Vorliegen eines Leistungsaustauschs
Leitsatz
Eine Leistung gegen Entgelt i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1993 erfordert nicht notwendig eine "Finalität" des Handelns in dem Sinne, dass der Leistende leistet, um eine Gegenleistung zu erhalten. Voraussetzung ist jedoch das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der erbrachten Leistung und einer empfangenen Gegenleistung. In Fällen, in denen ein anderer Unternehmer die Erfüllung der Aufgaben einer juristischen Person des öffentlichen Rechts übernimmt und Geldzahlungen erhält, bestimmt sich in erster Linie nach den Vereinbarungen des Leistenden mit dem Zahlenden, ob die Leistung des Unternehmers derart mit der Zahlung verknüpft ist, dass ein unmittelbarerer Zusammenhang besteht. Bei Leistungen, zu deren Ausführung sich die Vertragsparteien in einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet haben, liegt der erforderliche Leistungsaustausch grundsätzlich vor.
Gesetze: UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, UStG § 10
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, deren Alleingesellschafter der Kreis . (Kreis) ist, betreibt seit 1994 aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit dem Kreis im Kreisgebiet die Abfallentsorgung.
Streitig ist, ob Zahlungen des Kreises an die Klägerin sowie eine Zuwendung des Landes Nordrhein-Westfalen (Land), die die Klägerin in den Jahren 1994 bis 1997 (Streitjahre) erhalten hat, bei ihr umsatzsteuerrechtlich als Entgelt zu erfassen sind.
Nach §§ 1.1, 2 des Vertrages vom 24./ („Übertragungsvertrag”) bediente sich der Kreis ab dem der von ihm gegründeten Klägerin zur Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Abfallentsorgung und der Folgemaßnahmen für Abfallentsorgungsanlagen (Übernahme der Abfallentsorgung). Nach § 8 des „Übertragungsvertrages” erhebt die GmbH von den Abfallanlieferern Entgelte, die in der Regel ihren Aufwand decken und eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals zulassen.
Im notariellen Vertrag vom (im Folgenden „notarieller Vertrag”) veräußerte der Kreis an die Klägerin kreiseigene Anlagen der Abfallentsorgung (Nr. 4, 5 des Vertrages). Ferner lautete Nr. 16 des Vertrages:
„Der Kreis . verpflichtet sich, alle aus der Abfallwirtschaft stammenden Einnahmen und Rückstellungen nach der endgültigen Abrechnung des Jahres 1993 der . GmbH zu übertragen, und zwar
a) die Gebührenrückstellung für die Müllbeseitigung in Höhe von .,
b) die Rückstellung für die Rekultivierung der Deponie G .... in Höhe von .
16.1
Die . GmbH übernimmt ab dem die Verpflichtung zur Nachsorge der vom Kreis…bis betriebenen Abfallentsorgungsanlagen (§ 2 des Übertragungsvertrages).
16.2
Es werden noch über den hinaus seitens Dritter Gebühren und Entgelte an den Kreis . gezahlt und vom Kreis . Zahlungen geleistet, die für den Zeitraum bis zum bestimmt sind. Diese Gebühren und Entgelte wird der Kreis . vereinnahmen und nach Verrechnung mit den geleisteten Ausgaben an die . GmbH auszahlen. .
Andererseits verpflichtet sich die . GmbH, den Kreis…von Verpflichtungen aus der Zeit vor dem freizustellen. Hierfür wird die . GmbH dem Kreis…keine Zinsen in Rechnung stellen, da der Saldo der empfangenen Zahlungen den Saldo der zu zahlenden Leistung beträchtlich übersteigen wird.”
Der Kreis zahlte an die Klägerin im Jahr 1994 Beträge in Höhe der „Gebührenrückstellung” (Nr. 16 Buchst. a des „notariellen Vertrages”) und der „Rekultivierungsrückstellung” (Nr. 16 Buchst. b des „notariellen Vertrages”).
Ferner leistete der Kreis in den Jahren 1994 bis 1996 Zahlungen für Entgelte und Gebühren, die auf den Zeitraum vor dem entfielen und die der Kreis noch vereinnahmt hatte (im folgenden „Gebührenreste”, Nr. 16.2 Satz 1 des „notariellen Vertrages”).
Durch den vollzogenen Verkauf der Anlagen an die Klägerin (Nr. 4, 5 des „notariellen Vertrages”) erzielte der Kreis einen „Veräußerungsgewinn”. Der Kreis stellte diesen Betrag der Klägerin im Jahre 1995 „zur Verfügung”, nachdem das Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem Urteil vom 9 A 2251/93 (Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht —NVwZ— 1995, 1238) entschieden hatte, dass derartige Veräußerungsgewinne dem Gebührenhaushalt wieder zuzuführen seien. Die Klägerin und der Kreis waren sich einig, dass der Veräußerungsgewinn „zur Stärkung des Eigenkapitals der Klägerin eingesetzt” wird.
Im Jahr 1996 begann die Klägerin —entsprechend ihrer Verpflichtung zur Nachsorge der Abfallentsorgungsanlagen (§ 1.1 des „Übertragungsvertrages” und Nr. 16 des „notariellen Vertrages”)— mit der Sanierung der ehemaligen Hausmülldeponie F. Hierfür gewährte das Land der Klägerin durch „Zuwendungsbescheid” vom auf ihren Antrag eine Zuwendung, die das Land in zwei Teilbeträgen in den Jahren 1996 und 1997 auszahlte. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) ist die Zuwendung „im überwiegenden Interesse” der Klägerin gewährt worden.
Entsprechend § 8 des „Übertragungsvertrages” schloss die Klägerin mit den Abfallanlieferern im eigenen Namen Verträge ab und erhob für die Abfallentsorgung von den Anlieferern Entgelte.
In ihren Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre, die zu Festsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung führten, erklärte die Klägerin nur Leistungen an die Abfallanlieferer. Die Zahlungen des Kreises in Höhe der „Gebührenrückstellung”, der „Rekultivierungsrückstellung”, der „Gebührenreste” und des „Veräußerungsgewinnes” sowie die Zuwendung des Landes erfasste sie nicht als Entgelte für steuerbare und steuerpflichtige Umsätze.
Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) die Auffassung, sämtliche Zahlungen des Kreises und die Zuwendung des Landes seien (Brutto-)Entgelte für steuerbare und steuerpflichtige Umsätze der Klägerin.
Mit Bescheiden vom setzte das FA dementsprechend die Umsatzsteuer für 1994 bis 1997 fest.
Die Klägerin erhob hiergegen ohne Vorverfahren Klage (Sprungklage), der das FA gemäß § 45 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zustimmte. Nach einem entsprechenden rechtlichen Hinweis des FG wandte sich die Klägerin nicht mehr gegen die Erfassung der Zahlung des Kreises in Höhe der „Rekultivierungsrückstellung” (Nr. 16 Buchst. b des „notariellen Vertrages”) als Entgelt für die von ihr übernommene Nachsorge der Abfallentsorgungsanlagen (§ 1.1 des „Übertragungsvertrages” und Nr. 16.1 des „notariellen Vertrages”) und schränkte insoweit ihren Klageantrag ein.
Das FG gab mit seinem in „Entscheidungen der Finanzgerichte” (EFG) 2006, 601 veröffentlichten Urteil der Klage statt. Es war der Auffassung, die Zahlungen in Höhe der „Gebührenrückstellung” (§ 16 Buchst. a des „notariellen Vertrages”), der „Gebührenreste” (§ 16.2 Satz 1 des „notariellen Vertrages”) und des „Veräußerungsgewinnes” des Kreises und die Zuwendung des Landes seien kein Entgelt für Leistungen der Klägerin an den Kreis oder an die Abfallanlieferer. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei für einen Leistungsaustausch aus der Sicht des Leistenden eine „Finalität zwischen Leistung und Gegenleistung” notwendig. Diese Rechtsprechung entspreche den Grundsätzen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH).
Die Übertragung der „Gebührenrückstellung” (Nr. 16 Buchst. a des „notariellen Vertrages”) ist nach Ansicht des FG ein Gesellschafterbeitrag und kein Entgelt i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG 1993). Aus der Formulierung des „notariellen Vertrages” (Nr. 16) ergebe sich nicht die erforderliche „Finalität” zwischen der Zahlung der „Gebührenrückstellung” und der Verpflichtung der Klägerin zur Nachsorge: Die Verpflichtung zur Nachsorge sei bereits im „Übertragungsvertrag” (§ 1.1) geregelt worden, ohne dass hierfür ein konkretes Entgelt vereinbart worden sei. Gegen eine spätere Entgeltvereinbarung spreche, dass die Klägerin nach § 8 des „Übertragungsvertrages” das Recht erhalten habe, Entgelte von den Abfallanlieferern zu erheben (Entgelterhebungsrecht). Nach den „plausiblen” Ausführungen des Geschäftsführers der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom seien sich die Klägerin und der Kreis darüber einig gewesen, die Klägerin werde mit dem Recht zur Gebührenerhebung in der Lage sein, den übernommenen Nachsorgeverpflichtungen nachzukommen. Ferner habe die Klägerin die erhaltene „Gebührenrückstellung” weder bei der Bemessung der Entgelte der Abfallanlieferer berücksichtigen müssen noch tatsächlich berücksichtigt.
Das FG war ferner der Auffassung, der Kreis habe die „Gebührenreste” (Nr. 16.2 des „notariellen Vertrages”) nicht im Rahmen eines Leistungsaustausches an die Klägerin weitergeleitet. Denn die damit zusammenhängende Freistellung von Verbindlichkeiten durch die Klägerin (Nr. 16.2 des „notariellen Vertrages”) sei keine Leistung im wirtschaftlichen Sinne. Der Kreis habe keinen „nennenswerten wirtschaftlichen Vorteil” erhalten. Denn er hätte die Verbindlichkeiten „letztlich auch selbst mit den später noch vereinnahmten Gebühren und Entgelten tilgen und anschließend nur” den verbleibenden Restbetrag auf die Klägerin übertragen können.
Zudem sei die Übertragung des „Veräußerungsgewinns” kein Entgelt i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1993, sondern ein Gesellschafterbeitrag, weil die Klägerin und der Kreis keine „entsprechende” Vereinbarung abgeschlossen hätten. Die Zahlung sei ferner kein Entgelt „von dritter Seite” (§ 10 Abs. 1 Satz 3 UStG 1993) für die Leistungen der Klägerin an die Abfallanlieferer. Denn die Klägerin habe die Zahlung bei der Entgeltkalkulation für die Abfallanlieferer weder berücksichtigt noch berücksichtigen müssen.
Auch die Zuwendung des Landes sei kein zusätzliches Entgelt eines Dritten i.S. von § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG 1993 für die Übernahme der Abfallentsorgung durch die Klägerin. Denn diese Vorschrift setze einen Leistungsaustausch voraus. Dieser liege nicht vor, da die Klägerin die Abfallentsorgung nicht „um einer Gegenleistung willen” übernommen habe. Die Zuwendung sei auch kein Entgelt i.S. von § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG 1993 für die Leistungen der Klägerin an die Abfallanlieferer. Denn auf die Zuwendung hätten die Abfallanlieferer keinen Anspruch gehabt und sie sei auch nicht in deren Interesse, sondern im überwiegenden Interesse der Klägerin gewährt worden.
Mit der zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts.
Es trägt zur Begründung im Wesentlichen vor:
Entgegen der Auffassung des FG stehe der Klägerin kein uneingeschränktes Entgelterhebungsrecht zu; vielmehr hätten sich die Gebühren an den Bestimmungen des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG) zu orientieren. Danach müsse die Klägerin die Zahlungen in Höhe der „Gebührenrückstellung”, der „Gebührenreste” und des „Veräußerungsgewinnes” sowie die Zuwendung des Landes in die Kalkulation der Entgelte einbeziehen. Daher seien diese Beträge Entgelte für eine steuerbare Leistung der Klägerin.
Der Kreis und die Klägerin seien sich aufgrund des Urteils des OVG für das Land Nordrhein-Westfalen in NVwZ 1995, 1238 einig gewesen, dass der „Veräußerungsgewinn” auf die Klägerin übertragen werde, um ihn in die Entgeltkalkulation einfließen zu lassen.
Die Zuwendung des Landes sei zusätzliches Entgelt für die Leistungen der Klägerin an den Kreis, weil die Zuwendung im Interesse des Kreises gewährt worden sei. Ferner werde auch die Zuwendung des Landes bei der Kalkulation der zu zahlenden „Abfallentgelte” berücksichtigt.
Das FA beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Sie verweist auf das zwischen den Beteiligten ergangene, inzwischen rechtskräftige zu u.a. der Körperschaftsteuer 1994 bis 1997. Demnach stehe gemäß § 110 Abs. 1 Nr. 1 FGO fest, dass die Zahlung der „Gebührenrückstellung” nicht als Entgelt für eine Leistung der Klägerin angesehen werden könne und die Übertragung des „Veräußerungsgewinns” eine „Einlage des Gesellschafters” gewesen sei.
II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1993 unterliegen der Umsatzsteuer Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Daneben sind auch Lieferungen oder sonstige Leistungen steuerbar, die Körperschaften an ihre Anteilseigner, Gesellschafter oder diesen nahestehende Personen ausführen, für die die Leistungsempfänger kein Entgelt aufwenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG 1993).
a) Entgegen der Ansicht des FG erfordert eine Leistung gegen Entgelt nicht notwendig eine „Finalität” des Handelns in dem Sinne, dass der Leistende leistet, um eine Gegenleistung zu erhalten (vgl. , BFHE 201, 339, BStBl II 2003, 732, unter II.2.b). Daher war die Vorentscheidung aufzuheben.
Ob eine Lieferung oder sonstige Leistung als gegen Entgelt ausgeführt und deshalb als steuerbarer Umsatz nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1993 zu erfassen ist, setzt nach ständiger Rechtsprechung des BFH (z.B. , BFHE 211, 59, BStBl II 2007, 66, unter II.1. m.w.N.; vom V R 9/04, BFHE 215, 372, BStBl II 2007, 285, unter II.1.b bb) das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der erbrachten Leistung und einer empfangenen Gegenleistung voraus. Der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein; er muss einen Vorteil erhalten, der einen Kostenfaktor in seiner Tätigkeit bilden könnte und damit zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt.
In Fällen, in denen ein anderer Unternehmer die Erfüllung der Aufgaben einer juristischen Person des öffentlichen Rechts übernimmt und Geldzahlungen erhält, bestimmt sich in erster Linie nach den Vereinbarungen des Leistenden mit dem Zahlenden, ob die Leistung des Unternehmers derart mit der Zahlung verknüpft ist, dass ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Bei Leistungen, zu deren Ausführung sich die Vertragsparteien in einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet haben, liegt der erforderliche Leistungsaustausch grundsätzlich vor (, BFHE 211, 50, BStBl II 2007, 63, unter II.1.b; in BFHE 215, 372, BStBl II 2007, 285, unter II.1.b bb, m.w.N.).
Dagegen fehlt es regelmäßig an dem notwendigen Zusammenhang zwischen erbrachter Leistung und erhaltenem Gegenwert, soweit ein Gesellschafter aus Gründen, die im Gesellschaftsverhältnis begründet sind, die Verluste seiner Gesellschaft übernimmt, um ihr die weitere Tätigkeit zu ermöglichen, wenn also die Zahlung nur dazu dient, die Gesellschaft mit dem für ihre Tätigkeit notwendigen Kapital auszustatten (, BFHE 198, 233, BStBl II 2002, 782, unter II.1.; vom V R 69/05, BFH/NV 2007, 1205, unter II.B.2.b bb). Ob eine GmbH nach handelsrechtlichen Bilanzierungsgrundsätzen einen Gesellschafterzuschuss erhalten hat oder nicht, ist umsatzsteuerrechtlich nicht entscheidend (BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 1205, unter II.B.2.b bb).
b) Nach den dargestellten Grundsätzen erbrachte die Klägerin —entgegen der Rechtsauffassung des FG— eine entgeltliche Leistung an den Kreis (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1993): Die Klägerin übernahm eine Aufgabe des Kreises, nämlich die Abfallentsorgung (§ 1.1 des „Übertragungsvertrages”). Hierzu gehört auch die Nachsorge der Abfallentsorgungsanlagen (vgl. § 1.1 des „Übertragungsvertrages”). Für diese Leistung erhielt die Klägerin ein Entgelt.
Die Klägerin und der Kreis vereinbarten zwar zunächst im „Übertragungsvertrag” für die Übernahme der Abfallentsorgung und damit für die Nachsorge von Abfallentsorgungsanlagen kein Entgelt.
In dem „notariellen Vertrag” verpflichtete sich die Klägerin hierzu jedoch gegen Entgelt: Nach Nr. 16.1 des „notariellen Vertrages” übernahm die Klägerin die Nachsorge von Abfallentsorgungsanlagen. Andererseits hatte der Kreis nach Nr. 16 und 16.2 die „Gebührenrückstellung”, die „Rekultivierungsrückstellung” und die „Gebührenreste” auf die Klägerin zu „übertragen”. Diese gegenseitigen Vereinbarungen reichen für die Annahme eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der Leistung der Klägerin an den Kreis (Übernahme der Abfallentsorgung) und den in dem „notariellen Vertrag” eingegangenen Zahlungsverpflichtungen des Kreises aus; diese Zahlungen waren daher nicht im Gesellschaftsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Kreis begründet.
Entgegen der Ansicht des FG kommt es nicht darauf an, zu welchem Zweck die Zahlungen erfolgten. Das FG hielt diesen Gesichtpunkt für maßgeblich, da es für eine Leistung gegen Entgelt entscheidend darauf abstellte, dass der Leistende leistet, um eine Gegenleistung zu erhalten. Dies ist aber nicht notwendig. Daher kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin von den Abfallanlieferern selbst Entgelte erheben durfte und hieraus die Nachsorge der Anlagen finanzieren konnte. Ferner ist unbeachtlich, wofür die Klägerin die Mittel aus der „Gebührenrückstellung” verwendete oder verwenden musste.
c) Die Freistellung von Verbindlichkeiten (Nr. 16.2 des „notariellen Vertrages”) ist —wie das FG im Ergebnis zutreffend entschieden hat— keine Leistung der Klägerin an den Kreis, sondern ergänzt nur die Entgeltvereinbarung über die „Gebührenreste”.
Nach Nr. 16.2 Satz 1 des „notariellen Vertrages” hatte der Kreis an die Klägerin die Gebühren und Entgelte abzüglich der Ausgaben zu zahlen, die jeweils den Zeitraum bis betreffen („Gebührenreste”). Ergänzend sieht der „notarielle Vertrag” in Nr. 16.2 vor, dass die Klägerin den Kreis von den Verbindlichkeiten freistellt, die den Zeitraum bis betreffen. Diese Vereinbarungen stellen sicher, dass die Klägerin nur den Anteil der Entgelte und Gebühren behalten darf, der die Ausgaben des Kreises und die noch nicht getilgten Verbindlichkeiten des Kreises übersteigt. Daher minderte sich das Entgelt des Kreises in dem Umfang, in dem die Klägerin Verbindlichkeiten des Kreises tilgte.
d) Die Auszahlung des „Veräußerungsgewinnes” ist kein Entgelt für die Übernahme der Abfallentsorgung durch die Klägerin. Denn diese Leistung steht in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dieser Zahlung: Der Kreis war nicht aufgrund eines gegenseitigen Vertrages zur Übertragung des „Veräußerungsgewinnes” verpflichtet. Diese Zahlung sollte nach den Feststellungen des FG, die das FA nicht durch zulässige und begründete Verfahrensrügen angegriffen hat und die daher für den Senat bindend sind (§ 118 Abs. 2 FGO), „zur Stärkung des Eigenkapitals der Klägerin eingesetzt” werden. Sie diente daher dazu, die Gesellschaft mit dem für ihre Tätigkeit notwendigen Kapital auszustatten. Deswegen war sie ein Gesellschafterbeitrag.
Die Auszahlung des „Veräußerungsgewinns” ist auch kein Entgelt nach § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG 1993 für die Leistungen der Klägerin an die Abfallanlieferer. Der Kreis zahlte den „Veräußerungsgewinn” nicht im Interesse der Leistungsempfänger (Abfallanlieferer) an die Klägerin, sondern nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) zur „Stärkung des Eigenkapitals”. Ohne Bedeutung ist, ob der Kreis den „Veräußerungsgewinn” dem Gebührenaufkommen nach den landesrechtlichen Abfallvorschriften hätte zuführen müssen, da es im Rahmen des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG 1993 auf die tatsächlichen Verhältnisse ankommt.
e) Die Zuwendung des Landes ist ebenfalls kein Entgelt für die Übernahme der Abfallentsorgung durch die Klägerin.
Zum Entgelt gehört auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG 1993).
Zahlungen der öffentlichen Hand an einen Unternehmer, der Lieferungen oder sonstige Leistungen an Dritte erbringt, gehören —unabhängig von der Bezeichnung als „Zuschuss"— dann gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG 1993 zum Entgelt für diese Umsätze, wenn
- der Zuschuss dem Abnehmer des Gegenstands oder dem Dienstleistungsempfänger zugute kommt,
- der Zuschuss gerade für die Lieferung eines bestimmten Gegenstands oder die Erbringung einer bestimmten sonstigen Leistung gezahlt wird, und
- mit der Verpflichtung der den Zuschuss gewährenden Stelle zur Zuschusszahlung das Recht des Zahlungsempfängers (Unternehmers) auf Auszahlung des Zuschusses einhergeht, wenn er einen steuerbaren Umsatz bewirkt hat
(, Office des produits wallons, Slg. 2001, I-9115, BFH/NV Beilage 2002, 33 Randnrn. 11 ff.; vom C-144/02, Kommission/ Bundesrepublik Deutschland, Slg. 2004, I-6985, Umsatzsteuer-Rundschau 2004, 625 Randnrn. 27 ff.; , BFHE 203, 515, BStBl II 2004, 322, unter II.2.c; , BFH/NV 2005, 391, unter II.1.).
Nicht erforderlich ist, dass der Leistungsempfänger einen Rechtsanspruch auf die Zahlung hat; es reicht aus, dass sie in seinem Interesse erfolgt (BFH-Urteil in BFHE 203, 515, BStBl II 2004, 322, unter II.2.c).
Leistungsempfänger der Übernahme der Abfallentsorgung war der Kreis. Nach den Feststellungen des FG erfolgte die Zuwendung „im überwiegenden Interesse” der Klägerin und nicht des Kreises. Da diese Feststellungen nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen worden sind, binden sie den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO.
Demnach war die Zuwendung des Landes auch kein Entgelt i.S. von § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG 1993 für die Leistungen der Klägerin an die Abfallanlieferer.
2. Es sind weitere Feststellungen erforderlich.
Bei entgeltlichen sonstigen Leistungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1993 wird der Umsatz nach dem Entgelt bemessen (§ 10 Abs. 1 UStG 1993). Sofern allerdings —wie im Streitfall— Körperschaften an ihre Gesellschafter sonstige Leistungen erbringen, bemisst sich der Umsatz nach den bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Kosten, wenn diese das Entgelt nach § 10 Abs. 1 UStG 1993 übersteigen (§ 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG 1993).
Ob die Kosten das Entgelt in den Streitjahren überschreiten, lässt sich den Feststellungen des FG nicht entnehmen. Daher war die Sache an das FG zurückzuverweisen.
a) Die Klägerin stellte den Kreis von Verbindlichkeiten frei (Nr. 16.2 des „notariellen Vertrages”). Soweit die Klägerin Verbindlichkeiten des Kreises tilgte, minderte sich das Entgelt des Kreises (vgl. II.1.c). Hierzu traf das FG keine Feststellungen.
b) Das FG traf ferner keine Feststellungen zur Höhe der Kosten (§ 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG 1993), die der Klägerin durch die Übernahme der Abfallentsorgung in den Streitjahren entstanden.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 996 Nr. 6
HFR 2008 S. 828 Nr. 8
KÖSDI 2008 S. 15932 Nr. 3
NWB-Eilnachricht Nr. 32/2008 S. 15
SAAAC-78278