BFH Beschluss v. - IX B 100/08

Darlegung der Wiedereinsetzungsgründe innerhalb der Antragsfrist; Glaubhaftmachung eines Büroversehens

Gesetze: FGO § 56, FGO § 116

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig; denn die Beschwerde ist weder rechtzeitig beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt, noch innerhalb der gesetzlichen Frist begründet worden. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt im Streitfall nicht in Betracht.

1. Das angefochtene Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) am zugestellt worden; die Frist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde von einem Monat nach Zustellung des vollständigen Urteils (§ 116 Abs. 2 Satz 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—) endete danach mit Ablauf des , die Begründungsfrist von zwei Monaten (§ 116 Abs. 3 Satz 1 FGO) mit Ablauf des (vgl. § 54 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 der ZivilprozessordnungZPO— und § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Die Beschwerde ist indes erst am , die Beschwerdebegründung erst am beim BFH —und damit jeweils verspätet— eingegangen.

2. Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann hinsichtlich der versäumten Beschwerdefrist nicht gewährt werden.

a) Eine solche Wiedereinsetzung ist auf Antrag zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden an der Einhaltung einer gesetzlichen Frist verhindert war (§ 56 Abs. 1 FGO). Dies setzt in formeller Hinsicht voraus, dass innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses die versäumte Rechtshandlung nachgeholt und diejenigen Tatsachen vorgetragen und im Verfahren über den Antrag durch präsente Beweismittel glaubhaft gemacht werden, aus denen sich die schuldlose Verhinderung ergeben soll. Die Tatsachen, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen können, sind innerhalb dieser Frist vollständig, substantiiert und in sich schlüssig darzulegen (vgl. § 56 Abs. 2 FGO; ständige Rechtsprechung, z.B. , BFH/NV 1999, 1221; BFH-Beschlüsse vom IX B 44/06, BFH/NV 2007, 921; vom IX B 164/07, BFH/NV 2008, 1349, jeweils m.w.N.). Jedwedes Verschulden —also auch eine einfache Fahrlässigkeit— schließt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus (vgl. BFH-Beschlüsse vom VII R 113/97, BFH/NV 1998, 709, und in BFH/NV 2007, 921). Ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten muss sich der Steuerpflichtige wie eigenes Verschulden zurechnen lassen (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO; vgl. BFH-Beschlüsse vom IX B 61/99, BFH/NV 2000, 78; vom IX B 138/04, BFH/NV 2005, 720).

b) Nach diesen Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung kommt die beantragte Wiedereinsetzung vorliegend nicht in Betracht; denn der Prozessbevollmächtigte der Kläger hat die eine Wiedereinsetzung rechtfertigenden Tatsachen nicht vollständig und schlüssig dargetan.

Ein Prozessbevollmächtigter ist verpflichtet, seinen Bürobetrieb so zu organisieren, dass Fristversäumnisse ausgeschlossen sind. Der Vortrag des Prozessbevollmächtigten, wonach die maßgebliche Frist aufgrund eines Versehens seiner Büroleiterin „nicht ordnungsgemäß” im Kalender eingetragen worden sei, ist mit Blick auf die beantragte Wiedereinsetzung unvollständig, wenn nicht zugleich innerhalb der insoweit vorgeschriebenen Begründungsfrist (§ 56 Abs. 2 Satz 1 FGO) konkrete, durch präsente Beweismittel unterlegte Angaben gemacht werden, wie die Fristenkontrolle im Büro im Einzelnen organisiert ist und durch welche organisatorischen Maßnahmen —z.B. durch besondere Anweisungen und/oder Schulungen des Personals— die ordnungsgemäße Überwachung der Frist unter normalen Umständen gewährleistet ist (, BFH/NV 1999, 941). Im Streitfall hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger lediglich vorgetragen, dass die Büroangestellte, die die Frist nicht ordnungsgemäß eingetragen habe, zuverlässig sei und bis dahin —über einen Zeitraum von sieben Jahren— die Fristenkalender sorgfältig und fehlerlos geführt habe. Dagegen fehlen insbesondere Angaben dazu, durch welche konkreten Maßnahmen gesichert wurde, dass der Eingang von Schriftstücken im Büro der Prozessbevollmächtigten auch dann zutreffend vermerkt werden konnte, wenn diese von der Büroangestellten erst nach einem Wochenende dem Briefkasten entnommen wurden (, BFH/NV 2007, 469). Die bloße Behauptung des Prozessbevollmächtigten, die Erfassung und Berechnung von Fristen werde durch ihn persönlich regelmäßig und stichpunktartig kontrolliert, reicht hierzu schon deshalb nicht aus, weil die mit der Beschwerdeschrift vorgelegte Ablichtung des dem Prozessbevollmächtigten zugestellten erstinstanzlichen Urteils zwar einen Fristenvermerk („Termin notiert”), jedoch keinen Eingangsstempel trägt. Vor diesem Hintergrund kommt im Streitfall als Fehlerursache auch ein eigenes —organisatorisches— Fehlverhalten des Prozessbevollmächtigten in Betracht. Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, das der Vortrag des Prozessbevollmächtigten auch nicht durch die Vorlage des Postausgangsbuchs glaubhaft gemacht wurde; dessen Vorlage kann durch eine eidesstattliche Versicherung regelmäßig nicht ersetzt werden (vgl. , BFH/NV 2006, 307).

3. Hinsichtlich der versäumten Beschwerdebegründungsfrist ist Wiedereinsetzung weder beantragt, noch sind Gründe hierfür dargetan worden.

Fundstelle(n):
OAAAC-97229