Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StPO § 349 Abs. 2; StPO § 349 Abs. 4; StPO § 354 Abs. 1 b Satz 1; StPO § 460; StPO § 462; StGB § 55 Abs. 1; StGB § 55 Abs. 1 Satz 2; StGB § 64
Instanzenzug: LG Kassel, vom
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Brandstiftung in Tateinheit mit versuchter schwerer Brandstiftung, wegen Missbrauchs von Notrufen in drei Fällen, wegen Körperverletzung in zwei Fällen und wegen Sachbeschädigung unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe aus einem Urteil des Amtsgerichts Witzenhausen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten und wegen versuchter schwerer Brandstiftung, wegen Körperverletzung, wegen versuchter Nötigung in Tateinheit mit Bedrohung, Beleidigung und Sachbeschädigung sowie wegen versuchter Nötigung in Tateinheit mit Bedrohung unter Einbeziehung von Geldstrafen aus einem Strafbefehl des Amtsgerichts Eschwege und einer Freiheitsstrafe aus einem Urteil des Amtsgerichts Suhl zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision hat in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. In den Fällen II. 10 und II. 11 der Urteilsgründe tritt die von dem Angeklagten verwirklichte Bedrohung im Konkurrenzwege hinter der jeweils versuchten Nötigung zurück (Fischer StGB 55. Aufl. § 241 Rdn. 7 m.w.N.). Der Senat hat deshalb die tateinheitliche Verurteilung wegen Bedrohung entfallen lassen.
2. Die Änderung des Schuldspruchs in den Fällen II. 10 und II. 11 berührt den Unrechts- und Schuldgehalt der Taten nicht. Der Senat kann angesichts der Strafzumessungserwägungen der Strafkammer ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses insoweit auf mildere Einzelstrafen erkannt hätte.
3. Hingegen begegnet die Gesamtstrafenbildung durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift vom ausgeführt:
"Der Rechtsfehler liegt darin, dass der Tatrichter im Fall der Verurteilung des Angeklagten durch das Amtsgericht Witzenhausen vom (UA S. 10) nicht dem Tag der Verkündung des Berufungsurteils am (UA S. 10) sondern dem Tag der Verkündung des erstinstanzlichen Strafurteils am die Zäsurwirkung des § 55 Abs. 1 StGB zumisst. Maßgeblich für die Gesamtstrafenbildung war aber gemäß § 55 Abs. 1 Satz 2 StGB der Zeitpunkt der Verkündung des Berufungsurteils am , weil in dem Berufungsverfahren die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen geprüft werden konnten (Rissing-van Saan in LK StGB 12. Aufl. § 55 Rdn. 7; Tröndle/Fischer StGB 55. Aufl. § 55 Rdn. 7, 12); dazu genügt auch eine Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung (Rissing-van Saan in LK StGB 12. Aufl. § 55 Rdn. 6).
Die Strafkammer hätte daher eine erste Gesamtfreiheitsstrafe aus den Einzelstrafen für die abgeurteilten Taten II 1-9 der Urteilsgründe und der Freiheitsstrafe von drei Monaten zur Bewährung aus dem Urteil des Amtsgerichts Witzenhausen bilden müssen. Die zweite Gesamtfreiheitsstrafe ist aus den Einzelstrafen für die abgeurteilten Taten II 10 und 11 der Urteilsgründe mit den Einzelgeldstrafen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Eschwege vom und mit der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Suhl vom zu bilden.
Durch die rechtsfehlerhafte Bildung der beiden Gesamtfreiheitsstrafen ist der Angeklagte möglicherweise beschwert. Es ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht bei Einbeziehung der Einzelstrafen für die Taten II 8 und 9 der Urteilsgründe in die erste zu bildende Gesamtfreiheitsstrafe zu einem für den Angeklagten mit Blick auf beide Gesamtfreiheitsstrafen insgesamt günstigeren Ergebnis gelangt wäre."
Dem schließt sich der Senat an und macht von der Möglichkeit Gebrauch, nach § 354 Abs. 1 b Satz 1 StPO zu entscheiden. Das Landgericht wird mit der abschließenden Sachentscheidung auch über die Kosten des Rechtsmittels zu befinden haben.
4. Soweit die Revision mit nachgeschobenem Schriftsatz die Nichtanordnung einer Maßregel nach § 64 StGB rügt, bleibt ihr der Erfolg versagt. Für einen Hang im Sinne des § 64 StGB ist nach ständiger Rechtsprechung entweder eine chronische körperliche Abhängigkeit oder eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, erforderlich. Nach den Feststellungen der sachverständig beratenen Kammer lag bei dem Angeklagten jedoch nur eine zeitweise auftretende Neigung zum Alkoholmissbrauch insbesondere in Frustrationssituationen vor, eine Alkoholabhängigkeit bestand nicht (UA S. 50). Eine bloß gelegentlich auftretende Neigung ohne körperliche oder zumindest psychische Abhängigkeit begründet jedoch keinen Hang im Sinne des § 64 StGB (Fischer StGB 55. Aufl. § 64 Rdn. 7 ff.), weshalb das Landgericht eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nicht näher erörtern musste.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
GAAAC-81301
1Nachschlagewerk: nein