BFH Beschluss v. - IX B 164/07

Nach Ablauf der verlängerten Begründungsfrist beim BFH eingegangene Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig; Uhrzeitaufdruck des Telefaxgerätes des Gerichts bestimmt Eingangszeitpunkt; Darlegung der Wiedereinsetzungsgründe innerhalb der Antragsfrist

Gesetze: FGO § 54, FGO § 56, FGO § 116 Abs. 3, ZPO § 85, ZPO § 222

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig; denn die Begründung der Beschwerde ist nicht innerhalb der verlängerten Frist nach Zustellung des vollständigen Urteils, sondern erst danach beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangen (vgl. § 116 Abs. 3 Sätze 1, 2, 4 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) kommt nicht in Betracht.

1. Das angefochtene Urteil ist dem Prozessbevollmächigten der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) am zugestellt worden; die Begründungsfrist von zwei Monaten (§ 116 Abs. 3 Satz 1 FGO), verlängert um einen weiteren Monat (§ 116 Abs. 3 Satz 4 FGO), endete danach mit Ablauf des (vgl. § 54 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1, 2 der ZivilprozessordnungZPO— und § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs; der 27. und waren ein Sonnabend und ein Sonntag). Die Beschwerdebegründung ist jedoch beim BFH erst am und damit verspätet eingegangen. Dabei entspricht die Handhabung im BFH hinsichtlich der Rechtzeitigkeit des Eingangs des per Telefax übersandten Begründungs-Schriftsatzes den durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) aufgestellten Grundsätzen, wonach es entscheidend nicht erst auf den Ausdruck des per Telefax übermittelten Schriftsatzes, sondern bereits auf den vollständigen Empfang der gesendeten Signale vom Telefaxgerät des Gerichts noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist ankommt (vgl. , BGHZ 167, 214, Neue Juristische Wochenschrift 2006, 2263). Der Eingangszeitpunkt bestimmt sich nach dem Uhrzeitaufdruck des Telefaxgerätes des Gerichts (vgl. BFH-Beschlüsse vom VII B 137/99, BFH/NV 2000, 1344; vom VII R 9/03, BFH/NV 2004, 519).

2. Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO wegen der Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist kann nicht gewährt werden.

a) Eine solche Wiedereinsetzung ist auf Antrag zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden an der Einhaltung einer gesetzlichen Frist verhindert war (§ 56 Abs. 1 FGO). Dies setzt in formeller Hinsicht voraus, dass innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses die versäumte Rechtshand-lung nachgeholt und diejenigen Tatsachen vorgetragen und im Verfahren über den Antrag durch präsente Beweismittel glaub-haft gemacht werden, aus denen sich die schuldlose Verhinde-rung ergeben soll. Die Tatsachen, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen können, sind innerhalb dieser Frist vollständig, substantiiert und in sich schlüssig darzulegen (vgl. § 56 Abs. 2 FGO; ständige Rechtsprechung, z.B. , BFH/NV 1999, 1221; BFH-Beschlüsse vom VII B 118/02, BFH/NV 2003, 801; vom IX B 44/06, BFH/NV 2007, 921, m.w.N.). Hiernach schließt jedes Verschulden —also auch eine einfache Fahrlässigkeit— die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus (vgl. BFH-Beschlüsse vom VII R 113/97, BFH/NV 1998, 709, und in BFH/NV 2007, 921). Ein Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten müssen sich die Kläger wie eigenes Verschulden zurechnen lassen (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO; vgl. BFH-Beschlüsse vom IX B 61/99, BFH/NV 2000, 78; vom IX B 138/04, BFH/NV 2005, 720).

b) Danach kommt die beantragte Wiedereinsetzung nicht in Betracht; denn der Prozessbevollmächtigte der Kläger hat die eine Wiedereinsetzung rechtfertigenden Tatsachen nicht voll-ständig und schlüssig dargetan. Abgesehen davon, dass dem Vorbringen angesichts der neutral gehaltenen Formulierungen

(„... war dies auch rechtzeitig…veranlasst worden”, „Wir erinnerten ...”), nicht zu entnehmen ist, wer das Faxgerät bedient und den Begründungs-Schriftsatz per Fax übermittelt hat, fehlt es an der Darlegung einer wirksamen Ausgangskontrolle (vgl. BFH-Beschlüsse vom VII B 369/03, BFH/NV 2004, 1285; vom I B 70/06, BFH/NV 2007, 929) in der Kanzlei-Organisation des Prozessbevollmächtigten insbesondere im Hinblick darauf, wer für die Funktionstüchtigkeit des Faxgerätes (z.B. die Uhrzeiteinstellung) verantwortlich zeichnet. Zudem war der Prozessbevollmächtigte der Kläger nach eigenem Vorbringen nicht unverschuldet an der Einhaltung der Begründungsfrist gehindert; denn die Zeitdifferenz am Faxgerät ist ihm als Fahrlässigkeit anzulasten, zumal wenn er selbst das Faxgerät am späten Abend des bedient haben sollte. Der Vortrag, dass trotz der Zeitdifferenz von 17 Minuten der zehnseitige Begründungs-Schriftsatz beim BFH rechtzeitig hätte eingehen können, ist angesichts des beigefügten Faxprotokoll-Berichts nicht schlüssig; denn die statt um 23:41/"23:42” Uhr (plus 17 Minuten) um 23:58/"23:59” Uhr begonnene Fax-Übermittlung wäre auch bei der im Bericht ausgewiesenen Dauer von „00:05:46” beim BFH verspätet angekommen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 1349 Nr. 8
GAAAC-81888