BFH Beschluss v. - X B 25/08

Abgrenzung zwischen einer auf Gewinnerzielung ausgerichteten unternehmerischen Tätigkeit und einer Liebhaberei

Gesetze: EStG § 15 Abs. 2, EStG § 12 Nr. 1

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist es zulässig, eine auf grundsätzliche Bedeutung und Fortbildung des Rechts gestützte Nichtzulassungsbeschwerde (in analoger Anwendung des § 126 Abs. 4 der FinanzgerichtsordnungFGO—) zurückzuweisen, wenn sich das Urteil des Finanzgerichts (FG) aus anderen als den dargestellten Gründen als im Ergebnis zutreffend erweist und deshalb die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage nicht entscheidungserheblich ist (vgl. BFH-Entscheidungen vom V B 8/99, BFH/NV 2000, 192, und vom VII B 75/07, BFH/NV 2008, 126).

b) Es kann dahinstehen, ob das FG zu Recht auch die den Streitjahren nachfolgenden Verluste der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) aus Gewerbebetrieb bei der Prüfung der Frage einbezogen hat, ob aus den objektiven Umständen im Streitfall auf das Vorliegen oder Fehlen der Gewinnerzielungsabsicht geschlossen werden kann. Das FG-Urteil ist jedenfalls im Ergebnis richtig.

Der BFH hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass bei der Unterscheidung zwischen einer auf Gewinnerzielung ausgerichteten unternehmerischen Tätigkeit und der der Privatsphäre zuzurechnenden Liebhaberei die Besonderheiten der jeweils zu würdigenden Verhältnisse zu berücksichtigen sind (z.B. , BFHE 143, 355, BStBl II 1985, 424). Die Anlaufzeit eines neu aufgebauten Betriebs, während der die allgemeinen Grundsätze für die Annahme steuerlicher Liebhaberei in der Regel nicht gelten, ist je nach der Eigenart betriebsspezifisch festzulegen (, BFHE 181, 133, BStBl II 1997, 202). Liebhaberei liegt jedenfalls dann vor, wenn eine Tätigkeit „nach ihrem Wesen und der Art der Betriebsführung nicht geeignet ist, einen Totalgewinn zu erzielen” (z.B. , BFHE 191, 119, BStBl II 2000, 227). Unter letzterer Voraussetzung ist auch eine Anerkennung von Anlaufverlusten ausgeschlossen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 181, 133, BStBl II 1997, 202, m.w.N. der Rechtsprechung; Senatsbeschlüsse vom X B 118/99, BFH/NV 2000, 1333 - Yachtvercharterung; vom X B 60/00, BFH/NV 2001, 1381 - „strukturelle Verluste”). Auch kann die Möglichkeit, entstehende Verluste mit steuersparender Wirkung mit anderen Einkünften verrechnen zu können, in tragender Funktion als persönliches Motiv herangezogen werden, wenn das Geschäftskonzept des Steuerpflichtigen darauf beruht, zunächst buchmäßige Verluste —etwa durch Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen— auszuweisen und zu einem späteren Zeitpunkt steuerfreie oder -begünstigte Veräußerungsgewinne zu erzielen, oder wenn die Tätigkeit dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit eröffnet, Kosten der privaten Lebensführung (z.B. anteilige Fixkosten ohnehin vorhandener Gegenstände wie PKW, Wohnung, Kommunikationsmittel oder Computer) in den einkommensteuerlich relevanten Bereich zu verlagern (vgl. die Rechtsprechungsnachweise im Senatsurteil vom X R 33/03, BFHE 207, 183, BStBl II 2004, 1063). In solchen Fällen kann bereits die eintretende Steuerersparnis den Rückschluss auf die fehlende Absicht tragen, mit dem Verlustbetrieb Gewinne zu erzielen, weil der Steuerpflichtige durch die Verluste tatsächlich wirtschaftlich nicht belastet wird.

Im Streitfall resultieren die Verluste in den Streitjahren nach den Feststellungen des FG im Wesentlichen aus der Abschreibung des PKW der Klägerin bzw. dessen Betriebskosten. Die dadurch eingetretene Steuerersparnis lässt —auch ohne Berücksichtigung der in den Jahren 2002 bis 2006 eingetretenen weiteren Verluste— den Rückschluss zu, dass die Klägerin ihren Gewerbebetrieb nicht mit Gewinnerzielungsabsicht geführt hat, zumal der Handel mit in Handarbeit in . hergestellten Geschenkartikeln in der Nähe des Hobbybereichs anzusiedeln ist und sie die Aktivitäten nur nebenberuflich ausgeübt hat.

2. Die Revision ist auch nicht wegen Divergenz der Entscheidung des FG zum Senatsurteil vom X R 33/04 (BFHE 218, 163, BStBl II 2007, 874) zuzulassen. Der beschließende Senat hat in dieser Entscheidung zwar den Rechtssatz aufgestellt, dass als betriebsspezifische Anlaufzeit bis zum Erforderlichwerden größerer Korrekturmaßnahmen und Umstrukturierungsmaßnahmen ein Zeitraum von weniger als fünf Jahren nur im Ausnahmefall in Betracht kommt. Er hat jedoch den weiteren Rechtssatz aufgestellt, dass —sofern die Entscheidung zur Neugründung eines Gewerbebetriebs im Wesentlichen auf den persönlichen Interessen und Neigungen des Steuerpflichtigen beruht— entstehende Verluste nur dann für die Dauer einer betriebsspezifischen Anlaufphase steuerlich zu berücksichtigen sind, wenn der Steuerpflichtige zu Beginn seiner Tätigkeit ein schlüssiges Betriebskonzept erstellt hat, das ihn zu der Annahme veranlassen durfte, durch die gewerbliche Tätigkeit werde er insgesamt ein positives Ergebnis erzielen können. An einem solchen schlüssigen Betriebskonzept fehlt es im Streitfall.

3. Der von den Klägern gerügte Verfahrensmangel liegt nicht vor. Das FG hat entgegen der Ansicht der Kläger nicht dadurch gegen § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO verstoßen, weil es —anders als der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) in der nach § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung vorläufigen Steuerfestsetzung— die Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin verneint hat. Da Streitgegenstand im finanzgerichtlichen Verfahren nicht das einzelne Besteuerungsmerkmal, sondern die Rechtmäßigkeit des die Steuer festsetzenden Steuerbescheides ist, hindert das Verbot der Verböserung (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO) das Gericht nicht, einzelne Besteuerungsgrundlagen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht für den Steuerpflichtigen wie für das FA anders zu beurteilen, als dies in dem angefochtenen Steuerbescheid geschehen ist, und dies in den Gründen seiner Entscheidung darzulegen (, nicht veröffentlicht).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 1673 Nr. 10
UAAAC-89487