Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer bei Zwangsversteigerung; Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung; Verletzung des Rechts auf Gehör; Rüge wegen behaupteter Befangenheit der Richter
Leitsatz
Ein der Grunderwerbsteuer unterliegendes Meistgebot im Zwangsersteigerungsverfahren ist auch dann als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer anzusetzen, wenn der Ersteher selbst aufgrund von Grundpfandrechten zur Befriedigung aus dem Grundstück berechtigt war. Als weitere Gegenleistung kommen ggf. die Beträge hinzu, hinsichtlich derer der Erwerber gem. § 114a ZVG als aus dem Grundstück befriedigt gilt. Dies gilt auch dann, wenn der Ersteher die Grundpfandrechte nebst den damit gesicherten Forderungen erworben hatte. Der vom Erwerber gezahlte Kaufpreis für die dinglich gesicherten Forderungen ist insoweit grunderwerbsteuerrechtlich ohne Bedeutung. Ein Grundpfandrecht, das nach den Versteigerungsbedin-gungen bestehen bleibt und deshalb nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG als Bestandteil des Meistgebots bei der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer zu berücksichtigen ist, ist stets mit seinem Kapitalbe-trag, dem Nennwert, anzusetzen. Dies gilt auch dann, wenn es dem Ersteher selbst zustand und er es erst kurz vor der Versteigerung zu einem Bruchteil seines Nennwerts erworben hatte. Der Kaufpreis für das Grundpfandrecht spielt auch insoweit keine Rolle.
Gesetze: GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 4, GrEStG § 9 Abs. 1 Nr. 4, GrEStG § 9 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 96 Abs. 2, FGO § 115 Abs. 2
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) und Dritte kauften im November 2003 von einer Bank Forderungen, die durch Grundschulden gesichert waren, für den weit unter dem Nominalwert liegenden Betrag von 750 000 €. Hiervon entfiel auf die Klägerin ein Anteil von 1 %.
Der Grundbesitz, der mit den Grundschulden belastet war, wurde im Januar 2004 zwangsversteigert. Die aus der Klägerin mit einem Anteil von 1 % und den Dritten bestehende Bietergemeinschaft blieb mit einem Bargebot in Höhe von 976 500 € Meistbietende. Der Bietergemeinschaft wurde daher der Zuschlag erteilt. Rechte Dritter blieben nicht bestehen.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) setzte gegen die Klägerin Grunderwerbsteuer aufgrund einer Bemessungsgrundlage von 1 % des Meistgebots, also nach einem Betrag von 9 765 € fest. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) war übereinstimmend mit dem FA der Auffassung, der Bemessung der Grunderwerbsteuer sei nicht lediglich 1 % des Kaufpreises für die Forderungen, sondern der auf die Klägerin entfallende Anteil am Meistgebot zugrunde zu legen.
Die Klägerin stützt ihre Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts und Verfahrensmängel.
II. Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Danach müssen in der Beschwerdebegründung die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden.
1. Grundsätzliche Bedeutung, Rechtsfortbildung
a) Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 FGO) verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich klärbar ist und deren Beurteilung zweifelhaft oder umstritten ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer insbesondere mit der Rechtsprechung des BFH und den Äußerungen im Schrifttum auseinandersetzen (BFH-Beschlüsse vom V B 66/06, BFH/NV 2007, 2067; vom VIII B 20/07, BFH/NV 2008, 25; vom I B 88/07, BFH/NV 2008, 577, und vom V B 57/07, BFH/NV 2008, 611). Insbesondere sind Ausführungen erforderlich, aus denen sich ergibt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist (BFH-Beschlüsse vom IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837; vom X B 185/07, BFH/NV 2008, 603; vom X B 87/07, BFH/NV 2008, 605, und vom V B 29/07, BFH/NV 2008, 1501, unter III. B. 1.).
b) Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin hat sich nicht hinreichend mit der Rechtsprechung des BFH zur Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer bei Abgabe eines gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) der Grunderwerbsteuer unterliegenden Meistgebots im Zwangsversteigerungsverfahren auseinandergesetzt.
aa) Zum einen entspricht es ständiger Rechtsprechung des BFH, dass gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG auch dann das Meistgebot als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer anzusetzen ist, wenn der Ersteher selbst aufgrund von Grundpfandrechten zur Befriedigung aus dem Grundstück berechtigt war. Als weitere Gegenleistung nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG kommen ggf. die Beträge hinzu, hinsichtlich derer der Erwerber gemäß § 114a des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG) als aus dem Grundstück befriedigt gilt (, BFHE 145, 95, BStBl II 1986, 148, und vom II R 71/88, BFHE 159, 241, BStBl II 1990, 228). Dies gilt auch dann, wenn der Ersteher die Grundpfandrechte nebst den damit gesicherten Forderungen erworben hatte (, BStBl II 2008, 487). Der vom Erwerber gezahlte Kaufpreis für die dinglich gesicherten Forderungen ist insoweit grunderwerbsteuerrechtlich ohne Bedeutung.
bb) Zum anderen ist nach der Rechtsprechung des BFH ein Grundpfandrecht, das nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibt (§ 52 Abs. 1 Satz 1, § 91 Abs. 1 ZVG) und deshalb nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG als Bestandteil des Meistgebotes bei der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer zu berücksichtigen ist, stets mit seinem Kapitalbetrag, dem Nennwert, anzusetzen, und zwar auch dann, wenn es dem Ersteher selbst zustand und er es erst kurz vor der Versteigerung zu einem Bruchteil seines Nennwerts erworben hatte (, BFHE 143, 158, BStBl II 1985, 339; , BFH/NV 2001, 482). Der Kaufpreis für das Grundpfandrecht spielt auch insoweit keine Rolle.
cc) Die Klägerin macht nicht geltend, in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung oder in der Literatur würden hiervon abweichende Auffassungen vertreten, weshalb eine erneute Klärung der Rechtslage in einem Revisionsverfahren erforderlich sei.
2. Verfahrensmängel
Die Klägerin hat das Vorliegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) nicht schlüssig dargelegt.
a) Ein Verfahrensverstoß nach § 119 Nr. 2 FGO liegt nur vor, wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war. Es genügt nicht, wenn ein Beteiligter erstmals mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision die Befangenheit der Mitglieder des erkennenden Senats des FG geltend macht (, BFH/NV 2005, 1617, m.w.N.). Davon abgesehen könnte die Klägerin ihre Ansicht, die Richter des FG seien befangen gewesen, ohnehin nicht auf Gründe stützen, die ihr in der mündlichen Verhandlung vor dem FG bereits bekannt waren (§ 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. §§ 43 und 44 Abs. 4 der Zivilprozessordnung —ZPO—; vgl. dazu , BFH/NV 1996, 801).
b) Die Klägerin hat auch nicht schlüssig vorgetragen, dass das FG ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) verletzt habe.
aa) Zur schlüssigen Rüge, das FG habe in einzelnen Punkten das Recht auf Gehör verletzt, muss der Beschwerdeführer darlegen, zu welchen —der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten— Tatsachen oder Rechtsfragen er sich nicht habe äußern können, was er bei ausreichender Gewährung des Rechts auf Gehör noch vorgetragen hätte, dass er keine Möglichkeit besessen habe, die Gehörsverletzung bereits vor Ergehen der Entscheidung des FG zu beanstanden, bzw. dass er den Verfahrensverstoß beim FG gerügt habe, und inwiefern schließlich durch sein —lediglich infolge des Verfahrensfehlers unterbliebenes— Vorbringen die Entscheidung auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des FG anders hätte ausfallen können (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom VIII B 81/96, BFH/NV 1998, 196, und vom IV B 21/07, BFH/NV 2008, 974).
bb) Derartige substantiierte Ausführungen enthält die Beschwerdebegründung nicht. Die Klägerin macht nicht geltend, dass das FG ihr in der mündlichen Verhandlung keine ausreichende Gelegenheit zur Äußerung gegeben oder ihr Vorbringen im Urteil nicht gewürdigt habe. Aus ihrem Vortrag lässt sich auch nicht entnehmen, inwiefern das FG ihre eigenen prozessualen Rechte verletzt haben könnte, wenn es —wie von ihr behauptet— ihren Schriftsatz vom dem FA nicht zugänglich gemacht haben sollte. Auf einen etwaigen Rügeverlust nach § 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO ist sie ebenfalls nicht einge-
gangen (vgl. dazu z.B. , BFH/NV 2008, 595).
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 46 Nr. 1
KAAAC-96335