BFH Urteil v. - VIII R 74/05 BStBl 2009 II S. 238

Keine wissenschaftliche Tätigkeit eines Promotionsberaters; kein Wechsel der Gewinnermittlungsart wegen Umqualifizierung freiberuflicher in gewerbliche Einkünfte

Leitsatz

1. Ein Promotionsberater, der aufgrund selbst entwickelter Testverfahren und von Gesprächen sog. Begabungsanalysen seiner Klienten erstellt und diesen sodann beim Finden eines Dissertationsthemas, der Vermittlung eines Doktorvaters und der Gliederung behilflich ist sowie die Klienten unterstützend in die wissenschaftliche Methodik einweist und neben weiteren technischen Hilfeleistungen begleitende Literaturrecherchen vornimmt, erfüllt noch nicht die Voraussetzungen für die Annahme einer eigenen wissenschaftlichen Tätigkeit.

2. Erzielt ein Steuerpflichtiger Gewinneinkünfte und ermittelt er seinen Gewinn mittels Einnahmen-Überschussrechnung, so kann er nicht allein deshalb, weil seine Einkünfte im Anschluss an eine Außenprüfung nicht mehr als freiberuflich, sondern als gewerblich eingestuft werden, durch einen Wechsel zum Bestandsvergleich eine Gewerbesteuerrückstellung bilden.

Gesetze: EStG § 4 Abs. 1 und 3EStG § 15 Abs. 2EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2GewStG § 2 Abs. 1 Satz 1

Instanzenzug: (EFG 2005, 441) (Verfahrensverlauf), ,

Gründe

I.

Streitig ist, ob die Tätigkeit des Klägers, Revisionsklägers und Revisionsbeklagten (Kläger) als Promotionsberater wissenschaftlich und damit freiberuflich i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist und ob der Kläger im Falle der Gewerblichkeit seiner Einkünfte seinen Gewinn um eine Gewerbesteuerrückstellung mindern darf.

Der promovierte Kläger hat ein Studium der Volkswirtschaft absolviert. Unternehmenszweck des von ihm betriebenen Instituts ist, akademisch vorgebildeten Berufstätigen zu einem Doktortitel zu verhelfen.

Dazu analysiert der Kläger in einem ersten Schritt aufgrund des Lebenslaufs und von Einzelgesprächen die Begabung, Motivation und die Befähigung seines Interessenten nach seinen Angaben mit Methoden der „empirischen Sozialwissenschaft” und der „Kognitionswissenschaft”. Sodann bietet der Kläger folgende Dienstleistungen an: Hilfe beim Finden eines Dissertationsthemas, bei der Auswahl einer für dieses Thema geeigneten Fakultät an einer deutschen Hochschule, wobei dem Kläger viele Hochschullehrer und deren Forschungsschwerpunkte teilweise persönlich bekannt sind, Kontaktaufnahme zum Doktorvater, Unterstützung bei der Realisierung des Promotionsvorhabens durch Beschaffung notwendiger Fachliteratur und die Durchführung von Literaturrecherchen, Beratungen bei der Arbeitskonzeption, Übernahme von Lay-out- und Korrekturlese-Arbeiten, Hilfe bei der Veröffentlichung der Dissertation. Außerdem weist der Kläger seine Klienten in Fragen wissenschaftlicher Methodik und Thesenbildung ein.

Bei seiner Tätigkeit bedient sich der Kläger qualifizierter Mitarbeiter. Drei als freie Mitarbeiter tätige Wissenschaftler führen die Vorgespräche mit den Interessenten und organisieren nach deren Annahme die Betreuungsarbeit im Einzelnen. Über die Annahme entscheidet der Kläger allein. Dabei werden u.a. Personen nicht angenommen, die auf einem Fachgebiet promovieren wollen, auf welchem der Kläger trotz seiner nach seinen Angaben weitreichenden Ausbildung und Erfahrung nicht über ausreichende Kenntnisse verfügt, um fundierte Empfehlungen aussprechen zu können.

Weitere zehn freie Mitarbeiter führen die notwendigen Hilfstätigkeiten bei der Betreuung des jeweiligen Klienten durch (Beschaffung erforderlicher Fachliteratur, sprachliche und stilistische (Vor-)Korrektur von Manuskripten, Lay-out und grafische Gestaltung). Darüber hinaus unterhält der Kläger Kontakte zu ca. 40 bis 50 sog. Kooperationspartnern an verschiedenen Universitäten, die die Tätigkeit des Klägers in bestimmten Fällen mittels Einzeltätigkeiten unterstützen, wie durch Recherchen von Spezialliteratur einer Universitätsbibliothek vor Ort, die Feststellung von Forschungsschwerpunkten, die Einschätzung von Lehrstuhlinhabern.

Der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) hatte seit 1974 die Tätigkeit des Klägers stets als freiberuflich beurteilt. Im Anschluss an eine im Jahr 1998 durchgeführte Außenprüfung qualifizierte das FA die Tätigkeit für das Streitjahr 1993 erstmals als gewerblich.

Im finanzgerichtlichen Verfahren —wie bereits im Einspruchsverfahren— vertrat der Kläger die Ansicht, seine Tätigkeit sei als wissenschaftlich und damit als freiberuflich zu qualifizieren. Er verfüge über eine breitgefächerte universitäre Ausbildung, habe Volkswirtschaft sowie historische Hilfswissenschaften studiert und auf dem Gebiet der Berufssoziologie promoviert. Er habe sich während seiner langjährigen Berufstätigkeit mit Methoden befasst, die in verschiedenen Wissenschaften angewandt würden und sei insoweit interdisziplinär tätig. Er unterhalte eine Bibliothek mit rund 80 000 Buchtiteln (davon über 70 000 Dissertationen) und 90 Fachzeitschriften, so dass er stets über aktuelle Kenntnisse von Schwerpunkten und Tendenzen in der Forschung verfüge. Außerdem nehme er laufend aktiv an der wissenschaftlichen Diskussion teil. Bei der Betreuung seiner Klienten arbeite er in einer Weise, die einem universitären Lehrstuhlinhaber vergleichbar sei. Er bearbeite dabei die Dissertationen allerdings nicht in unzulässiger Weise selbst, sondern beschränke sich auf eine legale unterstützende Beratungstätigkeit. Hierzu hat der Kläger eine Stellungnahme eines Prof. Dr. A von der Technischen Hochschule B vorgelegt, in welcher dieser die „rege” wissenschaftliche Tätigkeit des Klägers bestätigt und erklärt hat, die Tätigkeit des Klägers erleichtere ihm die Betreuung von Doktoranden erheblich. Der Kläger erfülle während der Bearbeitung der Dissertation die meisten seiner Aufgaben als Doktorvater so kompetent, dass er sich wiederholt auf die offizielle Begutachtung der abgeschlossenen Dissertation habe beschränken können.

Des Weiteren hat der Kläger vorgetragen, auch heute sei er noch in verschiedenen Wissenschaftsbereichen tätig und Mitglied in mehreren Verbänden (Soziologie, Sportwissenschaft, Politologie, Rechtswissenschaft, Wissenschaftsgeschichte, Gesundheitsforschung, Naturwissenschaft und Technik), was sein tiefgehendes Wissen auf den verschiedensten Fachgebieten sowie seine Fähigkeit dokumentiere, Grundregeln der Wissenschaft zu erkennen und auf diese Weise Wissenschaft in einem Gesamtkontext zu erfassen. Dies werde auch durch vielfältige Publikationen und Lehrtätigkeiten an verschiedenen Universitäten dokumentiert. Aufgrund seiner weitreichenden fachübergreifenden Kenntnisse sei er in der Lage, ein mit der spezifischen Befähigung des Klienten korrespondierendes maßgeschneidertes Wissenschaftsgebiet zu bestimmen, auf welchem dieser mit hoher Wahrscheinlichkeit eine erfolgreiche Dissertation werde anfertigen können. Seine Tätigkeit habe nicht in erster Linie in der Durchführung von Tests und Akquisition bestanden. Hauptsächlich gehe es um das Finden eines Doktorvaters für Klienten, die aufgrund des Numerus clausus der meisten Universitäten bei der Auswahl von Doktoranden sonst keine Gelegenheit zum Promovieren erhielten. Die Testverfahren über die Eignung der Klienten seien von ihm entwickelt worden, nachdem er bereits mehr als 5 000 Interviews im Rahmen seiner seit 1970 andauernden Tätigkeit als Personalberater geführt habe. Ca. 60 bis 70 % seiner Tätigkeit entfielen auf die inhaltliche und strategische wissenschaftliche Beratung, z.B. das Durchsprechen von Themen, die Gliederung oder die Form der Dissertation (Literaturarbeit, empirische, experimentelle, theoretische, historische oder zukunftsorientierte Arbeit). Weitere ca. 15 bis 20 % seiner Arbeitszeit entfielen auf die eigene Weiterbildung sowie das Lesen von wissenschaftlichen Texten. Bei seiner Tätigkeit handele es sich auch nicht um eine bloße Vermittlertätigkeit. Die Ermittlung eines geeigneten Hochschullehrers als Doktorvater und die Herstellung des Kontakts zu diesem erfolge vielmehr überwiegend durch freie Mitarbeiter und nicht durch ihn selbst. Dies geschehe nur in den Fällen, in denen der Lehrstuhlinhaber ihm persönlich bekannt sei. Ferner hat der Kläger ein Verzeichnis von ihm erstellter wissenschaftlicher Publikationen sowie eine Übersicht über die von ihm abgehaltenen Lehrtätigkeiten vorgelegt.

Dem FA könne nicht darin gefolgt werden, dass seine Tätigkeit bereits deshalb als gewerblich zu beurteilen sei, weil seine persönliche Arbeitsleistung nicht im Vordergrund stehe. Er treffe allein die Entscheidungen über die Aufnahme eines Klienten und er allein bürge mit seiner Methode der Begabungsanalyse für ein realitätsgerechtes Begabungsprofil des Klienten. Auch bei der anschließenden Betreuung der Klienten seien seine persönlichen Kenntnisse und Erfahrungen auf den einzelnen Wissenschaftsgebieten entscheidend. Er überprüfe sämtliche Arbeitsergebnisse seiner Mitarbeiter, bevor er sich diese zu Eigen mache.

Werde gleichwohl von einer gewerblichen Tätigkeit ausgegangen, so müsse es ihm ermöglicht werden, seinen dann gewerblichen Gewinn nach den Grundsätzen des Bestandsvergleichs zu ermitteln und eine Gewerbesteuerrückstellung ertragsmindernd in Ansatz zu bringen. Er habe bislang keine bestimmte Gewinnermittlungsart gewählt.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage teilweise —nur hinsichtlich der nachträglichen Berücksichtigung einer Gewerbesteuer-rückstellung— statt (Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2005, 441).

Gegen das Urteil haben sowohl der Kläger als auch das FA die —vom FG zugelassene— Revision eingelegt.

Der Kläger rügt mit seiner Revision die Verletzung materiellen Rechts (§ 2 Abs. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) i.V.m. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG).

Entgegen der rechtlichen Würdigung des FG sei er, der Kläger, wissenschaftlich tätig gewesen. Das FG gebe zwar die für die Annahme einer wissenschaftlichen Tätigkeit maßgebenden Rechtsgrundsätze zutreffend wieder, verenge sie indes im Streitfall zu Unrecht, indem es bei seiner Würdigung an im Tatbestand getroffene Feststellungen anknüpfe, die so teilweise oder in ihrer Tendenz nicht zuträfen. Deshalb seien einige Klarstellungen entsprechend dem schriftsätzlichen Vortrag im finanzgerichtlichen Verfahren vorzunehmen.

Seine Tätigkeit sei nicht zu ca. 70 % wissenschaftsähnlich gewesen, sondern wissenschaftsberatend, -konzipierend und -planend. Er habe persönlich neue wissenschaftliche Testverfahren entwickelt, was nur auf der Grundlage seiner großen wissenschaftlichen Erfahrung und entsprechender Kenntnisse der wissenschaftlichen Methodik habe geleistet werden können. Auch sei es nicht primär um das Finden eines Doktorvaters für Klienten gegangen, die aufgrund des Numerus clausus sonst keine Gelegenheit zur Promotion gehabt hätten, sondern um die wissenschaftliche Vorbereitung von Akademikern für eine Promotion, die nur aufgrund entsprechender wissenschaftlicher Vorbereitung einen Doktorvater und eine Fakultät hätten finden können. Einen Numerus clausus habe es bei den von ihm durchgeführten Projekten nur in ca. 4 % gegeben.

Die „Steuerungsfunktion” verbleibe nicht in jedem Fall beim Doktorvater. Mit seiner weiteren Betreuung erbringe er eine eigenständige schöpferische und forschende Beratungsleistung. Darin bestehe sowohl qualitativ als auch quantitativ der Kern seiner beruflichen Tätigkeit.

Vor diesem Hintergrund sei die Würdigung des FG verkürzt, wonach seine Tätigkeit nicht die für eine wissenschaftliche Tätigkeit erforderliche Gestaltungshöhe erreiche. In einer „beachtlichen” Minderheit von Fällen sei seine Betreuung über das Finden eines Doktorvaters und eines Dissertationsthemas hinausgegangen. Gerade das Finden eines Dissertationsthemas stelle überdies eine originär wissenschaftliche Tätigkeit dar. Ein Projekt wie eine Dissertation, die ganzheitlich als wissenschaftliche Arbeit definiert sei, müsse auch in ihren Teilen, d.h. hinsichtlich der Abfassung der Gliederung und der Erstellung eines Exposés sowie der damit einhergehenden Beratung wissenschaftlichen Charakter haben. Darauf seien aber ca. 60 bis 70 % seiner Tätigkeit entfallen, im Übrigen zum Teil auf wissenschaftliche Weiterbildung, wissenschaftliche Publikationen sowie Lehrtätigkeiten im universitären Bereich.

Die von ihm wahrgenommenen Beratungsaufgaben wiesen aus den dargestellten Gründen einen für die Annahme angewandter Wissenschaft notwendigen Schwierigkeitsgrad und die erforderliche Gestaltungshöhe auf. Die entgegenstehende Würdigung habe das FG nicht weiter begründet. Seine Beratungsleistung müsse notwendig wissenschaftlichen Charakter haben, anderenfalls wäre sie für die Klienten ohne Wert.

Der Kläger beantragt, das Urteil des FG, den Gewerbesteuermessbescheid für 1993 und die Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Das FA rügt mit seiner Revision die Verletzung materiellen Rechts.

Der Kläger habe seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt. Das vom FG herangezogene (BFH/NV 1997, 403) sei nicht einschlägig; denn danach müsse sich ein Steuerpflichtiger für die Ausübung des Wahlrechts überhaupt bewusst sein, Gewinneinkünfte zu erzielen. Bei der Erklärung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sei deshalb keine Wahl der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG anzunehmen.

Der Kläger habe indes bei Annahme einer freiberuflichen Tätigkeit ebenfalls eine Gewinneinkunftsart verwirklicht, so dass ihm zu Beginn des Ermittlungszeitraums ein Wahlrecht zugestanden habe zwischen einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 oder § 4 Abs. 3 EStG. Dieses Wahlrecht habe der Kläger für das Streitjahr 1993 i.S. von § 4 Abs. 3 EStG mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung für 1993 ausgeübt. Er könne somit nicht nachträglich eine andere Gewinnermittlungsart wählen.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision des FA als unbegründet zurückzuweisen.

II.

Die Revision des Klägers ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG wird aufgehoben und die Klage insgesamt als unbegründet abgewiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).

Sind durch das Urteil des FG —wie im Streitfall— beide Beteiligten beschwert, so kann jeder Beteiligte selbständig Revision einlegen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 120 Rz 77).

A. Revision des Klägers

Der Kläger übte nach den gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden und mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des FG im Streitjahr 1993 keine wissenschaftliche Tätigkeit i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG aus.

Das FG ist von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen. Mangels einer ordnungsgemäßen Verfahrensrüge kann der Senat die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen nur daraufhin überprüfen, ob sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen sind und nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen (§ 118 Abs. 2 FGO; , BFHE 220, 332, m.w.N.).

Ist das der Fall, so ist die Tatsachenwürdigung selbst dann für den BFH bindend, wenn sie nicht zwingend, sondern nur möglich ist. Soweit der Kläger in verschiedener Hinsicht eine unzutreffende Würdigung seiner Tätigkeit bemängelt, lässt die Beweiswürdigung jedenfalls im Ergebnis weder Denkfehler noch Rechtsfehler erkennen.

a) Ein der Gewerbesteuer unterliegender Gewerbebetrieb i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG in der für das Streitjahr 1993 maßgebenden Fassung ist gemäß § 1 Abs. 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) —nunmehr § 15 Abs. 2 EStG— anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige eine selbständige nachhaltige Betätigung ausübt, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und wenn ferner die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufes im Sinne des EStG anzusehen ist. Eine freiberufliche Tätigkeit liegt gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG auch dann vor, wenn sich der Freiberufler bei Ausübung seines Berufs der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient; Voraussetzung ist jedoch in diesem Fall, dass er aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Wesentliches Merkmal der freiberuflichen Tätigkeit in Abgrenzung gegenüber der gewerblichen Tätigkeit ist die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Freiberuflers (, BFHE 159, 535, BStBl II 1990, 507, ständige Rechtsprechung).

b) Der Begriff der „Wissenschaftlichkeit” ist ein rein steuerrechtlicher (, BFH/NV 1994, 89), der gewisse Mindesterfordernisse an die inhaltliche Qualität, insbesondere aber an die äußere Form der Arbeit stellt.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH setzt die Annahme einer wissenschaftlichen Tätigkeit i.S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG voraus, dass eine hochstehende, besonders qualifizierte Arbeit ausgeübt wird, die dazu geeignet ist, schwierige Streit- und Grenzfälle nach streng objektiven und sachlichen Gesichtspunkten zu lösen. Der Begriff der Wissenschaftlichkeit ist in besonderem Maße mit den Disziplinen verbunden, die an den Hochschulen gelehrt werden. Kenntnisse, die ein Steuerpflichtiger sich lediglich aufgrund praktischer Erfahrungen angeeignet hat, reichen in der Regel nicht als Grundlage für eine wissenschaftliche Tätigkeit aus (, BFHE 82, 46, BStBl III 1965, 263; vom V R 73/83, BFHE 154, 327, BStBl II 1989, 212; vom IV R 27/90, BFHE 168, 59, BStBl II 1992, 826; vom XI R 2/95, BFHE 183, 450, BStBl II 1997, 687; vom IV R 48/99, BFHE 193, 482, BStBl II 2001, 241).

Wissenschaftliche Tätigkeit setzt wissenschaftliche Kenntnisse und Methodik voraus, wenn auch ein Hochschulstudium nicht generell unverzichtbar ist. Wissenschaftlich tätig ist nicht nur, wer eine schöpferische oder forschende Tätigkeit entfaltet (reine Wissenschaft), sondern auch derjenige, der aus der Forschung hervorgegangene Erkenntnisse auf konkrete Vorgänge anwendet (angewandte Wissenschaft). Deshalb kann die Wissenschaftlichkeit nicht allein mit der Begründung verneint werden, der Steuerpflichtige sei für seinen Auftraggeber im Wesentlichen praxisorientiert tätig geworden.

Eine wissenschaftliche Tätigkeit wird von der Rechtsprechung verneint, wenn sie in einer stärker praxisorientierten Beratung besteht. Die übliche praktische Ausübung eines an sich als wissenschaftlich zu kennzeichnenden Berufs, z.B. als Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer oder Arzt, erfüllt dementsprechend nicht ohne weiteres den Begriff auch der wissenschaftlichen Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, selbst wenn im Einzelfall eine hochqualifizierte Tätigkeit wahrgenommen wird (, BFHE 64, 338, BStBl III 1957, 129; vom IV R 20/76, BFHE 120, 204, BStBl II 1977, 31; , BFHE 134, 565, BStBl II 1982, 267; BFH-Urteil in BFHE 168, 59, BStBl II 1992, 826). Dies folgt aus der Systematik des Abs. 1 Nr. 1 des § 18 EStG. Die ausdrückliche Aufnahme der wissenschaftlich geprägten Berufe in den Katalog der freien Berufe wäre überflüssig, wenn deren Tätigkeit bereits stets aufgrund ihrer Ausbildung als wissenschaftliche Arbeit zu beurteilen wäre (, BFHE 170, 88, BStBl II 1993, 235, verneint für einen Dispacheur; vom I R 54/93, BFHE 175, 40, BStBl II 1994, 864).

Ebenso wenig ist die bloße Vermittlung wissenschaftlicher Grundsätze und Methoden bereits eine wissenschaftliche Tätigkeit, sofern sie im Wesentlichen in einer praxisorientierten Beratung besteht (BFH-Urteil in BFHE 170, 88, BStBl II 1993, 235; , Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst —DStRE— 2005, 824, m.w.N.).

Jedoch kann eine der forschenden Tätigkeit entsprechende hochstehende, besonders qualifizierte Arbeit dann angenommen werden, wenn grundsätzliche Fragen oder konkrete Fälle systematisch in ihren Ursachen erforscht, begründet und in einen Verständniszusammenhang gebracht werden, d.h. schwierige Grundsatzfragen zu beurteilen sind, wie dies z.B. in wissenschaftlichen Gutachten, bei denen schwierige Streit- und Grenzfragen nach streng objektiven und sachlichen Gesichtspunkten zu lösen sind, der Fall ist (vgl. , BFH/NV 1993, 360; in BFH/NV 1994, 89; in BFHE 193, 482, BStBl II 2001, 241).

Des Weiteren müssen für die Annahme der Wissenschaftlichkeit die Ergebnisse von der Methodik her nachprüfbar und nachvollziehbar sein (, BFHE 118, 473, BStBl II 1976, 464; in BFHE 168, 59, BStBl II 1992, 826; in BFH/NV 1993, 360).

Art und Umfang der aus den allgemeinen Kriterien abzuleitenden Anforderungen richten sich allerdings nach den Besonderheiten der jeweiligen Fachgebiete.

Eine beratende Tätigkeit ist vor allem dann als wissenschaftlich zu qualifizieren, wenn die mit den einzelnen Aufträgen gestellten Aufgaben einen Schwierigkeitsgrad oder eine Gestaltungshöhe erreichen wie sie wissenschaftliche Prüfungsarbeiten (z.B. Diplomarbeiten) oder wissenschaftliche Veröffentlichungen aufweisen (BFH-Urteile in BFHE 168, 59, BStBl II 1992, 826, betreffend Marktforscher; in BFH/NV 1994, 89, betreffend die Gestaltungshöhe einer Diplomarbeit und eine angewandte Markt- und Produktforschung; in BFH/NV 1993, 360, betreffend die Systematisierung von Pflanzen und Tieren; , BFH/NV 2000, 1460, betreffend Unternehmensberatung durch Diplom-Psychologen - danach ist der Begriff der Wissenschaftlichkeit in der Rechtsprechung geklärt; bestätigt durch , BFH/NV 2006, 1831).

Schließlich hat der (Der Betrieb —DB— 1960, 900) die Tätigkeit eines Werbeberaters nicht als gewerblich qualifiziert, wenn der wissenschaftliche, künstlerische oder schriftstellerische Charakter der Tätigkeit überwiegt.

Unerheblich sind für das Merkmal der „Wissenschaftlichkeit” die vom Auftraggeber verfolgten Zwecke. Allein maßgebend ist die Art der vom Auftragnehmer ausgeübten Tätigkeit (BFH-Urteile in BFH/NV 1994, 89; in BFHE 170, 88, BStBl II 1993, 235).

Die wirtschaftliche Verwertung wissenschaftlicher Arbeiten und von Forschungsergebnissen in der Produktion erfüllt gleichfalls nicht die Voraussetzungen für eine wissenschaftliche Tätigkeit (, BFHE 125, 280, BStBl II 1978, 545).

c) Da auch der freie Beruf grundsätzlich die Merkmale eines Gewerbebetriebs erfüllt und der Steuerpflichtige der Gewerbesteuerpflicht nur dann nicht unterliegt, wenn er die besonderen Merkmale des § 18 EStG aufweist, trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast für das Vorliegen eines freien Berufes (BFH-Urteil in BFHE 175, 40, BStBl II 1994, 864).

Nach dem —in der mündlichen Verhandlung ausweislich der Sitzungsniederschrift von dem fachkundig beratenen Kläger ausdrücklich bekräftigten— klägerischen Vortrag endete seine Tätigkeit in der ganz überwiegenden Zahl seiner Beratungsfälle im Finden eines Doktorvaters und eines geeigneten Dissertationsthemas. Nur ausnahmsweise führte er eine Betreuung des Promovenden fort, wenn sich nämlich im Verlauf der Anfertigung der Dissertation herausstellte, dass der Doktorvater die Dissertation nicht in der erforderlichen Art und Weise betreute. Nach dem Vortrag des Klägers war diese weiterführende Betreuungstätigkeit auf Ausnahmefälle —laut Sitzungsniederschrift „nur in wenigen Fällen"— beschränkt und ist mithin nicht geeignet, die Gesamttätigkeit zu prägen. Soweit der Kläger nunmehr mit der Revision versucht, die Gewichtung dieser weiterführenden Betreuungsleistungen quantitativ und ebenfalls qualitativ zu verschieben, ist der Senat an die Feststellungen des FG gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden.

Das FG hat die Haupttätigkeit des Klägers zutreffend dahingehend umschrieben, dass sie in der aufgrund von Gesprächen mit den Klienten und deren Lebenslauf erstellten „Begabungsanalyse” besteht, im Finden eines Dissertationsthemas und schließlich in der Vermittlung an einen Doktorvater, sowie in der unterstützenden Tätigkeit durch Einweisung in die wissenschaftliche Methodik und durch begleitende Literaturrecherchen. Dazu hat der Kläger insoweit klarstellend erklärt, sein schriftsätzlicher Vortrag dürfe nicht dahingehend missverstanden werden, dass er universell sämtliche Wissenschaftsgebiete beherrsche. Aufgrund seiner interdisziplinären methodischen Kenntnisse könne er den Klienten allerdings behilflich sein, „auf den Weg” zur eigentlichen wissenschaftlichen Arbeit an einem Thema zu gelangen.

Diese auf wissenschaftlicher Basis insgesamt zu erbringenden Leistungen erreichten nach den Feststellungen des FG indes ihrerseits keinen Schwierigkeitsgrad und keine solche Gestaltungshöhe, wie ihn wissenschaftliche Arbeiten aufweisen. Es sind unbestreitbar wichtige —wie das FA zutreffend in der Einspruchsentscheidung bemerkt hat— wissenschaftsbegleitende Vorbereitungsmaßnahmen, zu denen Berater —wie andere im Katalog des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG enthaltene freie Berufe— nur aufgrund ihrer wissenschaftlichen Ausbildung und Kenntnisse befähigt sind. Gleichwohl erbringt die eigentliche wissenschaftliche Arbeit, da der Kläger selbst keine Dissertationen anfertigt, der Promovend.

Das vom Kläger mit der Revision hervorgehobene, persönlich und eigenständig entwickelte sowie ständig verbesserte neue Testverfahren hat das FG in dieser Intensität nicht festgestellt. Der Kläger hat insoweit weder eine —fristgebundene— Tatbestandsberichtigung nach § 108 Abs. 1 FGO beim FG beantragt (vgl. BFH-Beschlüsse vom VIII B 92/07, juris, m.w.N.; vom VIII B 210/06, BFH/NV 2007, 2286; vom VIII B 58/06, juris; s. auch , BFHE 183, 385, BStBl II 1998, 388), noch hat er ordnungsgemäß einen Aktenverstoß als Verfahrensmangel i.S. des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO innerhalb der Revisionsbegründungsfrist in einer den Anforderungen des § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b FGO entsprechenden Form gerügt (vgl. , BFHE 183, 150, BStBl II 1997, 567; BFH-Beschlüsse vom VIII B 41/07, BFH/NV 2008, 189; vom VIII B 58/06, juris, m.w.N.).

Nachdem es bereits an den Voraussetzungen für die Annahme einer selbständigen wissenschaftlichen Tätigkeit des Klägers hinsichtlich der Promotionsberatung im Streitjahr fehlt, bedarf es nicht mehr der weiteren Prüfung, ob die Voraussetzungen i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG für die Annahme einer persönlichen Arbeitsleistung des Klägers noch erfüllt waren, d.h., ob der Kläger seine Beratungsleistungen im Hinblick auf die Zahl der für ihre Durchführung jeweils eingesetzten —qualifizierten— Mitarbeiter und die Vielzahl ausgelagerter Tätigkeiten gleichwohl noch leitend und eigenverantwortlich erbracht hat (vgl. BFH-Urteile in BFHE 159, 535, BStBl II 1990, 507; vom VIII R 77/05, BFH/NV 2008, 53; grundlegend , BFHE 177, 377, BStBl II 1995, 732).

B. Revision des FA

Das FG hat zu Unrecht den Gewerbeertrag nachträglich durch Bildung einer Gewerbesteuerrückstellung gemindert; denn der Kläger hatte sich für das Streitjahr 1993 für eine Gewinnermittlung nach den Grundsätzen der Einnahmen-Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG entschieden.

a) Für die Einnahmen-Überschussrechnung entscheidet sich ein Steuerpflichtiger durch schlüssiges Verhalten, wenn er keine Eröffnungsbilanz und keine Buchführung einrichtet, sondern lediglich Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aufzeichnet oder (was der BFH ebenfalls ausreichen lässt) durch eine geordnete Sammlung von Einnahme- und Ausgabebelegen (vgl. , BFHE 211, 262, BStBl II 2006, 509; vom IV R 68/98, BFHE 188, 291, BStBl II 1999, 481; vom III R 30-31/85, BFHE 159, 123, BStBl II 1990, 287; vom IV R 32/04, BFH/NV 2006, 1457; BFH-Beschlüsse vom IV B 107/04, BFH/NV 2006, 276; vom X B 13/06, juris; vom X B 90/03, BFH/NV 2004, 220).

b) Die Ausübung des Wahlrechts als steuerrechtliche Willenserklärung setzt den Willen und damit das Bewusstsein voraus, eine Wahl zu treffen. Das ist dann nicht der Fall, wenn der Steuerpflichtige bestreitet, gewerblich tätig zu sein, sondern von der Erzielung bloßer Überschusseinkünfte ausgeht, bei denen ein derartiges Wahlrecht hinsichtlich der Gewinnermittlungsart nicht besteht.

Eine solche Sachlage ist typischerweise in Fällen eines nachträglich erkannten gewerblichen Grundstückshandels gegeben (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 1997, 403; vom VIII R 49/97, BFH/NV 1999, 1195).

Mit den in den genannten Entscheidungen entschiedenen Fällen ist indes ein Sachverhalt —wie er dem Streitfall zugrunde liegt— nicht vergleichbar (s. auch BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 220), in dem unzweifelhaft lediglich Gewinneinkünfte in Betracht kommen und allein die Zuordnung zu einer bestimmten Gewinneinkunftsart in Frage steht. Auch dem Freiberufler steht im Falle der tatsächlichen Erzielung nur freiberuflicher Einkünfte ein Wahlrecht hinsichtlich der Gewinnermittlungsart zu (vgl. dazu auch , BFHE 218, 236, BStBl II 2007, 930), dessen sich ein Steuerpflichtiger ohne weiteres bewusst ist.

Die Ausübung des Wahlrechts kann nicht bereits deshalb verneint werden, weil der Steuerpflichtige sich über die genaue Zuordnung zu einer bestimmten Gewinneinkunftsart nicht im Klaren gewesen ist.

Im Urteil in BFHE 159, 123, BStBl II 1990, 287 führt der BFH insoweit aus, es sei unerheblich, wenn sich der Steuerpflichtige über einzelne Folgen seines Verhaltens im Unklaren gewesen sei. Zu den tatbestandlichen Voraussetzungen für die Ausübung des nach § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG eingeräumten Wahlrechts gehöre nicht die Kenntnis der steuerlichen Folgen der einmal getroffenen Wahl. Diese Rechtsansicht vertreten ebenfalls das (DStRE 2001, 1010, m.w.N.) und das (juris).

An die einmal wirksam getroffene Wahl einer Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung ist der Steuerpflichtige gebunden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 211, 262, BStBl II 2006, 509; , BFH/NV 2004, 633). Im Rahmen der Einnahmen-Überschussrechnung ist indes die Bildung von Rückstellungen nicht zulässig (BFH-Urteil in BFHE 218, 236, BStBl II 2007, 930; Schmidt/Heinicke, EStG, 27. Aufl., § 4 Rz 371).

Fundstelle(n):
BStBl 2009 II Seite 238
BBK-Kurznachricht Nr. 4/2009 S. 165
BFH/NV 2009 S. 487 Nr. 3
BFH/PR 2009 S. 129 Nr. 4
DB 2009 S. 374 Nr. 8
DStRE 2009 S. 330 Nr. 6
EStB 2009 S. 48 Nr. 2
FR 2009 S. 671 Nr. 14
GStB 2009 S. 9 Nr. 3
HFR 2009 S. 260 Nr. 3
KÖSDI 2009 S. 16351 Nr. 2
KÖSDI 2009 S. 16354 Nr. 2
NJW 2009 S. 797 Nr. 11
NWB-Eilnachricht Nr. 5/2009 S. 266
StB 2009 S. 57 Nr. 3
StuB-Bilanzreport Nr. 3/2009 S. 116
LAAAD-03295