BGH Beschluss v. - V ZR 178/07

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 531 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 7

Instanzenzug: LG Hagen, 2 O 221/04 vom OLG Hamm, 22 U 34/05 vom

Gründe

I.

Die Beklagte kauft Altwohnbestände an und veräußert sie nach Durchführung von Renovierungsmaßnahmen als Wohnungseigentum weiter. Die Klägerin und ihr Ehemann erwarben im März 1996 eine solche Wohnung in D. und traten einem Mietpool bei. Die Finanzierung erfolgte im sog. Dortmunder-Modell über ein Vorausdarlehen und zwei hintereinander geschaltete Bausparverträge der B. -Bausparkasse.

Dem Kaufvertragsabschluss vorangegangen waren Beratungsgespräche, in denen Repräsentanten der Beklagten unter Berücksichtigung der Finanzierungszinsen, der Sparleistung für das Bausparen, der Verwaltungskosten und der Mieteinnahmen eine Einnahmen- und Ausgaben-Berechnung erstellt hatten. Ferner war der Klägerin und ihrem Ehemann eine als "Rentabilitätsberechnung" bezeichnete Finanzierungsberechnung vorgelegt worden.

Mit der Behauptung, falsch beraten worden zu sein, verlangt die Klägerin aus eigenem und aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns die Rückabwicklung des Kaufvertrages und die Feststellung, dass die Beklagte zum Ersatz weiterer Schäden verpflichtet ist.

Die Klage ist in den Tatsacheninstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Oberlandesgericht hat die Revision nicht zugelassen; dagegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.

II.

I. Das angefochtene Urteil ist nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, da das Berufungsgericht den Anspruch der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

1. Die Klage ist unter dem Gesichtpunkt der Schlechterfüllung eines mit der Beklagten zustande gekommenen Beratungsvertrages auch auf die unterbliebene Aufklärung darüber gestützt worden, dass nach Ablauf der Zinsbindung für das Vorausdarlehen eine weitere Zwischenfinanzierung mit eventuell höherem Zinssatz abzuschließen sein werde und die Zuteilung des Bausparvertrages nicht sicher bestimmt werden könne. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeerwiderung hat die Klägerin diesen Beratungsfehler auch in der Berufungsinstanz angesprochen; dies ergibt sich aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils. Wie diese Erwähnung zeigt, hat das Berufungsgericht den Vortrag der Klägerin zwar nicht übersehen. Dass er in den Entscheidungsgründen aber nicht wieder aufgegriffen wird, macht deutlich, dass das Gericht seinen Kern nicht erfasst hat. Darin liegt ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, ZIP 2004, 1762, 1763; , WM 2007, 1569 Rdn. 5).

2. Der Vortrag ist entscheidungserheblich.

Wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt nicht verkennt, bildet die Ermittlung des monatlichen Eigenaufwands das Kernstück der von der Beklagten geschuldeten Beratung, da sie den Interessenten von der Möglichkeit überzeugen soll, das Objekt mit seinen Mitteln erwerben und halten zu können (Senat, BGHZ 156, 371, 377). Demgemäß muss der Verkäufer nicht nur über im Zeitpunkt der Beratung absehbare ungünstige Veränderungen der in die Berechnung eingestellten Einnahmen und Ausgaben aufklären, sondern auch über Unwägbarkeiten für den monatlichen Eigenaufwand, die sich aus den Besonderheiten des Anlagemodells ergeben (Senat, Beschl. vom , V ZR 92/07).

Dazu zählt das Risiko, welches sich daraus ergibt, dass die Zinsbindungsfrist für das Vorausdarlehen in aller Regel deutlich kürzer ist als der - zudem nicht sicher bestimmbare - Zeitraum, in dem der Käufer mit den Zinsen dieses Darlehens belastet sein wird. So verhält es sich auch hier, denn dem Vertrag über das Vorausdarlehen lässt sich entnehmen, dass die Zinsbindungsfrist lediglich fünf Jahre betrug, während die Ansparphase des ersten Bausparvertrages auf mindestens zehn Jahre berechnet war. Bereits im Zeitpunkt der Beratung war für die Beklagte deshalb erkennbar, dass der errechnete monatliche Aufwand nur für die ersten fünf Jahre kalkuliert werden konnte. Für die Folgejahre hing er dagegen maßgeblich von der - nicht vorhersehbaren - Entwicklung der Kapitalmarktzinsen ab. Über das damit verbundene Risiko einer Erhöhung des monatlichen Aufwands musste die Beklagte aufklären (vgl. Senat, Urt. v. , V ZR 25/07, WM 2008, 89, 91 f. Rdn. 22).

Entsprechendes gilt im Übrigen für das von der Klägerin in anderem Zusammenhang angesprochene Risiko einer Erhöhung des monatlichen Aufwands nach Zuteilung des ersten Bausparvertrages. Von diesem Zeitpunkt an muss der Käufer drei verschiedene Zahlungen erbringen, nämlich die Zinsen auf das - immer noch zur Hälfte valutierende - Vorausdarlehen, die Tilgungsraten für das zugeteilte erste Bauspardarlehen und die Raten für den nunmehr anzusparenden zweiten Bausparvertrag. Selbst wenn das Modell so berechnet sein sollte, dass sich die Tilgungsraten für den zugeteilten ersten Bausparvertrag und die eingesparten Zinsen für das (nunmehr zur Hälfte getilgte) Vorausdarlehen ausgleichen, ergibt sich wiederum eine systemimmanente Ungewissheit für den monatlichen Eigenaufwand, weil nicht absehbar ist, wie hoch die Zinsen für das Vorausdarlehen bei der Zuteilung des ersten Bausparvertrages, also etwa zehn bis zwölf Jahre nach Vertragsabschluss, sein werden. Auch hierüber muss aufgeklärt werden.

II. Weitere Gründe für eine Zulassung der Revision sind von der Nichtzulassungsbeschwerde nicht aufgezeigt worden.

Soweit sie rügt, das Berufungsgericht habe den Vortrag der Klägerin übergangen, wonach die 30 bis 34 Jahre betragende Finanzierungsdauer von der Beklagten unzutreffend mit 26 Jahren angegeben worden sei, lässt sich nicht beurteilen, ob der Vortrag entscheidungserheblich ist. Da die Beschwerde nur auf Vorbringen aus der Berufungsinstanz verweist, ist davon auszugehen, dass dieser Beratungsfehler erstmals in zweiter Instanz vorgebracht worden ist. Dann aber hätte aufgezeigt werden müssen, welcher der in § 531 Abs. 1 ZPO genannten Gründe das Berufungsgericht verpflichtete, den Vortrag zu berücksichtigen. Daran fehlt es.

Soweit die Beschwerde Überlegungen zu dem Inhalt einer Rentabilitätsberechnung anstellt, übersieht sie, dass ein Verkäufer, der den Käufer über die Möglichkeit berät, eine Eigentumswohnung zu erwerben und zu halten, in der Regel nicht die Vorlage einer Rentabilitätsberechnung, sondern nur die korrekte Ermittlung des (monatlichen) Eigenaufwands schuldet (Senat, Beschl. v. , V ZR 135/05). Daran ändert sich nicht schon dadurch etwas, dass die Ermittlung des Eigenaufwands mit "Rentabilitätsberechnung" überschrieben wird.

Eine Divergenz des Berufungsurteils zu der Entscheidung des 34. Senats des ) liegt nicht vor, denn der darin möglicherweise aufgestellte - unzutreffende - Rechtssatz, dass die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit einer Urkunde auch für eine schriftlich dokumentierte Beratung gelte, war nicht tragend.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO).

Fundstelle(n):
IAAAC-81805

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein