BVerwG Beschluss v. - 10 C 48.07

Leitsatz

Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Klärung der Voraussetzungen und der Wirkungen eines Ausschlusses nach Art. 12 Abs. 2 Buchst. b und c der Richtlinie 2004/83/EG.

Gesetze: EMRK Art. 3; GG Art. 16a; AsylVfG § 3 Abs. 1; AuslG § 51 Abs. 1; AuslG § 51 Abs. 3 S. 2; AufenthG § 60 Abs. 1; AufenthG § 60 Abs. 8; Richtlinie 2004/83/EG Art. 12 Abs. 2; GFK Art. 1

Instanzenzug: OVG Nordrhein-Westfalen, 8 A 2632/06 A vom VG Gelsenkirchen, 14a K 5395/04 A vom Fachpresse: ja BVerwGE: ja

Gründe

Der Kläger begehrt Asyl und Flüchtlingsschutz sowie hilfsweise die Feststellung eines Abschiebungsverbots in Bezug auf die Türkei.

Der 1975 in Hozat geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Er reiste Ende 2002 auf dem Luftweg nach Deutschland ein und beantragte Asyl. Zur Begründung gab er an, er habe in der Türkei schon als Schüler mit der Dev Sol (inzwischen: DHKP/C) sympathisiert und von Ende 1993 bis Anfang 1995 in den Bergen den bewaffneten Guerillakampf unterstützt. Nach seiner Verhaftung im Februar 1995 sei er schwer körperlich misshandelt und unter Folter zu einer Aussage gezwungen worden. Im Dezember 1995 habe man ihn zu lebenslanger Haft verurteilt. Nachdem er die Tötung eines der Spitzeltätigkeit verdächtigten Mitgefangenen auf sich genommen habe, sei er 2001 nochmals zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Im Herbst 2000 habe er sich an einem Todesfasten beteiligt. Aufgrund der hierbei erlittenen gesundheitlichen Schäden sei er im Dezember 2002 bedingt für sechs Monate aus der Haft entlassen worden. Aus Angst vor erneuter Verhaftung habe er das Land verlassen. Von der DHKP/C werde er inzwischen als Verräter angesehen. Infolge der Erlebnisse in seiner Heimat leide er unter einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung und als Folge des Hungerstreiks an cerebralen Schädigungen (organisches Psychosyndrom) und damit verbundenen Ausfallerscheinungen (Korsakow-Syndrom).

Mit Bescheid vom lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge - jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - (Bundesamt) den Asylantrag als offensichtlich unbegründet ab (Ziff. 1) und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG offensichtlich nicht vorliegen (Ziff. 2). Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, der Kläger erfülle den Ausschlussgrund des § 51 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 AuslG (schweres nichtpolitisches Verbrechen). Zugleich stellte das Bundesamt fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen (Ziff. 3), und drohte dem Kläger die Abschiebung in die Türkei an (Ziff. 4).

Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet und mit Urteil vom die Beklagte unter Aufhebung der Ziff. 1, 2 und 4 des Bescheids des Bundesamts verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen.

Das Oberverwaltungsgericht hat mit Urteil vom die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei als Asylberechtigter nach Art. 16a Grundgesetz - GG - und als Flüchtling anzuerkennen. Er habe vor seiner Ausreise aus der Türkei politische Verfolgung erlitten. Die ihm während der Haft gezielt zugefügten Rechtsverletzungen hätten an seine politischen Überzeugungen und Aktivitäten angeknüpft und seien über eine asylrechtlich unerhebliche strafrechtliche Ahndung hinausgegangen. Bei einer Rückkehr sei der Kläger vor erneuter Verfolgung nicht hinreichend sicher. Es sei anzunehmen, dass sich die türkischen Sicherheitskräfte für ihn interessierten und es bei der Befragung zu asylerheblichen Übergriffen komme. Der Asylanerkennung stehe nicht der vom Bundesverfassungsgericht entwickelte sog. Terrorismusvorbehalt entgegen. Denn für eine Fortführung der im Heimatland unternommenen Unterstützung einer gewalttätigen extremistischen Organisation von Deutschland aus lägen keine Anhaltspunkte vor. Auch die früher in § 51 Abs. 3 Satz 2 AuslG, jetzt in § 60 Abs. 8 Satz 2 AufenthG geregelten Ausschlussgründe stünden einer Asyl- und Flüchtlingsanerkennung des Klägers nicht entgegen. Die allein in Betracht kommende 2. Alternative des § 51 Abs. 3 AuslG sei in Übereinstimmung mit der Genfer Flüchtlingskonvention bei gemeinschaftsrechts- und verfassungskonformer Auslegung dahin zu verstehen, dass der Ausschlussgrund nicht allein der Sanktionierung eines in der Vergangenheit begangenen schweren nichtpolitischen Verbrechens, sondern auch der Gefahrenabwehr diene und eine am Sinn und Zweck der Vorschrift und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierte umfassende Würdigung des Einzelfalls erfordere. Der Ausschlussgrund könne daher entfallen, wenn von dem Ausländer keine Gefahr mehr ausgehe, etwa weil feststehe, dass er sich von allen früheren terroristischen Aktivitäten losgesagt habe oder er aus gesundheitlichen Gründen zu politischen Aktivitäten nicht mehr in der Lage sei. Ob der Kläger ein schweres nichtpolitisches Verbrechen begangen habe, könne offen bleiben, da jedenfalls die Einzelfallwürdigung zu seinen Gunsten ausfalle. Er habe fast acht Jahre in der Türkei in Haft verbracht. Angesichts der damaligen Haftbedingungen sei der Strafzweck, soweit es um die Ahndung kriminellen Unrechts gehe, zu einem erheblichen Teil erreicht. Als Heranwachsender dürfte er besonders haftempfindlich gewesen sein. In die Abwägung seien auch die gesundheitlichen Folgen der Haft einzustellen. Die Erlebnisse während der Haft, deretwegen er noch heute psychotherapeutischer Behandlung bedürfe, stellten eine Zäsur dar, die eine Neuorientierung plausibel erscheinen lasse. Der kriminelle Charakter überwiege nicht mehr und vom Kläger gehe keine Gefahr mehr für die von § 60 Abs. 8 AufenthG geschützten Güter aus.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision rügt die Beklagte vor allem eine Verletzung des § 60 Abs. 8 Satz 2 Alt. 2 und 3 AufenthG (inzwischen: § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 AsylVfG). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sei bei beiden Ausschlussgründen eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und/oder der in den UN und der EU organisierten Staatengemeinschaften nicht erforderlich und bedürfe es keiner einzelfallbezogenen Verhältnismäßigkeitsprüfung. Bei Gefahr fortbestehender oder wiederholter terroristischer Aktivitäten stehe schon § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 1 AufenthG einer Anerkennung entgegen. Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Ausschlussklauseln legten eine Auslegung nahe, die angesichts der "Schutzunwürdigkeit" bei bestimmten Delikten allein auf deren Begehung abstelle. Durch die Tatbestandsanforderungen enthielten sie bereits eine abstrakte Verhältnismäßigkeitsprüfung. Eine weitergehende Einschränkung der Ausschlussgründe aus Gründen der Verhältnismäßigkeit sei auch deshalb nicht erforderlich, weil über den ausländerrechtlichen Abschiebungsschutz gewährleistet sei, dass der Betroffene nicht in einen Staat abgeschoben werde, in dem ihm menschenrechtswidrige Behandlung drohe.

Auch aus verfassungsrechtlichen Gründen sei es nicht geboten, für die Ausschlussgründe eine fortbestehende Gefährlichkeit des Ausländers zu verlangen. Es spreche einiges dafür, angesichts der veränderten internationalen Sicherheitslage nach dem und der einschlägigen UN-Resolutionen in die verfassungsimmanenten Schranken des Grundrechts auf Asyl unter einem erweiterten Sicherheitsbegriff auch die Schutzunwürdigkeit des Ausländers einzubeziehen. Abgesehen davon gehörten die Ausschlussgründe in Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG auch zu den tragenden Grundsätzen, von denen nach Art. 3 der Richtlinie nicht abgewichen werden dürfe. Wegen des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts sei es daher unzulässig, bei Vorliegen von Ausschlussgründen nach Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie aufgrund nationalen Verfassungsrechts ein im Kern dem Flüchtlingsschutz entsprechendes Asylrecht zu gewähren. Im Fall des Klägers lägen schwerwiegende Gründe für die Annahme vor, dass sein Verhalten unter die 2. oder 3. Alternative des § 60 Abs. 8 Satz 2 AufenthG falle. Entgegen der Auffassung des UNHCR erfasse die 3. Alternative nicht nur den sog. Staatsterrorismus. Die UN-Resolution 1373 (2001) gehe davon aus, dass Handlungen, Methoden oder Praktiken des Terrorismus generell im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der UN-Charta stünden. Entsprechendes ergebe sich aus dem Erwägungsgrund 22 der Richtlinie 2004/83/EG.

Die Beklagte beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom und des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger ist der Revision entgegengetreten.

Der Vertreter des Bundesinteresses am Bundesverwaltungsgericht hat sich am Verfahren beteiligt und wendet sich ebenfalls gegen die Auslegung der Ausschlussklauseln durch das Berufungsgericht.

Der Rechtsstreit ist auszusetzen und es ist eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zur Auslegung der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl EG Nr. 1 304 vom S. 12; ber. ABl EG Nr. 1 204 vom S. 24) einzuholen (Art. 234 Abs. 1 und 3, Art. 68 Abs. 1 EG). Da es um die Auslegung von Gemeinschaftsrecht geht, ist der Gerichtshof zuständig. Die vorgelegten Fragen zur Auslegung der Richtlinie sind entscheidungserheblich und bedürfen einer Klärung durch den Gerichtshof.

Soweit der Kläger Flüchtlingsschutz begehrt, ist zweifelhaft, ob der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft die Ausschlussgründe des Art. 12 Abs. 2 Buchst. b und c der Richtlinie 2004/83/EG entgegenstehen; die Entscheidung hängt insoweit von der Beantwortung der Vorlagefragen 1 bis 4 ab (1.) ab. Liegt ein Ausschlussgrund vor, kommt es für die Gewährung von Asyl nach deutschem Verfassungsrecht (Art. 16a Grundgesetz - GG -) auf die Beantwortung der Vorlagefrage 5 an (2.).

1.

Der Kläger erfüllt die positiven Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Diese ergeben sich seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom (BGBl. I S. 1970) - im Folgenden: Richtlinienumsetzungsgesetz - am aus § 3 Abs. 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) i.V.m. § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).

Auf der Grundlage der das Revisionsgericht bindenden tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) hat der Kläger sein Heimatland verlassen, nachdem er dort wegen seiner politischen Überzeugung verfolgt worden ist. Die gegen ihn in der Haft ergriffenen Maßnahmen beschränkten sich nicht auf die strafrechtliche Ahndung des in der Durchsetzung politischer Ziele mit gewaltsamen Mitteln liegenden kriminellen Unrechts, sondern gingen in Anknüpfung an politische Überzeugungen und Aktivitäten im Sinne eines Politmalus darüber hinaus (UA S. 19). Damit findet auf den Kläger nach § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG ergänzend Anwendung. Den - revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden - weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts kann nicht entnommen werden, dass stichhaltige Gründe gegen eine erneute Verfolgung sprechen. Das Berufungsgericht hat in Anknüpfung an die vom Senat für die Asylanerkennung nach Art. 16a GG entwickelten und später auf die Flüchtlingsanerkennung nach der Genfer Flüchtlingskonvention übertragenen Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe (vgl. hierzu Vorlagebeschluss des Senats vom - BVerwG 10 C 33.07 - ZAR 2008, 192) angenommen, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr vor erneuter Verfolgung nicht hinreichend sicher wäre. Diese Vorgehensweise führt in der Praxis regelmäßig - und so auch hier - zu dem gleichen Ergebnis wie die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG (vgl. Vorlagebeschluss des Senats vom a.a.O. für den Fall des Widerrufs).

Das Berufungsgericht ist in diesem Zusammenhang davon ausgegangen, dass sich die türkischen Sicherheitskräfte bei einer Rückkehr für den Kläger interessierten, da er sich trotz einer nur zeitlich befristeten Haftaussetzung ins Ausland abgesetzt hat und ausweislich der beiden strafgerichtlichen Verurteilungen einer linksextremistischen Terrororganisation zugerechnet wird. Dabei bestehe die Gefahr, dass er befragt werde, um Erkenntnisse über seine Aktivitäten im Bundesgebiet sowie über etwaige Kontakte zu Organisationsangehörigen im In- und Ausland zu erlangen, und die Befragung mit asylerheblichen Übergriffen einhergehe (UA S. 26). Diese Schlussfolgerung beruht entgegen der Auffassung der Beklagten auf einer hinreichend breiten Tatsachengrundlage und widerspricht nicht der gleichzeitigen Feststellung, dass die Gefahr, im Justizvollzug Opfer von Misshandlungen durch Sicherheitskräfte zu werden, inzwischen als unwahrscheinlich eingeschätzt wird (UA S. 23). Denn angesichts der konkreten Umstände des Falles ist davon auszugehen, dass sich die Sicherheitskräfte nicht erst nach einer erneuten Inhaftierung, sondern bereits bei der Einreise für den Kläger interessieren. Das Berufungsgericht hat vor dem Hintergrund des Art. 9 der Richtlinie 2004/83/EG, der in seinen Absätzen 1 und 2 im Einzelnen definiert, welche Handlungen als Verfolgung gelten bzw. gelten können, und der nach § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG bei der Feststellung, ob eine Verfolgung nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG vorliegt, ebenfalls ergänzend anzuwenden ist, die Erheblichkeitsschwelle der zu befürchtenden Übergriffe nicht zu niedrig angesetzt. Etwaige Übergriffe der Sicherheitskräfte wären dem türkischen Staat auch zuzurechnen, da sich ein Staat das Handeln seiner Bediensteten zurechnen lassen muss, solange es sich nicht um vereinzelte Exzesstaten von Amtswaltern handelt, wofür auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hier keine Anhaltspunkte bestehen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom - 2 BvR 502/86 u.a. - BVerfGE 80, 315 <352> und vom - 2 BvR 134/01 - DVBl 2003, 1260 zur Abgrenzung einer <asylerheblichen> staatlichen Verfolgung von einer <asylunerheblichen> nichtstaatlichen Verfolgung).

Sind damit die positiven Voraussetzungen für eine Flüchtlingsanerkennung gegeben, ist der Kläger dennoch kein Flüchtling, wenn einer der Ausschlussgründe des § 3 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG (früher § 60 Abs. 8 Satz 2 AufenthG/§ 51 Abs. 3 Satz 2 AuslG) vorliegt. Mit diesen seit Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes nunmehr im Asylverfahrensgesetz geregelten Ausschlussgründen hat der deutsche Gesetzgeber Art. 12 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2004/83/EG, der seinerseits auf die schon in Art. 1 Abschnitt F Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) aufgeführten Ausschlussgründe zurückgeht, umgesetzt. Ein Ausländer ist danach u.a. nicht Flüchtling, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr angeblich politische Ziele verfolgt wurden (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG), oder dass er den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG); dies gilt auch für Ausländer, die andere zu einer derartigen Straftat angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben (§ 3 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG). In diesem Zusammenhang stellen sich vorliegend die Vorlagefragen 1 bis 4.

a)

Nach den bindenden tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Kläger schon in seiner Jugend durch seinen Bruder in das Umfeld der verbotenen linksextremistischen Organisation Dev Sol geraten. Im Alter von 18 Jahren schloss er sich der Guerilla ihrer Nachfolgeorganisation, der DHKP/C, an (UA S. 18). Diese Organisation ist seit 2002 auf der europäischen Liste der Terrororganisationen aufgeführt (vgl. Ziff. 2.27 des Anhangs zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom betreffend die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2002/340/GASP - 2002/462/GSAP - ABl EG Nr. 1 160 vom S. 32) und wendet nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch terroristische Methoden an. Sie verfolgt das Ziel, das bestehende türkische Staatssystem durch einen bewaffneten Volkskrieg zu zerschlagen, um ein sozialistisches System zu errichten (UA S. 20). Auch wenn der Kläger selbst nicht an bewaffneten Auseinandersetzungen teilgenommen haben will, hat er die Kampftruppen in vielfältiger Weise unterstützt: Er hat Wege ausgekundschaftet und Nachschub besorgt. Dabei war er bewaffnet, was jedenfalls auf die Bereitschaft schließen lässt, die Waffen notfalls auch einzusetzen (UA S. 18). Damit hat der Kläger den bewaffneten Kampf einer Organisation aktiv unterstützt, die im Verzeichnis der Personen, Vereinigungen und Körperschaften im Anhang zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus aufgeführt ist und terroristische Methoden anwendet.

b)

Nach Auffassung des Senats erfüllt ein derartiges Verhalten den Tatbestand einer schweren nichtpolitischen Straftat im Sinne des Art. 12 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/83/EG. Es kommt deshalb auch nicht auf die vom Berufungsgericht (UA S. 18 f.) offen gelassenen Fragen an, ob er an Kampfeinsätzen beteiligt war, bei denen mehrere Soldaten getötet wurden, und ob er während der Haft in der Türkei einen Mithäftling getötet hat, was er, ohne hierzu von türkischen Vernehmungsbeamten gezwungen worden zu sein, gestanden, aber im verwaltungsgerichtlichen Verfahren in Deutschland bestritten hat.

Wie bei Art. 1 Abschnitt F Buchst. b GFK rechtfertigt nicht jedes kriminelle Handeln des Schutzsuchenden vor seiner Einreise einen Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung. Der Straftat muss zunächst ein gewisses Gewicht zukommen. Dabei sind internationale und nicht lokale Standards maßgeblich (vgl. Abs. 14 der Richtlinien des UNHCR zum internationalen Schutz: Anwendung der Ausschlussklauseln: Art. 1 F des Abkommens von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom zur Anwendung der Ausschlussklauseln - HCR/PIP/03/05 - nachfolgend: UNHCR-Richtlinien). Es muss sich also um ein Kapitalverbrechen oder eine sonstige Straftat handeln, die in den meisten Rechtsordnungen als besonders schwerwiegend qualifiziert ist und entsprechend strafrechtlich verfolgt wird.

Zugleich muss es sich um eine nichtpolitische Tat handeln. Nach Abs. 15 der UNHCR-Richtlinien ist ein schweres Verbrechen als nichtpolitisch anzusehen, wenn es überwiegend aus anderen Motiven (etwa aus persönlichen Beweggründen oder Gewinnstreben) begangen wird. Besteht keine eindeutige Verbindung zwischen dem Verbrechen und dem angeblichen politischen Ziel oder ist die betreffende Handlung in Bezug zum behaupteten politischen Ziel unverhältnismäßig, überwiegen nichtpolitische Beweggründe. Nach Art. 12 Abs. 2 Buchst b letzter Halbsatz der Richtlinie 2004/83/EG können insbesondere grausame Handlungen als schwere nichtpolitische Straftaten eingestuft werden, auch wenn mit ihnen vornehmlich politische Ziele verfolgt werden. Dies ist bei Gewalttaten, die gemeinhin als "terroristisch" bezeichnet werden, regelmäßig der Fall (vgl. Abs. 15 der UNHCR-Richtlinien). Dieser Begriff beinhaltet mangels einer völkerrechtlich anerkannten Definition des Terrorismus zwar eine gewisse Unschärfe. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist allerdings in Übereinstimmung mit dem Bundesverfassungsgericht geklärt, dass als terroristisch jedenfalls der Einsatz gemeingefährlicher Waffen und Angriffe auf das Leben Unbeteiligter zur Verfolgung politischer Ziele anzusehen sind (vgl. BVerwG 9 C 23.98 - BVerwGE 109, 12 <20> unter Hinweis auf u.a. - BVerfGE 80, 315 <339>; vgl. ferner BVerwG 1 C 26.03 - BVerwGE 123, 114 <129 f.> ). Auf Gemeinschaftsebene kann bei der Abgrenzung einer terroristischen von einer politischen Straftat zudem auf die Definition zurückgegriffen werden, auf die sich die Mitgliedstaaten im Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus geeinigt haben. Danach werden bestimmte vorsätzliche Handlungen (etwa Anschläge auf das Leben oder die körperliche Unversehrtheit einer Person) dadurch zu "terroristischen Handlungen", das sie - erstens - durch ihre Art oder durch ihren Kontext ein Land oder eine internationale Organisation ernsthaft schädigen können und im innerstaatlichen Recht als Straftat definiert sind und sie - zweitens - mit dem Ziel begangen werden, die Bevölkerung auf schwerwiegende Weise einzuschüchtern oder eine Regierung oder eine internationale Organisation unberechtigterweise zu einem Tun oder Unterlassen zu zwingen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Landes oder einer internationalen Organisation ernsthaft zu destabilisieren oder zu zerstören (vgl. Art. 1 Abs. 3 des Gemeinsamen Standpunkts vom über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus - 2001/931/GASP - ABl EG Nr. 1 344 vom S. 93).

Vor allem bei Aktivitäten terroristischer Organisationen stellt sich zudem die Frage der Zurechnung. Nach Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 2004/83/EG finden die Ausschlussgründe auch Anwendung auf Personen, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen. Der Schutzsuchende muss die schwere nichtpolitische Straftat damit nicht selbst begangen haben, er muss für sie aber persönlich verantwortlich sein. Hiervon ist im Allgemeinen auszugehen, wenn eine Person die Straftat persönlich begangen hat oder in dem Bewusstsein, dass ihre Handlung oder Unterlassung die Ausübung des Verbrechens erleichtern würde, wesentlich zu ihrer Durchführung beigetragen hat (vgl. Abs. 18 der UNHCR-Richtlinien). Erfasst werden damit nicht nur aktive Terroristen und Teilnehmer im strafrechtlichen Sinne, sondern auch Personen, die im Vorfeld Unterstützungshandlungen zugunsten terroristischer Aktivitäten vornehmen (vgl. a.a.O. zu den Grenzen des Asylgrundrechts).

Alle drei Tatbestandsvoraussetzungen sind nach Auffassung des Senats bei einer Person erfüllt, die den bewaffneten Kampf einer terroristischen Organisation aktiv unterstützt hat, so dass Frage 1 zu bejahen sein dürfte.

c)

Zugleich kommt in Betracht, dass das aufgezeigte Verhalten auch dem Ausschlussgrund des Art. 12 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG unterfällt, weil es den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und in den Art. 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderläuft.

Auch dieser Ausschlussgrund findet sich schon in der Genfer Flüchtlingskonvention. Den Travaux Préparatoires ist zu entnehmen, dass in den Beratungen unklar war, welche Handlungen von dem in Anlehnung an Art. 14 Abs. 2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen vom in Art. 1 Abschnitt F Buchst. c GFK aufgenommenen Ausschlussgrund erfasst sind (vgl. Takkenberg/Tabhaz, The collected Travaux Préparatoires of the 1951 Geneva Convention relating to the Status of Refugees, Vol. III, The Conference of Plenipotentiaries on the Status of Refugees and Stateless Persons, 2. - 25. July 1951, Geneva, Switzerland, published by the Dutch Refugee Council under the auspices of the European Legal Network on Asylum, Amsterdam 1990, SR. 29, pp. 12). In der Staatenpraxis ist auch heute noch ungeklärt, welcher Personenkreis in den Anwendungsbereich der Klausel fallen kann, insbesondere, ob nur bei der Ausübung staatlicher oder staatsähnlicher Gewalt im Sinne der Ausschlussklausel den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwider gehandelt werden kann (vgl. - InfAuslR 2008, 263 m.w.N.). Nach Auffassung des UNHCR erfordert die Ausschlussklausel eine internationale Dimension und erfasst grundsätzlich nur Personen, die eine Machtposition in einem Staat oder einem staatenähnlichen Gebilde innehatten (vgl. Abs. 17 und 26 der UNHCR-Richtlinien). Auch das Bundesverwaltungsgericht ist in einer älteren Entscheidung davon ausgegangen, dass die Ausschlussbestimmung des Art. 1 Abschnitt F Buchst. c GFK nur Handlungen erfasst, die dem zwischenstaatlichen (internationalen) Frieden und der zwischenstaatlichen Völkerverständigung zuwiderlaufen (vgl. BVerwG 1 C 44.68 - Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 9). Andere Staaten wenden die Ausschlussklausel des Art. 1 Abschnitt F Buchst. c GFK dagegen auch auf Personen an, die keinerlei staatliche Macht ausübten (vgl. etwa Urteil des britischen Immigration Appeal Tribunal vom , KK <Article 1 F (c)> Turkey [2004] UKIAT 00101 Rn. 20; Supreme Court of Canada in der Sache Pushpanathan v Canada [1999] INLR 36). Fraglich ist, ob dieser weiten Auslegung - nicht zuletzt auf der Grundlage der inzwischen ergangenen Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zu Antiterrormaßnahmen - zuzustimmen ist. Sollte die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufende Handlung eine internationale Dimension haben müssen, wäre zu klären, wann diese Voraussetzung bezogen auf eine Einzelperson gegeben ist (etwa bei Verstrickung in den internationalen Terrorismus).

Gemäß Art. 24 der Charta der Vereinten Nationen trägt der Sicherheitsrat die Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit und handelt bei der Wahrnehmung der sich aus dieser Verantwortung ergebenden Verpflichtungen im Namen der Mitglieder und im Einklang mit den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen. Die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten der UN aufgrund der Charta der Vereinten Nationen haben aus völkerrechtlicher Sicht Vorrang vor allen anderen Verpflichtungen des innerstaatlichen Rechts oder des Völkervertragsrechts. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften ist dem Umstand besondere Bedeutung beizumessen, dass nach Art. 24 der UN-Charta der Sicherheitsrat, indem er Resolutionen aufgrund von Kapitel VII der Charta beschließt, die Hauptverantwortung wahrnimmt, die ihm zur weltweiten Wahrung des Friedens und der Sicherheit übertragen ist. Das schließt die Befugnis des Sicherheitsrats ein, zu bestimmen, was eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit darstellt (EuGH, Urteil der Großen Kammervom - Rs. C-402/05 P und Rs. C-415/05 P - Kadi und Al Barakaat - Slg. 2008 Rn. 294).

In Bezug auf terroristische Aktivitäten hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in der einführenden Erläuterung zur Resolution 1269 vom darauf hingewiesen, dass die Unterdrückung von Akten des internationalen Terrorismus, einschließlich derjenigen, an denen Staaten beteiligt sind, einen wesentlichen Beitrag zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit darstellt. In der einführenden Erläuterung zur Resolution 1373 vom hat er nochmals bekräftigt, dass jede Handlung des internationalen Terrorismus eine Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit darstellt, und hat sodann "tätig werdend nach Kapitel VII" erklärt, dass die Handlungen, Methoden und Praktiken des Terrorismus im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen stehen, ebenso wie die wissentliche Finanzierung und Planung terroristischer Handlungen sowie die Anstiftung dazu (vgl. Ziff. 5 der Resolution 1373). Dem ist zu entnehmen, dass der Sicherheitsrat ersichtlich davon ausgeht, dass Handlungen des internationalen Terrorismus, unabhängig von der Beteiligung eines Staates, generell den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen. Auf diesen Aspekt verweist auch der 22. Erwägungsgrund zur Richtlinie 2004/83/EG.

a)

Ist Frage 1 zu bejahen, stellt sich entscheidungserheblich die Frage, ob der jeweilige Ausschlussgrund zusätzlich voraussetzt, dass von dem Ausländer weiterhin eine Gefahr ausgeht (Frage 2). Der Kläger hat nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts glaubhaft vorgetragen, dass er - getragen von der Überzeugung, dass der von der DHKP/C eingeschlagene Weg falsch ist - jeden Kontakt zu der Organisation abgebrochen und sich von deren Zielen distanziert hat. Jedenfalls mit der Ausreise nach Deutschland hat er mit der Vergangenheit gebrochen und einen neuen Lebensabschnitt begonnen, in dem extremistische Aktivitäten und Gewalt keinen Platz mehr haben sollen (UA S. 21). Von ihm geht daher keine Gefahr mehr aus (UA S. 53).

b)

Nach Auffassung des Senats ist Frage 2 zu verneinen. Für die Anwendung der Ausschlussklauseln genügt die bloße "Schutzunwürdigkeit" aufgrund früheren Handelns; nicht erforderlich ist, dass von dem Ausländer weiterhin Gefahren ausgehen, wie sie sich in seinem früheren Verhalten manifestiert haben.

Bereits der Wortlaut der Ausschlussklauseln spricht dafür, dass es keiner Wiederholungsgefahr bedarf. Die in Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG aufgeführten Ausschlussgründe knüpfen mit der Formulierung "begangen hat" bzw. "zuschulden kommen ließ" ebenso wie Art. 1 Abschnitt F GFK ausschließlich an ein in der Vergangenheit liegendes Verhalten an. Nicht nur vom Wortlaut, sondern auch nach Sinn und Zweck unterscheiden sich die Ausschlussklauseln von den in Art. 33 Abs. 2 GFK niedergelegten Ausnahmen vom flüchtlingsrechtlichen Verbot des Refoulement. Letztere verlangen ausdrücklich eine (aktuelle) Gefahr für die Sicherheit oder für die Allgemeinheit des Aufnahmestaates. Sie bezwecken den Schutz des Aufnahmelandes und erfordern daher, dass von dem Betroffenen eine gegenwärtige oder zukünftige Gefahr ausgeht. Sie berücksichtigen damit den im Völkergewohnheitsrecht anerkannten Grundsatz, dass jeder Staat dem Schutz seiner eigenen Sicherheit Vorrang vor fremdenrechtlichen Verpflichtungen einräumen darf. Demgegenüber knüpfen die Ausschlussklauseln an ein in der Vergangenheit liegendes Handeln an. Sie beruhen auf der Überlegung, dass bestimmte Personen keinen internationalen Flüchtlingsschutz "verdienen" (vgl. Abs. 2 der UNHCR-Richtlinien und Abs. 140 des UNHCR-Handbuchs über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft vom September 1979, Neuauflage UNHCR Österreich Dezember 2003 - nachfolgend: UNHCR-Handbuch; ebenso die Empfehlung des Ministerrats vom - Rec <2005>6 -), und verfolgen zwei Zwecke: Sie sollen den Flüchtlingsstatus vor Missbrauch schützen, indem eine Gewährung an unwürdige Antragsteller vermieden wird. Außerdem sollen sie sicherstellen, dass diese Personen sich ihrer strafrechtlichen Verfolgung nicht entziehen (vgl. Gilbert, Current issues in the application of the exclusion clauses, 2001, S. 2; s.a. Abs. 2 der UNHCR-Richtlinien). Aus diesen unterschiedlichen Schutzrichtungen ergibt sich, dass der Schutz des Aufnahmestaates bei den Ausschlussgründen - anders als bei den Ausnahmen vom Verbot des Refoulements - nur eine Nebenfolge darstellt.

Dies bestätigt die Entstehungsgeschichte der Genfer Flüchtlingskonvention. Ausweislich der Travaux Préparatoires wurde der grundsätzliche Unterschied zwischen den - an ein früheres persönliches Fehlverhalten anknüpfenden - Ausschlussgründen und den - den Schutz des Aufnahmestaates bezweckenden - Ausnahmen vom Non-Refoulement-Gebot in den Beratungen gesehen. Maßgeblich war für die Staatenvertreter bei den Ausschlussklauseln nicht, ob von dem Flüchtling aktuell eine Gefahr ausgeht, sondern die Unterscheidung zwischen "bona fide" und "kriminellen" Flüchtlingen ("ordinary common law criminals" - vgl. Takkenberg/Tabhaz, a.a.O., SR 24 S. 5). Der von den Ausschlussklauseln erfasste Personenkreis sollte wegen seines Fehlverhaltens nicht mit "bona fide Flüchtlingen" auf eine Stufe gestellt werden (vgl. Takkenberg/Tabhaz, a.a.O., SR 24 S. 6). Es sollte verhindert werden, dass durch die Einbeziehung von Straftätern in den Kreis der anerkannten Flüchtlinge der Flüchtlingsstatus in Misskredit gerät ("refugees whose actions might bring discredit on that status" - vgl. Takkenberg/Tabhaz, a.a.O., SR 29 S. 19). Die Auffassung des UNHCR, Ziel und Zweck des Ausschlussgrundes der schweren nichtpolitischen Straftat sei, die Bevölkerung des Aufnahmelandes vor der Gefahr zu schützen, die mit der Aufnahme eines Flüchtlings, der ein schweres nichtpolitisches Verbrechen begangen hat, entstehen könnte (vgl. Abs. 151 des UNHCR-Handbuchs), findet weder in den Materialien zur Genfer Flüchtlingskonvention noch in der internationalen Staatenpraxis eine Stütze. Auch im Richtlinienvorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften wird nur der Missbrauchsgedanke aufgegriffen, indem darauf hingewiesen wird, dass die Mitgliedstaaten zur Wahrung der Integrität und Glaubwürdigkeit der Genfer Flüchtlingskonvention verpflichtet sind, Antragstellern, auf die Art. 1 Abschnitt F GFK Anwendung findet, die Flüchtlingseigenschaft nicht zuzuerkennen (vgl. Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, vom , KOM(2001) 510 endgültig, S. 29 - nachfolgend: Richtlinienvorschlag der Kommission -). Entsprechend trennt die Richtlinie 2004/83/EG sowohl bei der Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft als auch bei der Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus klar zwischen dem Ausschluss wegen früherer Handlungen (für den Flüchtlingsschutz vgl. Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie; für den subsidiären Schutz vgl. Art. 17 Abs. 1 Buchst. a bis c der Richtlinie) und der nachträglichen Aberkennung, Beendigung oder Ablehnung der Verlängerung der Flüchtlingseigenschaft (vgl. Art. 14 Abs. 4 der Richtlinie) bzw. dem Ausschluss von der Gewährung subsidiären Schutzes (vgl. Art. 17 Abs. 1 Buchst. d und Art. 19 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie) bei Personen, die eine Gefahr für die Sicherheit oder die Allgemeinheit des Aufnahmestaats darstellen.

a)

Ist Frage 2 zu verneinen, kommt es entscheidungserheblich darauf an, ob der Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung nach Art. 12 Abs. 2 Buchst. b und c der Richtlinie 2004/83/EG zumindest eine einzelfallbezogene Verhältnismäßigkeitsprüfung verlangt, welche Kriterien hierbei zu berücksichtigen sind und welcher Maßstab anzulegen ist. Bedarf es keiner einzelfallbezogenen Verhältnismäßigkeitsprüfung und ist Frage 3 deshalb zu verneinen, ist der Kläger (bei gleichzeitiger Bejahung von Frage 1 und Verneinung von Frage 2) von der Flüchtlingsanerkennung zwingend ausgeschlossen. Bedarf es einer einzelfallbezogenen Verhältnismäßigkeitsprüfung, hängt die Flüchtlingsanerkennung dagegen von der Beantwortung der Frage 4 nach den Kriterien und Maßstäben für diese Prüfung ab.

b)

Nach Auffassung des Senats sind die Ausschlussklauseln grundsätzlich zwingend und belassen den zuständigen Behörden keinen Ermessensspielraum. Den Tatbestandsvoraussetzungen liegt eine abstrakte Verhältnismäßigkeitsprüfung zugrunde. Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen vor, ist davon auszugehen, dass der Betroffene keinen Flüchtlingsschutz verdient. Dennoch darf die Anwendung der Ausschlussklauseln im Einzelfall nicht dem im Völker- und im Gemeinschaftsrecht anerkannten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz widersprechen. Dieser Grundsatz erfordert, dass jede Maßnahme geeignet und erforderlich und in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Zweck steht. Frage 3 ist nach Auffassung des Senats daher im Grundsatz zu bejahen (auch der UNHCR fordert "regelmäßig" eine Verhältnismäßigkeitsprüfung <vgl. Abs. 24 der UNHCR-Richtlinien>; andere Staaten lehnen eine Verhältnismäßigkeitsprüfung zum Teil generell ab, vgl. etwa das britische Immigration Appeal Tribunal, Urteile vom , KK <Article 1 F (c)> Turkey [2004] UKIAT 00101 Rn. 90 ff. und vom , a.A. <Exclusion clause> Palestine [2005] UKIAT 00104 Rn. 59 f.).

c)

Bei der Prüfung, ob ein Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung trotz Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen im konkreten Einzelfall wegen Unverhältnismäßigkeit ausscheidet, ist nach Auffassung des Senats vor allem der mit den Ausschlussklauseln verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Zielen die Ausschlussklauseln - wie oben dargestellt - nicht auf den Schutz des Aufnahmelandes, sondern liegt ihnen der Gedanke der Asylunwürdigkeit zugrunde und geht es darum, eine missbräuchliche Inanspruchnahme des Flüchtlingsschutzes zu vermeiden und sicherzustellen, dass niemand sich seiner strafrechtlichen Verantwortung entzieht, ist primär das dem Betroffenen zur Last gelegte Fehlverhalten gegen die Folgen eines Ausschlusses abzuwägen. In diese Richtung geht auch die Kommission in ihrem Richtlinienvorschlag, wonach bei der Ausschlussklausel der schweren nichtpolitischen Straftat die Schwere der zu erwartenden Verfolgung gegen die Art der Straftat, deren der Betroffene verdächtigt wird, abzuwägen ist (vgl. Richtlinienvorschlag der Kommission, S. 29). Bei dieser Abwägung ist nach Auffassung des Senats zu berücksichtigen, dass es zur Zeit des Inkrafttretens der Genfer Flüchtlingskonvention keine subsidiären Schutzmöglichkeiten gab mit der Folge, dass Personen bei Vorliegen eines Ausschlussgrundes regelmäßig in den Verfolgerstaat abgeschoben wurden. Dagegen unterfallen von der Flüchtlingsanerkennung ausgeschlossene Personen nunmehr in allen Staaten, die die Europäische Menschenrechtskonvention ratifiziert haben, dem - absoluten - Refoulementverbot des Art. 3 EMRK. Damit ist sichergestellt, dass sie nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sie Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen wären. Darüber hinaus bestehen teilweise weitergehende nationale Abschiebungsverbote (in Deutschland etwa nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG). Ein Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung führt damit heute nicht (mehr) zwangsläufig zu einer Abschiebung in den Verfolgerstaat, sondern hat in den meisten Fällen zur Folge, dass dem Betroffenen zwar der Flüchtlingsstatus verwehrt ist, er jedoch subsidiären (nicht mit dem subsidiären Schutzstatus nach der Richtlinie 2004/83/EG zu verwechselnden) Abschiebungsschutz genießt. Dieser Umstand ist nach Auffassung des Senats bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung mit zu berücksichtigen, so dass Frage 4 Buchst. a zu bejahen ist.

d)

Ausgehend von der bereits in den Tatbestandsvoraussetzungen angelegten abstrakten Verhältnismäßigkeitsprüfung, dem mit den Ausschlussklauseln verfolgten Zweck und der Möglichkeit der Erlangung subsidiären Abschiebungsschutzes dürfte die Anwendung der Ausschlussklauseln damit im Ergebnis nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen unverhältnismäßig sein, weswegen Frage 4 Buchst. b nach Auffassung des Senats ebenfalls zu bejahen ist. Voraussetzung für die Annahme eines derartigen Ausnahmefalles ist, dass der Betroffene trotz seines früheren Fehlverhaltens es (wieder) verdient, auf eine Stufe mit einem "bona fide Flüchtling" gestellt zu werden. Dies ist der Fall, wenn eine Gesamtwürdigung seiner Persönlichkeit und seines zwischenzeitlichen Verhaltens ergibt, dass er trotz seiner Vergangenheit (wieder) schutzwürdig ist. Hierfür genügt nach Auffassung des Senats nicht, dass von dem Betroffenen - wie hier - keine Gefahr mehr ausgeht, er sich von seinen früheren Taten distanziert und seine Strafe zumindest teilweise verbüßt und hierbei gesundheitliche Schäden davon getragen hat. Dagegen kommt im Falle der früheren Unterstützung terroristischer Aktivitäten ein Ausnahmefall etwa in Betracht, wenn der Betroffene sich von den Taten nicht nur distanziert, sondern inzwischen aktiv an der Verhinderung weiterer Terrorakte mitwirkt oder es sich um eine Jahrzehnte zurückliegende "Jugendsünde" handelt.

2.

Neben der Flüchtlingsanerkennung in Umsetzung der Richtlinie 2004/83/EG geht es im vorliegenden Verfahren zugleich darum, ob dem Kläger nach nationalem Verfassungsrecht ein Anspruch auf Asyl zusteht. In diesem Zusammenhang stellt sich die 5. Vorlagefrage nach der Vereinbarkeit einer Asylgewährung mit der Richtlinie 2004/83/EG im Sinne von deren Art. 3, sofern die Flüchtlingsanerkennung nach Art. 12 Abs. 2 und 3 der Richtlinie ausgeschlossen ist.

a)

Bei Zugrundelegung der bestehenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zur Auslegung des Art. 16a GG hätte der Kläger einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter. Er wurde - wie oben dargelegt - nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts in seinem Heimatland politisch verfolgt und wäre bei einer Rückkehr vor erneuter politischer Verfolgung nicht hinreichend sicher.

Der Anerkennung als Asylberechtigter stünde nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts nicht entgegen, dass der Kläger in seinem Heimatland eine terroristische Organisation aktiv unterstützt hat. Die Ausschlussklauseln der Genfer Flüchtlingskonvention beruhen auf dem Konzept der Asylunwürdigkeit. Sie verbieten es den Staaten aber nicht, nach der Konvention ausgeschlossenen Personen dennoch Schutz zu gewähren (vgl. Davy, Terrorismusbekämpfung und staatliche Schutzgewährung, ZAR 2003, 43 m.w.N. zur Entstehungsgeschichte). Obwohl den Schöpfern des Grundgesetzes das Problem des um Asyl nachsuchenden Gewalttäters durchaus geläufig war, haben sie davon abgesehen, den Schutzbereich des Grundrechts ausdrücklich auf Personen zu beschränken, die sich keines schweren nichtpolitischen Verbrechens oder Terroraktes schuldig gemacht haben. Das Grundrecht auf Asyl enthält auch in der aktuell geltenden Fassung des Art. 16a GG keinen Schranken- oder Regelungsvorbehalt, der den einfachen Gesetzgeber ermächtigt, bestimmte Personenkreise - etwa in Umsetzung der Ausschlussklauseln des Art. 1 Abschnitt F GFK - vom Schutzbereich generell auszunehmen. Der einfache Gesetzgeber ist nur ermächtigt, die verfassungsimmanenten Grenzen des Asylgrundrechts nachzuzeichnen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat hieraus in seiner bisherigen Rechtsprechung gefolgert, dass das Grundrecht auf Asyl keine Beschränkung auf Personen kennt, die sich als asylwürdig bzw. nicht asylunwürdig erwiesen haben. Es hat dies damit begründet, dass dem Asylrecht im Gegensatz zur Genfer Flüchtlingskonvention ein Ausschluss sog. Asylunwürdiger fremd ist. Art. 1 Abschnitt F GFK, der die Täter der dort aufgeführten schweren Verbrechen von der Anwendung des Flüchtlingsschutzes ausschließt, sei nicht Ausdruck eines Rechtsgrundsatzes mit Verfassungsrang und könne daher als niederrangiges Recht den Geltungsbereich des uneingeschränkt gewährleisteten Grundrechts nicht begrenzen (vgl. BVerwG 9 C 36.83 - BVerwGE 67, 184 <192> und vom - BVerwG 9 C 93.83 - BVerwGE 68, 171 <173> ).

Auch das Bundesverfassungsgericht hat die Ausschlussklauseln des Art. 1 Abschnitt F GFK bislang nicht auf das Asylgrundrecht angewandt. Zwar geht es im Grundsatz davon aus, dass die Schöpfer des Grundgesetzes mit dem Grundrecht auf Asyl dasjenige zum Rechtsanspruch erheben wollten, was zur Zeit der Entstehung des Grundgesetzes im Völkerrecht als Asyl oder Asylgewährung begriffen wurde, und das Grundrecht damit, wenn dafür keine besonderen Anhaltspunkte vorliegen, jedenfalls nicht großzügiger auszulegen sein dürfte als das Flüchtlingsvölkerrecht nach der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. u.a. - BVerfGE 80, 315 <343>). Hinsichtlich des vom Asylrecht umfassten Personenkreises ist es aber immer von einer weiten Auslegung des Begriffs des politisch Verfolgten ausgegangen. Dies wurde damit begründet, dass in den Beratungen des Parlamentarischen Rates Einigkeit bestanden hat, dass es nicht geboten ist, das Asylrecht eng zu fassen oder auf einen bestimmten Personenkreis zu begrenzen. Damit umfasst das Asylrecht etwa auch Personen, die eine schwere nichtpolitische Straftat begangen haben, wenn sie bei einer Rückkehr aus politischen Gründen Verfolgungsmaßnahmen mit Gefahr für Leib oder Leben oder Beschränkungen ihrer persönlichen Freiheit ausgesetzt wären, und kann auch dann bestehen, wenn die Eigenschaft des "politischen Flüchtlings" nach der Genfer Flüchtlingskonvention nicht vorliegt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom - 1 BvR 193/57 - BVerfGE 9, 174 <180 f.> und vom - 1 BvR 147/80 u.a. - BVerfGE 54, 341 <357>). Ein Ausschluss vom Asylrecht ist nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts nur in zwei Fallgruppen angenommen worden. Zum einen liegt es außerhalb des Asylrechts, wenn für terroristische Aktivitäten nur ein neuer Kampfplatz gesucht wird, um sie dort fortzusetzen oder zu unterstützen. Demgemäß kann Asyl nicht beanspruchen, wer im Heimatland unternommene terroristische Aktivitäten oder deren Unterstützung von der Bundesrepublik Deutschland aus in den hier möglichen Formen fortzuführen trachtet; er sucht nicht den Schutz und Frieden, den das Asylrecht gewährleisten will (vgl. - BVerfGE 81, 142 <152> ). Dies gilt auch für den, der erstmals von Deutschland aus im Rahmen exilpolitischer Aktivitäten den politischen Kampf mit terroristischen Mitteln aufnimmt( BVerwG 9 C 23.98 - BVerwGE 109, 12 <16 ff.> ) - sog. Terrorismusvorbehalt. Zum anderen ist anerkannt, dass der Asylanspruch dann ausgeschlossen ist, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG, der seinerseits Art. 14 Abs. 4 Buchst. a und b der Richtlinie 2004/83/EG bzw. Art. 33 Abs. 2 GFK entspricht, vorliegen, d.h. wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Zusätzlich erforderlich ist dabei in jedem Fall die Prognose, dass der Ausländer die die Sicherheit des Staates oder seiner Bevölkerung gefährdende Betätigung in Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit fortsetzen wird (vgl. BVerwG 9 C 31.98 - BVerwGE 109, 1 <3 ff., 8> und vom - BVerwG 1 C 21.04 - BVerwGE 124, 276 <278, 289> ). Diese Beschränkung des an sich vorbehaltlos gewährten Asylgrundrechts ist verfassungsgemäß, weil sie durch den gleichrangigen Verfassungswert der Sicherheit des Staates als verfasster Friedens- und Ordnungsmacht und die von ihm zu gewährleistende Sicherheit seiner Bevölkerung geboten ist und damit eine verfassungsimmanente Schranke des Asylrechts darstellt, die der Gesetzgeber durch § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG in der oben dargestellten restriktiven Auslegung in zulässiger Weise konkretisiert hat (vgl. BVerwG 9 C 31.98 - a.a.O. S. 3 ff. m.w.N.).

Diese verfassungsrechtlich gerechtfertigten Ausschlussgründe liegen im Falle des Klägers nicht vor. Denn der Kläger hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts spätestens mit dem Verlassen seines Heimatlandes mit der Vergangenheit gebrochen und einen neuen Lebensabschnitt begonnen; er ist allein zu dem Zweck in das Bundesgebiet geflohen, um hier den Schutz und den Frieden zu finden, den das Asylrecht gewährt. Anhaltspunkte für eine Fortführung der im Heimatland unternommenen Unterstützung einer gewalttätigen extremistischen Organisation vom Bundesgebiet aus, liegen nicht vor. Vielmehr hat er glaubhaft vorgetragen, dass er - getragen von der Überzeugung, dass der von der DHKP-C eingeschlagene Weg falsch ist - inzwischen jeglichen Kontakt zu der Organisation abgebrochen und sich von deren Zielen distanziert hat (UA S. 20 ff.). Auf der Grundlage dieser - für das Revisionsgericht bindenden - Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger von Deutschland aus terroristische Aktivitäten fortsetzen oder unterstützen will. Mangels einer Wiederholungsgefahr ist der Kläger auch nicht nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG von der Asylanerkennung ausgeschlossen.

b)

Scheitert die Flüchtlingsanerkennung vorliegend an einem Ausschlussgrund nach Art. 12 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2004/83/EG, stellt sich damit entscheidungserheblich die Frage, ob sich dieser Ausschluss über den Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts auf den Asylanspruch nach Art. 16a GG auswirkt. Dies hängt davon ab, ob die Richtlinie 2004/83/EG die Gewährung eines mit dem Flüchtlingsstatus vergleichbaren nationalen Schutzstatus trotz Vorliegens eines Ausschlussgrundes zulässt. Dies richtet sich nach Art. 3 der Richtlinie 2004/83/EG. Danach können die Mitgliedstaaten günstigere Normen zur Entscheidung der Frage, wer als Flüchtling oder Person gilt, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, und zur Bestimmung des Inhalts des internationalen Schutzes erlassen oder beibehalten, sofern sie mit der Richtlinie vereinbar sind.

Für die Vereinbarkeit einer Asylanerkennung mit der Richtlinie 2004/83/EG und damit für eine Bejahung der Frage 5 spricht nach Auffassung des Senats, dass sich die Richtlinie auf die Festlegung von Mindestnormen konzentriert. Damit hindert sie die Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht daran, Antragstellern über die festgelegten Mindestnormen hinausgehende günstigere Bedingungen einzuräumen (so auch Richtlinienvorschlag der Kommission, S. 13). Dies gilt nach Art. 3 der Richtlinie 2004/83/EG ausdrücklich auch hinsichtlich der Frage, wer als Flüchtling gilt. Der Erlass oder das Beibehalten günstigerer Normen steht aber unter dem ausdrücklichen Vorbehalt, dass diese mit der Richtlinie vereinbar sind. Zweifelhaft ist, ob diese Grenze durch die Gewährung einer verfassungsrechtlich verbürgten Rechtsstellung als Asylberechtigter trotz Vorliegens eines Ausschlussgrundes überschritten würde. Die Asylanerkennung nach Art. 16a GG ist zwar rechtlich nicht identisch mit der Flüchtlingsanerkennung nach der Genfer Flüchtlingskonvention und der Richtlinie 2004/83/EG. Sie hat jedoch im Wesentlichen die gleiche Funktion und die gleichen Rechtsfolgen. Denn nach Art. 2 Abs. 1 AsylVfG genießt der Asylberechtigte im Bundesgebiet - jedenfalls - die Rechtsstellung nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom , d.h. nach der Genfer Flüchtlingskonvention. Das grundlegende Ziel der Richtlinie 2004/83/EG, die Asylpolitik zu vereinheitlichen und zu einem gemeinsamen europäischen Asylsystem zu gelangen (vgl. Erwägungsgrund 1), würde möglicherweise unterlaufen, wenn die Mitgliedstaaten im Rahmen nationaler Asylvorschriften neben den in der Richtlinie festgelegten Schutzformen einen anderen, im Wesentlichen funktionsgleichen Schutzstatus gewähren, der abweichend von den zwingenden Ausschlussgründen nach Art. 12 Abs. 2 und 3 der Richtlinie zuerkannt wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Richtlinie 2004/83/EG ein System unterschiedlicher Ausschluss-, Erlöschens- und sonstiger Aberkennungs-, Beendigungs- oder Ablehnungsgründe kennt. Diese sind überwiegend - und so auch die Ausschlussgründe des Art. 12 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2004/83/EG - zwingend ausgestaltet, lassen mithin eine Ausnahme oder ein Anwendungsermessen der Mitgliedstaaten nicht zu. Die Richtlinie kennt dagegen auch Gründe, bei denen es den Mitgliedstaaten frei gestellt ist, ob sie diese der Flüchtlingsanerkennung entgegenhalten wollen (vgl. etwa Art. 14 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG). Die dort aufgezählten (fakultativen) Gründe zeichnen sich dadurch aus, dass sie die Sicherheitsinteressen des jeweiligen Mitgliedstaates und damit primär nationale Interessen betreffen. Dies könnte im Umkehrschluss dafür sprechen, dass die zwingend ausgestalteten Ausschlussgründe des Art. 12 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2004/83/EG über Art. 3 der Richtlinie 2004/83/EG nicht unterlaufen werden dürfen. Dass der Richtliniengeber den in Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG aufgeführten Ausschlussgründen ein besonderes Gewicht beimisst, dürfte sich auch daraus ergeben, dass sie sich fast wortgleich beim subsidiären Schutz in Art. 17 Abs. 1 Buchst. a bis c der Richtlinie 2004/83/EG wiederfinden, der Betroffene mithin nach dem Willen des Richtliniengebers bei ihrem Vorliegen vom internationalen Schutz der Richtlinie gänzlich ausgeschlossen sein soll.

Fundstelle(n):
PAAAD-08009