BAG Urteil v. - 7 AZR 603/06

Leitsatz

[1] Einer Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. TzBfG steht nicht entgegen, dass in einem befristeten Anschlussvertrag eine erhöhte Arbeitszeit vereinbart wird, wenn der Arbeitgeber mit der Veränderung der Arbeitszeit einem Anspruch des Arbeitnehmers nach § 9 TzBfG Rechnung trägt.

Gesetze: TzBfG § 9; TzBfG § 14 Abs. 2 Satz 1; ZPO § 286

Instanzenzug: ArbG Stuttgart, 31 Ca 9684/05 vom LAG Baden-Württemberg, 2 Sa 1/06 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsvertrags vom .

Die Klägerin war seit dem auf Grund zweier befristeter Arbeitsverträge als Verkäuferin/Kassiererin bei der Beklagten beschäftigt. Vor Abschluss des ersten Arbeitsvertrags vom gab die Klägerin in einem Bewerbungsfragebogen als erwünschte Arbeitszeit eine Beschäftigung in Vollzeit an. Nach dem Arbeitsvertrag vom war das Arbeitsverhältnis bis zum befristet, wobei eine Arbeitszeit von 20 Stunden in der Woche und eine monatliche Vergütung von 1.059,20 Euro brutto vereinbart waren. Die Parteien schlossen am einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom bis zum . Nach diesem Arbeitsvertrag betrug die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin 30 Stunden bei einem Bruttomonatsverdienst von 1.588,80 Euro. Die Klägerin wurde seither in einer anderen Filiale eingesetzt.

Mit der am erhobenen Klage hat die Klägerin - soweit für die Revisionsinstanz noch von Bedeutung - beantragt

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht auf Grund der Befristungsabrede im Anstellungsvertrag vom mit Ablauf des geendet hat.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat behauptet, die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit habe dem mehrfach geäußerten Wunsch der Klägerin entsprochen.

Beide Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter, während die Klägerin die Zurückweisung der Revision beantragt.

Gründe

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nicht auf Grund einer wirksamen Befristung zum geendet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die in dem Arbeitsvertrag vom vereinbarte Befristung nicht auf § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG gestützt werden kann und unwirksam ist, weil sie gegen das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG verstößt. Bei dem Vertrag vom handelt es sich nicht um die Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags iSd. § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. TzBfG, weil die Parteien gegenüber dem Ausgangsvertrag vom geänderte Arbeitsbedingungen vereinbart haben.

1. Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer ist nach § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. TzBfG auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags zulässig. Das Tatbestandsmerkmal der Verlängerung iSd. § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. TzBfG eines nach § 14 Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. TzBfG sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats voraus, dass die Vereinbarung über das Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts noch vor Abschluss der Laufzeit des bisherigen Vertrags in schriftlicher Form vereinbart wird und der Vertragsinhalt ansonsten unverändert bleibt. Allerdings können die Parteien anlässlich der Verlängerung Anpassungen des Vertragstextes an die zum Zeitpunkt der Verlängerung geltende Rechtslage vornehmen oder Arbeitsbedingungen vereinbaren, auf die der befristet beschäftigte Arbeitnehmer einen Anspruch hat. Anderenfalls liegt bei der Vereinbarung von gegenüber dem Ausgangsvertrag geänderten Arbeitsbedingungen keine Verlängerung vor, sondern der Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG, der nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG nur mit Sachgrund zulässig ist (vgl. - Rn. 11, AP TzBfG § 14 Verlängerung Nr. 1 = EzA TzBfG § 14 Nr. 33; - 7 AZR 178/05 - AP TzBfG § 14 Nr. 22 = EzA TzBfG § 14 Nr. 26, zu I 1 a der Gründe; - 7 AZR 31/05 - AP TzBfG § 14 Nr. 19 = EzA TzBfG § 14 Nr. 23, zu 2 a der Gründe; - 7 AZR 286/04 - EzA TzBfG § 14 Nr. 19, zu II 2 a der Gründe; vgl. zu § 1 Abs. 1 BeschFG 1996: - 7 AZR 648/01 -, zu I 1 der Gründe; - 7 AZR 51/99 - BAGE 95, 255 = AP BeschFG 1996 § 1 Nr. 4 = EzA BeschFG 1985 § 1 Nr. 19, zu III 1 der Gründe).

a) Eine Verlängerung iSd. § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. TzBfG setzt nach der Rechtsprechung des Senats voraus, dass sie noch während der Laufzeit des zu verlängernden Vertrags schriftlich vereinbart und nur die Vertragsdauer geändert wird, nicht aber die übrigen Arbeitsbedingungen. Andernfalls liegt der Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrags vor, der nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ohne Sachgrund unzulässig ist, da zwischen den Parteien bereits ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Hingegen ist die einvernehmliche Änderung der Arbeitsbedingungen während der Laufzeit eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags nach ständiger Rechtsprechung des Senats befristungsrechtlich nicht von Bedeutung. Eine derartige Vereinbarung unterliegt nicht der Befristungskontrolle. Sie enthält keine erneute, die bereits bestehende Befristungsabrede ablösende Befristung, die ihrerseits auf ihre Wirksamkeit überprüft werden könnte. Einer Verlängerung iSd. § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. TzBfG steht nicht entgegen, dass bereits zuvor erfolgte Änderungen der Vertragsbedingungen in den Text der Verlängerungsvereinbarung aufgenommen werden. Diese können etwa auf der Änderung einer für das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Kollektivvereinbarung oder zwischenzeitlich getroffenen Abreden über die für das Vertragsverhältnis geltenden Arbeitsbedingungen beruhen. In beiden Fällen wird nur der zum Zeitpunkt der Verlängerung geltende Vertragsinhalt in der Urkunde dokumentiert ( - Rn. 11, AP TzBfG § 14 Verlängerung Nr. 1 = EzA TzBfG § 14 Nr. 33 mwN).

Die Vereinbarung von geänderten Vertragsbedingungen bei der Verlängerung des Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. TzBfG ist allerdings zulässig, wenn die Neufassung des Vertrags Arbeitsbedingungen zum Inhalt hat, die von den Parteien vereinbart worden wären, wenn der Arbeitnehmer in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stünde. Dies folgt aus dem Diskriminierungsverbot für befristet beschäftigte Arbeitnehmer in § 4 Abs. 2 Satz 1 TzBfG, das eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung des befristet beschäftigten Arbeitnehmers gegenüber einem unbefristet beschäftigten Arbeitnehmer untersagt ( - Rn. 27, AP TzBfG § 14 Verlängerung Nr. 1 = EzA TzBfG § 14 Nr. 33). Eine Verlängerung iSd. § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. TzBfG liegt daher auch vor, wenn neben dem Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts Arbeitsbedingungen vereinbart werden, auf die der befristet beschäftigte Arbeitnehmer wie auch andere Arbeitnehmer des Betriebs gleichermaßen einen Anspruch haben und die zur Dokumentation des Vertragsinhalts schriftlich niedergelegt werden ( - Rn. 29, aaO).

b) Der Senat hat sich in seiner Entscheidung vom mit den im arbeitsrechtlichen Schrifttum erhobenen Einwendungen gegen seine Auslegung des Begriffs der Verlängerung ausführlich auseinandergesetzt (- 7 AZR 12/06 - Rn. 13 - 26, AP TzBfG § 14 Verlängerung Nr. 1 = EzA TzBfG § 14 Nr. 33). Der Senat hält auch angesichts der gegenüber dieser Entscheidung im arbeitsrechtlichen Schrifttum geäußerten Kritik (KR-Lipke 8. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 290; Bauer NZA 2007, 207, 208; Schmitt-Rolfes AuA 2007, 519; Seifert RdA 2007, 304; Sowka SAE 2007, 172) an seiner Auffassung fest. Er hält die von den Vertretern der Gegenauffassung vorgetragenen Argumente für nicht überzeugend und merkt dazu ergänzend an:

aa) Die von Sowka (SAE 2007, 172, 174) im Anschluss an die Senatsentscheidung vom vertretene Auffassung, jede vor Vertragsablauf des vorherigen befristeten Arbeitsvertrags im Rahmen der Höchstbefristungsdauer getroffene Befristungsabrede stelle eine Verlängerung iSd. § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. TzBfG dar, kann schon wegen der in § 14 Abs. 2 TzBfG verwendeten Begrifflichkeiten nicht überzeugen. Der Begriff Verlängerung bezeichnet das zeitliche Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts des Arbeitsvertrags. Werden zugleich andere Vertragsbedingungen geändert, handelt es sich nicht mehr um eine Verlängerung des Arbeitsvertrags, sondern um eine Vertragsänderung. Aus diesem Grund liegt eine Verlängerung iSd. § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. TzBfG nach dem Gesetzeswortlaut auch dann nicht vor, wenn mit dem Arbeitnehmer beim Abschluss der Vereinbarung über das Hinausschieben des Vertragsendes gegenüber dem Ausgangsvertrag günstigere Arbeitsbedingungen vereinbart werden (so aber KR-Lipke 8. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 290; Bauer NZA 2007, 208 f.; Seifert RdA 2007, 304, 306 f.). Hierzu weist der Senat erneut darauf hin, dass die Vertreter der Gegenauffassung nach wie vor methodisch nicht begründet haben, warum eine Verlängerung nur bei einer für den Arbeitnehmer günstigen Veränderung seiner Arbeitsbedingungen vorliegen soll (ausführlich dazu - Rn. 24, AP TzBfG § 14 Verlängerung Nr. 1 = EzA TzBfG § 14 Nr. 33).

bb) Der Senat hat in seiner Entscheidung vom unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte des TzBfG ausgeführt, dass der Gesetzgeber die auf den Begriff der Verlängerung iSd. § 1 Abs. 1 Satz 2 BeschFG 1996 zurückgehende Senatsrechtsprechung bei der Kodifikation des TzBfG zugrunde gelegt und gebilligt hat (- 7 AZR 12/06 - Rn. 17, AP TzBfG § 14 Verlängerung Nr. 1 = EzA TzBfG § 14 Nr. 33). Die Vertreter der Gegenauffassung stellen dies zwar in Abrede (Seifert RdA 2007, 304, 305 f.; Sowka SAE 2007, 172, 173), ohne sich allerdings mit den vom Senat zur Stützung seiner Auffassung angeführten Anhaltspunkten aus der Gesetzgebungsgeschichte auseinanderzusetzen.

cc) Die Vertreter der gegenteiligen Ansicht lassen zudem das Regel- Ausnahme-Verhältnis zwischen dem Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags, einer Befristung mit Sachgrund und der sachgrundlosen Befristung außer Acht (dazu schon - Rn. 19, AP TzBfG § 14 Verlängerung Nr. 1 = EzA TzBfG § 14 Nr. 33). Der Gesetzgeber hat die sachgrundlose Befristung und die nach § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. TzBfG von engen Voraussetzungen abhängige Fortsetzung eines solchen Vertrags nicht als Instrument der Flexibilisierung von Arbeitsbedingungen, sondern als Beschäftigungsbrücke für die Übernahme des befristet beschäftigten Arbeitnehmers in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis ausgestaltet. Dieses verbietet es nicht nur aus systematischen Gründen (dazu - Rn. 24, aaO), die Zulässigkeit von Vertragsänderungen bei einer Vereinbarung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. TzBfG von einem Günstigkeitsvergleich zwischen dem Ausgangsvertrag und der in Aussicht gestellten Vereinbarung über die zeitlich begrenzte Fortsetzung des befristeten Arbeitsverhältnisses abhängig zu machen. Nach dem gesetzgeberischen Willen ist nicht die Fortsetzung des sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen, sondern die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis die sowohl sozialpolitisch wie auch für den Arbeitnehmer wünschenswerte Vertragsgestaltung, die bei Statthaftigkeit eines Günstigkeitsvergleichs den Vergleichsmaßstab für die gegenüber dem Ausgangsvertrag geänderten Vertragsbedingungen bilden würde.

dd) Durch die vom Senat vorgenommene Auslegung des Verlängerungsbegriffs in § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. TzBfG wird entgegen der Auffassung von Bauer (NZA 2007, 208) weder der Arbeitgeber bestraft, noch der Schutzgedanke des Befristungsrechts "ad absurdum" geführt. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber durch § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG weder an Vertragsänderungen noch an der Gewährung günstiger Arbeitsbedingungen während der Vertragslaufzeit gehindert ist (- 7 AZR 12/06 - Rn. 17, AP TzBfG § 14 Verlängerung Nr. 1 = EzA TzBfG § 14 Nr. 33). Dies erkennt auch Sowka, der dem Arbeitgeber die Änderung der Arbeitsbedingungen im Vorfeld der Verlängerungsvereinbarung empfiehlt (SAE 2007, 172, 176). Die Einschätzung von Bauer, ein Arbeitgeber könnte nur wegen der formalen Fallstricke von der Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags mit einem Mitarbeiter absehen (NZA 2007, 208, 209), ist fernliegend. Die Wirksamkeit einer Verlängerung hängt von einfach zu erfüllenden Voraussetzungen (Vertragsschluss vor dem Ablauf des vorherigen Vertrags, Beibehaltung der bisherigen Arbeitsbedingungen und Schriftform) ab, die auch von Arbeitgebern mit einer geringen Beschäftigtenzahl eingehalten werden können.

ee) Schließlich haben die Kritiker der Senatsrechtsprechung unverändert nicht darstellen können, wie bei einer Vertragsänderung im Zusammenhang mit dem Hinausschieben des Vertragsendes eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags eine Abgrenzung zwischen einer Verlängerung iSd. § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. TzBfG und dem nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG unzulässigen Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrags erfolgen könnte. Neben diesem rechtssystematischen Argument würde die Verknüpfung von Änderungen der Arbeitsbedingungen mit dem Hinausschieben des Vertragsendes in einer Vielzahl der zu beurteilenden Fälle dazu führen, dass § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. TzBfG seinen Charakter als einfach und rechtssicher zu handhabender Ausnahmetatbestand verlieren würde. Die Verlängerung unterliegt nur einer Befristungskontrolle dahingehend, ob die Vereinbarung vor dem Ablauf des zu verlängernden Vertrags in schriftlicher Form getroffen worden ist und sich auf das Hinausschieben des Vertragsendes beschränkt hat. Eine Inhaltskontrolle der Verlängerungsvereinbarung findet nicht statt. Würden neben der Abrede über das Hinausschieben der Vertragslaufzeit noch weitere Vertragsbedingungen geändert, könnte dies unter den Voraussetzungen des § 310 Abs. 3 BGB zu einer Inhaltskontrolle der gesamten Vereinbarung führen.

2. Danach hat das Landesarbeitsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass es sich bei dem Vertrag vom nicht um eine Verlängerung des am geschlossenen befristeten Arbeitsvertrags gehandelt hat. Denn mit dem zweiten Vertrag haben die Parteien nicht nur die Laufzeit des ersten Vertrags geändert, sondern mit der Erhöhung der Arbeitszeit auch andere Arbeitsbedingungen vereinbart. Die Beklagte hat mit der Änderung der Arbeitszeit nicht einem Anspruch der Klägerin nach § 9 TzBfG, sondern betrieblichen Notwendigkeiten Rechnung getragen.

a) § 9 TzBfG verpflichtet den Arbeitgeber, einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer, der ihm den Wunsch nach einer Verlängerung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit angezeigt hat, bei der Besetzung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes bei gleicher Eignung bevorzugt zu berücksichtigen, es sei denn, dass dringende betriebliche Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer entgegenstehen. § 9 TzBfG begründet einen individuellen Rechtsanspruch, den der teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer im Wege der Leistungsklage durchsetzen kann, wenn sich keine besser geeigneten Konkurrenten bewerben ( - Rn. 18, AP TzBfG § 9 Nr. 3 = EzA TzBfG § 9 Nr. 3). Ein angezeigter Wunsch des Arbeitnehmers auf Erhöhung seiner Arbeitszeit verpflichtet den Arbeitgeber nicht schon zur Abgabe eines Angebots auf Abschluss eines Arbeitsvertrags mit der vom Arbeitnehmer gewünschten Arbeitszeit. Die Anzeige des Arbeitnehmers löst nur die in § 7 Abs. 2 TzBfG bestimmten Pflichten des Arbeitgebers aus. Er hat den Arbeitnehmer über den freien Arbeitsplatz zu informieren. Es ist dann der Entscheidung des Arbeitnehmers überlassen, ob er seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit zu dem vom Arbeitgeber vorgesehenen Termin und im entsprechenden Umfang erhöhen will. Ist das der Fall, so hat er ein hierauf bezogenes Vertragsangebot an den Arbeitgeber zu richten, dessen Zugang der Arbeitgeber abwarten kann ( - Rn. 21, AP TzBfG § 9 Nr. 1 = EzA TzBfG § 9 Nr. 1).

§ 9 TzBfG gilt auch für befristet beschäftigte Arbeitnehmer, sofern sie teilzeitbeschäftigt sind (ErfK/Preis 8. Aufl. § 9 TzBfG Rn. 3). Diese können für die verbleibende Vertragsdauer die Erhöhung ihrer Arbeitszeit verlangen und nach einem hinreichend bestimmten Vertragsangebot bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 9 TzBfG auch durchsetzen. Deshalb handelt es sich nicht um einen unzulässigen Neuabschluss nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG, wenn in einem befristeten Anschlussvertrag eine erhöhte Arbeitszeit vereinbart wird, um einem Anspruch des Arbeitnehmers nach § 9 TzBfG Rechnung zu tragen. Dazu muss der Arbeitnehmer bereits zuvor oder anlässlich der Vereinbarung der Verlängerung ein Erhöhungsverlangen nach § 9 TzBfG geltend gemacht haben (im Ergebnis ebenso KR-Lipke 8. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 291; Sievers TzBfG 2. Aufl. § 14 Rn. 319), dem der Arbeitgeber in dem Folgevertrag mit der Veränderung der Arbeitszeit Rechnung trägt.

b) Danach hat die Beklagte mit der Erhöhung der Arbeitszeit in dem Arbeitsvertrag vom nicht einen Anspruch der Klägerin aus § 9 TzBfG erfüllt. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, es verblieben nach Vernehmung der Zeugin S erhebliche Zweifel an der Behauptung der Beklagten, der Klägerin sei eine Stelle in einer anderen Filiale mit erhöhter Arbeitszeit angeboten worden, weil sie zuvor einen entsprechenden Wunsch geäußert habe, hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

aa) Die Beweiswürdigung obliegt grundsätzlich dem Gericht der Tatsacheninstanz. Dieses hat sich nach § 286 ZPO seine Überzeugung darüber, ob eine streitige Behauptung wahr ist oder nicht, unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer durchgeführten Beweisaufnahme zu bilden. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Würdigung des Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme ist für die Revisionsinstanz gemäß § 559 Abs. 2 ZPO bindend. Das Revisionsgericht kann nur prüfen, ob die Würdigung des Berufungsgerichts möglich ist, nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt und die Revision zulässige und begründete Verfahrensrügen erhoben hat ( -AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 18 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 63, zu I 2 der Gründe).

bb) Derartige Fehler sind dem Landesarbeitsgericht nicht unterlaufen.

Seine Beweiswürdigung ist nicht nur möglich, sondern naheliegend.

Die Beklagte geht zu Unrecht davon aus, dass die Beweiswürdigung unvollständig sei, weil das Landesarbeitsgericht die Aussage der Zeugin S, sie habe der Klägerin die befristete Beschäftigung mit 30 Wochenstunden deshalb angeboten, weil die Klägerin alleinstehend und auf das Geld angewiesen und ihr zum damaligen Zeitpunkt immer noch bewusst gewesen sei, dass die Klägerin mehr als 20 Stunden habe arbeiten wollen, unberücksichtigt gelassen habe. Das Landesarbeitsgericht war nicht verpflichtet, auf jede Einzelaussage der Zeugin S einzugehen. Es konnte sich bei seiner Würdigung der Zeugenaussage auf die aus seiner Sicht maßgeblichen Äußerungen der Zeugin beschränken. Es hat hierbei vor dem Hintergrund der Aussage der Zeugin, sie könne den ihr vorgehaltenen entgegenstehenden Vortrag der Klägerin nicht bestätigen und sich daran nicht mehr erinnern, geprüft, ob es mögliche Zweifel an der Richtigkeit des Beklagtenvorbringens überwinden konnte. Dies hat das Landsarbeitsgericht verneint, weil es nach den Bekundungen der Zeugin nicht ausschließen konnte, dass die Erhöhung der Arbeitszeit nicht auf Grund eines von der Klägerin geäußerten Wunsches erfolgt ist, sondern weil kurzfristig ein Arbeitsplatz mit einer Arbeitszeit von 30 Wochenstunden freigeworden ist. Diese Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Letztlich versucht die Beklagte nur, die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts durch ihre eigene zu ersetzen.

c) Der Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags vom stellt danach keine Verlängerung des Ausgangsvertrags vom dar. Daher kann dahinstehen, ob die Klägerin zum Zeitpunkt der Vereinbarung am eine Erhöhung ihrer Arbeitszeit auf 30 Wochenarbeitsstunden ab dem überhaupt beanspruchen konnte. Dies erscheint deshalb fraglich, weil die Klägerin nur einen Wunsch nach einer Erhöhung ihrer Arbeitszeit auf die regelmäßige Arbeitszeit geäußert hatte und nicht ohne weiteres anzunehmen ist, dass dieser Wunsch zugleich als ein Vertragsangebot iSd. § 9 TzBfG auf Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden anzusehen war. Daneben hat die Beklagte nicht dargelegt, dass gerade die Klägerin und nicht andere Arbeitnehmer der Beklagten das ab dem zur Verfügung stehende Stundenvolumen beanspruchen konnte.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Fundstelle(n):
DB 2008 S. 1323 Nr. 24
DStR 2008 S. 2497 Nr. 51
DStR 2008 S. 262 Nr. 6
DStR 2008 S. 884 Nr. 18
NJW 2008 S. 2140 Nr. 29
NWB-Eilnachricht Nr. 5/2008 S. 328
NWB-Eilnachricht Nr. 51/2008 S. 4853
VAAAC-80204

1Für die amtliche Sammlung: ja; Für die Fachpresse: nein