BSG Urteil v. - B 9 VH 1/07 R

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: SGB X § 44 Abs 4; SGG § 103

Instanzenzug: LSG Berlin-Brandenburg, L 13 VH 7/94 W04-11 vom SG Berlin, S 43 VH 114/88 -48

Gründe

I

In der Hauptsache ist noch die nachträgliche Gewährung von Geldleistungen der Beschädigtenversorgung streitig.

Die Klägerin ist die Tochter des am 1901 geborenen und am 1987 verstorbenen S. L. . Dieser erhielt auf seinen Antrag vom mit Bescheid des Versorgungsamtes Köln vom nach dem Häftlingshilfegesetz (HHG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wegen eines "Nährstoffmangelschadens nach langjähriger Inhaftierung" Beschädigtenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 40 vH. Dabei wurde ihm ua mitgeteilt, dass die beginnende Verhärtung der Hauptkörperschlagader konstitutionell bedingt sei und mit der Inhaftierung in keinem Zusammenhang stehe. Durch Bescheid vom stellte das Versorgungsamt fest, dass die durch die Schädigungsfolge "Herzmuskelschaden" bedingte MdE nunmehr 30 vH betrage. Ein nach einem Herzinfarkt gestellter Rentenerhöhungsantrag des Beschädigten wurde durch Bescheid vom mit der Maßgabe abgelehnt, dass die Schädigungsfolge "Herzmuskelschaden nach Dystrophie" neu gefasst wurde.

Mit Schreiben vom teilte die Ehefrau des Beschädigten in dessen Auftrag dem Versorgungsamt Köln mit, dass dieser aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sei, den Schriftverkehr selbst zu führen. Im November zögen sie nach Berlin. Daraufhin wurden die Versorgungsakten vom Beklagten übernommen.

Am beantragte die Klägerin für den Beschädigten beim Bezirksamt Charlottenburg von Berlin Hilflosenpflegegeld nach dem Berliner Gesetz über die Gewährung von Leistungen an Zivilblinde, Gehörlose und Hilflose (ZGHG), das diesem nach ärztlicher Begutachtung gewährt wurde.

Am erteilte der Beschädigte der Klägerin die notarielle Vollmacht, ihn in allen vermögens- und personenrechtlichen Angelegenheiten vor Behörden und Privatpersonen zu vertreten.

In dem für den Beschädigten beim Beklagten gestellten Formularantrag nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) vom (Eingang am ) gab die Klägerin als bestehende Behinderung ua "Herzmuskelschaden" ... "gemäß HHG/BVG" mit dem Klammerzusatz "seit Feststellung mehrere Infarkte hinzugekommen" an. Daraufhin wurde mit Bescheid vom folgende Behinderung festgestellt:

a) Schädigungsfolgen nach dem HHG - Herzmuskelschaden nach Dystrophie -

b) Aphasie, Lese- und Schreibunfähigkeit bei Zustand nach Schlaganfall, Herzminderleistung bei koronarer Herzkrankheit und Zustand nach mehreren Herzinfarkten, Harninkontinenz bei Prostatavergrößerung, Verschleißerscheinungen am Skelettsystem, Sehminderleistung.

Der Grad der Behinderung (GdB) betrage 100; es lägen die Merkmale "B", "aG", "H" und "RF" vor.

Nach dem Tode des Beschädigten beantragte seine Witwe am formlos "Leistungen irgendwelcher Art aufgrund der ... Rente des Verstorbenen". Die daraufhin gestellten Formularanträge auf Leistungen an Hinterbliebene hatten nur teilweise Erfolg. Während des anschließenden Klageverfahrens machte die Witwe mit Schreiben vom an den Beklagten geltend, dass schon der Erstbescheid vom und die daran anschließenden Folgebescheide im Hinblick auf eine fehlende Anerkennung der damals festgestellten Arteriosklerose fehlerhaft seien. Am erhob sie Klage auf höhere Leistungen der Beschädigtenversorgung unter Aufhebung des Bescheides vom . Dieses Verfahren wurde mit dem bereits anhängigen verbunden. Unter dem trat die Witwe des Beschädigten ihre Versorgungsansprüche an ihren Enkel und Prozessbevollmächtigten C. -P. E. ab. Im Oktober 1993 rügte sie im Rahmen ihrer Klage auch die Nichtbescheidung ihres Überprüfungsantrages betreffend die Bescheide vom , und . Nachdem das Sozialgericht Berlin (SG) die Klagen insgesamt abgewiesen hatte (Urteil vom ) und die Klägerin nach dem Tode ihrer Mutter () als deren Alleinerbin in das Verfahren eingetreten war, lud das Landessozialgericht (LSG) Berlin den Enkel des Beschädigten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom bei und wies die Berufung durch Urteil vom selben Tage zurück.

Während des anschließenden Revisionsverfahrens vor dem Bundessozialgericht (BSG) lehnte der Beklagte mit Bescheid vom eine Rücknahme der Bescheide vom und ab. Daraufhin erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich der Untätigkeitsklage für erledigt. Durch wurde sodann das Urteil des LSG wegen eines Verfahrensmangels aufgehoben und die Sache an dieses Gericht zurückverwiesen, das die Berufung erneut zurückwies; die mit Einverständnis des Beklagten in den Rechtsstreit einbezogene Klage gegen den Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom wurde abgewiesen (). Die gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung eingelegte Beschwerde des Beigeladenen führte zu einer erneuten Zurückverweisung ().

Während des weiteren Verfahrens vor dem LSG trat der Beigeladene die Versorgungsansprüche am an die Klägerin ab. Daraufhin hob das LSG Berlin-Brandenburg die Beiladung auf (Beschluss vom ). Des Weiteren hob es durch Teilurteil vom - soweit es die jetzt noch streitige Beschädigtenversorgung betrifft - den Bescheid des Beklagten vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom auf und verurteilte den Beklagten, den Bescheid vom aufzuheben sowie den Bescheid vom idF des Bescheides vom zu ändern. Weiter stellte es fest, dass die beim Beschädigten diagnostizierten arteriosklerotischen Gefäßveränderungen Schädigungsfolgen im Sinne des HHG waren. In Ausführung dieser Entscheidung erließ der Beklagte unter dem zwei Bescheide:

Zum einen nahm er den Bescheid vom idF des Widerspruchsbescheides vom gemäß § 44 SGB X mit Wirkung vom bis zurück und traf für diesen Zeitraum folgende Zugunstenentscheidung:

Als weitere Schädigungsfolgen iS des § 4 HHG würden anerkannt:

"Aphasie mit Lese- und Schreibunfähigkeit nach Hirninfarkt; Herzminderleistung bei koronarer Herzkrankheit, Herzrhythmusstörungen, allgemeine Gefäßsklerose".

Die Bezeichnung der Schädigungsfolgen laute nunmehr:

1. Aphasie mit Lese- und Schreibunfähigkeit nach Hirninfarkt

2. Herzmuskelschaden, Herzminderleistung bei koronarer Herzkrankheit, Herzrhythmusstörungen, allgemeine Gefäßsklerose.

Die durch diese Gesundheitsstörungen bedingte MdE betrage nach § 30 Abs 1 BVG vom bis 100 vH.

Der zweite Verwaltungsakt erging nach § 48 SGB X im Anschluss an den auf § 44 SGB X gestützten Bescheid. Darin wurde geregelt:

Durch die nunmehr beim Beschädigten anerkannten Schädigungsfolgen, und zwar hervorgerufen durch schädigende Einwirkungen iS des § 4 HHG, betrage die MdE nach § 30 Abs 1 BVG 100 vH. Die Höhe und die Art der Leistungen sei den Anlagen zu entnehmen.

In diesen Anlagen wurden für die Zeit vom bis folgende Leistungen berechnet:

Grundrente nach einer MdE von 100 vH

Schwerstbeschädigtenzulage Stufe I

Pflegezulage Stufe I

Halbe Ausgleichsrente

Ehegattenzuschlag.

Durch Zusatzbescheid vom ergänzte der Beklagte den Tenor des Ausführungsbescheides vom dahingehend, dass der Bescheid vom aufgehoben und der Bescheid vom in der Fassung des Bescheides vom nach Maßgabe des Teilurteils vom geändert wurde.

Alle drei Bescheide enthalten die Rechtsmittelbelehrung, dass sie nach § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Streitverfahrens würden.

Mit Schreiben vom an das LSG hat der Beklagte ein Teilanerkenntnis dahingehend abgegeben, dass - jeweils für den Zeitraum vom bis - Pflegezulage nach Stufe II, Schwerstbeschädigtenzulage nach Stufe III und ein Pauschbetrag für Kleiderverschleiß nach der Bewertungszahl 53 gewährt würden. Dieses Anerkenntnis hat die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem LSG am angenommen. Sie hat sodann eine Verurteilung des Beklagten zur Gewährung der ihr zuerkannten Leistungen schon ab Januar 1973 und einer höheren Schwerstbeschädigtenzulage (Januar 1973 bis Juli 1980 nach Stufe III; August 1980 bis Dezember 1987 nach Stufe V) beantragt. Durch Teil- und Schlussurteil des ist der Bescheid des Beklagten vom idF des Zusatzbescheides vom - unter Klageabweisung im Übrigen - geändert und der Beklagte - zum Teil aufgrund des Anerkenntnisses vom - verurteilt worden, der Klägerin (auch) für die Zeit vom bis Beschädigtenrente nach einer MdE von 100 vH, einen vollen Ehegattenzuschlag und die halbe Ausgleichsrente sowie für die Zeit vom bis Schwerstbeschädigtenzulage nach Stufe III, Pflegezulage nach Stufe II und einen Pauschbetrag für Kleidermehrverschleiß nach Bewertungszahl 53 zu zahlen. Diese Entscheidung ist auf folgende Erwägungen gestützt:

Die Klägerin sei zur Geltendmachung der Versorgungsansprüche aktivlegitimiert, die dem Beschädigten zugestanden hätten. Ihre Mutter habe die dieser als Sonderrechtsnachfolgerin des Beschädigten zustehenden Ansprüche an C. -P. E. abgetreten, der sie wiederum an die Klägerin abgetreten habe. Die Witwe sei berechtigt gewesen, die dem Beschädigten zustehenden Ansprüche auf Neufeststellung der Beschädigtenrente bzw Bewilligung zusätzlicher Leistungen geltend zu machen. Sie habe mit ihrem Antrag vom ausdrücklich auch Leistungen aufgrund der Rente des Verstorbenen beantragt. Dieser Antrag sei ua als Überprüfungsantrag zur Beschädigtenversorgung auszulegen gewesen. Die Abtretung der Versorgungsansprüche sei mit dem Tod der Witwe rückwirkend wirksam geworden. Mit diesem Zeitpunkt seien die einschränkenden Voraussetzungen des § 53 SGB I weggefallen.

In dem Antrag des Beschädigten vom auf Leistungen nach dem ZGHG sei zugleich ein Antrag auf Gewährung von Pflegezulage gemäß § 35 BVG zu erkennen. Bei dem beantragten Pflegegeld handele es sich um eine subsidiäre Leistung. Das Bezirksamt habe die Subsidiarität der Leistung zu prüfen und ggf den Antrag entsprechend § 16 Abs 2 SGB I an das Versorgungsamt weiterzuleiten gehabt.

Auf der Grundlage des im März 1986 gestellten Antrags sei unter Berücksichtigung des Teilanerkenntnisses des Beklagten Pflegezulage nach Stufe II für die Zeit ab zu erbringen. Ein Anspruch für einen weiter in die Vergangenheit reichenden Zeitraum scheide aus.

Der Beschädigte erfülle allerdings die Voraussetzungen, unter denen nach § 60 BVG Leistungen für Zeiträume vor der Antragstellung zu erbringen gewesen seien. Denn er sei seit Januar 1973 durch den damals erlittenen Schlaganfall gehindert gewesen, einen Antrag auf höhere Versorgung zu stellen, da er seitdem unter Sprachstörungen gelitten habe, insgesamt stark verlangsamt reagiert habe und psychisch sehr labil gewesen sei.

Der Annahme einer Verhinderung stehe nicht entgegen, dass die Ehefrau des Beschädigten mit Schreiben vom mitgeteilt habe, nunmehr den Schriftwechsel mit der Versorgungsbehörde selbst zu führen. Denn mit dem Schriftwechsel seien lediglich die sich aus dem Versorgungsverhältnis ergebenden Mitwirkungspflichten erfüllt worden, eine Änderung der Adresse und des Kontos mitzuteilen. Einen Auftrag, weitergehende Anträge zu stellen, könne dem nicht entnommen werden. Ob die Witwe des Beschädigten oder die Klägerin in der Lage gewesen wären, einen derartigen Antrag zu stellen, könne dahingestellt bleiben, weil für Angehörige eine Rechtspflicht, Anträge zu stellen, deren schuldhafte Nichterfüllung dem Berechtigten zuzurechnen wäre, nicht bestehe. Die Ehe begründe keine gesetzliche Vertretungsmacht eines Ehegatten für den jeweils anderen. Entsprechendes gelte für das Verhältnis zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern.

Die danach grundsätzlich gegebene Rückwirkung des Antrags auf Pflegezulage führe jedoch nicht dazu, dass Leistungen für einen Zeitraum von mehr als vier Jahren vor dem Beginn des Jahres der Antragstellung zu gewähren seien. Zwar beginne nach § 60 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 BVG die höhere Leistung mit dem Monat, von dem an die Verhinderung nachgewiesen sei, wenn der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt werde. Unter höherer Leistung sei insoweit die Erhöhung der Gesamtleistung zu verstehen; hierzu gehöre auch die Gewährung weiterer Einzelleistungen. Demnach seien für den Leistungszeitraum die Regelungen des § 48 Abs 4 SGB X zu beachten. Denn in § 60 BVG sei lediglich der Beginn einer Leistung unter der Voraussetzung geregelt, dass darüber erstmalig oder unter Beseitigung einer Bindungswirkung entschieden werden dürfe und müsse. Ob diese Feststellung zulässig und geboten sei, richte sich nach dem SGB X.

Für die Zeit vor dem stehe dem Anspruch die Regelung des § 48 Abs 4 SGB X iVm § 44 Abs 4 SGB X entgegen. Zwar verweise § 48 Abs 4 SGB X erst seit der Neufassung durch das Gesetz vom auf § 44 Abs 4 SGB X. Die geänderte Vorschrift sei jedoch immer dann anzuwenden, wenn zu diesem Zeitpunkt noch nicht bindend über einen Anspruch entschieden worden sei. Allenfalls entfalte die geänderte Vorschrift dann, wenn sie auf Sachverhalte Anwendung finde, bei denen die wesentliche Änderung schon vor dem eingetreten sei, eine unechte Rückwirkung. Gegen eine solche tatbestandliche Rückanknüpfung bestünden nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur dann Bedenken, wenn Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes nicht berücksichtigt würden. Bestandsinteressen des Betroffenen seien hier schon deswegen nicht berührt, weil lediglich die Gewährung einer höheren Leistung streitbefangen sei.

Selbst wenn § 48 SGB X nicht für einschlägig erachtet würde, weil der Antrag auf Pflegezulage als Erstantrag auf eine Leistung angesehen werde, bestünde kein weitergehender Leistungsanspruch. Denn es sei dem § 44 Abs 4 SGB X der allgemeine Rechtsgedanke zu entnehmen, dass Sozialleistungen nicht über vier Jahre hinaus rückwirkend zu gewähren seien. In dieser Auffassung sehe sich der Senat dadurch bestärkt, dass auch die Verjährungsfrist nach § 45 Abs 4 SGB I vier Jahre betrage. Der Grund für eine Begrenzung der rückwirkenden Leistungsgewährung, dass Sozialleistungen im Wesentlichen dem Unterhalt des Berechtigten dienten, rechtfertige insbesondere im vorliegenden Fall eine Begrenzung der Leistungspflicht auf vier Jahre, da die Leistungen dem Beschädigten selbst nicht mehr zugute kämen.

Hinsichtlich des Anspruchs auf höhere Beschädigtengrundrente einschließlich Alterszuschlag, Pflegezulage nach Stufe II, halbe Ausgleichsrente, vollen Ehegattenzuschlag, Kleiderpauschale und Schwerstbeschädigtenzulage sei die Klägerin im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als habe der Beschädigte schon im Jahre 1986 einen Anspruch auf höhere Versorgung und die übrigen Leistungen gestellt. In dem für den Beschädigten gestellten Antrag auf Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises habe die Klägerin angegeben, dass mehrere Infarkte hinzugekommen seien, nachdem die Feststellungen nach dem HHG/BVG getroffen worden seien. Dies habe zwar keine Pflicht des Beklagten dahingehend ausgelöst, hinsichtlich der Höhe der Beschädigtenversorgung einen Neufeststellungsantrag anzuregen, denn ein Leistungsträger sei nur gehalten, spontan auf klar zu Tage liegende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen. Das sei nach den Umständen hier nicht anzunehmen, weil im vorliegenden Verfahren letztendlich erst nach Einholung von insgesamt drei Gutachten ein Ursachenzusammenhang angenommen worden sei. Insbesondere habe der Beschädigte im Hinblick auf sein fortgeschrittenes Alter gerade nicht die Voraussetzungen der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz (AHP) erfüllt, unter denen eine Kannversorgung in Betracht gekommen wäre.

Aufgrund des Hinweises auf die weiteren Infarkte habe den Beklagten aber die Pflicht getroffen, beim Beschädigten nachzufragen, ob er zugleich einen Verschlimmerungsantrag hinsichtlich seiner Schädigungsleiden stellen wolle. Wäre der Beklagte dieser Pflicht nachgekommen, sei im Hinblick auf die Verfolgung aller denkbaren Ansprüche durch die Klägerin als Generalbevollmächtigte des Beschädigten davon auszugehen gewesen, dass diese bei einer derartigen Rückfrage einen Verschlimmerungsantrag gestellt hätte, der letztlich zum Erfolg geführt hätte.

Dass der Beschädigte mit der Erteilung der Vollmacht an die Klägerin am nicht mehr gehindert gewesen sei, Überprüfungsanträge bzw Neufeststellungsanträge zu stellen, stehe der Rückwirkung eines wegen des unterbliebenen Hinweises des Beklagten nicht gestellten Antrages nach dem HHG/BVG im Zusammenhang mit dem Antrag auf Erteilung eines Ausweises nach dem SchwbG nicht entgegen, da insoweit die Frist von einem halben Jahr nach § 60 Abs 2 BVG für den Neufeststellungsantrag zur Beschädigtenversorgung wie auch diejenige Frist gewahrt sei, die für den Antrag auf die erstmals geltend gemachten Ansprüche auf halbe Ausgleichsrente, vollen Ehegattenzuschlag, Pflegezulage und zusätzliche Leistungen gelte.

Aufgrund des danach gegebenen sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs habe der Beschädigte rückwirkende Leistungsansprüche für vier Jahre ab fingierter Antragstellung gehabt. Der Senat folge der Rechtsprechung des 9. und 13. Senats des BSG, nach der dann, wenn aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs Leistungen zu erbringen seien, diese längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht würden.

Hinsichtlich der Höhe der Schwerstbeschädigtenzulage habe die Klage keinen Erfolg. Der Senat habe insoweit in der Sache entscheiden können, da er den Beweisanregungen der Klägerin im Hinblick darauf, dass von der Internistin Dr. R. umfangreiche Auskünfte zum Gesundheitszustand des Beschädigten eingeholt worden seien, die Prof. Dr. D. in seinem Gutachten vom berücksichtigt habe, nicht zu folgen gebraucht habe. Nach § 31 Abs 5 BVG iVm §§ 2, 5 Verordnung zur Durchführung des § 31 Abs 5 BVG (BVG § 31 Abs 5 DV) handele es sich um eine selbstständige Leistung, die denjenigen Beschädigten zugute kommen solle, die an mehreren Gesundheitsstörungen iS des § 1 BVG litten, von denen jede für sich allein bereits die Annahme eines hohen MdE-Grades rechtfertige. Ausgehend von einer Punktzahl 130 für die Gehirnbereiche 1 und 2, zuzüglich eines Zuschlages von 20, weil zwei innere Organsysteme betroffen seien, hätte zur Annahme eines Punktwertes von mindestens 220, der Voraussetzung für die nächsthöhere Schwerstbeschädigtenzulage nach Stufe IV sei, eine MdE von 70 vH für das Herzleiden vorliegen müssen.

Eine derartige MdE lasse sich jedoch für den Zeitraum ab nicht feststellen. Ähnlich wie bereits in den AHP 1973 bestimmt, würden nach Nr 26.9 AHP 1983 (S 67) Herzschäden mit Leistungsbeeinträchtigung bereits bei alltäglicher leichter Belastung (zB Spazierengehen <3 - 4 km pro Stunde >, Treppensteigen bis zu einem Stockwerk, leichte körperliche Arbeit), Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 50 Watt (mindestens 3 Minuten) mit einer MdE von 50 - 70 vH, bei zeitweiligen schweren Dekompensationserscheinungen mit einer MdE von 80 vH bewertet, während Herzschäden mit Leistungsbeeinträchtigung bereits in Ruhe (manifeste Ruheinsuffizienz), langdauernden schweren Dekompensationserscheinungen eine MdE von 90 - 100 vH bedingten. Schädigungsbedingte Leistungsbeeinträchtigungen bereits bei jeder Form körperlicher Belastungen, wie sie für eine MdE im oberen Bereich der Stufe III erforderlich seien, ließen sich den Behandlungsunterlagen von Dr. R. nicht entnehmen. Diese Ärztin habe in einem Arztbrief vom mitgeteilt, dass sich die bei dem Beschädigten aufgetretenen verstärkten peripheren Ödeme unter der Gabe eines Medikamentes schnell zurückgebildet hätten. Im Befundbericht vom habe sie angegeben, dass sich im Sommer 1987 eine zunehmende Pumpschwäche mit Wasseransammlung in Lunge, Leber und Beinen eingestellt habe. Das Beschwerdebild der Pumpleistungsstörung in Form von Luftnot habe sich lange durch Medikamente ausgleichen lassen, erst im Sommer 1987 sei es nicht mehr zu stabilisieren gewesen.

Auch gebe die den Beschädigten seit Sommer 1987 behandelnde Dr. Sch. in der am ausgestellten Verordnung von Krankenhauspflege als Untersuchungsergebnis "akut aufgetretene Atemnot, kurzfristig aufgetretene Beinödeme" an. Danach könne ein durchgehender schädigungsbedingter Zustand, der eine MdE von 70 vH bedinge, nicht festgestellt werden, zumal Prof. Dr. D. in seinem Gutachten zu einer schädigungsbedingten Beeinträchtigung der Herzfunktion mit einer MdE von 60 vH gelangt sei. Insoweit bestehe ein Anspruch auf eine Zulage nach Stufe III, die der Beklagte mit Schriftsatz vom anerkannt habe.

Gegen diese Entscheidung haben beide Beteiligten (vom LSG zugelassene) Revisionen eingelegt.

Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend: Das LSG habe zu Unrecht § 44 Abs 4 SGB X herangezogen. Einschlägig sei vielmehr § 60 BVG. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Beschädigte infolge seines Schlaganfalls vom durchgehend bis zu seinem Tode verhindert gewesen sei, einen Antrag zu stellen. Auch wenn ihm ab ein sie als Bevollmächtigte treffendes Verschulden zuzurechnen sei, liege ein rechtzeitiger Antrag vor, da insoweit auf den ZGHG-Antrag vom bzw den SchwbG-Antrag vom abzustellen sei. Diese seien dahin auszulegen, dass sie einen umfassenden Leistungsantrag nach dem HHG enthielten. Die Verneinung eines Anspruchs auf höhere Schwerstbeschädigtenzulage sei unter Verstoß gegen § 103 SGG erfolgt.

Die Klägerin beantragt,

das zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, 1. ihr auch für die Zeit vom bis Beschädigtenrente nach einer MdE von 100 vH, Pflegezulage nach Stufe II, halbe Ausgleichsrente, vollen Ehegattenzuschlag und Kleiderpauschale nach einer Bewertungszahl von 53 zu zahlen, 2. ihr für die Zeit vom bis Schwerstbeschädigtenzulage nach Stufe III und für die Zeit vom bis Schwerstbeschädigtenzulage nach Stufe V zu zahlen,

ferner festzustellen, dass die Dauer des gerichtlichen Verfahrens ihr Recht auf abschließende Entscheidung innerhalb angemessener Frist aus Art 6 Abs 1 Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) verletzt,

und die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt sinngemäß,

das insoweit aufzuheben, als er zu einer Leistungsgewährung für die Zeit vom bis verurteilt worden ist, und die Klage auch insoweit abzuweisen,

sowie die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, das LSG habe den Schwerbehindertenantrag des Beschädigten von Oktober 1986 unter Verkennung des Grundsatzes über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu Unrecht als maßgebend angesehen. Nach den Umständen des vorliegenden Falles habe er, der Beklagte, seine Beratungspflichten nicht verletzt, da ein Antrag nach dem HHG als aussichtslos habe erscheinen müssen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).

II

Die Revision der Klägerin ist teilweise im Sinne der Zurückverweisung begründet. Im Übrigen ist sie - wie die Revision des Beklagten - unbegründet.

Die Klägerin ist befugt, Ansprüche auf Versorgungsbezüge geltend zu machen, die ursprünglich dem Beschädigten zugestanden haben. Nach dessen Tod ist zunächst die Witwe gemäß § 56 SGB I Sonderrechtsnachfolgerin geworden. Mit deren Tod ist die Klägerin als Alleinerbin in die fragliche Rechtsposition eingetreten. Es kann offen bleiben, ob die von der Witwe des Beschädigten am erklärte Abtretung der betreffenden Ansprüche an ihren Enkel C. -P. E. im Hinblick auf § 53 SGB I rechtlichen Bedenken begegnet. Im Falle ihrer Wirksamkeit sind die streitigen Forderungen nämlich durch die am erfolgte Abtretung von C. -P. E. zur Klägerin gelangt.

Das LSG durfte in der Sache über die von der Klägerin angefochtenen Bescheide des Beklagten vom 14.2. und entscheiden; denn diese Verwaltungsakte sind in entsprechender Anwendung des § 96 SGG Gegenstand des seinerzeit beim LSG anhängigen Rechtsstreits geworden, der einen - ursprünglich dem Beschädigten zustehenden - Anspruch auf höhere Versorgungsbezüge unter entsprechender Aufhebung der bindenden Bescheide vom , und betraf. Gemäß § 96 Abs 1 SGG wird ein neuer Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens, durch den der (angefochtene) Verwaltungsakt abgeändert oder ersetzt wird.

Diese Vorschrift setzt grundsätzlich voraus, dass die Klage gegen den ursprünglichen Verwaltungsakt noch rechtshängig ist (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Komm, 9. Aufl 2008, § 96 RdNr 2a). Das war hier nicht der Fall, da der Bescheid des Beklagten vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom , der die (teilweise) Aufhebung der die Versorgung des Beschädigten bestandskräftig regelnden Verwaltungsakte betraf, bereits durch aufgehoben worden war, als der Beklagte (in Ausführung dieses Teilurteils) die Bescheide vom 14.2. und erließ. Abgesehen davon, dass von dem Grundsatz einer aktuell bestehenden Rechtshängigkeit des ursprünglichen Verwaltungsakts auch schon in anderen Fällen Ausnahmen zugelassen worden sind (vgl zB BSGE 47, 28, 30 f = SozR 1500 § 86 Nr 1; BSG SozR 3-4100 § 157 Nr 1 S 8), ist hier eine Einbeziehung der Bescheide vom 14.2. und in den anhängigen Rechtsstreit zwingend geboten. Da das zunächst nur den ablehnenden Verwaltungsakt aufgehoben, den Beklagten zur Aufhebung der bindenden Verwaltungsakte verpflichtet und eine weitere Schädigungsfolge festgestellt hatte, war von der ursprünglich erhobenen kombinierten Anfechtungs-, (Verpflichtungs-) und Leistungsklage (vgl dazu BSGE 97, 54 = SozR 4-2700 § 8 Nr 18) der letztgenannte Klageteil, nämlich die auf höhere Versorgungsbezüge gerichtete Leistungsklage, rechtshängig geblieben. Über diese konnte das LSG nicht verfahrensgerecht entscheiden, ohne die zwischenzeitlich in Ausführung des Teilurteils ergangenen Leistungsbescheide des Beklagten zu überprüfen und ggf zu ändern.

Da die Bescheide vom 14.2. und kraft Gesetzes Gegenstand des seinerzeit noch beim LSG anhängigen Verfahrens geworden sind, bedurfte es weder eines Vorverfahrens iS des § 78 SGG noch einer form- und fristgerechten Klageerhebung (vgl Leitherer, aaO, § 96 RdNr 11, 11c mwN).

Der Regelungsinhalt der angefochtenen Bescheide bedarf zunächst formal der Klar- und Richtigstellung. Unter dem ist sowohl ein Bescheid nach § 44 SGB X als auch ein Bescheid nach § 48 SGB X ergangen. § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X bestimmt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnissen die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Nach Maßgabe des § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden.

Soweit mit dem Bescheid vom (nach § 44 SGB X) eine Rücknahme des Bescheides vom idF des Widerspruchsbescheides vom erklärt worden ist, geht dieser Ausspruch ins Leere, weil die genannten Verwaltungsakte bereits durch das aufgehoben worden sind. Den zweiten Bescheid vom hat der Beklagte zu Unrecht auf § 48 SGB X gestützt, soweit er damit lediglich die aus der Zugunstenentscheidung folgenden Leistungen gewähren wollte. Mit der - allerdings erst durch den Zusatzbescheid vom - erfolgten Änderung der Bescheide vom und sowie mit der Aufhebung des Bescheides vom waren die entsprechenden Versorgungsanträge des Beschädigten vom und insoweit wieder offen (vgl dazu zB BSG SozR 1200 § 59 Nr 5 S 10). Sie erfassten bei verständiger Auslegung (nach dem sog Günstigkeitsprinzip) alle Leistungen, die dem Beschädigten unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Falles und des Kenntnisstandes im Zeitpunkt der Entscheidung (im Jahre 2007) zustehen konnten (vgl dazu zB BSG SozR 3900 § 40 Nr 12 S 32, 36 f; BSG SozR 5070 § 10a Nr 3 S 7; BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, jeweils RdNr 14). Mithin waren bei der Bescheiderteilung im Februar 2007 auch alle für den Versorgungsanspruch wesentlichen Änderungen der Verhältnisse zu berücksichtigen, die in der Zeit von 1957 bis Ende 1987 eingetreten sind (vgl dazu BSG SozR 4-2600 § 48 Nr 1 RdNr 7).

Daraus folgt, dass in Ausführung des Teilurteils nicht nur über die Höhe der Grundrente zu befinden war, die Gegenstand der Bescheide von 1957, 1959 und 1961 gewesen ist, sondern auch - ohne zusätzliche Antragstellung - über alle weiteren in Betracht kommenden Versorgungsleistungen. Für eine Anwendung des § 48 SGB X ist in diesem Zusammenhang kein Raum. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Klägerin ihr Begehren auf Leistungen für die Zeit ab 1973, also nach Eintritt eines schweren Schlaganfalls bei dem Beschädigten, beschränkt hat.

Das LSG hat den Beklagten - zum Teil aufgrund dessen Teilanerkenntnisses vom -jedenfalls zu Recht verurteilt, der Klägerin auch für die Zeit vom bis Beschädigtenrente nach einer MdE von 100 vH, vollen Ehegattenzuschlag und halbe Ausgleichsrente sowie für die Zeit vom bis Schwerstbeschädigtenzulage nach Stufe III, Pflegezulage nach Stufe II und einen Pauschbetrag für Kleidermehrverschleiß nach der Bewertungszahl 53 zu zahlen.

Soweit es den auf die Klägerin übergegangenen Anspruch des Beschädigten auf eine Zugunstenentscheidung nach § 44 SGB X anbelangt, ist der Leistungsbeginn vom LSG zutreffend auf den gelegt worden. Die dagegen gerichteten Angriffe der Klägerin und des Beklagten greifen nicht durch. Der Leistungsbeginn ergibt sich aus § 44 Abs 4 SGB X. Danach gilt:

Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile des SGB längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme vom Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkende Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

In Übereinstimmung mit dem LSG geht der Senat von einem wirksam im Jahre 1986 gestellten Antrag des Beschädigten auf Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen und damit auf höhere Versorgungsleistungen aus. Dabei kann offenbleiben, ob und inwieweit der bei dem Bezirksamt Charlottenburg von Berlin eingereichte Antrag auf Pflegegeld entsprechend ausgelegt werden kann. Jedenfalls kann insoweit auf den Antrag nach dem SchwbG abgestellt werden, der am beim Beklagten gestellt worden ist. Dadurch, dass die Klägerin als Bevollmächtigte des Beschädigten im Antragsformular bei der Auflistung der geltend gemachten Behinderungen "Herzmuskelschaden" ... "gemäß HHG/BVG" in Klammern hinzugefügt hat "seit Feststellung mehrere Infarkte hinzugekommen", hat sie hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass sie die Herzinfarkte des Beschädigten im Zusammenhang mit der anerkannten Schädigungsfolge "Herzmuskelschaden" sah. Auch wenn diese Bemerkung - wovon das LSG im Rahmen der ihm zustehenden Auslegung dieser Erklärung ausgegangen ist (vgl dazu BSG SozR 3-3100 § 60 Nr 3 S 5) - noch nicht als eindeutiger Antrag nach dem HHG iVm dem BVG gewertet werden konnte, hätte sie für den Beklagten hinreichender Anlass dafür sein müssen, bei der Klägerin nachzufragen, ob sie damit einen Versorgungsantrag für den Beschädigten habe stellen wollen (vgl dazu BSG SozR 1300 § 44 Nr 19). Denn nach § 16 Abs 3 SGB I war er verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass unverzüglich klare und sachdienliche Anträge gestellt und unvollständige Angaben ergänzt werden (vgl dazu auch BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8). Da der Beklagte entsprechende Bemühungen unterlassen hat, konnte die Witwe des Beschädigten als dessen Sonderrechtsnachfolgerin eine Klarstellung auch noch mit ihren Schreiben vom und nachholen (vgl dazu BSG SozR 1200 § 59 Nr 5; BSG SozR 1300 § 44 Nr 15), die - wovon auch das LSG ausgegangen ist - eine Beanspruchung höherer Beschädigtenversorgung deutlich genug erkennen lassen. Mit dem erstgenannten Schreiben hat die Witwe beim Beklagten zunächst umfassend "Leistungen irgendwelcher Art aufgrund der Rente des Verstorbenen" und mit dem letztgenannten Schreiben dann ausdrücklich eine Rechtswidrigkeit der bindenden Verwaltungsakte wegen Nichtberücksichtigung der Arteriosklerose als Schädigungsfolge geltend gemacht.

Einen vor dem Jahre 1986 liegenden Antrag des Beschädigten auf höhere Versorgungsleistungen vermag der Senat nicht zu erkennen. Insoweit kommt der Klägerin auch kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zugute. Dieses richterrechtlich entwickelte Rechtsinstitut setzt voraus, dass dem Beschädigten durch eine dem Beklagten zuzurechnende behördliche Pflichtverletzung ein sozialrechtlicher Nachteil entstanden ist, der durch eine zulässige Amtshandlung behoben werden kann (vgl dazu allgemein zB BSGE 79, 168, 171 f = SozR 3-2600 § 115 Nr 1 S 5 f; BSG SozR 3-2600 § 300 Nr 5 S 11 f). Dass diese Voraussetzungen hier erfüllt sein können, ist nach den Tatsachenfeststellungen des LSG und dem Revisionsvorbringen der Beteiligten nicht ersichtlich.

Zwar waren die Bescheide des Beklagten von 1957 bis 1961 nach dem rechtskräftigen insoweit unrichtig, als die bei dem Beschädigten damals festgestellten arteriosklerotischen Gefäßveränderungen nicht als Schädigungsfolgen anerkannt worden waren. Ein derartiger behördlicher Fehler begründet jedoch schon deshalb keinen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch, weil insoweit die gesetzliche Regelung des § 44 SGB X vorgeht, die speziell für die Rücknahme fehlerhafter Verwaltungsakte vorgesehen ist (vgl dazu BSGE 60, 158, 164 ff = SozR 1300 § 44 Nr 23 S 57 ff).

Zwar war der Mitteilung der Ehefrau des Beschädigten vom zu entnehmen, dass bei dem Beschädigten eine schwere Behinderung vorlag; daraus ergab sich jedoch keine Pflicht des damals zuständigen Versorgungsamtes Köln, auf einen Versorgungsantrag hinzuwirken. Ohne entsprechende Nachfrage des Beschädigten besteht eine Hinweis- oder Beratungspflicht der Versorgungsverwaltung nur insoweit, als Gestaltungsmöglichkeiten klar zu Tage liegen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und die jeder verständige Berechtigte mutmaßlich nutzen würde (vgl zB BSGE 81, 251, 254 = SozR 3-2600 § 115 Nr 2 S 15). Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Denn es war für die Behörde nicht ohne Weiteres ersichtlich, dass der schlechte gesundheitliche Zustand des damals schon über 80-jährigen Beschädigten in einem ursächlichen Zusammenhang mit einer Schädigung nach dem HHG stehen konnte.

Schließlich bestand für den Beklagten auch anlässlich der Übernahme der Versorgungsakten im Jahre 1985 keine Veranlassung, einen Neufeststellungs- oder Überprüfungsantrag des Beschädigten anzuregen. Bei der Aktenübernahme handelt es sich um einen Routinevorgang der keine Rechtspflicht begründet, die Versorgungsangelegenheit des Beschädigten von Amts wegen einer umfassenden Überprüfung zu unterziehen. Ohne eine solche lag - wie sich aus dem gesamten Verfahrensgang ergibt - jedenfalls nicht klar zu Tage, dass der Beschädigte - wie das LSG erst mit Urteil vom erkannt hat - die Feststellung weiterer Schädigungsfolgen im Zugunstenwege beanspruchen konnte (vgl allgemein dazu - juris RdNr 12).

Ausgehend von einer Antragstellung im Jahre 1986 ist die aufgrund der (teilweisen) Rücknahme der Bescheide vom , und nachzuholende Leistungserbringung gemäß § 44 Abs 4 SGB X ausnahmslos auf den Zeitraum ab beschränkt. Dies gilt unabhängig davon, ab wann der Beschädigte die Voraussetzungen für die einzelnen Leistungen erfüllte. Entscheidend ist, dass diese erst durch die im Zugunstenwege erfolgte Anerkennung der bei ihm diagnostizierten arteriosklerotischen Gefäßveränderungen ermöglicht worden sind.

Soweit sich die Klägerin gegen die Versagung einer höheren Schwerstbeschädigtenzulage als nach Stufe III für die Zeit vom bis wendet, ist ihre Revision begründet. Zu diesem Streitpunkt reichen die Tatsachenfeststellungen des LSG für eine abschließende Entscheidung des Senats nicht aus.

Nach § 31 Abs 5 Satz 2 BVG in den vom bis jeweils geltenden Fassungen erhalten erwerbsunfähige Beschädigte, die durch die anerkannten Schädigungsfolgen gesundheitlich außergewöhnlich betroffen sind, eine monatliche Schwerstbeschädigtenzulage, die in sechs Stufen gewährt wird. Satz 2 dieser Bestimmung enthält eine Ermächtigung der Bundesregierung, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung den Personenkreis, der durch seine Schädigungsfolgen außergewöhnlich betroffen ist, sowie seine Einordnung in die Stufen I bis VI näher zu bestimmen. § 1 der auf dieser Grundlage ergangenen Verordnung zur Durchführung des § 31 Abs 5 BVG (BVG § 31 Abs 5 DV) idF vom (BGBl I 410) sieht vor, dass Schwerstbeschädigtenzulage erwerbsunfähige Beschädigte erhalten, die allein aufgrund der Beurteilung nach § 30 Abs 1 BVG erwerbsunfähig sind, wenn die anerkannten Schädigungsfolgen nach den nachstehenden Vorschriften mit wenigstens 130 Punkten zu bewerten sind oder wenn sie Anspruch auf Pflegezulage mindestens nach Stufe III haben. Nach Maßgabe des § 2 BVG § 31 Abs 5 DV ist bei der Punktbewertung von der Höhe der MdE (nach § 30 Abs 1 BVG) für die jeweils betroffenen Organsysteme auszugehen. § 3 der Verordnung regelt eine Erhöhung der nach § 2 ermittelten Punktzahl unter bestimmten Voraussetzungen, während § 5 festlegt, wie viele Punkte für die einzelnen Stufen der Schwerstbeschädigtenzulage erreicht werden müssen. Danach sind für die (vom Beklagten anerkannte) Stufe III 190 Punkte, für die Stufe IV 220 Punkte und für die (von der Klägerin begehrte) Stufe V 250 Punkte erforderlich.

Das LSG hat bei seiner Entscheidung das - allerdings auf die Zeit ab beschränkte - Anerkenntnis des Beklagten vom zugrunde gelegt, womit - aufgrund einer Punktzahl von 200 - die Zahlung einer Schwerstbeschädigtenzulage nach Stufe III zugesagt worden ist. Der vom Beklagten beigefügten fachinternistischen Stellungnahme der Medizinaldirektorin Dr. R. vom ist zu entnehmen, dass diesem Anerkenntnis folgende Punktbewertung zugrunde lag:

Gehirnbereiche I und II| 130 Punkte

Herz- und Kreislauf| 50 Punkte

Zuschlag (zwei Organsysteme betroffen)| 20 Punkte

|200 Punkte

Während die Klägerin gegen die Berücksichtigung von 130 Punkten für die Gehirnbereiche I und II keine Einwendungen erhoben hat, hält sie für die Zeit ab August 1980 hinsichtlich des Organsystems Herz-Kreislauf 100 Punkte für zutreffend. Dem ist das LSG nicht gefolgt. Es hat noch nicht einmal eine MdE von 70 vH, wie sie zur Erreichung der nächsthöheren Stufe IV (entsprechend 220 Punkten) erforderlich wäre, festzustellen vermocht.

Zutreffend hat das LSG bei seiner Beurteilung die AHP 1973 und 1983 herangezogen. Dabei handelt es sich nach der Rechtsprechung des BSG um antizipierte Sachverständigengutachten, die - im Hinblick auf die gebotene Gleichbehandlung der Betroffenen - normähnlichen Charakter haben (vgl dazu BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 2 RdNr 14). Nach Nr 145 AHP 1973 (MdE-Tabelle S 191) werden - soweit hier von Interesse - als MdE-Werte bei Herz-Kreislaufschäden

- mit Leistungsbeeinträchtigung bereits bei leichter Belastung 50 bis 80 vH

- mit Leistungsbeeinträchtigung bereits in Ruhe 80 bis 100 vH

vorgeschlagen.

In Nr 26.9 AHP 1983 (S 66 f) finden sich differenziertere Kriterien: Herzschäden| MdE

- mit Leistungsbeeinträchtigung bereits bei alltäglicher leichter Belastung (zB Spazierengehen <3 bis 4 km/h>, Treppensteigen bis zu einem Stockwerk, leichte körperliche Arbeit), Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 50 Watt (wenigstens 3 Minuten)| 50 bis 70 vH

- mit zeitweiligen schweren Dekompensationserscheinungen|80 vH

- mit Leistungsbeeinträchtigung bereits in Ruhe (manifeste Ruheinsuffizienz), langdauernde schwere Dekompensationserscheinungen| 90 bis 100 vH

Das LSG ist zu der Beurteilung gelangt, dass sich den Behandlungsunterlagen der Internistin Dr. R. schädigungsbedingte Leistungsbeeinträchtigungen bereits bei jeder Form körperlicher Belastungen, wie sie für eine MdE im oberen Bereich der Stufe III erforderlich wären, nicht entnehmen ließen. Ein durchgehend schädigungsbedingter Zustand, der eine MdE von 70 vH bedinge, könne nicht festgestellt werden, zumal Prof. Dr. D. in seinem Gutachten zu einer schädigungsbedingten Beeinträchtigung der Herzfunktion mit einer MdE von 60 vH gelangt sei. Sofern diese Tatsachenfeststellungen ausreichen sollten, um den damaligen Zustand des Beschädigten in das von den AHP 1973 und 1983 vorgegebene Bewertungssystem einzuordnen, ist der erkennende Senat jedenfalls nicht daran gebunden, weil die Rüge der Klägerin durchgreift, das LSG habe den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt (§ 103 SGG).

Angesichts der recht spärlichen medizinischen Unterlagen aus der damaligen Zeit, die - gemessen an den Kriterien der AHP - keine klaren Aussagen zu den dauerhaften gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Beschädigten enthalten, hätte sich das LSG gedrängt fühlen müssen, entsprechend den Anträgen der Klägerin zunächst die damals behandelnden Ärztinnen ergänzend zu befragen und sodann erforderlichenfalls von einem medizinischen Sachverständigen eine Stellungnahme zu den Leistungseinschränkungen des Beschädigten seitens des Herz-Kreislauf-Systems in der Zeit vom bis einzuholen. Auf die Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. D. konnte sich das LSG schon deshalb nicht hinreichend stützen, weil dieser die beim Beschädigten bestehenden "arteriosklerotischen Gefäßkomplikationen" nur zu einem nicht näher bezeichneten Anteil als schädigungsbedingt angesehen und nur insoweit eine MdE von 60 vH angenommen hat. Im Übrigen hätte insbesondere auch der Umstand sachkundig erwogen und erörtert werden müssen, dass der Beschädigte - wie die Klägerin schon im Berufungsverfahren geltend gemacht hat - in den letzten Jahren seines Lebens infolge seiner Gesundheitsstörungen auf neurologischem Fachgebiet offenbar selbst zu leichten körperlichen Belastungen nicht mehr in der Lage gewesen ist.

Da der Senat die insoweit noch erforderlichen Ermittlungen im Revisionsverfahren nicht selbst durchführen kann (vgl § 163 SGG), ist das Urteil des LSG betreffend diesen Teil des Streitgegenstandes aufzuheben und die Sache an dieses Gericht zurückzuverweisen (vgl § 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

Entsprechendes gilt, soweit das angefochtene Urteil einen von der Klägerin aus übergangenem Recht geltend gemachten Anspruch des Beschädigten auf höhere Versorgungsbezüge wegen einer Verschlimmerung der seit 1957 anerkannten Schädigungsfolgen betrifft.

Der im Oktober 1986 gestellte Antrag des Beschädigten ist - nach den 1987 und 1990 erfolgten Klarstellungen - nicht nur als Überprüfungsbegehren iS des § 44 SGB X, sondern auch als Neufeststellungsbegehren iS des § 48 SGB X auszulegen (zur Anwendbarkeit dieser Norm bei Änderungen der Verhältnisse vor dem vgl BSG SozR 1300 Art 2 § 40 Nr 8). Dies ergibt sich schon daraus, dass die Klägerin im Oktober 1986 für den Beschädigten geltend gemacht hat, zu dem anerkannten Herzmuskelschaden seien weitere Herzinfarkte hinzugekommen. Denn aus der Sicht des Beschädigten konnte es sich bei den Herzinfarkten um weitere Folgen der nach dem HHG erlittenen Schädigung des Herzens handeln. Diesen Antrag hat der Beklagte zugleich mit dem Zugunstenantrag durch Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom abgelehnt. Zwar hat er sich in der Begründung dieses Verwaltungsaktes nur auf § 44 SGB X gestützt, jedoch dabei hinreichend deutlich gemacht, dass er damit in vollem Umfang über den noch offenen Leistungserhöhungsantrag des Beschädigten entscheiden wollte (vgl dazu BSG SozR 3900 § 40 Nr 12 S 33; - juris RdNr 18). Dementsprechend hat der Beklagte nach Aufhebung des Bescheides vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom durch das LSG in Ausführung des Teilurteils mit Bescheiden vom 14.2. und ebenfalls über einen auf § 48 SGB X gestützten Antrag des Beschädigten und seiner Rechtsnachfolgerin mitentschieden. Das kommt ansatzweise schon dadurch zum Ausdruck, dass einer der beiden Bescheide vom - allerdings in unzutreffender Weise - auf § 48 SGB X gestützt worden ist.

Zwar sind die seit 1957 eingetretenen Änderungen der schädigungsbedingten Verhältnisse des Beschädigten auch im Rahmen der Leistungserbringung nach § 44 SGB X zu berücksichtigen, ein auf § 48 SGB X gestützter Anspruch kann jedoch dann eine eigenständige Bedeutung haben, wenn er eine Gewährung höherer Leistungen für Zeiten vor dem ermöglicht. Allerdings darf insoweit nur eine Verschlimmerung der bereits 1957 anerkannten Schädigungsfolgen und ein Auftreten dadurch bedingter weiterer Gesundheitsstörungen geprüft werden, weil einer Berücksichtigung der erst im Zugunstenwege anerkannten Schädigungsfolgen die Sperrwirkung des § 44 Abs 4 SGB X entgegensteht. Dabei kann offenbleiben, ob diese Vorschrift überhaupt auf eine Zugunstenfeststellung von Schädigungsfolgen anwendbar ist (verneinend bzgl der Feststellung von Behinderungen nach dem SchwbG: BSGE 69, 14 = SozR 3-1300 § 44 Nr 3); jedenfalls beschränkt sie nach ihrem eindeutigen Regelungsinhalt in zeitlicher Hinsicht eine auf die betreffenden Schädigungsfolgen gestützte nachträgliche Leistungserbringung.

Nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X soll der von einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse betroffene Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt. Danach wäre die Gewährung einer höheren Leistung vom Zeitpunkt einer eingetretenen Verschlimmerung der Schädigungsfolgen an möglich. Entgegen der Auffassung des LSG gibt es insoweit keine zeitliche Begrenzung iS von § 44 Abs 4 SGB X. Zwar ist diese Vorschrift nach § 48 Abs 4 Satz 1 SGB X entsprechend anwendbar. Diese Regelung wird jedoch gemäß § 37 Satz 1 SGB I durch § 60 Abs 2 BVG verdrängt, wobei das BVG als besonderer Teil des SGB gilt (§ 68 Nr 7 SGB I). Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Nach § 60 Abs 1 Satz 1 BVG beginnt Beschädigungsversorgung mit dem Monat, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens mit dem Antragsmonat. Diese Bestimmung gilt gemäß § 60 Abs 2 Satz 1 BVG entsprechend, wenn eine höhere Leistung beantragt wird; war der Beschädigte jedoch ohne sein Verschulden an der Antragstellung verhindert, so beginnt die höhere Leistung mit dem Monat, von dem an die Verhinderung nachgewiesen ist, wenn der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt wird. Diese Vorschrift ist auch auf Fälle anwendbar, in denen eine Verschlimmerung der Schädigungsfolgen schon vor dem Inkrafttreten der Neufassung des § 60 BVG am (Gesetz vom , BGBl I 1217) eingetreten ist (vgl BSGE 59, 40, 41 = SozR 3800 § 1 Nr 5 S 12; BSGE 92, 34 = SozR 4-3100 § 60 Nr 1, jeweils RdNr 20 f). Es handelt sich dabei um eine spezielle Regelung des Beginns höherer Leistungen, der ein von § 48 Abs 4 iVm § 44 Abs 4 SGB X deutlich abweichendes Konzept zugrunde liegt (zum Verhältnis der Aufhebungsentscheidung nach § 48 SGB X zu den §§ 60, 61 BVG vgl BSG SozR 1300 Art 2 § 40 Nr 8 S 14). Während § 44 Abs 4 SGB X einer nachträglichen Leistungserbringung - ohne weitere Voraussetzungen - eine strikte zeitliche Grenze setzt, stellt § 60 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 BVG - ähnlich den Vorschriften über eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl § 27 SGB X, § 67 SGG) - auf die individuellen Verhältnisse des Betroffenen ab.

Auch die Gesetzesentwicklung deutet daraufhin, dass es der Gesetzgeber im Bereich des sozialen Entschädigungsrechts bei einer gesonderten Regelung des Leistungsbeginns in Neu-feststellungsverfahren belassen wollte. Mit dem Inkrafttreten des § 48 SGB X am (Gesetz vom , BGBl I 1469) ist zwar der die Neufeststellung der Versorgungsbezüge betreffende § 62 BVG (durch Streichung seines bisherigen Abs 1) geändert worden (Art II § 15 Nr 1 Gesetz vom ), die Vorschrift über den Beginn höherer Leistungen in § 60 Abs 2 BVG ist jedoch unangetastet geblieben. Da § 48 SGB X zunächst noch keine Bezugnahme auf § 44 Abs 4 SGB X enthielt, wurde - außerhalb des BVG - hinsichtlich des Leistungsbeginns allein auf die Verjährungsbestimmung des § 45 SGB I zurückgegriffen (vgl BSGE 61, 154 = SozR 1300 § 48 Nr 32; BSGE 62, 10 = SozR 2200 § 1254 Nr 7). Hätte der Gesetzgeber mit der Einbeziehung des § 44 Abs 4 SGB X in die im Rahmen des § 48 SGB X entsprechend geltenden Vorschriften (durch Gesetz vom , BGBl I 1229) auch die Rechtslage im Bereich des sozialen Entschädigungsrechts ändern wollen, wäre eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, insbesondere eine Neufassung des § 60 Abs 2 BVG, erforderlich gewesen.

Zwar ist verschiedentlich angenommen worden, dass § 44 Abs 4 SGB X einen allgemeinen Rechtsgedanken enthalte (so zB BSGE 60, 245 = SozR 1300 § 44 Nr 24; BSG SozR 1300 § 44 Nr 25; vgl dagegen zB BSGE 79, 177 = SozR 3-1200 § 45 Nr 6; BSG SozR 3-2600 § 99 Nr 5; BSG SozR 4-1300 § 44 Nr 9), dieser Gesichtspunkt ist aber jedenfalls nicht geeignet, eine geltende gesetzliche Bestimmung zu verdrängen. Dem Gesetzgeber ist es unbenommen, in einzelnen Sozialleistungsbereichen aus sachlichen Erwägungen unterschiedliche Bestimmungen über die nachträgliche Erbringung höherer Leistungen vorzusehen.

Das LSG hat die Voraussetzungen des § 60 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 BVG zwar geprüft und ihr Vorliegen bejaht. Die dazu getroffenen Tatsachenfeststellungen reichen jedoch nicht aus, um diese Beurteilung bestätigen zu können. Allerdings ist danach davon auszugehen, dass der Beschädigte selbst durch die Folgen eines schweren Schlaganfalls von Januar 1973 bis zu seinem Tode im Dezember 1987 gehindert war, einen Antrag auf höhere Leistungen nach dem HHG zu stellen. Das LSG hat auch zutreffend angenommen, dass im Rahmen des § 60 BVG dem Leistungsberechtigten grundsätzlich ein Verschulden seines Vertreters zuzurechnen ist (vgl dazu BSGE 59, 40, 41 f = SozR 3800 § 1 Nr 5 S 13; BSGE 94, 282 = SozR 4-3800 § 1 Nr 8, jeweils RdNr 6). Zur Verneinung eines entsprechenden Vertretungsverhältnisses hat es jedoch lediglich das Schreiben der Ehefrau des Beschädigten vom ausgelegt und sich im Übrigen darauf gestützt, dass es keine gesetzliche Vertretungsmacht eines Ehegatten für den anderen oder eines erwachsenen Kindes für seine Eltern gebe. Nach den Umständen des vorliegenden Falles (jahrelange Unfähigkeit des Beschädigten, seine Angelegenheiten selbst zu erledigen) wäre es darüber hinaus geboten gewesen, auch das Vorliegen einer stillschweigenden Vollmacht bzw einer funktionalen Vertretung zu prüfen (vgl dazu BSG SozR 3-4100 § 141e Nr 2; - SozR 4-7833 § 4 Nr 1; BFHE 115, 12). Dazu fehlen entsprechende Feststellungen.

Weitere Ermittlungen zu diesem Punkt erübrigen sich nicht deswegen, weil es nach den Feststellungen des LSG schon feststünde, dass sich aus dem seit 1959 als Schädigungsfolge anerkannten Herzmuskelschaden in der Folgezeit keine Verschlimmerung ergeben hat. Das LSG hat sich nämlich mit dieser Frage nicht befasst. Gegenwärtig besteht auch keine Veranlassung zu prüfen, ob ein auf § 48 SGB X gestützter Neufeststellungsanspruch verjährt ist (§ 45 SGB I; vgl dazu BSG SozR 3-1200 § 45 Nr 2). Denn der Beklagte hat - soweit ersichtlich - bislang keine Verjährungseinrede erhoben (vgl § 45 Abs 2, § 70 SGB I iVm Art 229 § 6 Einführungsgesetz zum BGB, § 222 BGB in der bis zum geltenden Fassung).

Soweit die Klägerin mit ihrem Antrag auf Feststellung einer Menschenrechtsverletzung durch überlange Verfahrensdauer eine förmliche Entscheidung des Senats erstrebt, kann sie damit nicht durchdringen. Ein derartiger Rechtsbehelf ist gesetzlich nicht vorgesehen (vgl dazu Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte <EGMR>, Urteil vom - 75529/01 -, NJW 2006, 2389). Gegen die richterliche Einführung einer solchen Feststellungsmöglichkeit bestehen unter dem Gesichtspunkt der Rechtsmittelklarheit grundsätzliche Bedenken (vgl BVerfGE 107, 395, 416 = SozR 4-1100 Art 103 Nr 1 RdNr 57; dazu zB auch BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 17; allgemein dazu auch BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 18; aA noch BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 11). Allerdings sieht sich der Senat nicht gehindert, im Rahmen seiner Revisionsentscheidung festzustellen, dass die Klägerin bereits jetzt durch die Dauer des gerichtlichen Verfahrens in ihrem Recht auf abschließende Entscheidung innerhalb angemessener Frist aus Art 6 Abs 1 EMRK verletzt ist. Denn es gehört ohne weiteres zu den Aufgaben eines Revisionsgerichts, vorinstanzliche Verfahrensmängel zu beachten. Dies gilt allerdings nicht unbeschränkt.

Eine entsprechende Befugnis findet zunächst ihre Grenzen in dem bei dem Revisionsgericht anhängigen Streitgegenstand. Mithin kann sich der Senat nur mit solchen Verfahrensmängeln befassen, die sich auf den Streit über die Gewährung einer höheren Beschädigtenversorgung beziehen. Soweit auch das inzwischen abgeschlossene Verfahren betreffend Hinterbliebenenleistungen unter Fehlern gelitten hat, besteht für den Senat kein Grund, sich im vorliegenden Revisionsverfahren dazu zu äußern.

Zwar hat ein Revisionsgericht grundsätzlich nur über solche vorinstanzlichen Verfahrensmängel zu befinden, auf denen die angefochtene Entscheidung beruht (vgl § 170 Abs 1 Satz 2 SGG; dazu zB Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG-Komm, 9. Aufl 2008, § 170 RdNr 5a mwN) oder die sich auf den Inhalt der zu treffenden Entscheidung auswirken (vgl BGHSt 52, 124). Beides trifft hier nicht zu, soweit es um einen Verstoß gegen Art 6 Abs 1 EMRK geht. Weder beruht das Urteil des LSG auf einer überlangen Verfahrensdauer noch hat dieser Gesichtspunkt Einfluss auf Art, Höhe oder Dauer der von der Klägerin beanspruchten Versorgungsleistungen. Im vorliegenden Fall hält sich der Senat jedoch für befugt, in der hiermit erfolgenden Art und Weise eine Verletzung von Art 6 Abs 1 EMRK festzustellen.

Dabei ist vor allem die besondere Bedeutung des Rechts auf ein zügiges Verfahren zu berücksichtigen, das nicht nur in Art 6 Abs 1 EMRK, sondern auch in Art 2 Abs 1, Art 19 Abs 4, Art 20 Abs 3 GG verankert ist (vgl zB BVerfGE 93, 1, 13; BVerfG NVwZ 2004, 334; BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 11 RdNr 25 ff). Sie spricht für eine menschen- und verfassungsrechtskonforme Auslegung des einschlägigen Verfahrensrechts. Dies gilt um so mehr, wenn - wie hier - durch die Feststellung eines Verstoßes gegen Art 6 Abs 1 EMRK, die als solche nach dem SGG nicht ausdrücklich untersagt ist, hinsichtlich des zurückverwiesenen Teils des Streitgegenstandes ein Beschleunigungseffekt erzielt werden kann. Dem LSG wird so mit Nachdruck deutlich gemacht, dass die noch offenen Streitpunkte nunmehr besonders zügig erledigt werden müssen.

Nach Art 6 Abs 1 Satz 1 EMRK hat jede Person ua ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Den Begriff der "zivilrechtlichen Ansprüche" hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrecht (EGMR) in ständiger Rechtsprechung eigenständig und weit ausgelegt (vgl dazu Meyer-Ladewig, EMRK Handkomm, 2. Aufl 2006, Art 6 RdNr 6 ff). Danach werden davon auch Sozialleistungen erfasst, auf die ein Rechtsanspruch besteht (vgl dazu Meyer-Ladewig, aaO, RdNr 8 mwN; verneinend für Ermessensleistung nach dem BVG: EGMR vom - 25553/02 - juris RdNr 39 ff). Im Hinblick darauf, dass auch die Bundesrepublik Deutschland in Fällen betreffend Anspruchsleistungen nach dem BVG gegenüber dem EGMR Verstöße gegen Art 6 Abs 1 EMRK anerkannt hat (vgl zB EGMR, Entscheidung vom - 16308/05 - juris; EGMR, Entscheidung vom - 35000/05 - juris), geht der Senat ebenfalls davon aus, dass die hier streitigen Ansprüche der Klägerin von dieser Norm erfasst werden.

Beginnend mit der am erhobenen Untätigkeitsklage läuft ein Gerichtsverfahren, das den Antrag auf höhere Beschädigtenversorgung betrifft, nunmehr schon über 15 Jahre (zur Frage einer Einbeziehung des Verwaltungsverfahrens ab Antragstellung vgl Meyer-Ladewig, EMRK Handkomm, 2. Aufl 2006, Art 6 RdNr 74). Auch wenn die Klägerin erst nach dem Tode ihrer Mutter im Mai 1994 in den Rechtsstreit eingetreten ist, rechnet hier die Gesamtzeit, da die Klägerin das Verfahren zunächst als Gesamtrechtsnachfolgerin ihrer Mutter aufgenommen und später auch aufgrund einer Forderungsabtretung fortgeführt hat (vgl dazu Meyer-Ladewig, aaO, RdNr 72a mwN). Nachdem das Verfahren beim SG nur etwas über drei Monate anhängig war, betrug die Gesamtdauer beim LSG - unterbrochen durch zwei Rechtsmittelverfahren beim BSG (insgesamt etwa zweieinhalb Jahre) und ein Widerspruchsverfahren beim Beklagten (etwa vier Monate) - bislang über 10 Jahre. Während das sozialgerichtliche Klageverfahren außergewöhnlich kurz war und auch die Verfahren beim BSG keine auffällige Länge aufweisen, addieren sich die Zeiten der Rechtshängigkeit beim LSG demnach zu einer ungewöhnlichen Dauer. Auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles ist damit nicht mehr eine angemessene Frist iS des Art 6 Abs 1 EMRK eingehalten, zumal das Verfahren immer noch nicht in allen Streitpunkten zum Abschluss gebracht worden ist.

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Fall außergewöhnliche Schwierigkeiten rechtlicher und tatsächlicher Art aufweist. So war und ist insbesondere verwaltungsverfahrensrechtlich zu klären, für welchen Zeitraum die Klägerin eine rückwirkende Leistungserbringung beanspruchen kann. In tatsächlicher Hinsicht stand die Frage im Vordergrund, ob bei dem Beschädigten arteriosklerotische Gefäßveränderungen als Schädigungsfolgen anzuerkennen waren. Ihre Beantwortung gestaltete sich zum einen deshalb als schwierig, weil lange zurückliegende gesundheitliche Verhältnisse aufzuklären waren. Zum anderen galt es, mehrere medizinische Sachverständigengutachten einzuholen und die darin enthaltenen sehr umfangreichen, von einander abweichenden Äußerungen zum Ursachenzusammenhang auszuwerten. Darüber hinaus hat sich das Verfahren vor dem LSG um einige Monate dadurch verlängert, dass über mehrere Ablehnungsgesuche der Klägerin zu befinden war.

Es bleiben gleichwohl erhebliche Verzögerungen, die einer nicht ordnungsgemäßen Verfahrensweise des LSG anzulasten sind. Dadurch, dass die Untätigkeitsklage auch in der Berufungsinstanz mit dem Verfahren betreffend Hinterbliebenenleistungen verbunden blieb, haben sich Verzögerungen im letztgenannten Verfahren (insbesondere durch Einholung medizinischer Gutachten, aber auch durch eine Bearbeitungslücke von Juni 1997 bis Mai 1998) auf das an sich nur auf eine Bescheidung des Neufeststellungs- und Überprüfungsantrags von 1986 (klargestellt im Dezember 1987 und Oktober 1990) gerichtete Klagebegehren ausgewirkt. Diese Verfahrensverbindung hat des Weiteren erkennbar sowohl SG als auch LSG dazu verleitet, die Untätigkeitsklage mit der zweifelhaften - nur bei rechtsmissbräuchlicher Rechtsverfolgung in Betracht kommenden - Begründung abzuweisen, der in der Sache verfolgte Anspruch auf höhere Beschädigtenversorgung scheide offensichtlich unter jedem denkbaren Gesichtspunkt aus (vgl dazu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Komm, 9. Aufl 2008, § 88 RdNr 4a). Das dem ersten folgende Nichtzulassungs- und Revisionsverfahren vor dem BSG war - soweit es den mit der Untätigkeitsklage verfolgten Anspruch auf Beschädigtenversorgung anbelangt - schon deshalb überflüssig, weil der Beklagte sehr viel früher dazu hätte veranlasst werden können, den diesbezüglich jahrelang offenen Neufeststellungs- bzw Überprüfungsantrag zu bescheiden.

Auch das im Anschluss an den Widerspruchsbescheid vom beim LSG im September 2000 anhängig gemachte Klageverfahren ist nicht durchgängig zügig betrieben worden, obwohl im Hinblick auf die inzwischen schon bedenklich lange Verfahrensdauer zu einer besonderen Beschleunigung Veranlassung bestanden hätte. Zunächst hat sich der Beklagte etwa zwei Monate bis Januar 2001 Zeit gelassen, der von der Klägerin erstrebten Klageänderung zuzustimmen. Sodann ist das LSG - soweit ersichtlich - bis zur Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags der Klägerin im April 2002 (also über ein Jahr) untätig geblieben. Weiterhin hatte auch das an das zweite anschließende Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren beim BSG wegen vorinstanzlicher Verfahrensmängel Erfolg. Es wäre vermeidbar gewesen, wenn dem LSG nicht entsprechende Fehler unterlaufen wären. Schließlich beruht die jetzige Zurückverweisung in einem Streitpunkt ebenfalls auf einem Verfahrensverstoß des LSG.

Da über die Kosten des Verfahrens nach dessen Gesamtergebnis zu befinden ist, kann auch die gegenwärtige Kostenentscheidung des LSG keinen Bestand haben (vgl BSGE 65, 198, 203 = SozR 5870 § 2 Nr 62 S 201 f). Insofern wird das LSG erneut über die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens, zu entscheiden haben.

Fundstelle(n):
HAAAD-02806