Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: VTV vom § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13; VTV vom § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 1; TVZN im Betonsteingewerbe (Beton- und Fertigteilindustrie und Betonsteinhandwerk) Nordwestdeutschland vom § 1 Abs. 2 Abschn. I
Instanzenzug: ArbG Wiesbaden, 4 Ca 3611/04 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Auskünfte nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes hinsichtlich der Monate Oktober und November 2004 zu erteilen und im Falle nicht fristgerechter Auskunftserteilung eine Entschädigung zu leisten.
Die Klägerin ist die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes. Sie ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Sie nahm erstinstanzlich auf der Grundlage des allgemeinverbindlichen Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) die Beklagte in ursprünglich drei getrennten und vom Arbeitsgericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Verfahren auf Auskunft und Beitragszahlung in Anspruch. Die von der Klägerin ursprünglich geltend gemachten Mindestbeitragsansprüche für gewerbliche Arbeitnehmer und Festbeitragsansprüche für Angestellte betrafen den Zeitraum Dezember 1998 bis August 2002 in der Gesamthöhe von 351.684,42 Euro. Der erstinstanzlich geltend gemachte Auskunftsanspruch betraf die gewerblichen Arbeitnehmer und die Angestellten im Zeitraum September 2002 bis November 2004.
Die Beklagte unterhält in K ein Werk, in dem Fertiggaragen hergestellt werden. Zur Herstellung des Garagenkubus werden in stationär eingebauten Schalungsanlagen die erforderlichen Bewehrungen aus Betonstahl eingebaut und mit Transportbeton gefüllt. Der gegossene Kubus wird mit einem Außen-und Innenanstrich, wie vom Kunden gewünscht, versehen. Anschließend wird das Tor eingebaut und das Dach abgedichtet. Sodann wird die fertige Garage auf einem speziellen Transportfahrzeug zu den jeweiligen Kunden, der die entsprechende Garage bei der Beklagten bestellt und für den die Beklagte auch die Erledigung des Bauantrages einschließlich der Statik übernommen hatte, transportiert. Dort wird die Garage auf dem Grundstück - regelmäßig auf ihrem endgültigen Standort - abgestellt, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob in allen oder lediglich in vielen Fällen das entsprechende Fundament vorab durch den Kunden vorbereitet worden ist. In wenigen Einzelfällen stellt die Beklagte auf Wunsch des Bestellers einen Anschluss an die Entwässerung her und bringt eine Fugenleiste zu optischen Zwecken zwischen Garage und Hauswand an. Mit der Fertigstellung der Garagen sind nach Angaben der Beklagten im Schnitt ca. 14 gewerbliche Arbeitnehmer und mit der Auslieferung der Garagen drei Fahrer beschäftigt.
Zwischen den Parteien ist beim Arbeitsgericht Wiesbaden ein Verfahren unter dem Az. 4 Ca 3122/03 anhängig gewesen, in welchem die Klägerin die Beklagte auf der Grundlage des Tarifvertrages über das Verfahren der überbetrieblichen Zusatzversorgung (TVZN) im Betonsteingewerbe Nordwestdeutschland auf Zahlung von Beiträgen auch hinsichtlich des im vorliegenden Verfahren streitigen Zeitraumes in Anspruch genommen hat. Die Klägerin hat diese Klage am zurückgenommen.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte unterhalte einen baugewerblichen Betrieb und sei deshalb zur Auskunft und Beitragszahlung verpflichtet. Die Beklagte stelle im Betrieb letztlich in konventioneller Bauweise vollkommen ausgebaute Garagen her, die sie sodann "passgenau" auf vorbereitete Fundamente abstelle und damit ein Bauwerk am endgültigen Standort erstelle. Jedenfalls sei die Garage ein Fertigbauteil, da sie in der Fabrik hergestellt und auf dem Bauplatz zusammengefügt werde, wobei nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien davon auszugehen sei, dass Fertigbauarbeiten nur dann vorlägen, wenn bei eigentlichen Bauarbeiten die herkömmliche Arbeitsweise durch das Zusammenfügen bzw. Einbauen vorgefertigter Bauteile ersetzt werde. Es sei nicht erforderlich, dass mehrere Fertigbauteile zusammengefügt würden. Wie viel Arbeitszeit auf das Herstellen und wie viel Arbeitszeit auf das Abstellen der Fertiggarage jeweils entfalle, sei unerheblich. Eine feste Verbindung mit dem Boden sei nicht erforderlich. Entscheidend sei die Zweckbestimmung, wonach beim Kunden eine Garage nach seinen Wünschen erstellt werde, weshalb jedenfalls der Geltungsbereich des § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV eröffnet sei.
Der TVZN sei nicht anwendbar, da die Beklagte keine Betonwaren herstelle, sondern fertige Bauwerke. Selbst wenn man von einem Fertigbau ausgehe, werde das hergestellte Fertigbauteil wie der gegossene Betonkubus zu einem fertigen Bauwerk zusammengefügt, in dem mindestens ein vorgefertigtes Garagentor - teilweise mit kompliziertem Antrieb - oder eine vorgefertigte Tür oder ein Fenster zur Komplettierung der bestellten Garage eingebaut werde. Die Kunden seien auch nicht "unbeteiligte Dritte" iSd. TVZN.
Die Beklagte unterhalte auch keine selbständige Betriebsabteilung, wenn drei Arbeitnehmer die Garagen zu ihrem Endstandpunkt transportierten. Selbst wenn eine solche vorläge, würde diese gem. § 1 Abs. 2 Abschn. VI Abs. 2 VTV erfasst.
Die Klägerin hatte zunächst beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 351.684,42 Euro zu zahlen,
2. ihr auf dem von ihr zur Verfügung gestellten Formular Auskunft darüber zu erteilen,
2.1 wie viele gewerbliche Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten September 2002 bis November 2004 in dem Betrieb der Beklagtenseite beschäftigt wurden, welche Bruttolohnsumme und welche Sozialkassenbei-träge insgesamt für diese Arbeitnehmer in den jeweils genannten Monaten angefallen sind,
2.2 wie viele Angestellte, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten - ausgenommen sind nur geringfügig Beschäftigte im Sinne des § 8 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) - in den Monaten September 2002 bis November 2004 in dem Betrieb der Beklagtenseite beschäftigt wurden und welche Zusatzversorgungsbeiträge in den jeweils genannten Monaten angefallen sind,
3. für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung erfüllt wird, an die Klägerin folgende Entschädigung zu zahlen:
zu 2.1: 155.700,00 Euro und
zu 2.2: 4.055,00 Euro.
Nachdem die Beklagte ihren ursprünglich unbeschränkten Berufungsantrag gegen das stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts eingeschränkt hat, sind nunmehr nur noch die Auskunftsverpflichtungen hinsichtlich der Monate Oktober und November 2004 im Streit, wobei die Parteien vereinbart haben, dass sie die Entscheidung der streitigen Rechtsfrage im vorliegenden Rechtsstreit im Ergebnis uneingeschränkt auf alle davor und danach liegenden Zeiträume übertragen werden.
Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag gemeint, sie sei nicht dem VTV unterworfen. Sie sei ein Betrieb des Betonwaren herstellenden Gewerbes und deshalb nach § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 1 VTV vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV nicht erfasst. Der Betrieb stelle keine Fertigteile iSd. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 VTV her. Es würden auch nicht mindestens zwei Fertigbauteile zusammengefügt, vielmehr laste die Fertiggarage kraft eigenem Gewichts auf der Erde ohne weitere Befestigung und könne auch wieder weggehoben werden. Auf die allgemeinen Vorschriften des § 1 Abs. 2 Abschn. I - IV VTV könne nicht zurückgegriffen werden, wenn sich bei einer Subsumtion unter einen Tatbestand des spezielleren § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV ergebe, dass ein Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt sei.
Jedenfalls werde der fachliche Geltungsbereich des VTV verdrängt durch den Tarifvertrag der Beton- und Fertigteilindustrie, der speziellere Regelungen enthalte. Diese grenzten sich ausdrücklich von den Tarifverträgen des Baugewerbes ab. In den Verbänden der Beton- und Fertigteilindustrie hätten sich die Hersteller von Betonwaren und Betonsteinprodukten, Betonfertigteilen und Betonelementen organisiert, die als Zulieferer der Bauindustrie ihre Produkte dem Baugewerbe zur Verfügung stellten. Die Produktion dieser Erzeugnisse erfolge ausschließlich stationär und im fabrikationsmäßigen Verfahren. Unter Beteiligung der Tarifvertragsparteien, auch derjenigen des VTV, sei vereinbart worden, dass ein Unternehmen, welches Fertigteile herstelle, jedenfalls den Betonfertigteiltarifen zuzuschlagen sei, wenn die Fertigteile stationär hergestellt und an nicht beteiligte Dritte veräußert würden. Die Herstellung von Betonfertigteilen solle dagegen nur dann den Bautarifverträgen unterfallen, wenn diese durch den Betrieb selbst bzw. ein gesellschaftsrechtlich verbundenes Unternehmen zusammengefügt und eingebaut würden. Die Beklagte stelle die Garagen in ihrer Fertigungshalle nach den Bestellungen fremder und mit ihr nicht verbundener Baufirmen oder nach Bestellungen von Privatleuten her. Sie montiere die Garagen nicht. Das Aufstellen der Garage sei von arbeitszeitlich untergeordneter Bedeutung.
Das Arbeitsgericht hat der Klage bis auf die verjährten Ansprüche auf Beitragszahlung für die Jahre 1998 und 1999 stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die auf die Monate Oktober und November 2004 beschränkte Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte weiterhin die vollständige Klageabweisung, während die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Gründe
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Der Klägerin steht der Anspruch auf Auskunft und Beitragszahlung zu.
I. Das Landesarbeitsgericht ist - teilweise durch Bezugnahme auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils - davon ausgegangen, dass die Beklagte die Auskunft gem. § 21 VTV schulde. Der Betrieb der Beklagten sei darauf ausgerichtet, Bauwerke herzustellen. Die Fertiggaragen seien mit baulichem Gerät hergestellte Anlagen und ruhten Kraft ihrer eigenen Schwere auf dem Erdboden. Es sei nicht erforderlich, dass die bauliche Anlage zu Wohnzwecken genutzt werden solle. Auch Tanks und Becken einer Kläranlage seien Bauwerke. Ob Fertigbauarbeiten durchgeführt würden, könne dahinstehen, da in jedem Fall die Arbeiten dem § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV unterfielen.
Der Betrieb der Beklagten unterfalle nicht dem Geltungsbereich der Tarifverträge des Betonsteingewerbes (TVZN) vom . Es sei zwar davon auszugehen, dass die Beklagte Betonwaren stationär herstelle, nämlich den aus Stahlbeton gegossenen Garagenkubus, da dieser ohne weiteres an Dritte zur weiteren Verarbeitung oder sonstigen Verwendung veräußert werden könne. Jedenfalls sei dieser ein Betonfertigbauteil. Dies seien Bauteile aus einem oder mehreren Bau- oder Werkstoffen, die serienmäßig oder zumindest in größerer Stückzahl in entsprechenden Betrieben oder Werken für den Einbau auf der Baustelle gefertigt würden und als komplette Einheit verschiedene Bauleistungen enthalten könnten. Dabei komme es nicht entscheidend darauf an, dass dieses Fertigbauteil nicht seinerseits aus mehreren Einzelteilen zusammengesetzt, sondern als Ganzes gegossen werde. Mit diesem - stationär hergestellten - Fertigbauteil solle im weiteren Verlauf der Komplettierung der Garage die konventionelle Arbeitsweise ersetzt werden. Es komme nicht darauf an, dass darüber hinaus im Betrieb der Beklagten weitergehende Montagetätigkeiten wie das Einsetzen des Garagentors, die Herstellung der Dachverkleidung und ggf. das Anbringen einer Außentür erbracht würden. Jedoch seien die Kunden der Beklagten als Endverbraucher keine "nicht beteiligte Dritte" im Sinne des TVZN, wenn die hergestellten Fertigbauteile zum überwiegenden Teil durch den herstellenden Betrieb selbst zur Erstellung von Bauwerken zusammengefügt oder eingebaut würden. Die Beklagte erstelle vielmehr das Bauwerk, indem sie das eine Fertigbauteil, den Garagenkubus, um Garagentor, Tür, Dachverkleidung und Farbanstrich ergänzt, auf dem vom Kunden vorgegebenen Grundstück absetze und auf diese Weise die Garagen ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauch zuführe. Daher greife die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 2 Abschn. I TVZN ein und es sei § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 BRTV-Bau/VTV anwendbar. Es könne dahinstehen, ob die allgemeinen Bestimmungen der Abschnitte II und III des § 1 Abs. 2 VTV Anwendung finden könnten, da es eines Rückgriffes nicht bedürfe, wenn der Garagenkubus als Betonfertigbauteil angesehen werde.
Die Beklagte habe die Voraussetzungen einer selbständigen Betriebsabteilung nicht dargelegt, die dem Geltungsbereich des TVZN unterfallen könne. Der VTV sei auch für allgemeinverbindlich erklärt, Ausnahmen seien nicht ersichtlich. Soweit Einschränkungen der Allgemeinverbindlicherklärung vom bestehen könnten, könne dies dahinstehen, da diese Allgemeinverbindlicherklärung nicht den streitgegenständlichen Klagezeitraum betreffe.
II. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision überwiegend stand. Die Klägerin hat Anspruch auf die geltend gemachten Auskünfte nach § 21 des allgemeinverbindlichen Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom in der Fassung vom .
1. Die von der Beklagten arbeitszeitlich überwiegend durchgeführten Arbeiten unterfielen im Klagezeitraum dem betrieblichen Geltungsbereich des § 1 Abs. 2 VTV.
a) Hiernach gilt:
"§ 1 Geltungsbereich
(1) Räumlicher Geltungsbereich:
Das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.
(2) Betrieblicher Geltungsbereich:
Betriebe des Baugewerbes. Das sind alle Betriebe, die unter einen der nachfolgenden Abschnitte I bis IV fallen.
Abschnitt I
Betriebe, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich Bauten aller Art erstellen.
Abschnitt II
Betriebe, die, soweit nicht bereits unter Abschnitt I erfasst, nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die - mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen - der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.
Abschnitt III
Betriebe, die, soweit nicht bereits unter Abschnitt I oder II erfasst, nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung - mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen - gewerblich sonstige bauliche Leistungen erbringen.
Abschnitt IV
Betriebe, in denen die nachstehend aufgeführten Arbeiten ausgeführt werden:
...
Abschnitt V
Zu den in den Abschnitten I bis III genannten Betrieben gehören z.B. diejenigen, in denen Arbeiten der nachstehend aufgeführten Art ausgeführt werden:
...
13. Fertigbauarbeiten: Einbauen oder Zusammenfügen von Fertigbauteilen zur Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung oder Änderung von Bauwerken; ferner das Herstellen von Fertigbauteilen, wenn diese zum überwiegenden Teil durch den Betrieb, einen anderen Betrieb desselben Unternehmens oder innerhalb von Unternehmenszusammenschlüssen - unbeschadet der gewählten Rechtsform -durch den Betrieb mindestens eines beteiligten Gesellschafters zusammengefügt oder eingebaut werden;
...
Abschnitt VI
Betriebe, soweit in ihnen die unter den Abschnitten I bis V genannten Leistungen überwiegend erbracht werden, fallen grundsätzlich als Ganzes unter diesen Tarifvertrag. Betrieb im Sinne dieses Tarifvertrages ist auch eine selbständige Betriebsabteilung. Als solche gilt auch eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die außerhalb der stationären Betriebsstätte eines nicht von den Abschnitten I bis IV erfassten Betriebes baugewerbliche Arbeiten ausführt.
Werden in Betrieben des Baugewerbes in selbständigen Abteilungen andere Arbeiten ausgeführt, so werden diese Abteilungen dann nicht von diesem Tarifvertrag erfasst, wenn sie von einem spezielleren Tarifvertrag erfasst werden.
Abschnitt VII
Nicht erfasst werden Betriebe
1. des Betonwaren und Terrazzowaren herstellenden Gewerbes,
..."
b) Ein Betrieb ist dann dem Baugewerbe im tariflichen Sinne zuzuordnen, wenn seine betrieblichen Tätigkeiten entweder in der Einzelaufstellung (§ 1 Abs. 2 Abschn. V VTV) genannt sind oder unter die allgemeinen Bestimmungen der Abschnitte I - III des § 1 Abs. 2 VTV fallen.
Für die Frage, ob im Betrieb der Beklagten vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfasste Tätigkeiten verrichtet worden sind, ist auf die arbeitszeitlich überwiegende Tätigkeit der Arbeitnehmer der Beklagten und nicht auf wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst, aber auch nicht auf handels- und gewerberechtliche Kriterien abzustellen (st. Rspr. vgl. - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 193 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 79; - 10 AZR 182/03 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 263; - 10 AZR 119/04 -; - 10 AZR 392/05 -; - 10 AZR 576/05 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 287 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 128; - 10 AZR 637/05 - und - 10 AZR 698/05 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 289 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 132). Betriebe, die überwiegend eine oder mehrere der in den Beispielen des § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV genannten Tätigkeiten ausführen, fallen unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV, ohne dass die Erfordernisse der allgemeinen Merkmale der Abschnitte I bis III geprüft werden müssen (st. Rspr. vgl. -BAGE 45, 11; - 10 AZR 182/03 - aaO; - 10 AZR 488/03 -; - 10 AZR 392/05 -; - 10 AZR 576/05 -aaO; - 10 AZR 637/05 - und - 10 AZR 698/05 - aaO). Erläutern die Tarifvertragsparteien ein solches Tätigkeitsbeispiel in einem Klammerzusatz, bringen sie damit zum Ausdruck, dass die im Klammerzusatz genannten Beispiele das Tätigkeitsbeispiel erfüllen (vgl. -; - 10 AZR 1018/94 -; - 10 AZR 207/92 - BAGE 74, 238).
Unerheblich ist die Einschätzung der Arbeitsverwaltung, die den Charakter von Tätigkeiten auf Grund anderslautender Vorschriften dahingehend beurteilt, ob ein Betrieb zur Winterbauumlage herangezogen wird. Dies kann anderen Kriterien unterliegen als denjenigen zum betrieblichen Geltungsbereich des VTV.
2. Danach wird der Betrieb der Beklagten vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfasst, denn in ihrem Betrieb werden Fertigbauarbeiten iSd. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 VTV ausgeführt.
a) Fertigbau ist die Herstellung eines Gebäudes in Fertigbauweise (Duden Deutsches Universalwörterbuch 4. Aufl. Stichwort "Fertigbau"). Fertigbauweise ist eine Bauweise unter Verwendung in einer Fabrik hergestellter und auf der Baustelle zum Gesamtbauwerk zusammengefügter Bauteile wie Decken oder Wände (Wahrig Deutsches Wörterbuch 7. Aufl. Stichwort "Fertigbauweise"; Peter Lexikon der Bautechnik Stichwort "Fertigbauweise"). Fertigbauteile sind Bauteile aus einem oder mehreren Bau- oder Werkstoffen, die serienmäßig oder zumindest in größerer Stückzahl in entsprechenden Betrieben oder Werken für den Einbau auf der Baustelle gefertigt werden und als komplette Einheit verschiedene Bauleistungen enthalten können, wie zB Wandbauteile mit eingebauten Installationen oder fertiger Oberfläche (Peter Lexikon der Bautechnik Stichwort "Fertigbauteile"). Ein Betrieb führt damit nur dann Fertigbauarbeiten im Sinne des tariflichen Tätigkeitsbeispieles in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 VTV aus, wenn er entweder Bauwerke mit solchen Fertigteilen vollständig in Fertigbauweise errichtet oder solche Fertigbauteile zur Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung oder Änderung von Bauwerken einbaut oder zusammenfügt und mit dieser Verwendung kompletter Baueinheiten die herkömmliche, konventionelle Arbeitsweise am Bau ersetzt. Bei einem solchen Verständnis werden Tätigkeiten, bei denen vorgefertigte Bauelemente schon immer oder doch jedenfalls seit langem nach Herkommen und Üblichkeit in der Baubranche "fertig" eingebaut werden, vom Tarifbegriff "Fertigbauarbeiten" nicht erfasst, zB der Einbau von Türen, Toren und Fenstern ( - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 287 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 128).
b) Die Beklagte stellt Fertigbauteile her. Die Garagen bestehen aus Bauteilen, die aus mehreren Bau- und Werkstoffen bestehen, nämlich dem Betonkubus, der in einem Stück in klassischer Betongussweise hergestellt wird, und je nach der individuellen Bestellung des Kunden sodann mit einem Farbanstrich, einem Tor, ggf. Fenstern, einer Dachverkleidung und ggf. einer Außentür versehen wird. Mit diesem Fertigbauteil wird die konventionelle Arbeitsweise bei der Herstellung einer Garage ersetzt. Die Beklagte stellt diese Bauteile stationär her.
Sie baut diese Betonfertigteile auf der Baustelle auch ein. Sie setzt nämlich die Garagen idR passgenau auf ein vorbereitetes Fundament. Selbst in den Fällen, in denen sie die Garagen unmittelbar auf dem Erdboden aufsetzt - was wegen des möglichen Eindringens von Feuchtigkeit nicht sehr häufig vorkommen dürfte und auch den eigenen Produktbeschreibungen der Beklagten widerspräche - stellt sie ebenfalls ein Bauwerk her, das irgendwie mit dem Erdboden verbunden ist oder infolge seiner eigenen Schwere auf dem Erdboden ruht. Die tarifliche Bestimmung erfordert nicht, dass das Bauwerk mit dem Erdboden fest verbunden wird und nicht nur einem vorübergehenden Zweck dient ( - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 130). Sie ersetzt damit die konventionelle Bauweise einer Garage, deren Wände ursprünglich gemauert, deren Boden gegossen und deren Dach entweder als Steil- oder Flachdach gefertigt worden war. Jedenfalls derzeit ist nicht davon auszugehen, dass Garagen "schon immer" als Fertigteile verwendet wurden. Das Bauwerk "Garage" ist erst dann seinem bestimmungsgemäßen Zweck zugeführt und damit fertiggestellt, wenn es auf dem Boden bzw. Fundament steht und somit als Garage nutzbar ist.
Auch in der finanzgerichtlichen Entscheidungspraxis wird ein Bauwerk als Gebäude angesehen, wenn es fest mit dem Grund und Boden verbunden ist. Das ist der Fall, wenn einzelne oder durchgehende Fundamente vorhanden sind, das Bauwerk auf diese gegründet und dadurch mit dem Boden verankert ist. Befindet sich das Bauwerk auf einem Fundament, so ist es unerheblich, ob es mit diesem fest verbunden ist. Ausreichend ist es unter Umständen auch, dass ein Bauwerk kraft seiner Eigenschwere auf den Trägerelementen ruht. Der Begriff des Fundamentes ist dabei nicht eng auszulegen, es genügt für die Annahme vielmehr jede gesonderte (eigene) Einrichtung, die eine feste Verbindung des aufstehenden Bauwerkes mit dem Grund und Boden bewirkt. Eine feste Verbindung mit dem Grund und Boden wird beispielsweise durch einen gegossenen Zementboden auch dann hergestellt, wenn dieser sich nicht in der Erde oder im Boden befindet ( - BFHE 154, 143). Dies trifft damit auch auf den bereits in dem Betrieb der Beklagten gegossenen Boden zu.
c) Die Entscheidung des - 4 ABR 63/98 - BAGE 95, 339) steht dem gefundenen Ergebnis nicht entgegen. Ihr zufolge fällt ein Betrieb, der die Herstellung eines Bauwerkes schuldet, das aus von ihm hergestellten Fertigbauteilen zusammengefügt wird, unter den betrieblichen Geltungsbereich des BRTV-Bau. Die Entscheidung hat es, da es nicht darauf ankam, offengelassen, ob ua. das Fertiggaragengeschäft Tätigkeiten betreffe, die in den betrieblichen Geltungsbereich des BRTV-Bau fallen, dies jedoch nicht ausgeschlossen.
3. Es kommt daher nicht darauf an, ob der betriebliche Geltungsbereich auch über die allgemeine Vorschrift des § 1 Abs. 2 VTV eröffnet ist.
4. Der Betrieb der Beklagten fällt nicht unter den Geltungsbereich eines spezielleren Tarifvertrages bzw. ist auch nicht nach § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 1 VTV von dessen betrieblichem Geltungsbereich ausgenommen.
a) Die Geltungsbereiche des TVZN und des VTV schließen sich gegenseitig aus. Im Tarifvertrag über die überbetriebliche Zusatzversorgung (TVZN) im Betonsteingewerbe (Beton- und Fertigteilindustrie und Betonsteinhandwerk) Nordwestdeutschland vom , der vom räumlichen Geltungsbereich her anwendbar ist, heißt es zum betrieblichen Geltungsbereich in § 1 Abs. 2:
"Betrieblicher Geltungsbereich:
Abschnitt I:
Beton- und Betonfertigteilwerke.
Hierunter fallen alle industriellen und handwerklichen Betriebe, die Betonwaren, Stahlbetonwaren, Porenbetonerzeugnisse, Betonwerkstein und Betonfertigbauteile aller Art stationär herstellen und diese zum überwiegenden Teil an nicht beteiligte Dritte veräußern.
Werden die hergestellten Fertigbauteile dagegen zum überwiegenden Teil durch den herstellenden Betrieb selbst ... zur Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung oder Änderung von Bauwerken zusammengefügt oder eingebaut (Fertigteilherstellung im Baubetrieb gemäß § 1 Abschnitt V Ziffer 13 des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe vom - BRTV-Bau - in der Fassung vom ), so fällt der herstellende Betrieb nur dann unter diesen Tarifvertrag, wenn er Mitglied eines der vertragsschließenden Verbände ist und entweder
1. bereits am dort Mitglied war
oder
...
3. nach dem gegründet und vor Ablauf eines Jahres nach der Produktionsaufnahme Mitglied eines der vertragsschließenden Verbände geworden ist, ohne zuvor die Mitgliedschaft in einem Verband des Baugewerbes erworben zu haben.
...
Als Betriebe gelten auch selbständige Betriebsabteilungen.
Abschnitt II:
Erfasst werden auch solche Betriebe, die im Rahmen eines mit Betrieben der Beton- und Betonfertigteilwerke bestehenden Zusammenschlusses - unbeschadet der gewählten Rechtsform - ausschließlich oder überwiegend für die angeschlossenen Betriebe der Beton- und Betonfertigteilwerke die kaufmännische und technische Verwaltung, den Vertrieb, Planungsarbeiten, das Transportwesen, Laborarbeiten, Prüfarbeiten sowie die Güteüberwachung übernehmen, soweit diese Betriebe nicht von einem spezielleren Tarifvertrag erfasst werden."
Damit wird deutlich, dass ein Betrieb, der hergestellte Fertigbauteile selbst zur Erstellung eines Bauwerkes einbaut, wovon hier auszugehen ist, nicht dem betrieblichen Geltungsbereich des TVZN unterliegen kann.
Es kommt daher nicht darauf an, ob der Garagenkubus als "Stahlbetonware" im Sinne des TVZN anzusehen ist. Jedenfalls ist es ausgeschlossen, dass bei einem "Einbau" der hergestellten Fertigbauteile beim Kunden diese "nicht beteiligte Dritte" wären. Solche "nicht beteiligte Dritte" sind vielmehr beispielsweise Zwischenhändler oder Baumärkte. Dass die beauftragenden Kunden nicht gleichzeitig "nicht beteiligte Dritte" sein können, wird aus der Formulierung deutlich, wonach der Geltungsbereich dann nicht gegeben ist, wenn die hergestellten Fertigbauteile "dagegen" zum überwiegenden Teil durch den herstellenden Betrieb selbst eingebaut werden.
Die Beklagte hat in ihrer Revision nicht mehr die Ansicht vertreten, dass sie im Streitzeitraum kraft Mitgliedschaft unter den betrieblichen Geltungsbereich des TVZN fallen könnte. Hierfür sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich.
b) Aus demselben Grund unterfällt der Betrieb auch nicht den Ausnahmevorschriften des Abschnittes VII in § 1 Abs. 2 VTV. Der Betrieb der Beklagten gehört nicht zum Betonwaren herstellenden Gewerbe, da sich die Tätigkeit nicht in der Herstellung des Garagenkubus erschöpft, sondern sie Betonfertigteile herstellt und einbaut.
5. Auch bezüglich der drei Arbeitnehmer, die den Transport und den Einbau der Fertiggaragen vornehmen, ist der Geltungsbereich des TVZN nicht eröffnet. Die Beklagte hat nämlich die Voraussetzungen einer selbständigen Betriebsabteilung, die dem Transport der Fertiggaragen dienen könnte, nicht dargelegt. Eine Betriebsabteilung ist ein räumlich, personell und organisatorisch vom Gesamtbetrieb abgegrenzter Betriebsteil, der mit eigenen technischen Betriebsmitteln einen eigenen Betriebszweck verfolgt, welcher auch ein Hilfszweck sein kann ( - EzA AEntG § 1 Nr. 9). Das zusätzliche tarifliche Merkmal der Selbständigkeit erfordert eine auch für Außenstehende wahrnehmbare räumliche und organisatorische Abgrenzung sowie einen besonders ausgeprägten spezifischen arbeitstechnischen Zweck. Eine bloße betriebsinterne Spezialisierung der Art, das getrennte Arbeitsgruppen jeweils bestimmte Aufgaben versehen, genügt nicht ( - BAGE 111, 302). Die Beklagte hat nichts dazu vorgetragen, dass abgesehen von der betriebsinternen Spezialisierung des Transportes und der Bedienung des Kranwagens zum Einbau der Garage eine organisatorische Abgrenzung bestünde, die auch für Außenstehende wahrnehmbar ist, wie zum Beispiel eine eigene fachliche Leitung und organisatorische und kaufmännische Trennung. Auch die drei Fahrer sind daher am Gesamtzweck des Betriebes, nämlich der Herstellung und dem Einbau der Fertiggaragen beteiligt.
6. Für den streitgegenständlichen Zeitraum war der VTV für allgemeinverbindlich erklärt. Die Beklagte hat keine Tatsachen behauptet, aus denen sich ergeben könnte, dass sie Einschränkungen der Allgemeinverbindlicherklärung vom unterfallen könnte. Insoweit hat die Beklagte das Urteil des Landesarbeitsgerichts in ihrer Revision auch nicht angegriffen. Ob Einschränkungen hinsichtlich späterer Allgemeinverbindlicherklärungen zutreffen, kann dahinstehen, da sie nicht den streitgegenständlichen Zeitraum betreffen.
7. Der der Höhe nach nicht streitige Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung folgt aus § 61 Abs. 2 ArbGG.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
FAAAC-88789
1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein