Leitsatz
[1] a) Die Erklärung des Versicherungsnehmers gegenüber seinem Lebensversicherer, ein Dritter sei für die Todesfallleistung bezugsberechtigt, beinhaltet bezogen auf das Valutaverhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Dritten regelmäßig den konkludenten Auftrag, dem Dritten nach Eintritt des Versicherungsfalles das Zuwendungsangebot des Versicherungsnehmers zu überbringen.
b) Ob der Dritte die Versicherungsleistung im Verhältnis zu den Erben des Versicherungsnehmers behalten darf, beantwortet grundsätzlich allein des Valutaverhältnis (Fortführung von BGHZ 157, 79, 82 f. und der VersR 1975, 706 unter 1 a; IVa ZR 26/86 VersR 1987, 659 unter 2).
c) Erlangt der Dritte nach dem Tode des Versicherungsnehmers Kenntnis von seiner Bezugsberechtigung und fordert er deshalb vom Versicherer die Todesfallleistung, so wird ihm ein Schenkungsangebot des Versicherungsnehmers nicht schon dadurch übermittelt, dass der Versicherer Unterlagen zur Prüfung des Sachverhalts (hier die Übersendung des Versicherungsscheins und einer Sterbeurkunde) anfordert.
d) Zur Auslegung einer an den Versicherer gerichteten Erklärung, nach deren Wortlaut die Erben des Versicherungsnehmers allein die im Deckungsverhältnis eingeräumte Bezugsberechtigung des Dritten anfechten.
e) § 120 BGB ist nicht anzuwenden, wenn der dem Boten erteilte Auftrag vor Übermittlung der Erklärung an den Empfänger wirksam widerrufen wurde.
Gesetze: BGB § 120 C; BGB § 133; VVG § 166
Instanzenzug: LG Flensburg, 2 O 392/04 vom OLG Schleswig, 3 U 45/05 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Todesfallleistung aus einer Lebensversicherung.
Der Ehemann der Beklagten (im Folgenden: Versicherungsnehmer) hatte bei der ... Lebensversicherung AG (im Folgenden: Versicherer) eine kapitalbildende Lebensversicherung gehalten und zunächst der Beklagten und dem im Oktober 2001 geborenen gemeinsamen Sohn die Bezugsberechtigung für die Todesfallleistung eingeräumt.
Ab Februar 2004 lebte der Versicherungsnehmer mit der Klägerin in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammen. Er wollte sich von der Beklagten scheiden lassen. Mit an den Versicherer gerichtetem Schreiben vom widerrief er die ursprüngliche Bezugsberechtigung und setzte stattdessen die Klägerin als Bezugsberechtigte für die Todesfallleistung ein, was ihm der Versicherer mit Schreiben vom bestätigte.
Am Abend des verließ der Versicherungsnehmer nach einer Aussprache mit der Klägerin, die sich von ihm trennen wollte, gegen 22.30 Uhr die gemeinsame Wohnung. Um 22.58 Uhr stürzte er sich von der über den Nordostseekanal führenden Brücke der Bundesautobahn 23 (Rader Hochbrücke). In derselben Nacht erlag er den dabei erlittenen inneren Verletzungen.
Nach Sichtung der Versicherungsunterlagen wies der Vater des Versicherungsnehmers die Klägerin im Laufe des auf ihre Bezugsberechtigung für die Todesfallleistung hin. Die Klägerin beauftragte ihn daraufhin, diese gegenüber dem Versicherer geltend zu machen. In einem vom Vater noch am selben Tage mit dem Versicherer geführten Telefonat forderte der zuständige Sachbearbeiter zunächst die Übersendung der Versicherungspolice und einer Sterbeurkunde. Letztere wurde dem Versicherer vom Vater des Versicherungsnehmers am zugestellt.
Die Beklagte und ihr Sohn sind aufgrund gesetzlicher Erbfolge je zur Hälfte Erben des Versicherungsnehmers. Mit anwaltlichem Schreiben vom wandte sich der Streithelfer der Beklagten in deren Auftrag an den Versicherer. Wörtlich heißt es darin unter anderem:
"Hiermit fechte ich die rechtsgeschäftliche Erklärung des [Versicherungsnehmers], mit welcher dieser [die Klägerin] als Begünstigte seiner Lebensversicherung eingesetzt hat, im Namen meiner Mandantin an.
...
Das Recht zur Anfechtung steht meiner Mandantin als Erbin und Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehegatten zu. ...
Ob Sie die Lebensversicherungssumme an [die Klägerin] zur Auszahlung bringen, steht natürlich in Ihrem Ermessen. Allerdings besteht das Risiko einer zweiten Inanspruchnahme. Sollte die Abänderung der Begünstigung wegen der Anfechtung oder wegen Geschäftsunfähigkeit nichtig sein, so wird meine Mandantin auf ihre Rechte aus dem Lebensversicherungsvertrag bestehen."
Das Schreiben erreichte den Versicherer spätestens am . Dieser wies die Beklagte mit Schreiben vom darauf hin, dass er sich für verpflichtet halte, die Versicherungsleistung an die Klägerin auszuzahlen, weil deren Bezugsberechtigung durch den Versicherungsfall unwiderruflich geworden sei und er der Klägerin zudem mit Schreiben vom das Schenkungsangebot des Versicherungsnehmers überbracht habe. Dennoch hinterlegte der Versicherer die Versicherungssumme sodann beim Amtsgericht Wiesbaden unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme.
Mit Klage und Widerklage fordern die Parteien wechselseitig die Freigabe des hinterlegten Betrages. Unter Abweisung des jeweils entgegengerichteten Begehrens haben das Landgericht der Widerklage und das Berufungsgericht der Klage stattgegeben. Mit der Revision erstrebt der Streithelfer der Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Gründe
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin die Todesfallleistung aus der Lebensversicherung zu.
Der Versicherungsnehmer habe sie noch zu Lebzeiten nach § 166 VVG zur Bezugsberechtigten bestimmt. Nach der Bestätigung durch den Versicherer sei insoweit ein Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall zustande gekommen, kraft dessen die Klägerin im Zeitpunkt des Todes des Versicherungsnehmers außerhalb des Erbganges einen unmittelbaren, unwiderruflichen Anspruch gegen den Versicherer auf Auszahlung der Versicherungsleistung erworben habe. Dieses mit dem Eintritt des Versicherungsfalls unentziehbare Recht der Klägerin habe durch rechtsgeschäftliche Erklärungen der Erben des Versicherungsnehmers nicht mehr entfallen können.
Die Zuwendung der Todesfallleistung sei auch nicht ohne Rechtsgrund erfolgt. Vielmehr bestehe ein Valutaverhältnis zwischen dem verstorbenen Versicherungsnehmer, bzw. seinen Erben, und der Klägerin, welches allein dafür entscheidend sei, dass sie die ihr im versicherungsrechtlichen Deckungsverhältnis zugewendete Leistung auch behalten dürfe. Mangels Anhaltspunkten für einen anderen Rechtsgrund spreche nach der Lebenserfahrung regelmäßig eine Vermutung dafür, dass ein Versicherungsnehmer mit der Einräumung der Bezugsberechtigung die davon erfasste Versicherungsleistung dem Begünstigten schenken wolle. So sei es auch hier.
Zwar sei der Schenkungsvertrag zwischen der Klägerin und dem Versicherungsnehmer nicht zu dessen Lebzeiten geschlossen worden, letzterer habe jedoch bei Änderung der Bezugsberechtigung den Versicherer zugleich damit beauftragt, der nunmehr begünstigten Klägerin das entsprechende Schenkungsangebot zu übermitteln. Wenngleich Bedenken gegen die Annahme der Klägerin bestünden, die Schenkung sei bereits unter Vermittlung des Vaters des Versicherungsnehmers am zustande gekommen, habe der Versicherer ihr jedenfalls mit dem Schreiben vom ein wirksames Schenkungsangebot überbracht, das sie stillschweigend angenommen habe. Da der Rechtserwerb im Deckungsverhältnis mit dem Versicherungsfall unwiderruflich eingetreten sei, sei die Schenkung auch wirksam vollzogen und scheitere mithin nicht an der Formvorschrift des § 518 Abs. 1 BGB.
Mit dem Anwaltsschreiben vom hätten die Erben des Versicherungsnehmers dessen Auftrag an den Versicherer zur Übermittlung des Schenkungsangebots nicht widerrufen. Das Schreiben beziehe sich seinem klaren Wortlaut nach allein auf die im Deckungsverhältnis mit Schreiben vom eingeräumte Bezugsberechtigung. Allein darauf sei die Anfechtungserklärung gerichtet. Irgendwelche Erklärungen zum Widerruf eines dem Versicherer erteilten Botenauftrages enthalte das Schreiben dagegen nicht.
Im Übrigen sei der Klägerin mit Schreiben vom selbst dann ein wirksames Schenkungsangebot unterbreitet worden, wenn das Schreiben vom einen konkludenten Widerruf des Botenauftrages enthalten hätte. Denn nach §§ 120, 130 Abs. 1 Satz 2 BGB trage der Erklärende das Risiko der falschen Übermittlung einer Willenserklärung durch einen Boten, solange - wie hier nicht - dem Erklärungsgegner nicht vor oder zeitgleich mit der Übermittlung ein Widerruf des Erklärenden zugehe. Eine bewusste Falschübermittlung liege angesichts der Unklarheit des Anwaltsschreibens vom nicht vor.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Im Streit zweier Forderungsprätendenten über die Auszahlung hinterlegten Geldes steht dem wirklichen Rechtsinhaber gegen den anderen Prätendenten ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Einwilligung in die Herausgabe zu, denn letzterer hat auf Kosten des wahren Gläubigers rechtsgrundlos die Stellung eines Hinterlegungsbeteiligten erlangt ( - NJW 2000, 291 unter V 1 a m.w.N.). Wer wirklicher Rechtsinhaber ist, entscheidet das materielle Recht. Danach kann die Klägerin hier ungeachtet ihrer im Versicherungsverhältnis begründeten Stellung als Bezugsberechtigte für die Todesfallleistung von der Beklagten die Freigabe der hinterlegten Todesfallleistung aus der Lebensversicherung des verstorbenen Ehemannes der Beklagten nicht verlangen. Stattdessen stand der aus der Beklagten und ihrem Sohn bestehenden Erbengemeinschaft nach dem verstorbenen Versicherungsnehmer der Anspruch auf die Versicherungsleistung gegen den Versicherer zu, von dem sich dieser durch Hinterlegung befreit hat (§ 378 BGB).
Nach § 2039 BGB ist die Beklagte als Miterbin befugt, den Freigabeanspruch im eigenen Namen mit dem Ziel einer Leistung an alle Erben geltend zu machen.
1. Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, ist bei Verfügungen unter Lebenden zugunsten Dritter auf den Todesfall zwischen dem Deckungsverhältnis - hier dem im Rahmen des Lebensversicherungsvertrages abgeschlossenen Vertrag zugunsten der Klägerin (§§ 328, 331 BGB), kraft dessen ihr das Bezugsrecht für die Todesfallleistung eingeräumt wurde - und dem Zuwendungsverhältnis (Valutaverhältnis) zwischen dem Verfügenden und dem Begünstigten (der Klägerin) zu unterscheiden. Beide Rechtsverhältnisse unterliegen sowohl hinsichtlich der durch sie begründeten Rechtsbeziehungen als auch mit Blick auf die Anfechtung von Willenserklärungen dem Schuldrecht. Erbrechtliche Bestimmungen finden insoweit keine Anwendung (vgl. dazu BGHZ 157, 79, 82 f. m.w.N.; - NJW 1975, 382, 383 jeweils für eine Bankanweisung; vom - IV ZR 123/75 - WM 1976, 1130 unter I für die Zuwendung von Wertpapiererlösen mittels Anweisung an eine Bank; vom - IV ZR 63/74 - VersR 1975, 706 unter 1 a; vom - IVa ZR 26/86 - VersR 1987, 659 unter 2; OLG Hamm NJW-RR 2002, 1605 jeweils für die Bezugsberechtigung aus einer Lebensversicherung).
a) Die von einem Verstorbenen zu Lebzeiten begründete Bezugsberechtigung für die Todesfallleistung aus einer Lebensversicherung verschafft dem Begünstigten im Versicherungsfall eine im Deckungsverhältnis jedenfalls insoweit unentziehbare Rechtsstellung, als die Erben des Versicherungsnehmers die Bezugsberechtigung nicht mehr ändern oder widerrufen können (Senatsurteil vom - IV ZR 242/92 - VersR 1993, 1219 unter 4).
b) Ob der von einer Bezugsberechtigung Begünstigte die Versicherungsleistung im Verhältnis zu den dem Versicherungsnehmer nachfolgenden Erben behalten darf, beantwortet grundsätzlich allein das Valutaverhältnis. § 2301 BGB ist insoweit nicht anzuwenden (BGHZ aaO S. 82). Als Valutaverhältnis kommt hier, wie das Berufungsgericht unangegriffen festgestellt hat, allein eine Schenkung in Betracht. Die Erklärung des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherer, es werde der Klägerin eine Bezugsberechtigung für die Todesfallleistung einer Lebensversicherung eingeräumt, ist - bezogen auf das Valutaverhältnis - zugleich als konkludenter Auftrag an den Lebensversicherer zu verstehen, ihr nach Eintritt des Versicherungsfalles das Schenkungsangebot des Versicherungsnehmers zu überbringen.
Ein insoweit mit Botendiensten beauftragter Versicherer erfüllt diesen Auftrag in der Regel durch Auszahlung der Versicherungssumme an den Begünstigten, weil darin konkludent das Schenkungsangebot des verstorbenen Versicherungsnehmers zum Ausdruck kommt. Dieses Angebot kann der Begünstigte durch Annahme des Geldes konkludent annehmen (vgl. für eine Bankanweisung: Senatsurteil vom aaO).
2. Im hier zu entscheidenden Fall ist ein wirksamer Schenkungsvertrag zwischen dem Versicherungsnehmer und der Klägerin allerdings nicht zustande gekommen.
a) Das Telefonat, das der Vater des Versicherungsnehmers im Auftrage der Klägerin am mit einem Sachbearbeiter des Versicherers geführt hat, konnte einen solchen Vertragsschluss noch nicht herbeiführen. Zwar mag der Vater in Kenntnis der Bezugsberechtigung der Klägerin dem Versicherer bereits an diesem Tage deren Bereitschaft, die Versicherungssumme entgegenzunehmen, mitgeteilt und so konkludent bereits im Voraus die Annahme der erwarteten Angebotsübermittlung durch den Versicherer erklärt haben. Auch bestehen keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass eine wirksame Annahme bereits vor Abgabe des entsprechenden Angebots erklärt werden kann (vgl. dazu BGHZ 149, 129, 134). Jedenfalls konnte ein Schenkungsvertrag erst dann zustande kommen, wenn seitens des Versicherers am ein inhaltlich mit der Annahmeerklärung übereinstimmendes Schenkungsangebot des Versicherungsnehmers übermittelt worden wäre.
aa) Der Versicherer hat der Klägerin das Schenkungsangebot des verstorbenen Versicherungsnehmers am noch nicht unterbreitet. Er hat weder die Versicherungssumme ausgezahlt noch anderweitig eine Erklärung des Versicherungsnehmers übermittelt. Vielmehr hat er lediglich Belege zur Prüfung des seitens der Klägerin erhobenen Anspruchs (Versicherungspolice, Sterbeurkunde) angefordert. Er hat damit zum Ausdruck gebracht, dass er erst nach Prüfung der Sachlage bereit war, weitere Erklärungen zu übermitteln (vgl. Senatsurteil vom - IV ZR 123/75 - WM 1976, 1130 unter II 3). Dass er sein Verhalten noch nicht als Übermittlung des Schenkungsangebots verstanden wissen wollte, zeigt auch der Umstand, dass er dieses Angebot der Klägerin erst mit Schreiben vom übersandt hat. Soweit die Revisionserwiderung behauptet, der Vater des Versicherungsnehmers habe als Empfangsbote der Klägerin das Schenkungsangebot bereits am vom Versicherer unterbreitet bekommen, findet dies im bisherigen Vortrag der Klägerin keine Stütze.
bb) Die Klägerin hat sich außerdem darauf berufen, sie habe am durch den Vater des Versicherungsnehmers von ihrer Bezugsberechtigung erfahren. Das ersetzt die Übermittlung des Schenkungsangebots an die Klägerin aber nicht (vgl. dazu - NJW 1979, 2032 unter II 1).
3. Das Schenkungsangebot des Versicherungsnehmers hat der Versicherer der Klägerin erst mit Schreiben vom übersandt. Ein wirksamer Schenkungsvertrag konnte hierdurch nicht mehr begründet werden. Denn die Beklagte hatte mit anwaltlichem Schreiben ihres Streithelfers vom den dem Versicherer erteilten Übermittlungsauftrag widerrufen. Da die Beklagte das alleinige Sorgerecht für den einzigen Miterben neben ihr, ihren minderjährigen Sohn, ausübt, bestehen auch keine rechtlichen Bedenken gegen die Annahme, dass sie bei Beauftragung des Streithelfers zugleich als gesetzliche Vertreterin ihres Sohnes und mithin für alle Erben handelte.
Die Auslegung des Schreibens durch das Berufungsgericht ist, soweit dieses einen Widerruf des Botenauftrags verneint, rechtsfehlerhaft.
a) Zwar unterliegt die tatrichterliche Auslegung rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen einer nur eingeschränkten Revisionskontrolle, die lediglich prüft, ob gesetzliche Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) oder Verfahrensvorschriften verletzt, Denk- oder Erfahrungssätze missachtet und vom Tatrichter selbst festgestellte, entscheidungserhebliche Tatsachen nicht gebührend berücksichtigt worden sind (vgl. dazu BGHZ 24, 39, 41; - VersR 1993, 593 unter II 3 a m.w.N.; vom - V ZR 53/88 - NJW-RR 1990, 455 unter 2 m.w.N.; Gummer in Zöller, ZPO 26. Aufl. § 546 Rdn. 9). Doch auch gemessen daran kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben.
Das Schreiben vom enthält eine einseitige Willenserklärung. Insofern gilt § 133 BGB, wonach "der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften ist." Gegen diese Auslegungsregel hat das Berufungsgericht verstoßen. Der Tatrichter hat eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung so auszulegen, wie der Erklärungsempfänger sie nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte von seinem Empfängerhorizont aus verstehen musste (vgl. dazu die Rechtsprechungsnachweise bei Heinrichs/Ellenberger in Palandt, BGB 67. Aufl. § 133 Rdn. 9; BGHZ 157, 79, 83). Innerhalb dieses normativen Rahmens kommt es darauf an, was der Erklärende gewollt und inwieweit er seinen Willen für den Erklärungsempfänger erkennbar zum Ausdruck gebracht hat. Der Empfänger darf der Erklärung dabei nicht einfach den für ihn günstigsten Sinn beilegen, sondern muss unter Berücksichtigung aller ihm bekannten Umstände mit gehöriger Aufmerksamkeit prüfen, was der Erklärende gemeint hat (vgl. dazu Senatsurteil vom - IVa ZR 103/80 - NJW 1981, 2295 unter II 3; Heinrichs/Ellenberger aaO). Das gilt insbesondere dann, wenn - wie hier - erkennbar eine von zwei möglichen Auslegungen für den Erklärenden wirtschaftlich wenig Sinn macht.
Das Berufungsgericht hat entgegen § 133 BGB von vorn herein den Wortlaut des Anwaltsschreibens in den Mittelpunkt seiner Betrachtung gestellt. Es hat nicht danach gefragt, welchen Willen der Streithelfer namens der Beklagten kundtun wollte und sich damit den Blick dafür verstellt, dass dieser Wille darauf gerichtet war, umfassend zu verhindern, dass die Klägerin in den Genuss der Versicherungsleistung kommt. Ein nur begrenzter Erklärungswille dahingehend, dass zwar im Deckungsverhältnis die Bezugsberechtigung für die Todesfallleistung mittels Anfechtung beseitigt werden, es aber gleichwohl bei dem Auftrag bleiben sollte, der Klägerin die Versicherungsleistung schenkweise anzubieten, wäre in sich widersprüchlich gewesen. Es besteht kein Grund zu der Annahme, dass der Versicherer das Schreiben so verstehen konnte. Denn der Lebensversicherer verfügte hier über besondere Kenntnisse tatsächlicher und rechtlicher Art, die er im Bemühen um das Verständnis des Schreibens vom einzusetzen verpflichtet war. Zum einen war er - anders als der verstorbene Versicherungsnehmer und die Parteien - mit der rechtlichen Problematik der Zuwendung einer Todesfallleistung mittels Bezugsberechtigung und insbesondere der Trennung von Deckungs- und Valutaverhältnis vertraut. Er hatte infolge dieser besonderen Rechtskenntnis bereits das Schreiben des Versicherungsnehmers vom März 2004, in welchem die Änderung der Bezugsberechtigung zugunsten der Klägerin erklärt worden war, zutreffend als gleichzeitig konkludent erteilten Auftrag verstanden, im Versicherungsfalle das mit der Bezugsrechtsänderung verbundene Schenkungsangebot des Versicherungsnehmers an die Klägerin weiterzuleiten. Das ergibt sich schon daraus, dass er der Klägerin im Juni 2004 tatsächlich ein solches Angebot unterbreitete.
Schon wegen dieses zutreffenden Vorverständnisses der Erklärung des Versicherungsnehmers war der Versicherer ebenso in der Lage zu erkennen, dass auch die Erben des Versicherungsnehmers, soweit sie am lediglich eine Erklärung abgaben, die ihrem Wortlaut nach auf eine vollständige Beseitigung der Bezugsberechtigung der Klägerin gerichtet war, damit konkludent auch auf das Valutaverhältnis zielten und den ursprünglich vom Versicherungsnehmer ebenfalls nur konkludent erteilten Übermittlungsauftrag für das Schenkungsangebot widerrufen wollten. Insbesondere konnte der Versicherer erkennen, dass dem unmissverständlichen Willen der Erben, eine Zuwendung der Versicherungssumme an die Klägerin zu unterbinden, vor allem dadurch Geltung verschafft werden konnte, dass das Schenkungsangebot an die Klägerin unterblieb. Soweit sich das Berufungsgericht darauf stützt, die Beklagte habe selbst eingeräumt, ihr sei die rechtliche Problematik des Valutaverhältnisses (und des zu seiner Begründung dem Versicherer erteilten Auftrags) nicht bewusst gewesen, unterscheidet sich ihr Bewusstsein nicht von demjenigen, welches Versicherungsnehmer bei Änderung einer Bezugsberechtigung regelmäßig haben. Auch ihnen ist die rechtliche Problematik des erst unter Vermittlung des Versicherers zu schaffenden Valutaverhältnisses (meist einer Schenkung) nicht bewusst, was die Versicherer aber infolge ihrer überlegenen Rechtskenntnisse regelmäßig nicht daran hindert, solche Erklärungen zugleich als konkludenten Botenauftrag zu verstehen.
Das Berufungsgericht hat insoweit für die Rücknahme des Botenauftrags strengere Maßstäbe aufgestellt als für dessen Begründung. Das erscheint angesichts des identischen, rechtlich versierten Erklärungsempfängers widersprüchlich, zumal das Berufungsgericht zwar dem Wortlaut des Schreibens vom keine Hinweise auf einen Widerruf des Übermittlungsauftrages entnehmen konnte, andererseits aber einen solchen Widerruf mit Blick auf die Rechtslage als nahe liegend bezeichnet. Auch das belegt, dass dem Wortlaut des Schreibens entgegen § 133 BGB ein zu großes Gewicht beigemessen worden ist.
b) Die Hilfserwägung des Berufungsgerichts, es komme auf einen möglichen Widerruf des Auftrags durch die Erben gar nicht an, weil das Risiko unrichtiger Übermittlung einer Nachricht durch einen Boten nach § 120 BGB ohnehin der Erklärende bzw. hier seine Erben, trügen, trifft nicht zu. Ein Fall der falschen Übermittlung einer Willenserklärung im Sinne von § 120 BGB liegt hier nicht vor, weil der Auftrag zur Überbringung des Schenkungsangebots vor dessen Abgabe wirksam widerrufen wurde. Der Versicherer hat dies bei seinem Schreiben an die Klägerin vom nicht beachtet.
Die Gleichstellung einer falschen Übermittlung durch einen Boten mit einem Irrtum des Erklärenden in § 120 BGB beschränkt sich nach herrschender Meinung auf Fälle, in denen ein Bote die von ihm zu überbringende Erklärung unbewusst verändert. Nur dann erscheint es gerechtfertigt, den Erklärenden, der den Boten als Übermittlungshilfe einsetzt, für das damit übernommene Risiko haften zu lassen (vgl. zum Meinungsstand Staudinger/Singer, BGB [2004] § 120 Rdn. 1, 2; Palandt/Heinrichs/Ellenberger, BGB 67. Aufl. § 120 Rdn. 4; Gruber in juris-PK-BGB Buch 1, 3. Aufl. 2006 § 120 Rdn. 10; OLG Koblenz BB 1994, 819, 820; OLG Oldenburg NJW 1978, 951, 952). Teilweise wird zwar gefordert, die Haftung des Erklärenden auch auf die Fälle zu erstrecken, in denen der Bote die ihm anvertraute Erklärung bewusst oder sogar absichtlich verändert, weil sich auch dies noch im Rahmen des vom Absender übernommenen Risikos bewege (Staudinger/Singer aaO; MünchKomm-BGB/Kramer, 5. Aufl. § 120 Rdn. 4; Marburger AcP 173, 137 ff.). Einigkeit besteht aber darüber, dass § 120 BGB jedenfalls dann keine Anwendung findet, wenn der Bote vom angeblich Erklärenden überhaupt nicht beauftragt worden ist oder - wie hier - der Übermittlungsauftrag noch vor Weiterleitung der Willenserklärung widerrufen worden ist (Staudinger/Singer aaO; Gruber aaO; OLG Koblenz aaO).
Dem schließt sich der Senat an. Ist § 120 BGB auf das am übermittelte Angebot nicht anzuwenden, so kann im Weiteren offen bleiben, ob - wie vielfach angenommen wird (OLG Oldenburg aaO; Palandt/Heinrichs/Ellenberger aaO; Palandt/Heinrichs aaO § 177 Rdn. 2; Staudinger/Singer aaO jeweils m.w.N.) - analog § 177 Abs. 1 BGB eine schwebend unwirksame Erklärung im Raume stand (die die Erben des Versicherungsnehmers hier nicht genehmigt haben), oder ob überhaupt keine dem Erklärenden zurechenbare Willenserklärung vorlag (OLG Koblenz aaO; Gruber aaO Rdn. 11). Ein Schenkungsvertrag ist in keinem Falle zustande gekommen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW 2008 S. 2702 Nr. 37
WM 2008 S. 1700 Nr. 36
JAAAC-84427
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja