Folge wäre eine doppelte Beweisaufnahme, die wegen der damit verbundenen Terminsbelegung jedenfalls geeignet ist, andere arbeitsgerichtliche Verfahren zu verzögern.

(2) Auch rechtssystematische Gründe sprechen für dieses Ergebnis.

Eine unterschiedliche Behandlung der Ablehnung eines Richters und der Ablehnung eines Sachverständigen, die eine Beschwerdemöglichkeit in Bezug auf die Sachverständigenablehnung notwendig machen würde, widerspräche deren unterschiedlichen Funktionen im Prozess. Wenn sogar gegen die Zurückweisung des Ablehnungsgesuches gegen einen der Richter als endgültigen Entscheidungsträger kein Rechtsmittel gegeben ist, dann ist nicht nachvollziehbar, warum gegen den Beschluss in Bezug auf Sachverständige, die lediglich Helfer des Gerichtes sind, die Beschwerde eröffnet sein soll.

Eine unterschiedliche Behandlung ließe zudem völlig außer Acht, dass die Zivilprozessordnung die materiellen Anforderungen an die Ablehnung des Sachverständigen den Anforderungen an die Ablehnung des Richters gleichstellt (§ 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Sind aber in der Sache die gleichen Voraussetzungen zu prüfen, gibt es keinen Sachgrund, dass die Verfahren unterschiedlich ausgestaltet sein sollten. Dem entspricht auch die gleiche Ausgestaltung der Rechtsmittelmöglichkeiten in der ZPO (§ 406 Abs. 5, § 46 Abs. 2).

2. Einer analogen Anwendung des § 49 Abs. 3 ArbGG steht nicht seine Verfassungswidrigkeit entgegen. Die Norm ist verfassungsgemäß (vgl. - EzA ArbGG 1979 § 49 Nr. 8, zu II 1 der Gründe; - 9 AZB 5/98 - AP ArbGG 1979 § 49 Nr. 6 = EzA ArbGG 1979 § 49 Nr. 7, zu II 1 der Gründe; - EzA ArbGG 1979 § 49 Nr. 1, zu II der Gründe; Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge § 49 Rn. 49; Grunsky ArbGG 7. Aufl. § 49 Rn. 10; BeckOK RGKU/Hamacher Stand 2008 § 49 ArbGG Rn. 55; Helml in Hauck/Helml ArbGG 3. Aufl. § 49 Rn. 23; Schwab/Weth/Kliemt ArbGG 2. Aufl. § 49 Rn. 149; Kloppenburg/Ziemann in Düwell/Lipke ArbGG 2. Aufl. § 49 Rn. 53; ErfK/Koch § 49 ArbGG Rn. 16; GK-ArbGG/Schütz Stand Oktober 2007 § 49 Rn. 58; Vollkommer Anm. zu EzA ArbGG 1979 § 49 Nr. 2; HWK/Ziemann 3. Aufl. § 49 ArbGG Rn. 30).

a) Weder Art. 19 Abs. 4 Satz 1 bzw. Art. 20 Abs. 3 GG noch Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG fordern zwingend, dass in jedem Fall gegen eine gerichtliche Entscheidung ein Instanzenzug gegeben sein muss (vgl. - BVerfGE 89, 381, zu B I der Gründe; Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge aaO.; Helml in Hauck/Helml aaO.). Unter dem Begriff der öffentlichen Gewalt iSd. Art. 19 Abs. 4 GG fällt nur die vollziehende Gewalt (Exekutive), nicht aber die Judikative ( - BVerfGE 107, 395, zu C I 3 b der Gründe; Schulze-Fielitz in Dreier Grundgesetz-Kommentar Bd. 1 Art. 19 IV Rn. 49). Das Grundgesetz verlangt nicht, dass es zu jeder rechtsstaatlich zustande gekommenen gerichtlichen Entscheidung eine Überprüfungsmöglichkeit geben muss (GK-ArbGG/Schütz aaO.). Dem Gebot des rechtsstaatlichen Verfahrens ist bereits durch die Sachentscheidung eines unabhängigen Gerichts genüge getan (Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge aaO.; Schwab/Weth/Kliemt aaO.). Bei der Ausgestaltung des Rechtsbehelfsystems hat der Gesetzgeber dagegen einen weiten Spielraum. Er ist nicht gehalten, die Anrufung einer weiteren Instanz vorzusehen ( - aaO., zu C III 1 a der Gründe). Das einfache Recht kann daher, das Rechtsschutzsystem näher ausformen und insbesondere die prozessualen Voraussetzungen für Rechtsmittel und Rechtsbehelfe festlegen. Die Verfahrensordnung ist dabei so auszugestalten, dass zwar effektiver Rechtsschutz für den einzelnen Rechtsuchenden besteht, aber auch Rechtssicherheit hergestellt wird (vgl. - aaO., zu C I 4 der Gründe).

Das gilt auch hinsichtlich der Entscheidung über Ablehnungsgesuche gegen Gerichtspersonen. Die Verfahrensgrundrechte, insbesondere die des Art. 101 Abs. 1 und 103 Abs. 1 GG, sichern in Form eines grundrechtsgleichen Rechts die Einhaltung rechtsstaatlicher Mindeststandards. Dazu gehört auch, dass der Rechtsstreit durch Personen entschieden wird, die die Gewähr der Unparteilichkeit bieten. Nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG muss der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Verfahrensordnungen dafür Vorsorge treffen, dass der Rechtssuchende nicht vor einem Richter steht, der die gebotene Neutralität und Distanz vermissen lässt ( - BVerfGE 21, 139, zu C II 3 der Gründe; Leibholz/Rinck GG Stand November 1997 Art. 101 Rn. 131 f.). Das gebietet für sich genommen aber kein Rechtsmittel gegen gerichtliche Entscheidungen über Ablehnungsgesuche.

b) Das Verfahren über die Ablehnung von Gerichtspersonen nach §§ 49, 46 Abs. 2 ArbGG iVm. §§ 41 ff. ZPO wird den verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht.

Liegen nach Ansicht einer Partei Ablehnungsgründe vor, so kann sie bei dem Gericht, dem der Richter angehört, ein Ablehnungsgesuch anbringen (§ 44 ZPO). Über das Ablehnungsgesuch entscheidet das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung (§ 45 ZPO). Im arbeitsgerichtlichen Verfahren entscheidet dabei nach § 49 Abs. 1 ArbGG die Kammer, das heißt ein Berufsrichter und zwei ehrenamtliche Richter (vgl. § 16 Abs. 2 ArbGG; ErfK/Koch § 49 ArbGG Rn. 15). Bereits durch die Anordnung einer Entscheidung durch die Kammer wird gewährleistet, dass die über das Ablehnungsgesuch entscheidenden Richter über genügend persönliche Distanz verfügen (weitergehend Vollkommer Anm. zu EzA ArbGG 1979 § 49 Nr. 2, der eine hinreichende Gewährleistung eines effektiven Ablehnungsrechtes bereits in der Entscheidung ohne Mitwirkung des Abgelehnten sieht).

Dieser Umstand wird verkannt, wenn im Schrifttum teilweise kritisiert wird, dass der Aspekt der Kollegialität zwischen Richtern des selben Gerichtes zu einem zögerlichen Umgang mit der Ablehnung von Richterkollegen führen könnte (vgl. Schneider MDR 2001, 516). Unabhängig davon obliegt es den über das Ablehnungsgesuch entscheidenden Richtern auf Grund ihrer verfassungsmäßig abgesicherten Stellung, entsprechend ihrer Ausbildung und unter Beachtung des ihnen übertragenen Amtes einen vorgegebenen Sachverhalt ohne Rücksicht auf persönliche Beziehungen zum Richterkollegium allein nach der vorgegebenen Gesetzeslage zu beurteilen ( - EzA ArbGG 1979 § 49 Nr. 1, zu II 2 b der Gründe). Es sind in der Literatur keine seriösen, auf wissenschaftlichen Methoden beruhenden Untersuchungen ersichtlich, die belegen, dass dem (Arbeits-)Richter auf Grund der sozialen Gegebenheiten eine solche Beurteilung unmöglich wäre. Daher ist davon auszugehen, dass durch das bestehende Verfahren ein ausreichender und effektiver Grundrechtsschutz gewährleistet wird.

Es ist daher von dem weiten Ermessensspielraum des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung der Verfahrensordnung abgedeckt, im arbeitsgerichtlichen Verfahren kein Rechtsmittel vorzusehen und damit den Besonderheiten des Arbeitsrechtes Rechnung zu tragen. In arbeitsrechtlichen Streitigkeiten besteht typischerweise ein besonderes Interesse an einer schnellen Streitbeilegung ( - EzA ArbGG 1979 § 49 Nr. 1, zu II 1 b der Gründe; ErfK/Koch § 9 ArbGG Rn. 1). Dies gilt sowohl dann, wenn das Arbeitsverhältnis noch besteht, da dieses durch eine gerichtliche Auseinandersetzung erhöhten Belastungen ausgesetzt ist, wie auch bei Bestandsstreitigkeiten, bei denen der Arbeitnehmer oft den Lohn, der regelmäßig seine alleinige Lebensgrundlage darstellt, nicht erhält, und bei denen der Arbeitgeber wegen der drohenden Kostenbelastung durch mögliche Verzugslohnansprüche einem besonderen wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt ist.

c) Im Rahmen des verfassungsrechtlich gewährleisteten Ablehnungsrechtes stellt die im zivilprozessualen Verfahren vorgesehene sofortige Beschwerde nach § 46 Abs. 2 ZPO daher eine zusätzliche Garantie dar, gehört jedoch nicht zu den verfassungsrechtlich gebotenen Mindesterfordernissen, die auch auf das arbeitsgerichtliche Verfahren zu übertragen wären (vgl. Vollkommer Anm. zu EzA ArbGG 1979 § 49 Nr. 2). Gleiches gilt für die Möglichkeit der Rechtsbeschwerde nach § 574 ZPO.

d) Für die gesetzgeberische Entscheidung über den Ausschluss von Rechtsmitteln gegen Entscheidungen über die Ablehnung von Gerichtspersonen liegen damit verfassungsrechtlich tragfähige Gründe vor. Es ist verfassungsrechtlich daher auch nicht zu beanstanden, die durch die begrenzte Regelung entstandene Regelungslücke zu schließen und dabei diese Gründe bei der einer entsprechenden Anwendung der gesetzlichen Regelung heranzuziehen.

3. Die fehlerhafte Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Landesarbeitsgericht führt nicht zu ihrer Statthaftigkeit. Zwar ist das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO an die Zulassung gebunden. Die Bindung besteht jedoch nur hinsichtlich der Frage, ob Zulassungsgründe vorliegen. Die Zulassung hat keine Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde von vornherein unstatthaft ist ( - NZA-RR 2006, 211; - 9 AZB 7/03 - BAGE 104, 302, zu II der Gründe). Durch ein gesetzwidriges Verfahren wird ein weiteres Rechtsmittel nicht eröffnet. Aus diesem Grund konnte auch die insoweit fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung nicht zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde führen (vgl. Schwab/Weth/Kliemt § 49 Rn. 149a).

III. Die Gerichtskosten bleiben gem. § 21 GKG außer Ansatz, da die Rechtsbeschwerde durch die objektiv fehlerhafte Zulassung veranlasst wurde. Im Übrigen ist eine Kostenentscheidung nicht veranlasst, da keine besonderen Gebühren entstanden sind (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 RVG).

Fundstelle(n):
NJW 2009 S. 935 Nr. 13
BAAAD-10785

1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein