BFH Beschluss v. - IX B 15/08

Rüge der Verletzung materiellen Rechts; Verletzung der Sachaufklärungspflicht; Sicherung der einheitlichen Rechtsprechung

Gesetze: FGO § 76, FGO § 96, FGO § 115 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Zum Teil entspricht ihre Begründung nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO); im Übrigen sind die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) geltend gemachten Zulassungsgründe nicht gegeben.

1. Mit der Rüge der unzutreffenden Vertragsauslegung wendet sich die Klägerin wie mit der —der Revision vorbehaltenen— Rüge der Verletzung materiellen Rechts gegen die angeblich materielle Unrichtigkeit des Urteils des Finanzgerichts (FG); die damit geltend gemachte fehlerhafte Rechtsanwendung vermag aber die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom X B 146/05, BFH/NV 2007, 1125; vom VIII B 250/05, BFH/NV 2007, 1675).

2. Die geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) sind zum Teil nicht hinreichend dargelegt (vgl. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO), im Übrigen liegen sie nicht vor.

Soweit die Klägerin eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. l FGO) auch ohne Beweisantritt wegen unterlassener Amtsermittlung rügt, fehlt es an den für eine hinreichende Darlegung erforderlichen genauen Angaben und Ausführungen zu bestimmten Punkten (z.B. BFH-Beschlüsse vom VII B 53/03, BFH/NV 2004, 978; vom IX B 136/03, BFH/NV 2005, 43); zudem wird nicht dargetan, warum die rechtskundig vertretene Klägerin angesichts der vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) bestrittenen Kostentragung nicht von sich aus in der mündlichen Verhandlung auf eine entsprechende weitere Sachaufklärung hingewirkt hat.

Auch hat das FG den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) nicht verletzt und nicht gegen die richterliche Hinweispflicht (§ 76 Abs. 2 FGO) verstoßen. Insbesondere ist eine verfahrensfehlerhafte Überraschungsentscheidung gegeben, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen musste. Das FG ist aber weder zu einem Rechtsgespräch noch zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung verpflichtet, also dazu, die maßgebenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte mit den Beteiligten vorher umfassend und im Einzelnen zu erörtern oder ihnen die einzelnen für die Entscheidung erheblichen Gesichtspunkte, Schlussfolgerungen oder das Ergebnis einer Gesamtwürdigung im Voraus anzudeuten oder mitzuteilen. Daher muss ein Beteiligter gerade bei —wie hier— umstrittener Sach- und Rechtslage grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und seinen Vortrag darauf einrichten (vgl. BFH-Beschlüsse vom IX B 139/05, BFH/NV 2007, 1084, unter 3. a; vom XI B 178/06, BFH/NV 2008, 562, unter 2. a, jeweils m.w.N.). Entsprechendes Vorbringen seitens der Klägerin ist trotz der insoweit gegenteiligen Ansicht des FA (zuletzt im Schriftsatz vom Juni 2007) unterblieben; vielmehr wurde ausweislich des Sitzungsprotokolls rügelos zur Sache verhandelt.

3. Ebenso ist eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) nicht erforderlich. Abgesehen davon, dass die Klägerin die tragenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung und der (angeblichen) Divergenzentscheidung (, BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782) nicht so herausgearbeitet und gegenübergestellt hat, dass eine Abweichung im grundsätzlichen Ansatz erkennbar wird, kann eine Divergenz nur gegeben sein, wenn das FG bei einem gleich oder ähnlich gelagerten Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage von der Rechtsauffassung eines anderen Gerichts abweicht (z.B. , BFH/NV 2005, 1333; vom IX B 98/05, BFH/NV 2006, 768). Das ist hier nicht der Fall. Vielmehr ist die Verkäuferin ausweislich des Kaufvertrages (dort § 8) mit der Zahlung der dort benannten Kosten einer eigenen Verpflichtung nachgekommen, so dass sich die Frage des Drittaufwandes nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) vorliegend nicht stellt (vgl. die zur Problematik des Drittaufwandes wie des abgekürzten Zahlungs- oder Vertragswegs ergangene neuere BFH-Rechtsprechung: Urteile vom IX R 25/03, BFHE 211, 318, BStBl II 2006, 623; vom IX R 24/04, BFHE 214, 58, BStBl II 2006, 754; vom IX R 45/07, BFH/NV 2008, 664).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 1350 Nr. 8
SAAAC-82775