Richtsätze für Gas und Wärme bei Biogasanlagen
Verrechnungspreise für Gaslieferung zur Verstromung, Entnahmewerte für Wärme für Wohnzwecke
Eine Biogasanlage dient zur Erzeugung von Biogas aus Biomasse. Als Nebenprodukt wird Substrat (Dünger) produziert. In vielen Fällen wird das entstandene Gas zur Strom- und Wärmeerzeugung im angeschlossenen Blockheizkraftwerk – BHKW – genutzt. Zu weitergehenden Begriffserläuterungen, Faustzahlen, Aufgriffshilfen und Umrechnungswerten siehe Anlage 1(= Biogas Basisdaten Deutschland der FNR).
Der schematische Aufbau einer Biogasanlage wird in der Anlage 2 dargestellt (Abb. 1 mit ausnahmslos nachwachsenden Rohstoffen – Nawaro –, Abb. 2 mit Nawaro und Bioabfällen).
In einer Biogasanlage werden verschiedene Rohstoffe, z.B. Bioabfall, Gülle, Klärschlamm, Fette oder Pflanzen in einen luftdicht verschlossenen Fermenter eingebracht. Dort entsteht durch anaerobe Gär- oder Fäulnisprozesse das Biogas, das je nach Ausgangsstoff aus 50 – 75 % Methan (CH4) und aus weiteren Stoffen (vgl. Anlage 1 Seite 4) besteht.
Derzeit wird Biogas vor allem zur dezentralen gekoppelten Strom- und Wärmeerzeugung in BHKW genutzt (Kraft-Wärme-Kopplung). Dazu wird das Gasgemisch getrocknet (der Wasseranteil im Biogas wird reduziert), durch Einblasen einer kleinen Menge Frischluft entschwefelt und dann einem Verbrennungsmotor zugeführt, der einen Generator antreibt. Der so produzierte Strom wird überwiegend ins Netz eingespeist und nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG – (vgl. Anlage 3a = EEG bis ; Anlage 3b = EEG ab – nur elektronisch –) vergütet.
Die im Abgas und Motorkühlwasser enthaltene Wärme wird in Wärmeübertragern zurück gewonnen. Ein Teil der Wärme wird zur Aufrechterhaltung des Gärprozesses benötigt. Die in Frage kommenden Bakterienstämme, die die Biomasse abbauen, arbeiten am besten in einem Temperaturbereich von entweder 37 °C (mesophil) oder 55 °C (thermophil). Der überwiegende Teil der erzeugten Abwärme des Motors steht jedoch für andere Zwecke zur Verfügung z.B. kann zur Beheizung von Gebäuden, zur Warmwasserbereitung oder zum Trocknen verwendet werden.
Die Vergütung für Strom aus u.a. Biomasse regelt § 27 des EEG (vgl. Anlage 3 b) für die Grundvergütung und die jeweiligen Boni (vgl. Übersicht in Anlage 1 Seite 11), z.B. Emissionsminderungs-Bonus (1,0 Cent/kWh), Technologie-Bonus (2,0 oder 1,0 Cent/kWh) und KWK-Bonus (3,0 oder 2,0 Cent kWh).
Für weitergehende Informationen weist das Bayerische Landesamt auf ausführliche Darstellungen der BayLfU (www.lfu.bayern.de unter Abfall/Fachinformationen/Biogashandbuch Bayern) und der BayLfL (www.lfl.bayern.de).
Die Verwertung der pflanzlichen und tierischen Rohstoffe als Biomasse bis hin zur Reinigung des Biogases stellt bei einem Nebenbetrieb die erste Stufe der Be- oder Verarbeitung im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft dar. Die weitere Be- oder Verarbeitung des gereinigten Biogases zu Energie (Verstromung) stellt die zweite Verarbeitungsstufe dar und damit eine gewerbliche Betätigung (vgl. R 15.5 Abs. 11, 3 EStR, ESt-Kartei BayLfSt § 13 Karte 1.6 Tz. I. 2. a und c).
Betriebsform: Biogas als luf Nebenbetrieb – BHKW als fremder Gewerbebetrieb
Aufgrund der Abgrenzungsregeln (Gewerblichkeit der Verstromung) wird das BHKW von einem anderen Rechtsträger, z.B. meist einem nahen Angehörigen oder einer nahestehenden GbR betrieben.
Verträge unter Angehörigen können nur dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn sie zivilrechtlich wirksam geschlossen sind und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entspricht (vgl. H 4.8 Fremdvergleich und H 13.4 EStH). Dieser sog. Fremdvergleich dient bei Rechtsverhältnissen unter Angehörigen der Feststellung, ob der zu beurteilende Sachverhalt dem privaten Bereich (§ 12 EStG) oder dem Bereich der Einkunftserzielung zuzuordnen ist ( BStBl 1990 II S. 160). Das unter Fremden Übliche bildet insoweit einen aussagekräftigen Vergleichsmaßstab, weil bei Rechtsverhältnissen zwischen fremden Dritten schon der natürliche Interessengegensatz im Regelfall dazu führt, dass die getroffenen Vereinbarungen tatsächlich die Erzielung von Einkünften betreffen und nicht privaten Charakter haben.
Im Regelfall ist ein Biogasverrechnungspreis bis zu den in der Anlage 4 angeführten Werten (Spalte 4 anteiliger Gaspreis) nicht zu beanstanden. Die überwiegende Mehrzahl der Vergleichsbetriebe mit einem elektrischen Wirkungsgrad von 32 % erzielte eine Einspeisevergütung von 16,5 – 17,5 Cent/kWhel und vergütete das Biogas mit 14,0 – 15,0 Cent/kWhel.
Der Betreiber des BHKW erhält eine Einspeisevergütung von 17 Cent/kWhel. Ein Bi-gaspreis bis 14,5 Cent/kWhel (= Anlage 4 Spalte 4) kann als angemessen angesehen werden.
Die Voraussetzungen für den NawaroBonus, den Gülle-Bonus und den Landschaftspflegematerial-Bonus erfüllt der Biogaserzeuger. Die Anlage 4 kann daher in diesen Fällen unmittelbar angewendet werden.
Die Voraussetzungen für den Emissionsminderungs-Bonus (1,0 Cent), den Technologie-Bonus (2,0 oder 1,0 Cent; vgl. Anlage 1 Abschn. II b) – g) EEG = Anlage 3b – BGBl. I S. 2092) und den KWK-Bonus (3,0 oder 2,0 Cent) erfüllt der Betreiber des BHKW. In diesen Fällen sind die Werte der Anlage 4 Spalte 3 um 1,0, 2,0 oder 3,0 Cent zu erhöhen. Damit verbleiben diese Boni beim Betreiber des BHKW.
Der Betreiber des BHKW erhält eine Einspeisevergütung von 19 Cent/kWhel einschl. eines KWK-Bonus von 2 Cent/kWhel. Für die Ermittlung des anteiligen Biogaspreises ist der Wert von 2,5 Cent in Spalte 3 um 2,0 Cent KWK-Bonus zu erhöhen. Damit errechnet sich in Spalte 4 ein Wert von 14,5 Cent. Damit kann ein Biogaspreis von bis zu 14,5 Cent/kWhel als angemessen angesehen werden.
Bei höheren elektrischen Wirkungsgraden (Angabe Hersteller bzw. Betreiber) werden zu hohe und bei niedrigeren elektrischen Wirkungsgraden zu niedrige Gasbezugsmengen unterstellt. In diesen Fällen kann der Biogasverrechnungspreis nach den Werten in der Anlage 5 überprüft werden, z.B. errechnet sich bei einer Stromeinspeisevergütung von 17 Cent/kWhel ein Gaszukaufspreis von 45 Cent/m³CH4.
Bei der Wärmenutzung ist wegen des KWK-Bonus der Betreiber des BHKW auf die Abnahme durch den Biogaserzeuger zur Heizung des privaten Wohnhauses, zur Warmwasserbereitung oder für betriebliche Zwecke angewiesen. Bei unentgeltlicher Überlassung der Abwärme für private Zwecke des Biogaserzeugers (z.B. für Wohnzwecke) oder eine Verwendung für eigene private Wohnzwecke ist für diese außerbetriebliche Nutzung ein Entnahmewert nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG von 2 Cent/kWhth anzusetzen. Je nach Größe des Wohnhauses sind höchstens 600 – 1.000 EUR (Mittelsatz 800 EUR) anzusetzen.
Für die betrieblich genutzte Abwärme für den Fermenter, Hygienisierung, betriebliche Gebäude, betriebliche Anlagen wurden bei den Vergleichsbetrieben Normaliserungen nicht vorgenommen. Sie bleibt daher außer Ansatz.
Der landwirtschaftliche Biogaserzeuger (§ 24 UStG) liefert entsprechend den o.a. Ausführungen bis zu den in Anlage 4 (Spalte 4) angeführten Werten Biogas. Der Betreiber des BHKW kann hieraus Vorsteuern i.H. von derzeit 10,7 % (§ 24 Abs. 1 Nr. 3 UStG) abziehen.
Die Verwendung der Abwärme für private Zwecke stellt beim Betreiber des BHKW eine unentgeltliche Wertabgabe i.S. des § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG dar. Als Bemessungsgrundlage sind dabei nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG die Selbstkosten für den Gegenstand anzusetzen (vgl. Abschn. 155 Abs. 1 Satz 3 UStR 2008). Der o.a. Wert mit 2 Cent/kWhth (mit Deckelung) kann aus Vereinfachungsgründen entsprechend zugrunde gelegt werden.
Betriebsform: Biogas als luf Nebenbetrieb – BHKW als eigener Gewerbebetrieb
Die Abgabe des Biogases an einen eigenen Gewerbebetrieb BHKW ist nach § 6 Abs. 5 EStG mit dem Buchwert anzusetzen, d.h. Ausbuchung mit dem Buchwert und Buchwertfortführung im BHKW.
Umsatzsteuerlich bilden die Biogaserzeugung und das BHKW ein einheitliches Unternehmen. Der Unternehmensteil „Biogasherstellung” fällt noch in den Anwendungsbereich des § 24 UStG, der Unternehmensteil „BHKW” in die Regelbesteuerung. Die „Beistellung” der Wärme aus dem einen Unternehmensteil in den anderen stellt einen nicht steuerbaren Innenumsatz i.S. des Abschn. 20 Abs. 1 Satz 3 UStR dar, der zwar grundsätzlich nachteilige Folgen nach § 15a Abs. 7 i.V.m. § 15a Abs. 2 UStG auslöst; im Ergebnis kommt es jedoch nicht zur Anwendung des § 15a UStG, da für das Wirtschaftsgut „Wärme” die Bagatellgrenzen des § 44 Abs. 1 UStDV nicht überschritten sind (maßgeblicher „Gegenstand” ist insoweit die Kilowattstunde, vgl. Rz. 58 des BStBl 2005 I S. 1068).
Zur bewertungs- sowie zur gewerbesteuerrechtlichen Behandlung der Biogasanlagen wird auf die Verfügungen vom S 3131-1 St 34 M, vom S 2230.1.1-6 St 34a sowie vom G 1400-4 St 31 N hingewiesen.
Die Richtsätze können in allen noch offenen Fällen angewandt werden.
Anlage 1:
Anlage 2:
Anlage 3a:
Anlage 3b:
Anlage 4:
Anlage 5:
Bayerisches Landesamt für Steuern v. - S 2170.2.1-8/1 St 33
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Fundstelle(n):
CAAAD-00239