Leitsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: ZRBG § 1 Abs 1
Instanzenzug: LSG Nordrhein-Westfalen, L 4 R 145/05 vom SG Düsseldorf, S 12 RJ 116/05 vom
Gründe
I
Die Klägerin begehrt von der Beklagten, ihr ab eine Altersrente unter Zugrundelegung von "Ghetto-Beitragszeiten" nach den Bestimmungen des "Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG)" vom (BGBl I 2074) zu zahlen.
Die am in Schaulen/Litauen (litauisch: Siauliai) geborene Klägerin wanderte 1947 nach Palästina aus. Sie ist israelische Staatsangehörige und lebt in Israel. Als Verfolgte des Nationalsozialismus (NS-Verfolgte) erhielt sie eine Entschädigung wegen Freiheitsentziehung nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) für 41 Kalendermonate.
Im November 2002 beantragte sie bei der Beklagten, ihr unter Anerkennung von Beschäftigungszeiten, die sie von Juli 1941 bis Juli 1944 im Ghetto Schaulen zurückgelegt habe (sog "Ghetto-Beitragszeiten"), eine Regelaltersrente ab zu zahlen; sie habe zunächst im Ghetto als Arbeiterin und von Mai 1942 bis Juli 1944 außerhalb des Ghettos in der Lederfabrik Frenkel gearbeitet. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, weil die Klägerin im Entschädigungs- und Rentenverfahren unterschiedliche Angaben gemacht habe, sodass die Beschäftigungszeiten nicht glaubhaft gemacht worden seien (Bescheid vom ). Ihr Widerspruch hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom ).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom ). Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihr Begehren insoweit eingeschränkt, als sie Rentenleistungen nur noch unter Zugrundelegung von Ghetto-Beitragszeiten von Mai 1942 bis Juni 1943 beantragt hat. Das Landessozialgericht (LSG) hat ihre Berufung zurückgewiesen (Urteil vom ). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, die Klägerin erfülle nicht die erforderliche Wartezeit für den Erwerb des Rechts auf ein "Altersruhegeld (ARG)". Sie habe von Mai 1942 bis Juni 1943 keine Versicherungszeiten nach den Reichsversicherungsgesetzen oder nach dem Fremdrentengesetz (FRG) zurückgelegt; das FRG sei auch nicht über § 17a FRG oder § 20 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) anwendbar, weil sie nicht dem deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK) angehört habe. Auch nach den Bestimmungen des ZRBG seien die geltend gemachten Beschäftigungszeiten im Ghetto Schaulen nicht als Beitragszeiten zu berücksichtigen. Solche Beschäftigungszeiten würden weder den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten noch fiktiven Beitragszeiten gleichgestellt. Das ZRBG weite den Kreis der anspruchsberechtigten Verfolgten nicht aus, der durch die Bestimmungen des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI), des WGSVG und des FRG festgelegt werde. Sein Anwendungsbereich beschränke sich auf die Bewertung von Beschäftigungszeiten in einem Ghetto und deren Zahlbarmachung ins Ausland. Selbst wenn man dieser Auffassung nicht folge, seien die Voraussetzungen des ZRBG nicht erfüllt. Es sei weder erwiesen noch glaubhaft gemacht, dass die Klägerin von Mai 1942 bis Juni 1943 eine Beschäftigung in der Lederfabrik Frenkel ausgeübt habe. Da keine "Beitragszeiten" glaubhaft gemacht worden seien, könnten auch keine Ersatzzeiten zur Erfüllung der Wartezeit berücksichtigt werden.
Die Klägerin hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung des § 1 Abs 1 ZRBG. Sie trägt vor, die angefochtene Entscheidung verletze Bundesrecht, weil das LSG für die Anwendung des ZRBG verlange, dass die Voraussetzungen des FRG erfüllt sein müssten, also die Zugehörigkeit zum dSK anerkannt sei. Dies sei rechtswidrig, weil eine Beziehung des Verfolgten im Sinne des BEG zur deutschen Rentenversicherung nicht erforderlich sei; vielmehr begründe das ZRBG eine eigene Anspruchsgrundlage wegen einer Ghetto-Beschäftigung. Sie erfülle die Voraussetzungen des ZRBG, weil sie von Mai 1942 bis Juni 1943 in der Lederfabrik Frenkel gegen Entgelt tätig gewesen sei. Ihr Vortrag werde insbesondere durch die Ausführungen im vorgelegten Gutachten von Dr. Tauber vom glaubhaft gemacht. Schließlich sei die Wartezeit unter Heranziehung der israelischen Versicherungszeiten erfüllt.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom und des Sozialgerichts Düsseldorf vom sowie die ablehnende Entscheidung der Beklagten im Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom aufzuheben und diese zu verpflichten, unter Zugrundelegung der Ghetto-Beitragszeiten vom bis ihr Recht auf eine Altersrente und deren Wert festzustellen, sowie sie zu verurteilen, ab entsprechende monatliche Geldbeträge zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die angefochtene Entscheidung sei nicht zu beanstanden; das LSG habe die geltend gemachte Beschäftigungszeit zu Recht als nicht glaubhaft gemacht angesehen.
II
Der 4. Senat legt die im Tenor formulierten Fragen wegen grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat (GS) zur Entscheidung vor, weil dies nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 41 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).
Teil 1: Zur Zulässigkeit der Vorlage
§ 41 Abs 4 SGG enthält die zwei Zulässigkeitsvoraussetzungen. Die Rechtsfrage muss grundsätzliche Bedeutung haben und die Vorlage muss zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erforderlich sein. Die letztgenannte Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung des GS allein von dem vorlegenden Senat zu entscheiden und vom GS nicht zu überprüfen. Dagegen prüft dieser selbst, ob die vorgelegten Fragen grundsätzliche Bedeutung haben (zur vergleichbaren früheren Regelung in § 43 SGG: BSG, Beschluss des GS vom , BSGE 62, 255, 258 = SozR 5050 § 15 Nr 35, mwN).
A. Zur Erforderlichkeit
Auch wenn der 4. Senat die von ihm angenommene Erforderlichkeit nicht zu begründen braucht, werden zum besseren Verständnis der Vorlage die Gründe kurz skizziert. Mehrere Fragen zur Auslegung und Anwendung des ZRBG sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung und von den Vorinstanzen sowie in der Literatur unterschiedlich beantwortet worden mit entsprechenden nachteiligen Auswirkungen auf den vom ZRBG betroffenen Personenkreis. Dieser weist neben dem gemeinsamen Verfolgungsschicksal als weitere Gemeinsamkeit ein hohes Alter auf. Um zu ermöglichen, dass ein Großteil der jetzt noch lebenden Verfolgten den Abschluss der Verfahren überhaupt erlebt, ist eine rasche Klärung der strittigen Auslegungsfragen erforderlich. Dies wird am schnellsten und effektivsten durch eine Entscheidung des GS bewirkt. Darüber hinaus ist die politische Brisanz der sensiblen Thematik, sind also insbesondere die negativen Auswirkungen im In- und Ausland zu beachten, die eine unklare und sich auf die Betroffenen belastend auswirkende Rechtslage zur Folge hat. Auch dies gebietet eine rasche Klärung durch eine Entscheidung des GS.
B. Zur grundsätzlichen Bedeutung
Auch wenn diese Prüfung in die Kompetenz des GS fällt, muss schon der vorlegende Senat diese Voraussetzung bejahen; sonst dürfte er die Fragen dem GS nicht zur Entscheidung vorlegen.
Ob grundsätzliche Bedeutung gegeben ist, prüft der GS im Wesentlichen an den Kriterien, die zu § 160 Abs 2 Nr 1 SGG entwickelt worden sind. Demzufolge müssen die Fragen von allgemeiner Bedeutung, klärungsbedürftig und klärungsfähig sein. Die im Tenor aufgeworfenen Fragen betreffen die Auslegung von Normen des ZRBG. Der 4. Senat misst ihnen aus folgenden Gründen grundsätzliche Bedeutung bei:
1. Die vorgelegten Fragen sind von allgemeiner Bedeutung.
Die Fragen haben auch eine über den Einzelfall hinausgehende allgemeine Bedeutung. Von den ca 70.000 Anträgen, mit denen eine Rentenzahlung unter Zugrundelegung des ZRBG begehrt worden ist, hatten bis Juni 2006 nur ca 5.000 Erfolg; 61.000 waren abgelehnt und über ca 4.000 war nicht entschieden worden (s Antwort der Bundesregierung vom auf eine Anfrage von Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE; BT-Drucks 16/1955). Eine Vielzahl der dadurch ausgelösten gerichtlichen Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Im Übrigen ergibt sich die allgemeine Bedeutung auch aus den oben unter Buchst A. im Rahmen der Erforderlichkeit aufgezeigten Aspekten.
2. Die vorgelegten Fragen sind klärungsbedürftig.
Ihre Klärungsbedürftigkeit ergibt sich daraus, dass entweder in der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), zumeist in "obiter dicta", unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten worden sind oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Entscheidungen der Vorinstanzen und in der Literatur widersprochen worden ist, sodass ein weiterer Klärungsbedarf besteht (dazu unter Teil 2 Buchst B.).
3. Die vorgelegten Fragen sind klärungsfähig, dh entscheidungserheblich.
a) Die Sachentscheidungsvoraussetzungen liegen vor.
Revision, Berufung und die in Kombination erhobene Anfechtungs- und (unechte) Leistungsklage sind offenkundig statthaft und zulässig. Von weiteren Ausführungen hierzu wird abgesehen.
b) Bei einer Sachentscheidung über die Revision wird es auf die Beantwortung der aufgeworfenen Fragen ankommen.
Das BSG wird die aufgeworfenen Fragen in jedem Fall bei einer künftigen Sachentscheidung zu beantworten haben, und zwar unabhängig davon, ob die Revision Erfolg haben (entweder durch ein volles oder teilweises Obsiegen der Klägerin oder durch Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG) oder ob sie als unbegründet zurückzuweisen sein wird. Deshalb berühren Bedenken, die Revision könne in der Sache wegen der vom LSG getroffenen und das BSG möglicherweise bindenden tatsächlichen Feststellungen erfolglos bleiben, nicht die Zulässigkeit der Vorlage.
Das LSG hat im Rahmen seiner Hilfserwägungen zur behaupteten Beschäftigung ausgeführt, es sei zwar glaubhaft, dass die Klägerin in der Fabrik Frenkel beschäftigt gewesen sei, jedoch sei eine Arbeitsaufnahme vor September 1943 nicht glaubhaft gemacht worden; denn sie habe geltend gemacht, sie habe nach der "Kinderaktion" die Arbeit in der Lederfabrik aufgenommen; diese Aktion habe aber erst im September 1943 stattgefunden.
Auf Grund des von ihr im Berufungsverfahren geltend gemachten prozessualen Anspruchs, über den das LSG allein befunden hat, beschränkt sich die revisionsgerichtliche Prüfung darauf, ob eine Ghetto-Beschäftigung in der Zeit von Mai 1942 bis Juni 1943 ausgeübt wurde. Nicht Gegenstand dieser Prüfung ist, ob eine solche Beschäftigung ab September 1943 vorgelegen haben könnte und ob diese wegen der Umwandlung des Ghettos Schaulen in ein Konzentrationslager (KZ) im September 1943 als Zwangsarbeit zu werten wäre.
Der Senat lässt offen, ob das LSG von einem zutreffenden Begriff der Glaubhaftmachung iS des § 3 WGSVG ausgegangen ist, der auf Grund der Inbezugnahme des WGSVG in § 1 Abs 2 ZRBG auch im Rahmen dieses Gesetzes zu beachten ist. Wäre dies zu verneinen, müsste schon aus diesem Grunde eine Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das LSG erfolgen, auch wenn die Klägerin die Feststellungen des LSG nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen hat. Das LSG müsste dann unter Zugrundelegung des zutreffenden Rechtsbegriffs möglicherweise eine weitere Sachaufklärung und Beweiswürdigung vornehmen und ua unter Auswertung des von ihm berücksichtigten Gutachtens von Dr. Tauber vom evtl auch würdigen, dass Aktionen ua gegen Kinder schon früher durchgeführt wurden. Nach gezielten Mordaktionen in der ersten Phase nach der Besetzung Litauens gegen die männliche jüdische Bevölkerung im Alter zwischen 14 und 50 Jahren nahm das Morden ab August 1941 genozidalen Charakter an; nunmehr wurden auch Frauen und Kinder getötet. Das LSG müsste ggf erwägen, ob eine derartige Aktion gegen Kinder auch im Gebiet von Schaulen bis zum vorläufigen Ende der Vernichtungsmaßnahmen im Spätherbst 1941 durchgeführt wurde, sodass das Vorbringen der Klägerin nicht unbedingt eine Beschäftigung in der Fabrik während der behaupteten Zeit ausschloss.
Ginge man davon aus, die Revision der Klägerin könne schon wegen bindender Feststellungen des LSG in der Sache keinen Erfolg haben, müsste das BSG die aufgeworfenen Fragen dennoch beantworten. Die Entscheidungserheblichkeit folgt aus § 170 Abs 1 Satz 2 SGG. Selbst wenn eine Revision im Ergebnis keinen Erfolg hat, muss das BSG darlegen, ob die angefochtene Entscheidung Bundesrecht verletzt hat oder im Einklang mit dem materiellen Bundesrecht steht. Demzufolge wird das BSG darzulegen haben, ob das LSG die hier einschlägigen Normen des ZRBG zutreffend ausgelegt und angewandt hat. Hierbei wird es sich notwendigerweise mit den vorgelegten Fragen auseinandersetzen müssen. Dies genügt, um im Rahmen des § 41 Abs 4 SGG eine Klärungsfähigkeit zu bejahen.
Teil 2: Zur Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragen im Einzelnen
A. Die vorgelegten Fragen stellen sich ausschließlich im Anwendungsbereich des ZRBG.
Nach § 35 SGB VI erwirbt der Versicherte ein (subjektives) Recht (Stammrecht) auf eine Regelaltersrente, wenn er das 65. Lebensjahr vollendet (Nr 1) und die allgemeine Wartezeit erfüllt hat (Nr 2). Die Klägerin hat das 65. Lebensjahr im Mai 1997 vollendet. Den Status einer Versicherten iS des § 35 SGB VI kann sie nur durch die Zuerkennung von Beitragszeiten nach dem ZRBG erworben haben. Sonstige anrechnungsfähige bundesdeutsche Beitragszeiten liegen nicht vor. Die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs 1 Nr 1 SGB VI) hat sie auch mit evtl in Betracht kommenden Beitragszeiten nach dem ZRBG nicht erfüllt. Da das LSG nicht festgestellt hat, sie habe im israelischen Versicherungssystem Zeiten zurückgelegt, die auf Grund des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit (DISVA) vom (BGBl II 1975, 246) idF des Änderungsabkommens vom (BGBl II 863) für den Rechtserwerb berücksichtigt werden könnten, hat sie das Recht auf Altersrente nur erworben, wenn das ZRBG in Modifikation des § 35 SGB VI das Wartezeiterfordernis für die betroffenen NS-Verfolgten aufgehoben hat.
1. Die Klägerin hat keine Beitragszeiten nach dem SGB VI zurückgelegt.
Sie hat nicht die Versicherungstatbestände der §§ 1 bis 8 SGB VI erfüllt und im Kernsystem der gesetzlichen Rentenversicherung (dazu: BSGE 86, 262, 271 ff = SozR 3-2600 § 210 Nr 2) keine Beitragszeiten zurückgelegt (§ 55 Abs 1 Satz 1 SGB VI). Dies folgt aus den tatsächlichen Feststellungen im Urteil des LSG, das auch keinen Anhalt dafür enthält, die Klägerin könnte freiwillige Beiträge zur bundesdeutschen Rentenversicherung entrichtet haben. Auch sie selbst behauptet dies nicht. Die geltend gemachten Zeiten sind auch nicht als Ersatzzeiten anrechenbar, weil die Klägerin in den Jahren 1942/43 noch nicht das 14. Lebensjahr vollendet hatte (§ 250 Abs 1 SGB VI, vgl auch: BSGE 51, 272 = SozR 2200 § 1251 Nr 83; SozR 2200 § 1251 Nr 127).
2. Sie hat in Litauen keine Beitragszeiten nach den Reichsversicherungsgesetzen zurückgelegt (§ 247 Abs 3 SGB VI), die ebenfalls dem Kernsystem zuzuordnen sind.
Der seit 1918/19 selbständige Staat Litauen war im Gefolge des Hitler-Stalin-Paktes im Juni 1940 von der Sowjetunion okkupiert und als Sowjetrepublik in die Union "aufgenommen" worden. Im Juni 1941 wurde Litauen von deutschen Truppen besetzt und ab bzw ab Teil des "Reichskommissariats Ostland" (dazu: , RdNr 91, zur Veröffentlichung vorgesehen). Auf dem Gebiet der Sozialversicherung wurde die Rechtslage durch die "Verordnung über die Sozialversicherung in den besetzten Gebieten" vom (RGBl I 486) bestimmt, die zum in Kraft trat (gemäß § 9 Abs 1 galt sie nicht im Generalgouvernement Polen, in dem die "Verordnung über die Sozialversicherung in den besetzten polnischen Gebieten" vom <VBl für die besetzten Gebiete in Polen 1939, S 58; § 4 des Erlasses des Führers und Reichskanzlers über die Verwaltung der besetzten polnischen Gebiete vom - RGBl I 2077> zunächst in Kraft blieb). Nach der auch für Litauen maßgeblichen Verordnung vom unterlagen den Reichsversicherungsgesetzen nur die in besetzten Gebieten beschäftigten deutschen Staatsangehörigen; wohnten sie bereits vor der Besetzung in diesen Gebieten, galt dies nur, wenn sie bei einem deutschen Unternehmer beschäftigt waren (§ 1 Abs 1 aaO). Demzufolge wurde die Klägerin während der hier strittigen Zeiten als (ehemalige) sowjetische Staatsangehörige nicht vom persönlichen Anwendungsbereich der Reichsversicherungsgesetze erfasst (vgl zur Rechtslage in Litauen auch: ; zur gleichen Rechtslage in Lettland: Urteil vom , 4 RJ 305/63).
3. Die Klägerin weist keine Beitragszeiten in dem gleichgestellten System des FRG auf (§ 55 Abs 1 Satz 2 SGB VI).
Sie gehörte nicht zu den Deutschen iS des § 1 FRG und auch nicht dem dSK iS des § 19 Abs 2 Buchst a Halbsatz 2 WGSVG und des § 17a FRG an; sie hat daher keine Entschädigung (als Lastenausgleich für Versicherungsschäden infolge einer Vertreibung wegen Zugehörigkeit zum "Deutschtum") für den beim Verlassen des Vertreibungsgebietes erlittenen Verlust an Rentenberechtigungen in der sowjetischen Sozialversicherung durch gleichgestellte Beitragszeiten nach den §§ 15, 16 FRG erhalten.
4. Die Klägerin hat ferner keine Entschädigung für ns-verfolgungsbedingte Schäden in der deutschen Rentenversicherung nach den §§ 1, 7, 12 bis 18 WGSVG zu beanspruchen, weil sie damals keinen Schaden in der deutschen Sozialversicherung erlitten hat. Denn die Reichsversicherungsgesetze galten in einem besetzten Gebiet nicht und waren auf sie und ihre behauptete Beschäftigung nicht anwendbar.
Gemäß § 12 WGSVG, der ab die bisher in § 14 Abs 2 aaO enthaltene Grundregelung übernommen hat, gelten als Pflichtbeitragszeiten Zeiten, in denen ein Verfolgter eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt hat, für die aus Verfolgungsgründen Beiträge nicht gezahlt worden sind. Schon der Wortlaut macht deutlich, dass es sich um eine Beschäftigung oder Tätigkeit gehandelt haben muss, für die nach der Gesetzeslage, die zur Zeit ihrer tatsächlichen Ausübung galt, Beiträge zu zahlen waren. Die jeweils geltende Versicherungs- und Beitragspflicht bestimmt sich allein nach dem damaligen deutschen, nicht aber nach ausländischem Recht. Wie unter Ziff 2 dargelegt, unterlag die Klägerin schon räumlich nicht den Reichsversicherungsgesetzen, sodass die behauptete Beschäftigung nicht "rentenversicherungspflichtig" iS des § 12 WGSVG war.
5. Eine analoge Anwendung des § 12 WGSVG auf nicht von den Reichsversicherungsgesetzen erfasste Beschäftigungen scheitert jedenfalls in den Fällen der vorliegenden Art an der fehlenden planwidrigen Gesetzeslücke (vgl zu den Voraussetzungen einer Analogie zuletzt: , 2 BvR 2402/04, NJW 2006, 2093; , 2 BvR 1757/93, 2 BvR 861/94, NStZ 1995, 399).
Aus Verfolgungsgründen erlittene Nachteile in der deutschen Sozialversicherung werden als Verfolgungsschäden gemäß den §§ 1, 7, 12 ff WGSVG ausgeglichen. Voraussetzung ist - wie dargelegt - eine Versicherungspflicht nach deutschen Rentenversicherungsgesetzen und eine unterlassene Beitragsentrichtung oder Mindestentlohnung aus Verfolgungsgründen. Anhaltspunkte für eine planwidrige Gesetzeslücke sind nicht ersichtlich.
Es spricht nichts dafür, dass der Gesetzgeber die Fälle, die seit 2002 vom ZRBG erfasst werden, früher "versehentlich" nicht mit in die Regelungen des WGSVG, insbesondere in § 12 WGSVG, einbezogen hatte, er sie also, wenn er die "Lücke" erkannt hätte, schon im WGSVG geregelt hätte (vgl dagegen zu einer "unbewussten Lücke" im Rahmen des § 14 Abs 1 WGSVG aF, also in vom WGSVG und vom FRG erfassten Fällen: BSGE 65, 8 = SozR 1300 § 48 Nr 55). Es handelt sich um ein Ausgleichskonzept, das der Gesetzgeber, also der Deutsche Bundestag, als ein in sich geschlossenes System angesehen hat und das er durch das ZRBG "ergänzen" wollte. Dies bestätigt auch das in den Gesetzesmaterialien genannte Motiv, mit dem ZRBG "Neuland" betreten zu wollen, um eine bis dahin bestehende Lücke im Entschädigungsrecht zu schließen, die allerdings keine ("unbewusste") planwidrige im WGSVG war. Vielmehr war es bis zur sog "Ghetto-Rechtsprechung", begründet durch das allgemeine Auffassung, dass derartige Beschäftigungen wegen ihres Zwangsarbeitcharakters mangels Freiwilligkeit von der Sozialversicherung schlechthin nicht als versicherungsrechtlich erhebliche "Beschäftigung" zu bewerten seien und deshalb keine rentenversicherungsrechtliche Relevanz hatten, sodass kein Verlust in der deutschen Rentenversicherung, auf den das WGSVG abstellt, und auch kein Verlust in der Rentenversicherung eines vertriebenen Deutschen, den das FRG entschädigt, vorliege. Daher würden Ghetto-Beschäftigungen weder vom WGSVG noch vom FRG erfasst (vgl BT-Drucks 14/8583 und 14/8602, Begründung, A. Allgemeiner Teil, S 5). Es war allgemein bekannt, dass die NS-Verfolgten, die nicht unter das FRG fielen und nicht in den eingegliederten Gebieten beschäftigt waren, von vornherein planmäßig nach Bundesrecht durch das WGSVG nicht für einen Verfolgungsschaden in einer ausländischen Versicherung (und mangels einer Vertreibung wegen "Deutschtums" auch nicht durch das FRG) zu entschädigen waren.
6. Die Klägerin könnte den Status einer Versicherten nur auf Grund der geltend gemachten Ghetto-Beschäftigungszeiten erworben haben, für die § 2 ZRBG die Fiktion einer Beitragszahlung anordnet und die als sog Ghetto-Beitragszeiten Beitragszeiten iS des SGB VI gleichstehen.
Gemäß § 1 Abs 1 Satz 1 ZRBG gilt das Gesetz für Zeiten von Verfolgten in einem Ghetto, die sich dort zwangsweise aufgehalten haben, wenn die Beschäftigung (Nr 1) aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist (Buchst a), gegen Entgelt ausgeübt wurde (Buchst b) und das Ghetto sich in einem Gebiet befand, das vom Deutschen Reich besetzt oder diesem eingegliedert war (Nr 2), soweit für diese Zeiten nicht bereits eine Leistung aus einem System der sozialen Sicherheit erbracht wird.
a) Die Klägerin unterfällt dem persönlichen Anwendungsbereich des ZRBG.
Sie ist als NS-Verfolgte iS des § 1 BEG anerkannt worden und damit Verfolgte auch iS des § 1 Abs 1 Satz 1 ZRBG. Unerheblich ist, dass sie während des geltend gemachten Zeitraums erst zehn bzw elf Jahre alt war. Das Gesetz stellt nicht auf ein Mindestalter ab (dazu: , RdNr 107; eine gleiche Rechtsauffassung wird von der Bundesregierung vertreten, vgl BT-Drucks 16/5720, S 5 letzter Abs; ebenso zur Rechtslage nach den Reichsversicherungsgesetzen: 13. Senat des SozR 3-5070 § 14 Nr 2). Wegen weiterer klärungsbedürftiger Fragen, die sich im Zusammenhang mit dem persönlichen Anwendungsbereich stellen, wird auf die Ausführungen unter Buchst B. Ziff 1 verwiesen.
b) Die Klägerin unterfällt dem räumlichen Anwendungsbereich des ZRBG.
Als israelische Staatsangehörige mit Wohnsitz in Israel wird sie vom räumlichen Anwendungsbereich des ZRBG erfasst. Dies folgt aus der Regelung zur Gebietsgleichstellung mit Inländern in Art 4 Abs 1 iVm Art 2 Abs 1 Nr 1 Buchst c des DISVA idF des Änderungsabkommens vom (BGBl II 863). Danach gelten die Rechtsvorschriften eines Vertragsstaats über die Rentenversicherung, nach denen die Entstehung von Ansprüchen oder die Gewährung von Leistungen oder die Zahlung von Geldleistungen vom Inlandsaufenthalt abhängig sind, nicht für die unter den persönlichen Anwendungsbereich des DISVA fallenden Personen (Art 3 Abs 1 aaO). Die Entschädigungsregelungen des ZRBG unterliegen dem Anwendungsbereich des DISVA. Denn sie ergänzen die Vorschriften des Dritten Teils des WGSVG über die Gesetzliche Rentenversicherung, welche die allgemein anzuwendenden Vorschriften des SGB VI "zu Gunsten von Versicherten" ergänzen (hierzu: Urteil des Senats vom , B 4 R 29/06 R, RdNr 61). Die Klägerin kann daher die Rechte, die auf der Grundlage dieses Gesetzes begründet werden, in Anspruch nehmen. Wegen der sich im Übrigen aus dem räumlichen Anwendungsbereich ergebenden klärungsbedürftigen Fragen wird auf die Ausführungen unter Buchst B. Ziff 2 verwiesen.
c) Die Klägerin hat sich während der strittigen Zeiten in einem vom Deutschen Reich besetzten Gebiet aufgehalten.
Das in Litauen gelegene Ghetto befand sich auch - wie oben unter Ziff 2 dargelegt - in einem vom Deutschen Reich besetzten Gebiet.
d) Für die Vorlage geht der 4. Senat davon aus, dass sich die Klägerin während der strittigen Zeit zwangsweise im Ghetto Schaulen aufgehalten hat.
Nach den Feststellungen des LSG hielt sie sich während der strittigen Zeit von Mai 1942 bis Juni 1943 im Ghetto Schaulen auf. Allerdings hat das LSG keine Ausführungen dazu gemacht, dass sie "zwangsweise" in diesem Ghetto lebte (zu dieser Voraussetzung: Urteil des Senats vom , B 4 R 29/06 R, RdNr 84). Insoweit kann hier davon ausgegangen werden, dass alle Juden in Litauen, die nicht schon in den ersten Monaten der Besetzung ermordet wurden (bis Ende 1941 ca 137.000 Personen = 80 % der litauischen Juden), sich zwangsweise in einem Ghetto aufhalten mussten.
e) Das LSG hat nicht ausdrücklich festgestellt, ob die sozialversicherungsrechtlichen Nachteile wegen der behaupteten Beschäftigungszeiten im Ghetto Schaulen bereits durch heutige Leistungen im Wohnsitzstaat ausgeglichen werden (Ausschlusstatbestand, vgl hierzu: Urteil des Senats vom , aaO, RdNr 63). Hiervon kann für die Vorlage nach dem Gesamtzusammenhang der Ausführungen des LSG sowie der Beteiligten nicht ausgegangen werden.
f) Der 4. Senat hat wegen des kontroversen Meinungsstandes am davon abgesehen, abschließend darüber zu befinden, ob die Ausführungen des LSG zu den Tatbestandsmerkmalen einer aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen entgeltlichen Beschäftigung und zum Wartezeiterfordernis Bundesrecht verletzen. Hierzu bedarf es der klärenden Entscheidung durch den GS.
B. Ob das LSG die Vorschriften des ZRBG richtig ausgelegt und angewandt hat, hängt von der Beantwortung der vorgelegten Fragen ab.
1. Frage 1: Ist in den Anwendungsbereich des ZRBG einbezogen und damit Versicherter im Sinne des SGB VI, wer - ohne dem dSK angehört zu haben - seine behauptete Ghetto-Beschäftigung in einem vom Deutschen Reich besetzten Gebiet verrichtete, nicht den Reichsversicherungsgesetzen unterlag und auch sonst nicht in der deutschen Rentenversicherung anrechenbare Beitragszeiten hat?
Die Frage 1 knüpft zunächst an die übereinstimmende Rechtsprechung des 4. und 13. Senats des BSG zur Unbeachtlichkeit der Zugehörigkeit zum dSK an. Sie zielt in ihrem wichtigsten Aspekt auf die Klärung der Frage, ob der Verfolgte, der sich in einem besetzten Gebiet zwangsweise in einem Ghetto aufgehalten hat, vom Anwendungsbereich der Reichsversicherungsgesetze erfasst worden sein musste. Sie spricht damit auch das Personalstatut an, überschneidet sich in der Frage nach dem Anwendungsbereich mit der 1. Unterfrage der Frage 4, soweit diese darauf zielt, ua zu klären, ob die Ghetto-Beschäftigung in den besetzten Gebieten einer Versicherungspflicht nach den Reichsversicherungsgesetzen unterfallen sein muss.
a) Das LSG meint, die Berücksichtigung der geltend gemachten Ghetto-Beschäftigungszeiten scheitere schon daran, dass die Klägerin nicht dem dSK angehört und wegen der Nichtanwendbarkeit des § 20 WGSVG und § 17a FRG keine gleichgestellten Beitragszeiten nach dem FRG habe (vgl zu den Kriterien der Zugehörigkeit zum dSK ua: BSGE 50, 279 = SozR 5070 § 20 Nr 3; Urteil vom , SozR 3-5070 § 20 Nr 2; Urteil vom , 4/1 RA 41/90). Demgegenüber müssen nach der Rechtsprechung des 4. und 13. Senats die durch das ZRBG begünstigten Personen nicht dem dSK angehört haben.
Die ua vom LSG Nordrhein-Westfalen in ständiger Rechtsprechung praktizierte Rechtsauffassung unterstellt, dass der vor Inkrafttreten des ZRBG von den Vorschriften des SGB VI, der §§ 1, 20 WGSVG und der §§ 1, 15, 16, 17a FRG erfasste Kreis der anspruchsberechtigten Verfolgten durch das neue Gesetz nicht ausgeweitet werden sollte. Demzufolge wären Ghetto-Beschäftigungszeiten wie jede andere Beschäftigungszeit nur anzurechnen, wenn sie entweder nach den Reichsversicherungsgesetzen der Versicherungspflicht unterlagen oder die Verfolgten dem Personenkreis der Deutschen iS des § 1 FRG oder dem dSK angehörten und später auch das Vertreibungsschicksal erlitten und ihre Rentenberechtigungen gegen den Vertreibungs-/ Herkunftsstaat beim Verlassen des Vertreibungsgebiets verloren hatten. Nach dieser Rechtsprechung der Vorinstanzen beschränkt sich die Bedeutung des ZRBG ausschließlich auf die Bewertung der Ghetto-Beschäftigungszeiten und die Zahlbarmachung der monatlichen Einzelansprüche. Im Text und in der Entstehungsgeschichte des ZRBG findet sich kein Anhaltspunkt, dass die Zugehörigkeit der NS-Verfolgten zum "Deutschtum" jedenfalls für die besetzten Gebiete, die vom WGSVG nicht erfasst werden, eine Anspruchsvoraussetzung nach dem ZRBG sein sollte.
§ 1 Abs 1 Satz 1 ZRBG umschreibt den begünstigten Personenkreis mit den "Verfolgten in einem Ghetto, die sich dort zwangsweise aufgehalten haben". Die Voraussetzung, diese müssten auch dem dSK angehört haben, lässt sich diesem Text nicht entnehmen. Das ZRBG enthält also eine gegenüber dem FRG eigenständige Sonderregelung, die eine rentenversicherungsrechtliche Entschädigung für alle Verfolgten vorsieht, die sich in den eingegliederten oder in den besetzten Gebieten zwangsweise in einem Ghetto aufgehalten und eine freiwillige Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt haben, soweit diese Zeiten nicht schon durch heutige Leistungen im Wohnsitzstaat ausgeglichen werden. Das steht im Einklang mit § 1 Abs 2 ZRBG. Danach "ergänzt" das Gesetz die rentenrechtlichen Vorschriften des "WGSVG". Dieses Gesetz wiederum entschädigt nur Verfolgungsschäden in der deutschen Rentenversicherung im damals jeweils einschlägigen Geltungsbereich der Reichsversicherungsgesetze (§ 1 WGSVG). Im Unterschied zum FRG gleicht es keine Vertreibungsschäden aus. Damit erfolgt weder eine Anknüpfung an § 20 WGSVG, der verfolgte Vertriebene wegen ihrer Vertreibungsschäden in den Anwendungsbereich des FRG mit einbezieht, noch an § 17a FRG. Die Zugehörigkeit zum dSK ist im Anwendungsbereich des ZRBG keine Tatbestandsvoraussetzung.
Die Rechtsauffassung des 4. Senats hat auch der 13. Senat des , RdNr 14 ff, zur Veröffentlichung vorgesehen) zu Grunde gelegt. Er hat das ), auf das sich derselbe Senat des LSG im anhängigen Verfahren berufen hat, aufgehoben und nochmals klargestellt, dass es im Anwendungsbereich des ZRBG auf eine Zugehörigkeit zum dSK nicht ankommt. Dies hat er ua daraus gefolgert, dass § 20 WGSVG nur eine ergänzende Regelung zum FRG darstellt und § 1 Abs 2 ZRBG nicht auf das FRG verweist.
b) Klärungsbedürftig ist, ob die Verfolgten, die sich in den besetzten Gebieten zwangsweise in einem Ghetto aufgehalten und dort eine freiwillige Beschäftigung ausgeübt haben, damals vom Anwendungsbereich der Reichsversicherungsgesetze erfasst worden sein müssen, obwohl diese dort völkerrechtskonform nicht in Geltung gesetzt worden waren. Demgegenüber unterlagen in den eingegliederten und damit (völkerrechtswidrig) in das deutsche Reich eingefügten Gebieten die (freiwillig aufgenommenen) entgeltlichen Beschäftigungen von NS-Verfolgten in einem Ghetto aus bundesrechtlicher Sicht schon immer den Vorschriften der Reichsversicherungsgesetze über Rentenversicherungs- und Beitragspflicht, obwohl diese Personen von deren persönlichem Anwendungsbereich ausgeschlossen waren, weil dies typisch nationalsozialistisches Unrecht und deshalb unbeachtlich war. Die Ghetto-Rechtsprechung hat dazu nicht die Reichsversicherungsgesetze neu ausgelegt, sondern zutreffend aufgezeigt, dass die Annahme falsch war, in einem Ghetto habe es nur Zwangsarbeit, also unfreiwillige Beschäftigungsaufnahmen, gegeben.
Das angefochtene Urteil des LSG geht davon aus (S 9 des Urteils, dort unter Ziff III), das ZRBG weite den Kreis der anspruchsberechtigten Personen gegenüber der bisherigen Rechtslage nicht aus, sodass auch für die Anerkennung von Ghetto-Beschäftigungen als Beitragszeiten damals eine Beziehung zur "deutschen" Rentenversicherung bestanden haben müsse. In Konsequenz seiner Rechtsauffassung müssten demzufolge die Verfolgten in den besetzten Gebieten während der hier relevanten Zeiträume den Reichsversicherungsgesetzen unterfallen, obwohl diese dort nicht eingeführt worden waren. Diese Auffassung steht nicht im Einklang mit der des 4. Senats. Allerdings lässt sich ua mit Blick auf die Rechtsprechung des 5. und 13. Senats kein einheitliches Meinungsbild in der höchstrichterlichen Rechtsprechung feststellen.
aa) Verfolgte, die in den vom Deutschen Reich besetzten Gebieten eine Ghetto-Beschäftigung ausgeübt haben, wurden von vornherein nicht vom räumlichen und auch nicht vom persönlichen Anwendungsbereich der Reichsversicherungsgesetze erfasst.
Der Entscheidung des 4. Senats vom sowie dem anhängigen Rechtsstreit lag bzw liegt jeweils ein Sachverhalt zu Grunde, in dem eine Beschäftigung in den besetzten Gebieten behauptet worden ist. Wird für sie verlangt, sie müsse damals, wie bei § 12 WGSVG, nach den Reichsversicherungsgesetzen versicherungspflichtig gewesen sein, wären die Ghetto-Beschäftigten in den vom Deutschen Reich besetzten Gebieten schlechthin aus dem Anwendungsbereich des ZRBG ausgeschlossen, während das ZRBG für die Ghetto-Beschäftigten in den eingegliederten Gebieten im Ergebnis keine Rechtsänderung herbeigeführt hätte.
Welche Rechtsauffassung der 13. Senat hierzu vertritt, ist unklar. Seinem Urteil vom (B 13 R 28/06 R, zur Veröffentlichung vorgesehen) lag eine behauptete Ghetto-Beschäftigung in Transnistrien zu Grunde und damit - was nach der erfolgten Zurückverweisung noch vom LSG aufzuklären ist - ggf ein Sachverhalt in einem vom Deutschen Reich besetzten Gebiet. Aus der Entscheidung wird nicht deutlich, ob der 13. Senat in Anwendung des ZRBG die Anrechnungsfähigkeit von Ghetto-Beschäftigungszeiten ausschließlich nach den Kriterien in der sog Ghetto-Rechtsprechung beurteilt und daher auch in den besetzten Gebieten das Vorliegen einer Versicherungspflicht nach den Reichsversicherungsgesetzen gefordert hat.
Die frühere Entscheidung des 13. Senats vom (BSGE 93, 214 = SozR 4-5050 § 15 Nr 1) betraf eine dem dSK angehörige jüdische Verfolgte aus dem Warschauer Ghetto, die außerhalb des Ghettos in einer deutschen Offizierskantine gegen freie Verpflegung gearbeitet hatte. Der 13. Senat hat zunächst dargelegt, dass für die Klägerin als polnische Staatsangehörige jüdischer Abstammung im Generalgouvernement nicht die Reichsversicherungsgesetze gegolten hätten, und hat insoweit auf seine Entscheidung vom (SozR 3-2200 § 1248 Nr 17) verwiesen. Darüber hinaus hat er in Anwendung des FRG entschieden, dass eine Anrechnung als gleichgestellte Beitrags- bzw Beschäftigungszeit nach den §§ 15 Abs 3, 16 FRG iVm § 20 WGSVG daran scheitere, dass nach deutschem Recht keine (konkret) versicherungspflichtige, sondern eine versicherungsfreie Beschäftigung vorgelegen habe. Sodann hat er zum ZRBG in einem "obiter dictum" (nämlich unter Zugrundelegung eines fiktiven Sachverhaltes) ausgeführt (aaO, RdNr 36): "Dem ZRBG ist nicht zu entnehmen, dass es für andere Arten von Beschäftigungen in einem Ghetto Geltung beansprucht als solchen, die nach der sog Ghetto-Rechtsprechung des BSG als versicherungspflichtige Beschäftigungen anzusehen sind. ... Danach knüpft das Gesetz erkennbar an die von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien der Freiwilligkeit und Entgeltlichkeit für eine versicherungspflichtige Beschäftigung in einem Ghetto an. ... Eine Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises über den von der GhettoRechtsprechung begünstigten hinaus ist ersichtlich vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen."
Diese Äußerung des 13. Senats im Urteil vom bezieht sich auf sein Urteil vom (aaO), in dem er entschieden hat, dass wegen der fehlenden Anrechenbarkeit nach der Reichsversicherungsordnung (RVO) nur eine solche nach dem FRG gegeben sein konnte; demzufolge ging er davon aus, dass im Generalgouvernement die Reichsversicherungsgesetze nicht gegolten haben. Andererseits fordert er im Urteil vom , dass weiterhin die Ghetto-Rechtsprechung zu Grunde zu legen sei und eine versicherungspflichtige Beschäftigung vorgelegen haben müsse.
Da aber die Reichsversicherungsgesetze nicht gegolten haben, stellt sich die Frage, an welchen rechtlichen Maßstäben sich die geforderte Versicherungspflicht zu orientieren hätte.
Darüber hinaus hatte der 13. Senat vor seinem Urteil vom im Beschluss vom (B 13 RJ 85/03 B) eine Nichtzulassungsbeschwerde mit der Begründung als unzulässig verworfen, es sei nicht ausreichend dargelegt worden, warum sich die Antwort auf die Frage, ob das ZRBG das Vorliegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gegen Entgelt erfordere, nicht bereits aus dem Gesetz entnehmen lasse; § 1 Abs 1 ZRBG verlange ausdrücklich nur die Ausübung einer Beschäftigung gegen Entgelt, nicht jedoch die Ausübung einer an sich versicherungspflichtigen Beschäftigung; auch im übrigen Gesetzestext sei von der Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung für die Annahme der Fiktion einer Beitragszahlung (§ 2 Abs 2 aaO) nicht die Rede; bei diesem "eindeutigen Wortlaut" hätte die Klägerin näher ausführen müssen, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Klärung der von ihr gestellten Rechtsfrage erforderlich sei. Der 4. Senat hat diese Rechtsauffassung des 13. Senats geteilt.
Im Urteil vom (B 13 R 28/06 R, RdNr 22) hat der 13. Senat erklärt, er halte ua an dem Senatsurteil vom (aaO; die weiteren benannten Urteile vom und betrafen Fälle aus den eingegliederten Gebieten, dazu sogleich) nicht fest, soweit daraus "etwas Abweichendes entnommen werden könnte". Auf seine Aussage im Beschluss vom (aaO) ist er nicht eingegangen. Insoweit führt er zu den Tatbestandsmerkmalen des § 1 Abs 1 ZRBG aus, dass ua eine aus freiem Willensentschluss zustande gekommene Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt worden sein muss, ohne auf die Frage der Versicherungspflicht einzugehen (aaO, RdNr 13, 36).
Der 5. Senat des BSG hat nach Inkrafttreten des ZRBG in zwei Entscheidungen Nichtzulassungsbeschwerden als unzulässig verworfen, in denen die Beschwerdeführerinnen jeweils die Frage als klärungsbedürftig formuliert hatten, ob die von ihnen verrichteten Ghetto-Beschäftigungen der Versicherungspflicht unterlegen haben mussten. Allerdings betraf nur der Beschluss vom (B 5 R 182/06 B) einen Fall aus einem Ghetto in den besetzten Gebieten, nämlich aus dem Ghetto Krakau (polnisch: Kraków), während dem Beschluss vom (B 5 RJ 246/05 B) ein Fall aus einem Ghetto in den eingegliederten Gebieten, nämlich aus dem Ghetto Lask (polnisch: Lask) zu Grunde lag. In beiden Entscheidungen hat der 5. Senat durch im Wesentlichen übereinstimmende Formulierungen anklingen lassen, dass er insbesondere durch das Urteil des 13. Senats vom (aaO) die Frage, ob in Anwendung des ZRBG eine Beschäftigung nach den Reichsversicherungsgesetzen versicherungspflichtig gewesen sein muss, für geklärt halte. Dies könnte daraus rückzuschließen sein, dass er den dortigen Beschwerdeführerinnen vorgehalten hat, im Hinblick auf die Entscheidung des 13. Senats nicht aufgezeigt zu haben, dass noch ein weiterer Klärungsbedarf bestehen könnte. Demzufolge dürfte er auch für die besetzten Gebiete vom Erfordernis einer Versicherungspflicht nach den Reichsversicherungsgesetzen ausgegangen sein.
Demgegenüber hat der 4. Senat im Urteil vom (B 4 R 29/06 R, RdNr 106 ff) die Auffassung vertreten, es sei keine Voraussetzung des ZRBG, dass der Verfolgte bei Ausübung der Ghetto-Beschäftigung in den besetzten Gebieten den Reichsversicherungsgesetzen unterlegen habe. Dies ergebe sich schon aus dem Text des ZRBG. Das Erfordernis einer damaligen Versicherungspflicht nach den Reichsversicherungsgesetzen lasse das ZRBG ins Leere laufen. Denn in den besetzten Gebieten unterfielen nur deutsche Staatsangehörige den Reichsversicherungsgesetzen. Nur auf sie war (insoweit völkerrechtskonform) deren persönlicher Anwendungsbereich erstreckt worden. NS-Verfolgte, die sich zwangsweise in einem Ghetto aufhalten mussten, wären nur dann von diesen Gesetzen erfasst worden, wenn sie deutsche Staatsangehörige gewesen wären. Dies traf für die Ghetto-Beschäftigten wohl nur in seltenen Ausnahmefällen zu. Da das Gesetz aber ausdrücklich auch die Ghettos in den besetzten Gebieten einbezieht, spricht dies dafür, dass es die Geltung und Anwendbarkeit der Reichsversicherungsgesetze nicht zur Voraussetzung gemacht hat.
Nach § 1 Abs 2 ZRBG "ergänzt" dieses Gesetz die rentenrechtlichen Vorschriften des WGSVG (§§ 7 bis 22 aaO), die nur zugunsten von Versicherten vom allgemeinen Rentenrecht (zwecks Entschädigung) abweichen. Das ZRBG soll ausdrücklich diese begünstigenden Abweichungen des WGSVG ergänzen. Die insoweit ua in Bezug genommenen §§ 1, 12 WGSVG gleichen einen Verfolgungsschaden im Anwendungsbereich der Reichsversicherungsgesetze aus. Müsste der Verfolgte auch nach dem ZRBG alle Voraussetzungen des § 12 WGSVG erfüllen, wäre das Gesetz insoweit überflüssig (vgl hierzu auch die Ausführungen unter Ziff 3).
Die vor Inkrafttreten des ZRBG ergangene sog "Ghetto-Rechtsprechung" des BSG musste sich mangels anderer gesetzlicher Grundlagen zwangsläufig mit der Frage einer Versicherungspflicht der Ghetto-Beschäftigungen nach den Reichsversicherungsgesetzen auseinandersetzen. Bei Anwendung des WGSVG kam es in den eingegliederten Gebieten unmittelbar auf die damalige Versicherungspflicht nach damals geltendem Reichsversicherungsrecht an. Handelte es sich um einen vertriebenen Verfolgten und deshalb zusätzlich um die Anwendung des FRG, kam es darauf an, ob die Beschäftigung außerhalb des Geltungsbereichs der Reichsversicherungsgesetze bei einem nichtdeutschen Träger einer gesetzlichen Rentenversicherung nach dessen Recht als Beitragszeit erfasst war. Sofern dort dafür Beiträge nicht gezahlt worden waren, wurde erheblich, ob für sie nach Bundesrecht Beiträge zu zahlen gewesen wären (§ 15 FRG). Ähnlich war für die Beschäftigungszeiten iS des § 16 FRG, wenn sie tatbestandlich vor der Vertreibung im Herkunftsland außerhalb des Geltungsbereichs der Reichsversicherungsgesetze zurückgelegt worden waren, zu prüfen, ob die Beschäftigung nach dem am geltenden Bundesrecht Versicherungspflicht in den gesetzlichen Rentenversicherungen begründet hätte, wenn sie im Inland ausgeübt worden wäre.
Diese Rechtsprechung war der Anlass, das ZRBG zu schaffen, aber nur deshalb, weil entgegen der bis 1997 herrschenden geschichtstatsächlichen Ansicht in tatsächlicher Hinsicht entschieden worden ist, dass eine Beschäftigung unter den Bedingungen des Ghettos nicht unbedingt Zwangsarbeit gewesen sein musste, sondern ein durch freien Willensentschluss zustande gekommenes Beschäftigungsverhältnis gewesen sein konnte. Der Gesetzgeber wollte aber nicht etwa lediglich die durch das BSG zur alten Rechtslage geklärten Tatsachen-Fragen jetzt auch noch in einem Gesetz ausdrücklich beantworten, sondern er hat erklärt, er wolle mit dem ZRBG "Neuland" betreten, also nicht nur die Ghetto-Rechtsprechung "1 zu 1" umsetzen (zum Anlass für die Gesetzesinitiative und ihrer Zielsetzung die gleichlautenden Gesetzesentwürfe der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P., BT-Drucks 14/8583, sowie der PDS, BT-Drucks 14/8602, dort jeweils Begründung, A. Allgemeiner Teil, S 5). Der Regelungsgehalt des ZRBG erschließt sich daher vorrangig aus seinen Texten und seiner Entstehung im Deutschen Bundestag, nicht aber primär aus einer früheren zu einer anderen Rechtslage ergangenen Rechtsprechung.
Für das Erfordernis, die Ghetto-Beschäftigungen in den besetzten Gebieten dürften (nach welchem Recht?) nicht versicherungsfrei gewesen sein, lässt sich aus den Materialien des ZRBG nichts Tragfähiges herleiten. Das Gesetz soll "die rentenrechtlichen Hürden für Personen beseitigen, die von den Nazis in ein Ghetto gezwungen wurden und in dieser Zwangssituation, um überleben zu können, einer entlohnten Beschäftigung nachgingen" (so stellvertr die Bundestagsabgeordnete Deligöz in ihrer im Rahmen der 2. und 3. Beratung des Deutschen Bundestags am zu Protokoll gegebenen Rede, BT-Plenarprotokoll 14/233 S 23280).
In Anbetracht des uneinheitlichen, zumindest unklaren Meinungsstandes ua in der Rechtsprechung des BSG ist die Frage, ob ein Verfolgter in den Anwendungsbereich des ZRBG einbezogen ist, der seine behauptete Ghetto-Beschäftigung in einem vom Deutschen Reich besetzten Gebiet verrichtete und nicht den Reichsversicherungsgesetzen unterlag, klärungsbedürftig iS des § 41 Abs 4 SGG. Unerheblich ist, dass die umschriebenen Meinungsäußerungen des 4., 5. und 13. Senats nicht als "tragende Rechtssätze" formuliert worden sind.
bb) Der vorliegende Fall zwingt nicht dazu, auf die Situation in den völkerrechtswidrig vom Deutschen Reich annektierten und eingegliederten Gebieten einzugehen. Bei seiner Entscheidung muss der GS jedoch nicht allein auf den durch die Vorlagefrage abgegrenzten Tatbestand abstellen. Die Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung kommt auch dann in Betracht, wenn die vorgelegte Frage nicht in den tragenden Gründen der Entscheidungen der Senate des BSG unterschiedlich beantwortet ist, sondern eine unterschiedliche Meinung zB in "obiter dicta" erkennbar wird (BSG, GS, BSGE 62, 255, 259 = SozR 5050 § 15 Nr 35).
In den in Polen völkerrechtswidrig annektierten Gebieten wurden zunächst in Oberschlesien durch die "Verordnung über die Einführung der Reichsversicherung in den der Provinz Schlesien angegliederten, ehemals polnischen Gebieten" vom (RGBl I 196) und später in allen annektierten Gebieten durch die "Verordnung über die Einführung der Reichsversicherung in den eingegliederten Ostgebieten" (OstgebieteVO) vom (RGBl I 777) iVm verschiedenen Erlassen des Reichsarbeitsministers die Reichsversicherungsgesetze eingeführt (hierzu und zu den wegen ihrer rassistischen Diskriminierungen als typisches nationalsozialistisches Unrecht nichtigen Teile der OstgebieteVO: Urteil des Senats vom , B 4 R 29/06 R, RdNr 24 ff).
Der 13. Senat hat in seinen Urteilen, die zu den eingegliederten Gebieten ergangen sind, erkennen lassen, dass er es auch im Anwendungsbereich des ZRBG für erforderlich hält, dass eine "versicherungspflichtige" Beschäftigung ausgeübt wurde (vgl BSGE 94, 294, RdNr 27 = SozR 4-2600 § 306 Nr 1; Urteil vom , B 13 RJ 37/04 R, JURIS, RdNr 28). Der 5. Senat hat in seinem das eingegliederte Gebiet betreffenden Beschluss vom (B 5 RJ 246/05 B) zu erkennen gegeben, dass er die Rechtslage im Sinne der Rechtsprechung des 13. Senats für geklärt hält, wobei er sich allerdings auf eine ein besetztes Gebiet betreffende Entscheidung des 13. Senats berufen hat. Der 4. Senat hat sich in den Gründen seiner Entscheidung vom (aaO, RdNr 106 ff) nicht tragend zur Rechtslage in den eingegliederten Gebieten geäußert, weil der zu Grunde liegende Sachverhalt ein Ghetto in Transnistrien betraf, dass - was vom LSG nach erfolgter Zurückverweisung noch zu klären ist - ggf in den besetzten Gebieten gelegen haben könnte. Er würde danach die Frage, ob der Verfolgte dem Anwendungsbereich der Reichsversicherungsgesetze unterfallen sein musste, für alle Ghettos, gleichgültig in welchem Gebiet sie gelegen haben, einheitlich negativ beantworten.
In den besetzten Gebieten kann nicht auf eine damalige Versicherungspflicht nach den Reichsversicherungsgesetzen abgestellt werden, weil diese dort nicht eingeführt worden waren. Würde eine weder im WGSVG noch im ZRBG vorgesehene fiktive Versicherungspflicht nach den Reichsversicherungsgesetzen gefordert, liefe das ZRBG für Ghetto-Beschäftigungen in diesen Gebieten von vornherein ins Leere.
Würde man dagegen für die eingegliederten Gebiete, in denen jedenfalls aus heutiger Sicht diese Gesetze auch für jüdische Arbeitnehmer gegolten haben, darauf abstellen, dass nach den Vorschriften der Reichsversicherungsgesetze nicht nur und insoweit völlig unproblematisch Versicherungspflicht vorlag, sondern auch in jedem Einzelfall ausgeschlossen werden müsste, dass Versicherungsfreiheit kraft Reichsrecht eingetreten war, wären die Ghetto-Beschäftigungen in den besetzten und eingegliederten Gebieten jeweils nach unterschiedlichen Rechtsmaßstäben zu beurteilen. Denn es war (und ist) allen in Betracht kommenden Rechtsordnungen gemeinsam, dass eine freiwillig aufgenommene entgeltliche Beschäftigung eines Arbeiters Versicherungs- und Beitragspflicht in einem System der "Rentenversicherung" auslöst, während die Ausnahmen hiervon ("Versicherungsfreiheit") unterschiedlich geregelt waren und sind. Das ZRBG sieht für beide Gebiete keine uneinheitliche Rechtsanwendung vor; dafür findet sich weder im Gesetzestext noch in den Materialien ein Anhaltspunkt.
Würde bezüglich der eingegliederten Gebiete entsprechend dem dort nicht einschlägigen § 12 WGSVG das Erfordernis einer damals versicherungspflichtigen Beschäftigung aufgestellt und damit in den Text des ZRBG die Versicherungspflicht als notwendige Voraussetzung "hineingelesen", hätte es für diese Gebiete nicht der Schaffung des ZRBG bedurft (dazu sogleich unter Ziff 3). Es ist aber auch nicht erkennbar, dass sich dessen Relevanz auf die besetzten Gebiete beschränken sollte. Aus der gleichrangigen Erwähnung beider Gebiete in § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 2 ZRBG ist zu folgern, dass die Verfolgten in beiden Gebieten unter denselben Voraussetzungen entschädigt werden sollten. Deshalb dürfte es näher liegen, sich am Wortlaut des § 1 Abs 1 Satz 1 ZRBG zu orientieren, der - anders als § 12 WGSVG - Versicherungspflicht und das Fehlen einer Versicherungsfreiheit nach den Reichsversicherungsgesetzen nicht als Tatbestandsvoraussetzung vorsieht.
Wegen der - wenn auch nicht in tragenden Rechtssätzen geäußerten - unterschiedlichen Rechtsauffassungen des 4., 5. und 13. Senats, zumindest aber nicht eindeutig geklärten Rechtsfrage erscheint diese auch im Hinblick auf die eingegliederten Gebiete klärungsbedürftig.
c) Klärungsbedürftig iS des § 41 Abs 4 SGG ist die weitere (Unter-)Frage, ob der Verfolgte seinen Versichertenstatus allein mit ZRBG-Beitragszeiten begründen kann oder ob er außerdem noch eine andere, nach dem SGB VI anrechenbare Beitragszeit haben muss, gleichgültig ob aus dem Kernsystem oder einem gleichgestellten System oder aus einem System der sozialen Sicherheit eines ausländischen Staats, mit dem ein Sozialversicherungsabkommen geschlossen worden ist, das eine Berücksichtigung der in diesem Staat zurückgelegten Versicherungszeiten (zB für den Rechtserwerb) zulässt.
Die Vorinstanz hat die Auffassung geäußert, das ZRBG habe den Kreis der im Rentenversicherungsrecht anspruchsberechtigten Personen nicht erweitert, also keine neue Art/Kategorie von Beitragszeiten geschaffen, sondern sein Anwendungsbereich beschränke sich lediglich auf die Bewertung von Ghetto-Beschäftigungszeiten nach den Reichsversicherungsgesetzen oder nach Bundesrecht, jeweils iVm dem WGSVG und/oder dem FRG (die demzufolge die Merkmale einer der bisher schon bestehenden Beitragszeiten aufweisen müssten) sowie deren Zahlbarmachung ins Ausland.
Folgt man dieser Auffassung, hätte es hinsichtlich der Beschäftigungen in den eingegliederten Gebieten der Anordnung in § 2 Abs 1 Nr 1 ZRBG nicht bedurft. Nach dieser Norm gelten für die Ghetto-Beschäftigungszeiten Beiträge als gezahlt, und zwar für die Berechnung der Rente als Beiträge nach den Reichsversicherungsgesetzen für eine Beschäftigung außerhalb des Bundesgebiets. Waren sie schon nach den Reichsversicherungsgesetzen versicherungspflichtig, waren sie nach diesen ohnehin, ggf iVm § 12 WGSVG, Beitragszeiten, sodass es der erneuten Anordnung, sie seien Beitragszeiten, nicht bedurft hätte, auch nicht für ihre Bewertung. Auch die Anordnung einer Zahlbarmachung in der Nr 2 aaO wäre als solche insoweit nicht erforderlich gewesen (vgl § 113 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und Satz 2, 271, 272, 317 bis 319 SGB VI sowie §§ 18, 19 WGSVG). Die neue Regelung könnte daher nur für die besetzten Gebiete Bedeutung erlangen, in denen Verfolgte, die keine deutschen Staatsbürger waren und die auch nicht später wegen ihres "Deutschtums" vertrieben wurden, ohne das ZRBG durch eine Ghetto-Beschäftigung keine Beitragszeiten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung haben können. Wenn für die besetzten Gebiete auf eine fiktive Versicherungspflicht nach den Reichsversicherungsgesetzen abgestellt würde, wären die in den Nr 1 und 2 des § 2 aaO getroffenen Anordnungen für diese Gebiete im Ergebnis ebenfalls gegenstandslos.
Text und Entstehungsgeschichte des ZRBG sprechen eher dafür, dass dieses Gesetz nicht die zuvor bestehende Rechtslage in einer verkürzten Fassung wiederholen, sondern "Neuland" betreten und ua eine neue Art von Beitragszeiten schaffen sollte, die zum Abschluss der Entschädigung von NS-Verfolgten für ns-bedingte Schäden in ihrer Rentenversicherung Einbußen im heutigen Versicherungsschutz wegen einer Ghetto-Beschäftigung entschädigen soll, die durch das bisherige Recht nicht oder (bei den eingegliederten Gebieten) nicht ausreichend kompensiert worden waren.
2. Frage 2: Erfasst der räumliche Anwendungsbereich des ZRBG auch die Ghetto-Arbeiter, die sich in einem Drittstaat außerhalb des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland oder eines Vertragsstaats (gewöhnlich) aufhalten (oder dort wohnen)?
Diese Frage hat der 4. Senat im Urteil vom (B 4 R 29/06 R) beiläufig verneint. Sie wird im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich, weil die Klägerin - wie dargelegt - auf Grund des Art 4 DISVA dem räumlichen Anwendungsbereich des ZRBG unterfällt. Allerdings hätte der 4. Senat sie am bei einer Entscheidung über die Revision mit beantworten müssen. Auf sie ist nämlich im Zusammenhang mit der Frage 5 einzugehen. Deren Klärungsbedürftigkeit iS des § 41 Abs 4 SGG beruht darauf, dass der 4. Senat hätte erörtern müssen, ob die Rechtsauffassung des LSG Bundesrecht verletzt, soweit es davon ausgeht, das ZRBG habe nicht vom Erfordernis der Wartezeit für die Inanspruchnahme einer Altersrente dispensiert. Hierbei gewinnt ua der räumliche Anwendungsbereich des ZRBG Bedeutung, weil auch er dafür sprechen könnte, dass die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit zur Vermeidung von Ungleichbehandlung unter den Verfolgten vom ZRBG nicht vorausgesetzt wird.
Die aufgeworfene Frage ist klärungsbedürftig. Während der 13. Senat im Urteil vom (B 13 R 28/06 R, RdNr 38) ausdrücklich von einer Stellungnahme zur Rechtsauffassung des 4. Senats abgesehen hat, ist ihr von der Bundesregierung widersprochen worden.
Der räumliche Anwendungsbereich ist grundsätzlich, dh ohne eine abweichende Verlautbarung im Gesetz oder in völkervertraglichen Regelungen, mit dem räumlichen Geltungsbereich des Gesetzes identisch. Hierzu hat der erkennende Senat im Urteil vom (aaO, RdNr 57 ff) ausgeführt, dass der räumliche Geltungsbereich - wie bei allen Bundesgesetzen - grundsätzlich nur die Personen erfasst, die der Gebietshoheit der Bundesrepublik Deutschland unterliegen, die sich also im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aufhalten (ungenau auch "Territorialitätsprinzip" genannt). Der hier ebenfalls anwendbare § 30 Abs 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) verlangt darüber hinaus einen gewöhnlichen Aufenthalt oder einen Wohnsitz im Inland; nur dann ist deutsches Rentenversicherungsrecht, zu dem auch das ZRBG gehört, auf eine Person anwendbar, außer wenn überstaatliches oder zwischenstaatliches Recht etwas anderes bestimmen (§ 30 Abs 2 SGB I). Demzufolge findet das ZRBG auf Personen, die sich nicht in Deutschland aufhalten, nur Anwendung, wenn das Gesetz selbst diese Ausdehnung seines Anwendungsbereichs anordnet oder in einem zwischenstaatlichen Abkommen eine Gebietsgleichstellung mit Inländern in der Weise erfolgt ist, dass jeder Vertragsstaat die Staatsangehörigen des anderen Staats, die sich in dessen Gebiet aufhalten, so behandelt, als hielten sie sich in seinem Gebiet auf. Auch aus supranationalem Recht kann sich eine Ausweitung des Anwendungsbereichs ergeben. Insoweit ist in diesem Zusammenhang jedoch nicht auf das EG-Recht einzugehen; die Entschädigungsregelungen des ZRBG sind keine Leistungen der sozialen Sicherheit (§ 1 Abs 4 ZRBG), sodass sie nicht Art 4 Abs 1 VO 1408/71/EWG unterfallen.
Das ZRBG hat es unterlassen, die Ausweitung seines räumlichen Anwendungsbereichs über den räumlichen Geltungsbereich hinaus anzuordnen. Demzufolge findet es nur Anwendung auf Personen, die sich im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland oder in einem Vertragsstaat aufhalten, mit dem ein Abkommen der umschriebenen Art besteht. Jedoch hat die Bundesregierung auf eine Anfrage von Abgeordneten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geantwortet, für sie sei mit Blick auf die Regelung des § 2 Abs 1 ZRBG die Auffassung des 4. Senats (gemeint: im Urteil vom , aaO) nur schwer nachvollziehbar (s BT-Drucks 16/5720 S 5 Abs 3). In dieser Antwort ist nicht bedacht, dass § 2 Abs 1 ZRBG allein die Zahlung von Beiträgen fingiert, und zwar für die "Berechnung der Rente" (Nr 1) sowie für die "Erbringung von Leistungen ins Ausland" (Nr 2). Dies setzt - auch für das Gegenseitigkeitsprinzip bei Sozialversicherungsabkommen - voraus, dass die Betroffenen, um Berechtigte werden zu können, auch vom räumlichen Anwendungsbereich des Gesetzes erfasst werden. Dies wird im Übrigen bei den anderen Vorschriften über Zahlungen ins Ausland selbstverständlich berücksichtigt (§§ 110 ff, 271, 272, 317 bis 319 SGB VI, 18, 19 WGSVG).
Im Urteil vom (aaO, RdNr 59 f) hat der 4. Senat darauf hingewiesen, dass sich in den Gesetzesentwürfen zum ZRBG zwar durchaus die Aussage findet, es komme nicht darauf an, in welchem Staat sich der Berechtigte aufhalte; in seinen Beratungen ist der Deutsche Bundestag auf die Problematik des "Territorialitätsprinzips" jedoch nicht eingegangen und ist auch nicht auf sie hingewiesen worden. Die Bundesregierung selbst hat auf die vom 4. Senat als verfassungsrechtlich problematisch bezeichnete Begrenzung des Anwendungsbereichs des ZRBG auf "Inländer" und "Vertragsstaatler" gegenüber Ausschüssen des Bundesrats hingewiesen (Diskussionsprotokoll vom zur Sitzung vom , zu TOP 8, S 23). Dies war der Anlass für den Hinweis des 4. Senats. Im Text des ZRBG findet sich die notwendige und dem Parlament vorbehaltene Regelung einer Abweichung vom Grundsatz der Gebietshoheit nicht.
3. Frage 3: Wie ist das Tatbestandsmerkmal einer "aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen entgeltlichen Beschäftigung" von der vom ZRBG nicht erfassten "Zwangsarbeit" abzugrenzen, und zwar im Hinblick auf
a) die Freiwilligkeit der Beschäftigung; genügt die Möglichkeit der Ablehnung der Arbeit ohne unmittelbare Gefahr für Leib oder Leben?
b) das Entgelt; wie ist das Entgelt, das ein Ghetto-Arbeiter im Austausch "für" seine Beschäftigung erhielt, von "existenzsichernden Zuwendungen" bei Zwangsarbeit abzugrenzen?
c) eine rechtliche Relevanz der Höhe des Entgelts; ist sie von Bedeutung für die Abgrenzung zur Zwangsarbeit?
Da das LSG davon ausgegangen ist, die Ghetto-Rechtsprechung sei unverändert im Anwendungsbereich des ZRBG fortzuführen, hat es auch den Beschäftigungsbegriff des ZRBG an denselben Rechtsmaßstäben gemessen, welche diese bei Anwendung des § 12 WGSVG iVm den Reichsversicherungsgesetzen, vornehmlich der RVO alter Fassung (aF), zu Grunde gelegt hat. Dies ist zwar vom Ansatz her und weitgehend auch inhaltlich zutreffend, berücksichtigt aber nicht hinreichend die vom ZRBG ins Auge gefassten Besonderheiten der Beschäftigungen während eines Zwangsaufenthalts in einem Ghetto. Da der 5. und 13. Senat ebenfalls unverändert an die Ghetto-Rechtsprechung zum Reichsversicherungsrecht anknüpfen wollen, sind diese Fragen zum Beschäftigungsbegriff des ZRBG klärungsbedürftig.
a) Zum Tatbestandsmerkmal einer "aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen entgeltlichen Beschäftigung", und zwar im Hinblick auf das Merkmal der Freiwilligkeit.
Der Text des § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst a ZRBG stellt darauf ab, dass eine aus freiem Willensentschluss begründete Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt wurde. Weitere Voraussetzungen werden insoweit nicht benannt. Mit der "Freiwilligkeit" wiederholt er eine Anforderung des sozialversicherungsrechtlichen Begriffs der Beschäftigung, die seit Einführung der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland stets gegolten hat.
Hierzu hat der 5. Senat im Urteil vom (BSGE 80, 250, 252 = SozR 3-2200 § 1248 Nr 15) ausgeführt, ein - nach der RVO aF versicherungspflichtiges - Beschäftigungsverhältnis komme durch Vereinbarung zwischen den Beteiligten zustande. Typisch sei, dass auf beiden Seiten jeweils eigene Entschlüsse zur Beschäftigung vorliegen, die nach dem Modell der Erklärungen bei einem Vertragsschluss geäußert werden. Dies gelte auch für die Abgrenzung zwischen freien und unfreien Beschäftigungen (= Zwangsarbeitsverhältnissen). Frei sei ein Beschäftigungsverhältnis, wenn es aus eigenem Antrieb zu einem Vertragsabschluss gekommen sei.
Allerdings setzte und setzt ein sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis nicht notwendig den Abschluss eines Arbeitsvertrages nach zivilrechtlichen Grundsätzen voraus (vgl § 7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch <SGB IV>).
An dieser Rechtsprechung hat das BSG in den weiteren Urteilen zu den Ghetto-Beschäftigungen bis zum Inkrafttreten des ZRBG festgehalten und betont, dass auch solche Beschäftigungen die Kriterien eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nach damaligem Reichsversicherungsrecht erfüllt haben, also von den Merkmalen der Freiwilligkeit (und Entgeltlichkeit, dazu unter Ziff 2) bestimmt worden sein mussten. Die damaligen Regelungen entsprächen dem heute geltenden Recht, nämlich dem in § 7 Abs 1 SGB IV definierten Begriff der "unselbständigen Arbeit". Gemessen an diesen Kriterien sei eine unter Zwang zustande gekommene und verrichtete Arbeit (zB als Strafgefangener oder KZ-Häftling) grundsätzlich nicht als eine Beschäftigung einzustufen, die - nach den Bestimmungen der RVO - der Versicherungspflicht unterlegen habe (BSG, Urteil des 5. Senats vom , SozR 3-2200 § 1248 Nr 16; Urteile des 13. Senats vom , SozR 3-5070 § 14 Nr 2 und 3 sowie vom , SozR 3-2200 § 1248 Nr 17).
Auch der 4. Senat ist in seiner Entscheidung vom (B 4 R 29/06 R, RdNr 98) davon ausgegangen, dass der Rechtsbegriff der Beschäftigung in dem früheren § 1226 Abs 1 Nr 1 RVO aF in der Nachfolgevorschrift des § 1227 Abs 1 Nr 1 RVO neuer Fassung (nF) und in dem heute geltenden § 7 Abs 1 SGB IV im Wesentlichen dieselbe Bedeutung hatte bzw hat. An dieses Begriffsverständnis knüpft auch das ZRBG an. Ebenso besteht Übereinstimmung, dass der zwangsweise Aufenthalt in einem Ghetto der Aufnahme einer nichtselbständigen Tätigkeit nicht entgegensteht (aaO, RdNr 99 mit Hinweisen auf die Ghetto-Rechtsprechung).
aa) Die Beschäftigung muss aus "eigenem Willensentschluss" aufgenommen worden sein. Dies erfordert insbesondere eine Abgrenzung zur Zwangsarbeit, obwohl das ZRBG das Wort "Zwangsarbeit" nicht verwendet und nicht als negative Tatbestandsvoraussetzung normiert.
Geboten ist eine Abgrenzung zum Anwendungsbereich der Regelungen der "ZwangsarbeiterStiftung" (Gesetz zur Errichtung einer Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" <EVZStiftG> vom , BGBl I 1263), welche ua auch die Zwangsarbeit im Ghetto entschädigt hat. Das ZRBG schützt jenen Personenkreis der Ghetto-Beschäftigten, der nicht unter die Stiftungsregelungen fällt (Urteil des Senats vom , aaO, RdNr 100 f; vgl zur Ausschlussklausel des § 16 EVZStiftG: BSGE 96, 110, 113, RdNr 15 = SozR 4-5060 Art 6 § 23 Nr 1).
Auch vor 1997 (dh vor Beginn der Ghetto-Rechtsprechung) hat das BSG die Abgrenzung zwischen Zwangsarbeit und (rentenversicherungspflichtiger) Beschäftigung stets am Merkmal der "Freiwilligkeit" vorgenommen. So hat es die Arbeitserbringung in einem KZ nicht als Beschäftigung im versicherungsrechtlichen Sinn angesehen, weil sie nicht auf "freiwilliger Basis" erfolgt sei ( BSGE 38, 245 = SozR 5070 § 14 Nr 2). Ferner hat es Beschäftigungen in einem Ghetto pauschal als Zwangsarbeit bewertet und sie einer Arbeit in einem KZ gleichgestellt, ohne dass aus der Entscheidung erkennbar wird, warum der Verfolgte im Ghetto unter "Zwang" gearbeitet hat (Urteil vom , SozR 5070 § 14 Nr 9). Diese frühere Rechtsprechung hat das BSG in seiner Ghetto-Rechtsprechung korrigiert und entschieden, dass auch in einem Ghetto ein auf freiwilliger Basis begründetes Beschäftigungsverhältnis bestanden haben konnte. Wie zuvor dargelegt, hat es - beginnend mit dem Urteil vom (BSGE 80, 250 = SozR 3-2200 § 1248 Nr 15) - auf das allgemeine Abgrenzungskriterium der Freiwilligkeit abgestellt. Dabei ist der Begriff der "Zwangsarbeit" nicht ausdrücklich definiert, sondern aus einem negativen Merkmal abgeleitet worden. Sie ist angenommen worden, wenn es sich um "nicht freiwillige" Arbeit, also um eine "unfreie" Beschäftigung gehandelt hat.
Zur Vermeidung von Doppelbegünstigungen und Entschädigungslücken ist an den Begriff der Zwangsarbeit des EVZStiftG anzuknüpfen. Nach dessen § 11 Abs 1 Nr 1 ist nach diesem Gesetz leistungsberechtigt, wer in einem KZ iS von § 42 Abs 2 BEG oder in einer anderen Haftstätte außerhalb des Gebietes der heutigen Republik Österreich oder "in einem Ghetto unter vergleichbaren Bedingungen inhaftiert war und zur Arbeit gezwungen wurde". In einem Ghetto "unter vergleichbaren Bedingungen" inhaftiert war, wer sich dort "zwangsweise" aufhalten musste. Zur Arbeit war er "gezwungen", wenn er auf Anordnung "von hoher Hand" unter Ausschluss jeder freien Willensbetätigung die Arbeit verrichten musste. Keine Zwangsarbeit lag danach vor, wenn die "hohe Hand" für die Beschäftigungsaufnahme noch irgendeinen Raum für eine freie Willensbetätigung gelassen hatte.
Daran schließt § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst a ZRBG "nahtlos" an. Die Vorschrift verlangt, dass die Beschäftigung "aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist". Damit sollten erstens die Anregungen der (oben zitierten) Ghetto-Rechtsprechung zur Freiwilligkeit der Beschäftigungsaufnahme aufgegriffen und zweitens die nach dem ZRBG zu entschädigende Beschäftigung von der vom EVZStiftG erfassten Zwangsarbeit in einem Ghetto nahtlos abgegrenzt werden (BT-Drucks 14/8583 und BT-Drucks 14/8602, jeweils Begründung, A. Allgemeiner Teil, Ziff I Abs 2 und B. Besonderer Teil, S 6 zu § 1, Abs 1); denn für die Entschädigung der Zwangsarbeit im Ghetto war die Stiftung geschaffen worden (Urteil des Senats vom , B 4 R 29/06 R, RdNr 101 f, vgl hierzu auch den zu Protokoll gegebenen Redebeitrag der Bundestagsabgeordneten Deligöz, Plenarprotokoll 14/233 S 23280). Alle Ghetto-Arbeiter sollten für die dort geleistete Arbeit entschädigt werden, die einen als Zwangsarbeiter von der Stiftung, die anderen als freiwillig Beschäftigte von der deutschen Rentenversicherung, weil sie eine grundsätzlich rentenversicherungspflichtige Beschäftigung verrichtet haben, vorausgesetzt, sie erhalten heute für ihre Ghetto-Arbeit keine Leistung aus ihrer jeweiligen Rentenversicherung. Es kommt dem ZRBG ausdrücklich gerade darauf an, dass der Ghetto-Beschäftigte eine Leistung für seine Ghetto-Arbeit erhält.
bb) Das ZRBG hat die Anforderungen an den freien Willensentschluss zu Gunsten der Betroffenen ausdrücklich auf den Zwangsaufenthalt im Ghetto bezogen, weil es eine nahtlose Abgrenzung zur Zwangsarbeit iS des § 11 EVZStiftG wollte. Denn für die "Freiwilligkeit" reicht danach aus, dass bei der Aufnahme der Beschäftigung von hoher Hand nur nicht jede freie Willensbetätigung ausgeschlossen war.
Der 5. Senat hatte in seinem (Ausgangs-)Urteil vom (BSGE 80, 250, 252 = SozR 3-2200 § 1248 Nr 15) - zu Recht - in Anwendung des zur Zeit der Ghetto-Beschäftigung geltenden Reichsversicherungsrechts geprüft, ob es sich um ein "freies" (rentenversicherungspflichtiges) Beschäftigungsverhältnis gehandelt hat. Hierbei hat er darauf hingewiesen, dass die Beweggründe, die jemanden zur Aufnahme einer Beschäftigung veranlassten (etwa Bedarfsdeckung, Gewinn- bzw Einkommensmaximierung, Selbstverwirklichung) keine Rolle spielten. Auch allgemeine Lebensumstände des Versicherten müssten außer Betracht bleiben, die nicht die Arbeit und das Arbeitsentgelt als solches beträfen. Demzufolge seien die Sphären "Lebensbereich" (mit Freiheitsentziehung oder -beschränkung) und "Beschäftigungsverhältnis" grundsätzlich zu trennen und die Umstände und Bedingungen des Beschäftigungsverhältnisses für sich zu bewerten. Dieser Rechtsprechung des 5. und des 13. Senats (vgl ua: Urteil des 5. Senats vom , SozR 3-2200 § 1248 Nr 16; Urteile des 13. Senats vom , SozR 3-5070 § 14 Nr 2 und 3) hat sich der 4. Senat angeschlossen (Urteil vom , B 4 R 29/06 R, RdNr 24 ff).
Ob eine Arbeit "aus eigenem Willensentschluss" und damit "freiwillig" aufgenommen oder aber "Zwangsarbeit" verrichtet wurde, beurteilt sich nicht danach, wie die in sich unterschiedlich ausgeprägten Begriffe von "Zwangsarbeit" in Art 12 Abs 2 und 3 GG, Art 4 Abs 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) oder in Art 2 der ILO-Konvention Nr 29 über Zwangs- und Pflichtarbeit verstanden werden (so aber möglicherweise Strassfeld, Anspruch auf Rente aufgrund "Ghettoarbeit", SGb 2007, 598, 603). Die jüdischen NS-Verfolgten standen in einem Ghetto regelmäßig unter dem "Zwang" (im Sinne einer "vis compulsiva"), eine Arbeit aufnehmen zu müssen, um überleben zu können. Das ZRBG geht davon aus, dass trotzdem eine Beschäftigung freiwillig aufgenommen werden konnte. Die Abgrenzung von freier und unfreier Beschäftigung unter den Bedingungen eines Zwangsaufenthalts in einem Ghetto dürfte sich vor allem an der Zielsetzung des ZRBG zu orientieren haben, die Entschädigung der verfolgten Ghetto-Arbeiter durch Leistungen hierfür zusätzlich zum EVZStiftG und in Ergänzung zum WGSVG zu sichern.
Die Unterscheidung zwischen Zwangsarbeit und "freiwilliger" Arbeit in einem Ghetto dürfte keine - im Vergleich zum Rentenrecht - besondere Definition des Begriffs der Beschäftigung erfordern, wohl aber verlangen, dass bei der "Freiwilligkeit" der gesetzlich vorausgesetzte Zwangsaufenthalt in einem Ghetto und die bereits dadurch sehr verengte Freiheit des Willensentschlusses der Verfolgten als Ausgangslage beachtet wird. Die extremen ns-bedingten Lebensumstände in einem Ghetto mit einer allgegenwärtigen existentiellen Bedrohung waren Grundlage der Erwägungen, die zu dem Gesetzesbeschluss geführt haben. Diese Lebenssphäre der Ghetto-Insassen war im Vergleich zu derjenigen der "normalen" Beschäftigten im Reich außerordentlich eingeschränkt, auch wenn man deren Arbeitspflicht und die Kriegsverhältnisse berücksichtigt. Jedoch knüpft der Begriff der rentenversicherungsrechtlich erheblichen Beschäftigung grundsätzlich an Friedensverhältnisse an. Er ist aber weit genug, die durch Krieg oder - wie hier - durch NS-Verfolgung bewirkten tatsächlichen Veränderungen im Arbeitsleben angemessen zu berücksichtigen. Die durch die NS-Verfolgung weitestgehend eingeschränkte Arbeits- und Lebenssphäre der Ghetto-Insassen wie auch der Begriff der Zwangsarbeit iS des § 11 EVZStiftG legen es nahe, dass ein eigener Willensentschluss zur Beschäftigungsaufnahme durch den Verfolgten im Sinne des ZRBG dann vorliegt, wenn die Arbeit vor dem Hintergrund der wirklichen Lebenslage in einem Ghetto jedenfalls auch noch auf einer, wenn auch auf das "Elementarste" reduzierten Wahl zwischen zwei Verhaltensweisen beruhte und die neben der Möglichkeit der Arbeitsaufnahme gegebene Alternative nicht in der Unterwerfung unter die absolute Gewaltausübung des "Weisungsgebers" bestand (Urteil des Senats vom , B 4 R 29/06 R, RdNr 102 f). Eine Arbeit ist unter den Bedingungen des Ghettos (auch gemäß § 11 EVZStiftG) dann mangels Freiwilligkeit als Zwangsarbeit zu werten, wenn die Aufnahme oder die Fortführung der Beschäftigung von hoher Hand mit absoluter Gewalt ("vis absoluta") oder der Drohung mit ihr, also unter unmittelbarer, nicht "nur" mittelbarer Gefahr für Leib oder Leben oder für die "Restfreiheit" der Ghetto-Inhaftierten bewirkt oder gefordert wurde. Denn dann war von hoher Hand "jede" freie Willensbetätigung ausgeschlossen worden.
b) Zur Abgrenzung des Entgelts, das ein Verfolgter "für" die Ghetto-Beschäftigung erhielt, von "existenzsichernden Zuwendungen" bei Zwangsarbeit.
Gemäß § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst b ZRBG muss die Beschäftigung gegen "Entgelt" ausgeübt worden sein. Dieser Rechtsbegriff des 2002 beschlossenen ZRBG knüpft in Ermangelung anderer Hinweise an das heutige Verständnis an. Nach § 14 Abs 1 SGB IV fallen unter "Arbeitsentgelt" alle einmaligen oder laufenden Einnahmen aus einer Beschäftigung; gleichgültig ist, ob sie geschuldet und in welcher Form oder unter welcher Bezeichnung sie geleistet oder unmittelbar aus der Beschäftigung oder nur im Zusammenhang mit ihr erzielt werden; es können Geld- oder Sachbezüge sein; ein Mindestwert ist nicht vorgeschrieben.
Hiervon ging zB auch § 160 RVO aF (der "Hausmädchenparagraph") aus, regelte dann jedoch, dass derjenige, der nur bestimmte Sachbezüge (Unterkunft und Verpflegung) bezog, versicherungsfrei und somit nicht versicherungspflichtig war. Die Frage der Entgeltlichkeit darf jedoch nicht mit der Frage nach der Versicherungspflicht vermengt werden. Grundsätzlich begründet jede entgeltliche Beschäftigung in der gesetzlichen Rentenversicherung die Pflichtversicherung und die Beitragspflicht. Vom Wert des Arbeitsentgelts (Höhe der Geldbezüge und Wert der Sachbezüge) kann im Einzelfall abhängen, ob ausnahmsweise Versicherungsfreiheit kraft Gesetzes eintritt. Daher dürfte es auch im ZRBG für ein Arbeitsentgelt genügen, dass zB ausschließlich Lebensmittel als Sachleistungen bezogen wurden (so Urteil des Senats vom , B 4 R 29/06 R, RdNr 104).
Sachen oder auch mal Geld erhielten aber auch Zwangsarbeiter. Dies war schon erforderlich, um ihre Arbeitskraft zu erhalten. Um das Arbeitsentgelt eines Ghetto-Beschäftigten von den "existenzsichernden Zuwendungen" an Zwangsarbeiter abzugrenzen, ist nicht nur auf das "dass", sondern zusätzlich auf das "für" abzustellen. Es kommt nicht allein darauf an, "dass" der Ghetto-Arbeiter eine Zuwendung erhalten hat; dies ist natürlich eine unverzichtbare Voraussetzung, erlaubt aber noch keine Abgrenzung zur existenzsichernden Zuwendung bei Zwangsarbeit. Für das Vorliegen eines Arbeitsentgelts dürfte wie auch sonst im Rentenversicherungsrecht entscheidend sein, "wofür" der Arbeiter Sachen oder Geld bekommen hat. Notwendig ist eine Bewertung mit Blick auf den Austauschcharakter des Beschäftigungsverhältnisses, der durch die Freiwilligkeit der Beschäftigungsaufnahme des Arbeiters begründet wurde. Man kann freiwillig auch eine äußerst schlecht vergütete Beschäftigung aufnehmen. War die äußerst schlechte Vergütung im Vergleich mit Nichtverfolgten mit gleichartiger Beschäftigung im Wesentlichen durch die NS-Verfolgung bedingt, sieht schon § 14 Abs 2 WGSVG eine Entschädigung durch Anhebung des fiktiv versicherten Arbeitsentgelts vor.
c) Zur Relevanz der Höhe des Entgelts, das in einem Ghetto-Beschäftigungsverhältnis erzielt wurde, für dessen Qualifizierung als Arbeitsentgelt.
Nach § 14 SGB IV (und allen seinen hier möglicherweise einschlägigen Vorläufern) kommt es für die Qualifizierung einer Einnahme aus einer Beschäftigung als Arbeitsentgelt nicht auf die Höhe oder den Wert der Vergütung an. Demgegenüber berühren zB die Geringfügigkeitsgrenzen ua in § 8 SGB IV nicht den Entgeltbegriff, sondern die Frage, ob die Versicherungspflicht ausnahmsweise durch eine Versicherungsfreiheit verdrängt wird. Wären auch Bestimmungen über eine Versicherungsfreiheit bei den Ghetto-Beschäftigten zu beachten, hätte es jedenfalls für die besetzten Gebiete, in denen die Reichsversicherungsgesetze nicht galten, wohl einer ausdrücklichen Regelung der nur ausnahmsweise eintretenden Versicherungsfreiheit im ZRBG bedurft. Denn der Anwendungsbereich des Gesetzes würde gegen Null tendieren, weil die Grenzbeträge in Anbetracht der im Regelfall wegen der NS-Verfolgung extrem niedrigen Entlohnung nur selten überschritten worden sein dürften.
Ein Rückgriff auf die Ghetto-Rechtsprechung ist kaum möglich, weil diese - wie dargetan - zwangsläufig die Frage der Versicherungspflicht in Anwendung der RVO und damit auch prüfen musste, ob das Entgelt wegen seiner geringen Höhe oder seiner Art ausnahmsweise Versicherungsfreiheit begründet hatte. So hat der 5. Senat im Urteil vom (BSGE 80, 250, 252 = SozR 3-2200 § 1248 Nr 15) ausgeführt, dass es zwar nicht auf die wirtschaftliche Gleichwertigkeit ("Äquivalenz") der Austauschleistungen ankomme, das Arbeitsentgelt müsse jedoch einen Mindestumfang erreichen, damit Versicherungspflicht entstehe; den Mindestumfang hat er mit einem Drittel des damals maßgeblichen Ortslohns beziffert (aaO, S 253). Der 13. Senat (ua BSGE 93, 214, 225, RdNr 36 = SozR 4-5050 § 15 Nr 1) will im Anwendungsbereich des ZRBG an dieser Ghetto-Rechtsprechung festhalten, ohne darauf einzugehen, dass die Höhe des Entgelts auch nach den Vorschriften der RVO und des SGB VI Bedeutung nur für die Versicherungsfreiheit, nicht aber für den Entgeltcharakter der Einnahmen aus einer Beschäftigung hatte und hat.
Bei der Frage nach dem Entgeltcharakter der Zuwendungen an Ghetto-Beschäftigte dürfte es aber im Wesentlichen um die Abgrenzung zum Zwangsarbeiterunterhalt gehen. In diesem Zusammenhang wird ein Entgeltcharakter im Regelfall zu bejahen sein, wenn die Sachleistungen den Eigenbedarf übersteigen. Denn dies wäre untypisch für eine bloß existenzsichernde Zuwendung an einen Zwangsarbeiter. Allerdings dürften Leistungen in Höhe des Eigenbedarfs (oder bei zeitlich begrenzten Beschäftigungen auch darunter) die Annahme des Austauschcharakters nicht schlechthin ausschließen, jedoch bedürfte es dann einer genaueren Prüfung anhand der Entlohnungsverhältnisse für gleichartige Arbeit im Ghetto und von Nichtverfolgten in der Region.
4. Frage 4: Hängt die Entstehung von Beitragszeiten nach dem ZRBG von dem ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal ab, dass die Beschäftigung Versicherungspflicht begründet hat? Ggf nach welchem Recht ist die Rentenversicherungspflicht zu beurteilen, soweit die Reichsversicherungsgesetze in dem vom Deutschen Reich besetzten Gebiet für Ghetto-Arbeiter nicht gegolten haben:
a) nach dem heutigen SGB VI,
b) nach dem jeweiligen damaligen örtlichen Sozialversicherungsrecht, wenn es für Ghetto-Arbeiter galt,
c) ggf in dessen analoger Anwendung oder
d) durch fiktive Anwendung der Reichsversicherungsgesetze?
Bei diesen Fragen geht es im Kern darum, ob bei einer vom ZRBG erfassten entgeltlichen Beschäftigung im Einzelfall festgestellt werden muss, ob sie kraft Gesetzes versicherungsfrei war, ggf nach welchen Gesetzen dies zu beurteilen ist.
Im deutschen Rentenversicherungsrecht war und ist seit der Einführung der Angestelltenversicherung grundsätzlich von der Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung erfasst, also pflichtversichert, wer (freiwillig) gegen Arbeitsentgelt beschäftigt ist (heute § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI). Etwas anderes galt und gilt nur, wenn der entgeltlich Beschäftigte durch sein Entgelt eine seit langem nicht mehr existierende Versicherungspflichtgrenze überschritten hatte oder wenn er einen (Ausnahme-)Tatbestand erfüllte, an den das Gesetz trotz der entgeltlichen Beschäftigung ausnahmsweise die Rechtsfolge der Versicherungsfreiheit geknüpft hatte (heute § 5 SGB VI) oder wenn er vom Rentenversicherungsträger wegen eines andersartigen Ausnahmetatbestandes auf seinen Antrag von der Versicherungspflicht befreit worden war (heute § 6 SGB VI).
Wird eine (freiwillige) Ghetto-Beschäftigung gegen Entgelt iS des § 1 ZRBG bejaht, lag und liegt damit im deutschen Rechtskreis Pflichtversicherung und Beitragspflicht vor, wenn nicht nach deutschem Recht ausnahmsweise Versicherungsfreiheit bestand oder besteht. In den besetzten Gebieten hat aber für die Ghetto-Beschäftigungen deutsches Rentenversicherungsrecht nie gegolten. In den eingegliederten Gebieten war (auch bei Anwendung des WGSVG) die Pflichtversicherung mit Beitragspflicht nach den Reichsversicherungsgesetzen gegeben, wenn nicht deren Vorschriften über Versicherungsfreiheit (zB § 160 RVO - "Hausmädchenparagraph" -Unterkunft "und" <nicht: "oder">Verpflegung) eingriffen. In den besetzten Gebieten beurteilten sich die Fragen nach einer Pflichtversicherung und Versicherungsfreiheit nach dem jeweiligen Recht des Staates, dessen Gebiet Deutschland besetzt hatte. Dabei hat NS-Unrecht außer Betracht zu bleiben. Bei den in diesen Gebieten ghetto-beschäftigten NS-Verfolgten mit dSK-Zugehörigkeit gibt es nur für die von ihnen, die später auch noch vertrieben wurden, zum Ausgleich des Vertreibungsschadens an Rentenberechtigungen im Vertreibungsstaat unter den genannten Voraussetzungen der §§ 15, 16 FRG eine Anordnung, fiktiv zu prüfen, ob die entgeltliche Beschäftigung, wäre sie in Deutschland verrichtet worden, nach deutschem Recht versicherungsfrei gewesen wäre. Hiervon werden dSK-angehörige Verfolgte, die nicht vertrieben wurden, nicht erfasst, ebenso wenig die nicht dem dSK Angehörigen.
Hätte das ZRBG seine die Entschädigungen des WGSVG ergänzenden Begünstigungen gegenüber den allgemeinen Vorschriften des Rentenversicherungsrechts (§ 7 WGSVG) davon abhängig machen wollen, dass die in allen möglicherweise einschlägigen Rechtsordnungen mit der entgeltlichen Beschäftigung verbundene Rentenpflichtversicherung nicht ausreicht, sondern stets individuell geprüft werden sollte, ob ausnahmsweise Versicherungsfreiheit vorlag, wäre zu erwarten gewesen, dass es dieses Thema selbst geregelt oder zumindest angegeben hätte, welches Recht dafür in den besetzten Gebieten maßgeblich sein sollte.
Im ZRBG ist - anders als in § 12 WGSVG - nicht als Tatbestandsvoraussetzung genannt, die Ghetto-Beschäftigung müsse (nach welcher Rechtsordnung?) damals rentenversicherungsund beitragspflichtig und dürfe nicht (nach welchem Recht?) versicherungsfrei gewesen sein. Das musste das ZRBG nicht regeln, wenn es ausreichen lassen wollte, dass mit der freiwilligen entgeltlichen Beschäftigung ohnehin nach jeder Rechtsordnung in den eingegliederten wie in den besetzten Gebieten inländisch oder ausländisch Rentenpflichtversicherung bestanden hatte, ohne dass es auf unterschiedliche und nicht an den Lagen in Ghettos orientierte Regelungen über eine Versicherungsfreiheit ankommen sollte.
Andernfalls bliebe offen, welches Recht zu Grunde zu legen wäre. Auch wäre zu beachten, dass das ZRBG das WGSVG ergänzen, nicht dessen Entschädigungsniveau unterschreiten soll. War das Entgelt (Wert von Sachbezügen oder Geld oder Geldersatz) ns-verfolgungsbedingt niedriger als für gleichartige Arbeit Nichtverfolgter, dürfte dieser verfolgungsbedingte Nachteil heute bei der Versicherungsfreiheit nicht gegen die Versicherungspflicht des Verfolgten eingesetzt werden.
Wird allerdings in § 1 ZRBG als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal hineingelesen, es müsse konkrete Rentenversicherungspflicht und dürfe keine Versicherungsfreiheit vorgelegen haben, müsste jedenfalls für die besetzten Gebiete das maßgeblich anzuwendende Recht erst noch bestimmt werden. Dies könnte der GS aufzeigen.
Da eine unmittelbare Anwendung der Reichsversicherungsgesetze in den besetzten Gebieten nicht in Betracht kommen dürfte, wäre zu erwägen, ob das SGB VI, das jeweilige damalige örtliche Sozialversicherungsrecht, wenn es für Ghetto-Arbeiter galt (im vorliegenden Fall zB das zur Zeit der von der Klägerin geltend gemachten Beschäftigung weiter geltende sowjetische Sozialversicherungsrecht), dieses ggf in analoger Anwendung oder eine fiktive Anwendung der Reichsversicherungsgesetze maßgeblich sein soll.
5. Frage 5: Ist § 1 Abs 3 ZRBG eine spezialgesetzliche Regelung in dem Sinn, dass er unmittelbar Rentenansprüche begründet, auch wenn die nach dem SGB VI erforderliche Wartezeit nicht erfüllt ist?
Klärungsbedürftig ist, ob allein mit Ghetto-Beitragszeiten aus dem ZRBG ohne Wartezeiterfüllung das Recht auf (Regel-)Altersrente erworben werden kann.
a) In seinem Urteil vom (B 13 R 28/06 R, RdNr 24 bis 29) hat der 13. Senat erklärt, er trete der Rechtsauffassung des 4. Senats nicht bei, wonach ein Rentenanspruch auf Grund von Ghetto-Beitragszeiten nicht die Erfüllung der Wartezeit voraussetze. Er meint (aaO, RdNr 27), der 4. Senat habe in "nicht nachvollziehbarer Weise" den Regelungsgehalt des § 1 Abs 3 ZRBG auf die innerstaatliche allgemeine Wartezeit bezogen. Dagegen solle durch die Regelung "in Wahrheit" (lediglich) ausgeschlossen werden, dass die in zwischen- und überstaatlichen Vereinbarungen zum Teil getroffene "Kleinstzeitenregelung" angewendet wird. Ohne diesen Ausschluss wären Zeiten von kurzer Dauer (zB unter zwölf Monaten im Verhältnis zu Israel bzw unter 18 Monaten im Verhältnis zu den USA) nicht durch die deutsche Rentenversicherung, sondern durch den anderen Staat abzugelten; hierauf werde auch in den Gesetzesmaterialien hingewiesen (BT-Drucks 14/8583 S 6).
Ua der Umstand, dass die vom 4. Senat vorgenommene Interpretation jedenfalls von einem Teil der Literatur durchaus "nachvollzogen" werden konnte (vgl Bieback in jurisPR-SozR 19/2007 Anm 3, der meint, für die Auffassung des 4. Senats sprächen "gute Gründe", der aber auch die Auffassung des 13. Senats für "vertretbar" hält), dürfte die Bewertung relativieren, der 4. Senat habe § 1 Abs 3 ZRBG "nicht nachvollziehbar" interpretiert. Nach dessen Auffassung modifiziert § 1 Abs 3 ZRBG die Regelung in Nr 2 des § 35 SGB VI dadurch, dass "auch" nur mit ZRBG-"Minizeiten", welche die allgemeine Wartezeit nicht erfüllen, das Recht auf Altersrente erworben werden kann.
b) Für das Erfordernis der Wartezeiterfüllung auch bei den vom ZRBG erfassten GhettoBeschäftigten spricht, dass die gesetzliche Rentenversicherung (anders als die Kranken- und die Unfallversicherung) für die Entstehung eines Rechts auf Rente nahezu ausschließlich (s aber § 53 SGB VI) das Zurücklegen einer Mindestversicherungszeit voraussetzt.
Es handelt sich um ein Strukturmerkmal dieser Versicherung. Daher hätte grundsätzlich eine ausdrückliche Regelung im Gesetz nahegelegen, wenn dieses Erfordernis für Ghetto-Beschäftigte nach dem ZRBG nicht gelten sollte. Das ZRBG ist ein knappes, in den Voraussetzungen (§ 1) und den Rechtsfolgen (§ 2) auf Einzelpunkte begrenztes Gesetz. Eine ausdrückliche Anordnung oder ein Verzicht auf die allgemeine Wartezeit als Rentenvoraussetzungen ergibt sich aber aus dem Wortlaut des ZRBG nicht.
Die Wartezeit als Voraussetzung einer Ghetto-Rente zu fordern, liegt insbesondere deswegen nahe, weil das Entschädigungsrecht des WGSVG keinen Verzicht auf das Wartezeiterfordernis und auch keine Fiktion der Erfüllung der Wartezeit kennt. Vielmehr hat es für die Verfolgten besondere Möglichkeiten zur Nachentrichtung von Beiträgen eröffnet (§§ 21, 22 WGSVG), durch die sie ua erforderliche Wartezeiten, zT praktiziert als "Verrechnung" des nicht gezahlten Beitrags mit dem erst daraus entstehenden Rentenanspruch, erfüllen konnten. Auch wollte der Gesetzgeber mit den Regelungen des ZRBG das bis dahin in Kraft befindliche Rentenrecht einschließlich des WGSVG "ergänzen" (§ 1 Abs 2 ZRBG) und nur teilweise verdrängen (vgl LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom - L 8 R 244/05).
Bei historischer Betrachtung knüpft das ZRBG - wie viele sozialpolitische Gesetze - an eine lange Vorgeschichte und auch an eine konkrete Rechtsprechung des BSG zu Gesetzen mit ähnlicher Thematik an. Bei den Vorschriften der §§ 1 bis 3 ZRBG handelt es sich um Bestimmungen, die der Deutsche Bundestag aus Anlass der genannten Ghetto-Rechtsprechung des BSG erlassen hat (vgl BT-Drucks 14/8583 S 1, 5; 14/8602 S 1, 5). Bei Betrachtung der vom Gesetzgeber in Bezug genommenen Rechtsprechung beansprucht das ZRBG nur für solche freiwilligen entgeltlichen Beschäftigungen in einem Ghetto Geltung, die nach der zitierten Ghetto-Rechtsprechung nach Maßgabe der Reichsversicherungsgesetze nicht versicherungsfrei waren und damit als versicherungspflichtige Beschäftigungen zur Erfüllung der Wartezeit beitragen konnten. Mit den "genannten Kriterien" wollte der Gesetzgeber "der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts" folgen und "die Trennung zur nichtversicherten Zwangsarbeit" verdeutlichen (BT-Drucks 14/8583 S 6). Er hat dies im Wortlaut des Gesetzes auch hinreichend zum Ausdruck gebracht. Ein Abweichen vom Wartezeiterfordernis ergibt sich hieraus nicht. Es ist im Gesetzgebungsverfahren nach den Materialien nie ausdrücklich darüber beraten worden, dass für ZRBG-Berechtigte das Wartezeiterfordernis nicht gelten soll.
Selbstverständlich scheidet eine Deutung des ZRBG als weit angelegte generelle Regelung zur Entschädigung aller im Zweiten Weltkrieg vom Deutschen Reich zur Arbeit veranlassten Personen aus (vgl Strassfeld, SGb 2007, 598, 606). Sie würde offensichtlich sowohl über den zum ZRBG erklärten gesetzgeberischen Willen hinausgehen als auch der bisherigen außen- und staatspolitischen Praxis der Bundesrepublik Deutschland widersprechen. Diese hat bisher solche allgemeinen und abstrakt-generellen Entschädigungsregelungen vermieden. Stattdessen sind Entschädigungsleistungen zum Teil auf Grund völkerrechtlicher Verträge zugesagt sowie auf Grund vieler Einzelgesetze (BEG, WGSVG, EVZStiftG ua) erbracht worden. Dem entspricht die in § 1 Abs 2 ZRBG ausdrücklich benannte "Ergänzungsfunktion" des ZRBG. Eine Auslegung, die im ZRBG eine abstrakt-generelle Regelung zur Entschädigung aller im Zweiten Weltkrieg von Deutschland zur Arbeit veranlassten Verfolgten sehen wollte, würde somit über den im ZRBG verlautbarten gesetzgeberischen Willen hinausgehen. Der Gesetzgeber hat vielmehr ausdrücklich nur auf Ghettos in den genannten Gebieten abgestellt, wie die Deutsche Staatsgewalt sich auf diese besonders ausgewirkt hat.
Ferner spricht - wie gesagt - auch die Gesetzesbezeichnung und der Art 1 des ZRBG/ SGB6ÄndG von einem "Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten ...". Auch besagt § 3 ZRBG, dass es um einen Antrag "auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung" geht und fingiert für die Ermittlung des Zugangsfaktors, die Wartezeit gelte als mit Vollendung des 65. Lebensjahres erfüllt und die Altersrente bis zum Rentenbeginn als nicht in Anspruch genommen. § 2 begründet die Fiktion einer Beitragszahlung, die nur im Zusammenhang der gesetzlichen Rentenversicherung sinnvoll ist, und stellt die "Ghetto-Beitragszeiten" aus dem ZRBG für die "Rentenberechnung" und den "Rentenexport" den Beitragszeiten nach den Reichsversicherungsgesetzen gleich. Nach § 1 Abs 2 ergänzt es "die rentenrechtlichen Vorschriften" des WGSVG und sieht in § 1 Abs 3 einen "Anspruch auf Rente" vor. Hier wird die unmittelbare Begründung von Rentenansprüchen nicht in Aussicht gestellt.
Die Erfüllung der Wartezeit wird unter den vorstehend angesprochenen Aspekten in der Rechtsprechung des BSG (genanntes Urteil vom - B 13 RJ 59/03 R) und von mehreren LSG vertreten (ua ; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom - L 2 R 464/06; ) als auch von einem Teil der Literatur (Strassfeld, SGb 2007, 598) gefordert.
c) Der Qualifizierung des ZRBG als Bestandteil der Rentenversicherung steht § 1 Abs 4 ZRBG nicht entgegen.
Nach dieser Vorschrift gelten die auf Grund dieses Gesetzes gezahlten Renten nicht als Leistungen der sozialen Sicherheit. Die in ihr genannten "auf Grund" des ZRBG "gezahlten Renten" gehören innerstaatlich zum Rentenversicherungsrecht, das im nationalen und internationalen Verständnis grundsätzlich Teil des Systems der sozialen Sicherheit ist (vgl ILO-Konvention Nr 102 vom über die Mindestnormen der Sozialen Sicherheit <BGBl II 1957, 1322>, Art 4 Abs 1 VO 1408/71/EWG). Diesem Recht der sozialen Sicherheit und damit dem "Rentenexport", soll das ZRBG nicht von vornherein unterstellt sein (vgl § 318 Abs 4 SGB VI; § 18 Abs 4 und § 19 Abs 4 WGSVG).
In der Begründung zum Gesetzentwurf wird zu § 1 Abs 4 ZRBG angeführt, dass es sich bei den Rentenleistungen auf Grund dieses Gesetzes um Leistungen handele, deren Gewährung im "pflichtgemäßen Ermessen" des Rentenversicherungsträgers liege; diese Rente sei somit nicht ins Ausland zu zahlen, wenn staatliche Leistungen des Wohnsitzlandes deswegen gekürzt würden (BT-Drucks 14/8583 und 14/8602, jeweils Begründung, B. Besonderer Teil, S 6). Woraus hergeleitet werden könnte, das Gesetz sehe "Ermessensleistungen" vor, lassen die genannten Materialien nicht erkennen. Aus der Verbindung des ZRBG mit dem WGSVG und dem SGB VI folgt im Gegenteil, dass Rechtsansprüche der Betroffenen begründet werden. Die Bedeutung dieser Aussage in den Materialien dürfte sich darauf reduzieren, dass der letzte Halbsatz des § 1 Abs 1 Satz 1 ZRBG (... soweit für diese Zeiten ...) fälschlich als eine "Günstigkeitsklausel" fehlverstanden wurde, die den Rentenversicherungsträger (vgl § 318 Abs 4 SGB VI) berechtigen würde, von einer Zahlung ins Ausland abzusehen, wenn dies im Wohnsitzland zu einer Kürzung der dort gezahlten Leistungen in der Weise führen würde, dass der Verfolgte bei Bezug der Rentenleistung aus Deutschland im wirtschaftlichen Ergebnis schlechter dastehen würde als ohne die Leistung. Eine solche Ermessenseinräumung hat im Wortlaut des ZRBG keinen Ausdruck gefunden.
d) Auch wenn das ZRBG als Teil des deutschen Rentenversicherungsrechts zu verstehen ist, folgt allein aus einer fehlenden ausdrücklichen Anordnung nicht zwingend, dass die nach den allgemeinen Vorschriften für die Entstehung eines Rechts auf Rente erforderliche Wartezeit erfüllt sein muss.
Der Gesetzgeber war jedenfalls bei der durch das ZRBG begründeten begünstigenden Entschädigungsregelung verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, einen solchen Ausschluss ausdrücklich zu bestimmen. Er konnte dies mit jeder Regelungstechnik seiner Wahl anordnen. Für einen Verzicht des Gesetzgebers auf das Wartezeiterfordernis spricht die Zielsetzung des Gesetzes, die in § 1 Abs 3 ZRBG getroffene Regelung sowie der systematische Zusammenhang mit sonstigen Regelungen dieses Gesetzes, dem WGSVG und dem SGB VI. Einen Verzicht auf das Wartezeiterfordernis legt ferner die Entstehungsgeschichte des ZRBG nahe. Der Gesetzgeber hat gewusst, dass mit ZRBG-Zeiten allein die Wartezeit nicht erfüllt werden und deshalb nach den allgemeinen Regeln des SGB VI auch kein Rentenanspruch entstehen kann, der ins Ausland zahlbar gemacht werden könnte. Er hat das Fehlen von sonstigen, insbesondere von Bundesgebietszeiten angesprochen und damit die Problematik der möglicherweise nicht erfüllten Wartezeit gesehen. Er hat auch die Frage nach einer Eröffnung von neuen Nachentrichtungsrechten geprüft und sich trotz des von ihm erkannten Ablaufs bisheriger Nachentrichtungsrechte gegen neue Nachentrichtungsmöglichkeiten entschieden. Auch dies legt den Schluss nahe, dass er davon ausging, das ZRBG eröffne unmittelbar Ansprüche auf "Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto" (so auch die Gesetzesüberschrift und Art 1), es würden den Ghetto-Beschäftigten die "auf Grund dieses Gesetzes gezahlten Renten" (§ 1 Abs 4 aaO) zustehen. Hierzu im Einzelnen wie folgt:
e) Die Fiktion der Wartezeiterfüllung mit Vollendung des 65. Lebensjahres in § 3 Abs 2 ZRBG gibt noch keinen Aufschluss darüber, ob die Wartezeit notwendige Entstehungsvoraussetzung des ZRBG-Rentenanspruchs ist.
Sie ist nur auf die Höhe der Rente bezogen und auf den Zugangsfaktor begrenzt. Sie soll Rentenabschläge verhindern und den Berechtigten, die am bereits die Regelaltersgrenze überschritten hatten, Rentenzuschläge sichern. Das ZRBG vom räumte den von ihm Begünstigten für bis zum gestellte Anträge eine Rückwirkung bis zum (Tag des ersten "Ghetto-Urteils" des 5. Senats) ein. Schon deshalb war die Frage möglicher Rentenabschläge oder -zuschläge beim Zugangsfaktor ausdrücklich zu regeln. Jedenfalls spielt die andersartige Frage, ob die allgemeine Mindestversicherungszeit eingehalten wurde, allein schon wegen dieser Fiktion der Wartezeiterfüllung für die Höhe der ZRBG-Rente praktisch keine Rolle, weil von ihr alle erfasst werden, die vor dem geboren sind. Mögliche ZRBG-Beitragszeiten enden aber mit der im Wesentlichen bis Ende 1943 durchgeführten Umwandlung der Ghettos in KZ, soweit sie nicht vernichtet oder aufgelöst worden waren.
f) Bei einem Festhalten an einem Wartezeiterfordernis im Sinne des SGB VI könnte das ZRBG sein Ziel, alle Ghetto-Arbeiter ohne Unterschied zu entschädigen, nur unvollkommen erreichen.
Vorausgesetzt, das ZRBG ginge vom Erfordernis der Wartezeiterfüllung aus, würde es seinen Zweck nur bruchstückhaft erreichen, seine Zielgruppe, die Ghetto-Arbeiter, für ihre Ghetto-Arbeit zu entschädigen. Der Gesetzeszweck ist in den Gesetzentwürfen der Bundestagsfraktionen zu § 2 ZRBG wie folgt begründet worden: "Mit diesem Gesetz soll die Zahlung von Rentenleistungen ins Ausland ausschließlich für Zeiten der Beschäftigung in einem Ghetto ermöglicht werden". Ein Wartezeiterfordernis würde häufig die Verwirklichung dieser Zielsetzung vereiteln. Seine Bedeutung würde sich in diesen Fällen auf eine "folgenlose" Zuordnung von neuen, bislang nicht bestehenden Beitragszeiten beschränken. Denn allein mit ihren ZRBG-Zeiten können die Betroffenen die fünfjährige Wartezeit nicht erfüllen. Da das ZRBG selbst keine Nachentrichtung von Beiträgen zulässt, könnten ihnen Rentenansprüche nicht zuwachsen (zu sonstigen Nachentrichtungsmöglichkeiten später). Die Ghetto-Beschäftigten mit ZRBG-Zeiten ohne Wartezeiterfüllung erhielten weiterhin keine Entschädigung und stünden ua schlechter da als die Ghetto-Zwangsarbeiter (zu weiteren Ungleichbehandlungen unten). Schon dies macht es fraglich, ob das ZRBG das Erfordernis der Mindestversicherungszeit dadurch aufgestellt haben könnte, dass es dieses nicht erwähnt.
g) Als Rechtsfolgen sieht das ZRBG in begünstigender Abweichung vom WGSVG, das selbst ausschließlich begünstigend vom SGB VI abweicht, eine Fiktion der Beitragszahlung vor; deren Bedeutung erschließt sich vor allem vor dem Hintergrund, dass ein Anspruch auf Rentenzahlungen allein durch diese Beitragszeiten erworben werden sollte.
Auch § 12 WGSVG kennt eine Fiktion der Beitragszahlung. Dort wird aber ausdrücklich vorausgesetzt, dass der Verfolgte in den (ua Ghetto-)Zeiten "eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt hat, für die aus Verfolgungsgründen Beiträge nicht gezahlt sind". Demgegenüber bestimmt § 2 ZRBG: "Für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto gelten Beiträge als gezahlt, und zwar ...". Im Vergleich mit § 12 WGSVG "fehlt" nicht nur die Bezugnahme auf eine Rentenversicherungs- und Beitragspflicht. Die ZRBG-Ghetto-Beitragszeiten werden auch anders als diejenigen nach § 12 WGSVG nicht ausdrücklich als Pflichtbeitragszeiten qualifiziert; ihr beitragsrechtlicher Status bleibt insoweit offen; eine nicht erfüllte Beitragspflicht wird anders als bei § 12 WGSVG nicht vorausgesetzt.
Diese Abweichungen erklären sich leicht, wenn es dem ZRBG vor allem darum ging, den Ghetto-Beschäftigten, die sich typischerweise heute im Ausland aufhalten, wie in den Begründungen gesagt, einen Anspruch auf Rentenleistungen ausschließlich für Zeiten der Beschäftigung in einem Ghetto zu gewähren. Demgemäß heißt es in den Begründungen zu den Gesetzentwürfen der fünf Bundestagsfraktionen zu § 2 ZRBG:
BT-Drucks 14/8583 S 6
"Zu § 2 (Fiktion der Beitragszahlung)
Mit Absatz 1 dieser Vorschrift wird eine Beitragszahlung für Zeiten unterstellt, in denen Verfolgte in einem Ghetto beschäftigt waren. Für die Anerkennung reicht es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus, wenn die Betroffenen - ggf. auch durch eine Versicherung an Eides statt gegenüber dem Rentenversicherungsträger - glaubhaft machen, dass sie aus eigenem Willensentschluss in einem Ghetto entgeltlich beschäftigt waren, in dem sie sich zwangsweise aufgrund nationalsozialistischer Verfolgung aufgehalten haben.
Eine Gleichstellung erfolgt nicht nur für Zeiten, in denen nach früherem Reichsrecht für freiwillig gegen Entgelt aufgenommene Beschäftigungen Beiträge zu zahlen waren. Vielmehr wird für entsprechende Zeiten auch außerhalb des jeweiligen Geltungsbereichs der Reichsversicherungsgesetze, also in den vom Deutschen Reich besetzten Gebieten, für die Berechnung von Renten eine Beitragszahlung für eine nach den Reichsversicherungsgesetzen versicherungspflichtige Beschäftigung außerhalb des Bundesgebiets unterstellt. Dies gilt auch für Zeiten in einem Staat, in dem ein System der sozialen Sicherung für den Fall des Alters (noch) nicht errichtet war.
Gleichzeitig gelten Ghetto-Beitragszeiten (nur) für die Erbringung von Leistungen ins Ausland als Bundesgebiets-Beitragszeiten. Diese Gleichstellung ermöglicht nach den allgemein gültigen Grundsätzen des im SGB VI geregelten Auslandsrentenrechts den Export von Renten (Ausnahme: Abkommensregelungen, die anstelle des Rentenexports die Eingliederung der Beitragszeiten in das System des Wohnsitzstaates vorsehen).
Mit diesem Gesetz soll die Zahlung von Rentenleistungen ins Ausland ausschließlich für Zeiten der Beschäftigung in einem Ghetto ermöglicht werden. Ein wertmäßiges Mitziehen von Beitragszeiten, die außerhalb des Ghettos erworben worden sind, ist deshalb nach Absatz 2 ausgeschlossen.
Weiterer Regelungen, insbesondere zur Ermittlung der Rente aus Entgeltpunkten für bestimmte Zeiten sowie zur Höhe, in der diese zu berücksichtigen sind, bedarf es nicht. Auch insoweit findet das geltende Auslandsrentenrecht Anwendung."
Wie der Gesetzestext, so geht auch die Begründung ausdrücklich davon aus, es reiche für die Anerkennung dieser fiktiven Beitragszeiten aus, dass der Verfolgte während seines Zwangsaufenthalts in einem Ghetto in den eingegliederten oder besetzten Gebieten freiwillig in einem Ghetto entgeltlich beschäftigt war.
Ferner wird der Text des § 1 ZRBG, der keine Rentenversicherungspflicht (und keine Wartezeiterfüllung - dazu unten) erwähnt, durch den zweiten Absatz der Begründung ausdrücklich als vollständig bestätigt. Die Bundestagsfraktionen wollten erklärtermaßen, dass die Gleichstellung der ZRBG-Beitragszeiten nicht nur (aber natürlich auch) für Zeiten erfolgt, in denen nach früherem Reichsrecht für freiwillig gegen Entgelt aufgenommene Beschäftigungen Beiträge zu zahlen waren (diese waren und sind weiterhin auch schon von § 12 WGSVG erfasst), sondern auch für die Ghetto-Beschäftigungen in den besetzten Gebieten außerhalb des jeweiligen Geltungsbereichs der Reichsversicherungsgesetze. Die Bundestagsfraktionen wollten eine nach den Reichsversicherungsgesetzen versicherungspflichtige Beschäftigung unterstellen, und zwar auch dann, wenn in dem Staat noch keine soziale Alterssicherung eingeführt war, wo also damals durch die NS-Verfolgung auch kein Schaden in einer ausländischen Versicherung eingetreten sein konnte.
h) Wenn nach den Entwurfsbegründungen zum ZRBG die Zahlung von Rentenleistungen ins Ausland "ausschließlich" für Zeiten der Beschäftigung in einem Ghetto ermöglicht werden soll, liegt es nahe, die "Ausschließlichkeit" auf die Entstehung des "Rentenanspruchs" aus dem ZRBG durch Zuerkennung neuer gleichgestellter Pflichtbeitragszeiten zu beziehen.
Um die Zahlung dieser Renten aus ZRBG-Zeiten ins Ausland zu ermöglichen, wird abweichend vom WGSVG eine Beschäftigung im Bundesgebiet unterstellt. Diese ZRBG-Zeiten sind damit (anders als Ghetto-Beitragszeiten nach § 12 WGSVG) durch spezialgesetzliche Anordnung Bundesgebiets-Beitragszeiten iS von § 113 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI, und zwar unter Verdrängung der Grundregel des § 113 Abs 1 Satz 2 SGB VI. Zugleich wird durch § 2 Abs 2 ZRBG gesichert, dass die Höhe der ins Ausland zu zahlenden ZRBG-Rente auf der Grundlage ausschließlich von ZRBG- und, falls vorhanden, von (originären) Bundesgebiets-Beitragszeiten beruht und hinsichtlich beitragsfreier Zeiten das allgemeine Auslandsrentenrecht gilt. "Ein wertmäßiges Mitziehen von Beitragszeiten, die außerhalb des Ghettos erworben worden sind, ist deshalb nach Abs 2 ausgeschlossen" (BT-Drucks 14/8583, B. Besonderer Teil, S 6, Begründung zu § 2, dort Abs 4 Satz 2).
Dies entspricht insoweit dem Ziel der Bundestagsfraktionen: "Mit diesem Gesetz soll die Zahlung von Rentenleistungen ins Ausland ausschließlich für Zeiten der Beschäftigung in einem Ghetto ermöglicht werden". Jedoch sind nach § 2 Abs 2 ZRBG auch andere Bundesgebiets-Beitragszeiten und nach den §§ 110 ff SGB VI auch anteilige beitragsfreie Zeiten zu berücksichtigen. Daher dürfte sich der Ausdruck: "Rentenleistungen ... 'ausschließlich' für Zeiten der Beschäftigung in einem Ghetto", soweit er "Ausschließlichkeit" beansprucht, nicht auf die Höhe der "Auslandsrente" nach dem ZRBG beziehen, für die gerade noch andere Zeiten zu berücksichtigen sind. Näher dürfte liegen, die "Ausschließlichkeit" auf die Entstehung des "Rentenanspruchs" aus dem ZRBG selbst zu beziehen, der in vieler Hinsicht - wie gesagt - auch tatbestandlich anders ausgestaltet ist als ein Entschädigungsanspruch nach dem WGSVG. Die besonderen Rechtsfolgen des ZRBG treten danach nur ein, wenn der besondere, vom WGSVG und vom SGB VI abweichende Tatbestand des § 1 Abs 1 ZRBG erfüllt ist, sodass die entschädigungsrechtlich begünstigenden Abweichungen des WGSVG vom SGB VI durch noch günstigere Abweichungen des ZRBG wegen der Zeiten der darin in anderer Weise erfassten Ghetto-Beschäftigungen ergänzt werden.
Der Gesetzestext selbst schließt ferner sogar vollständig aus, bei der Höhe einer ZRBG-Rente andere Beitragszeiten als Bundesgebiets-Beitragszeiten zu berücksichtigen. Es scheint zumindest nicht unproblematisch zu sein, bei ZRBG-Berechtigten, die mit ihren ZRBG-Zeiten die Wartezeit nicht erfüllen können, diese Erfüllung bei Vorliegen weiterer Beitragszeiten nach Reichsversicherungsrecht oder aus dem Beitrittsgebiet zuzugestehen, dann aber diese für die Wartezeit (angeblich) notwendigen Beitragszeiten bei der Höhe der ZRBG-Rente nicht zu berücksichtigen.
i) Auch § 1 Abs 3 ZRBG spricht dafür, dass - wenn auch entstehungsgeschichtlich primär unter der Perspektive, den im (Vertrags-)Ausland lebenden Ghetto-Beschäftigten eine Rentenzahlung allein für die Zeiten der Ghetto-Beschäftigung (und ggf für andere Bundesgebiets-Beitragszeiten) zukommen zu lassen - ein Rentenanspruch ohne ein Wartezeiterfordernis geschaffen wurde.
Es heißt dort: "Ein Anspruch auf eine Rente besteht auch, wenn die zur Leistungspflicht nach zwischen- oder überstaatlichem Recht erforderliche Mindestanzahl an rentenrechtlichen Zeiten für die Berechnung der Rente nicht vorliegt." Durch den "Wenn-Satz" wird das Bestehen des Anspruchs auf Rente nach Maßgabe des ZRBG gegen den deutschen Rentenversicherungsträger "auch" auf den Fall erstreckt, dass der Berechtigte Zeiten nach dem ZRBG (und ggf andere Bundesgebiets-Beitragszeiten) insgesamt nur in einem Umfang hat, der nach jeweiligem Vertrags- oder nach EG-Recht unter eine "Kleinstzeitenregelung" fiele. Dann hätte, je nach Vertrag und wenn die vertraglichen Regeln über eine Mindestversicherungszeit ggf erfüllt sind, der ausländische Wohnsitzstaat des Berechtigten diese "Minizeiten" bei der von ihm gezahlten Rente zu berücksichtigen (zB Israel), während kein (durchsetzbarer) Anspruch gegen den deutschen Rentenversicherungsträger besteht (dazu unten).
Somit begründet § 1 Abs 3 ZRBG jedenfalls erstmals und nur für die nach diesem Gesetz Berechtigten einen Zahlungsanspruch gegen den deutschen Träger, und dies auch in den Fällen, in denen die Wartezeit nach innerstaatlichem deutschen Recht, also ohne die ausländischen Zeiten, nicht erfüllt ist. Hätte § 1 Abs 3 ZRBG, entgegen seinem Wortlaut ("auch") "nur" in diesen Fällen Bedeutung, wären zB deutsche Ghetto-Beschäftigte in Deutschland, die von keinem Sozialversicherungsabkommen Nutzen ziehen und mit ihren ZRBG-Zeiten die Wartezeit nicht erfüllen können, sowohl von "Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto" nach dem ZRBG als auch von der Zwangsarbeiterentschädigung ausgeschlossen (zur Thematik der Ungleichbehandlung näher unten). Das Gesetz sagt aber ausdrücklich, dass ein Anspruch auf eine Rente "auch" in den Fällen der "Minizeitenregelungen" "besteht". Ebenso sieht es ausdrücklich vor, dass die "auf Grund dieses Gesetzes gezahlten Renten" nicht als Leistungen der sozialen Sicherheit gelten, was ebenfalls dafür sprechen könnte, dass das ZRBG selbst die Voraussetzungen abschließend bestimmt, unter denen abweichend vom SGB VI eine Entschädigung durch Renten ausschließlich für eine Beschäftigung im Ghetto zu zahlen ist.
j) Die im "Wenn-Satz" des § 1 Abs 3 ZRBG genannten "Kleinstzeitenregelungen" in verschiedenen, nicht allen, Sozialversicherungsabkommen sind unterschiedlich ausgestaltet und können zu Ungleichbehandlungen der ZRBG-Berechtigten führen, die vom Zweck dieses Gesetzes möglicherweise nicht zu rechtfertigen sind.
aa) Die Abkommen bestimmen zB, dass ein Anspruch in dem Vertragsstaat, in dem die "Minizeit" erworben wurde, nicht entsteht, wenn die dort zurückgelegten Zeiten eine bestimmte Dauer nicht übersteigen; in diesem Fall hat der andere Vertragsstaat, der Wohnsitzstaat, sie bei der "Berechnung" der von ihm gezahlten Rente so zu behandeln, als seien sie in seinem System zurückgelegt worden (so für eine "Minizeit" von 18 Monaten im Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über die soziale Sicherheit <DASVA> vom <BGBl II 1358> idF des Zusatzabkommens vom <BGBl II 1988, 83> und des Zweiten Zusatzabkommens vom <BGBl II 1996, 302>). Sie können aber auch regeln, dass der Anspruch in beiden Vertragsstaaten - unter Zugrundelegung der vertraglich zu berücksichtigenden Zeiten im anderen Staat - entsteht, jedoch der Staat, in dem nur "Minizeiten" zurückgelegt worden sind, letztlich nicht leisten muss, sondern der Wohnsitzstaat sie bei der von ihm gezahlten Rente nach seinem Recht zu berücksichtigen hat (so für 12 Monate "Minizeiten" im DISVA).
Durch Verträge dieser Art erfolgt nur für die jeweiligen "Minizeiten" im Ergebnis eine Schuldverlagerung auf den ausländischen Wohnsitzstaat, die voraussetzt, dass die jeweiligen Wartezeiten beider Vertragsstaaten durch vom Vertrag erfasste Versicherungszeiten erfüllt sind. Jedoch verliert der Berechtigte dadurch im Ergebnis das Recht, vom Vertragsstaat, in dem er die Kleinstzeiten erworben hat, Zahlung hieraus ins Ausland zu verlangen. § 1 Abs 3 ZRBG stellt sicher, dass trotz der vorrangig anzuwendenden Vertragsregelung (§ 30 Abs 2 SGB I) zugunsten der ZRBG-Berechtigten auch noch ein innerstaatlicher Zahlungsanspruch gegen den deutschen Träger, allerdings nur in der durch § 2 aaO geregelten Höhe, besteht.
Wollte man dagegen § 1 Abs 3 ZRBG entgegen dessen Wortlaut so uminterpretieren, dass nicht "auch", sondern "nur" in diesen Fällen einer Schuldverlagerung auf den ausländischen Vertragsstaat auf Grund beidseitig erfüllter Wartezeit nach dem ZRBG ein Anspruch auf Rente besteht, den es ohne dieses Gesetz nicht gäbe, wären von der Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto entgegen dem Gesetzesnamen alle ZRBG-Berechtigten ausgeschlossen, die mit diesen und anderen Bundesgebietszeiten die Wartezeit nicht erfüllt haben, mit ihren ZRBG-"Minizeiten" mangels ausländischer Vertragszeiten von keiner "Minizeitenregelung" erfasst werden oder in einem Ausland leben, mit dem kein Sozialversicherungsabkommen oder ein solches ohne "Minizeitenregelung" besteht. Eine solche Besserstellung eines Teils der vom DASVA und DISVA erfassten ZRBG-Berechtigten gegenüber allen anderen im In- oder Ausland wohnenden müsste aus dem ZRBG gerechtfertigt werden. Eine solche Deutung des § 1 Abs 3 ZRBG dürfte ua auch deshalb fraglich sein, weil die Bundestagsfraktionen ausdrücklich Renten ausschließlich für Zeiten von Ghetto-Beschäftigungen ins Ausland zahlbar machen wollten, die allein nicht die Wartezeit erfüllen können, nicht einmal damals auch nur abstrakt von einer deutschen oder ausländischen Versicherungspflicht erfasst waren und für die eine Beitragsnachentrichtung bewusst, weil den Berechtigten nicht zumutbar, nicht eröffnet wurde.
bb) Der Wortlaut "Ein Anspruch auf eine Rente besteht auch, wenn ..." erfasst sicherlich auch die Fallkonstellation, die der 13. Senat (Urteil vom , B 13 R 28/06 R, RdNr 27) als die vom Regelungsgehalt allein erfasste ansieht. Zweifellos stellt das Gesetz sicher, dass in der von zwischenstaatlichen Abkommen erfassten "Kleinstzeitenregelung" nicht der andere Vertragsstaat die finanziellen Lasten für die speziell durch das ZRBG begründeten Beitragszeiten zu tragen hat, sofern diese - was häufig der Fall sein wird - den Charakter von Minizeiten haben. Dies wäre befremdlich. Trotz einer nach den Abkommen ggf begründeten Leistungspflicht soll der deutsche Träger für die "auf Grund dieses Gesetzes gezahlten Renten" Schuldner sein (BT-Drucks 14/8583 und BT-Drucks 14/8602, jeweils Begründung, B. Besonderer Teil, S 6). Ob bei unveränderten Abkommensbestimmungen der Betroffene weiterhin gegen den Träger des anderen Staates die Berücksichtigung derselben Zeiten bei der Rentenberechnung verlangen kann, kann hier offen bleiben. Allerdings würde dann möglicherweise die Ausschlussklausel des § 1 Abs 1 Satz 1 ZRBG greifen.
Sprachlich geht der Regelungsgehalt des § 1 Abs 3 ZRBG über den vorstehend umschriebenen Anwendungsfall hinaus. Wenn nach dem Gesetzestext "auch" in den Fällen der Minizeiten ein "Anspruch" (gegen den deutschen Träger) besteht, besagt dies, dass er auch in anderen Fällen besteht. Dies ist unproblematisch, wenn die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt ist. Aber auch ohne diese Voraussetzung besteht nach dem Text der Norm der Anspruch allein auf Grund der Ghetto-Beitragszeiten, und zwar unabhängig von der Dauer der Ghetto-Beschäftigung. Da das ZRBG Ergänzungen nicht nur des WGSVG, sondern auch des SGB VI im Sinne von eigenständigen Regelungen nach dem speziellen Regelungszweck des ZRBG vornimmt, hat die Interpretation von diesem Gesetzestext auszugehen, nicht aber umgekehrt vom SGB VI.
Der Text des § 1 Abs 3 ZRBG enthält keinen Hinweis darauf, dass der Verfolgte die jeweils nach dem SGB VI erforderliche Wartezeit erfüllt haben muss, damit der in der Norm benannte "Anspruch auf eine Rente besteht". Dies ließe sich auch nicht mit dem Text des § 1 Abs 4 ZRBG in Einklang bringen. Wenn jene Norm von den "auf Grund dieses Gesetzes gezahlten Renten", nicht Rentenanteilen, spricht, deutet auch dies darauf hin, dass allein auf der Grundlage dieses Gesetzes der Erwerb eines Rentenanspruchs ermöglicht werden sollte. Da das zentrale Anliegen des ZRBG ist, auf Grund der Ghetto-Beschäftigungen Beitragszeiten zuzuerkennen, können "auf Grund dieses Gesetzes gezahlte Renten" nur solche sein, die im genannten Sinn "ausschließlich" auf diesen Ghetto-Beitragszeiten, nicht aber - auch - auf sonstigen beruhen.
k) Es ist fraglich, ob eine Reduzierung des Regelungsgehaltes des § 1 Abs 3 ZRBG auf eine "Kleinstzeitenregelung" mit dem Sinn und Zweck des ZRBG in Einklang zu bringen ist. Sie würde außerdem zu höchst problematischen Ungleichbehandlungen innerhalb der Gruppe der ns-verfolgten Ghetto-Beschäftigten führen.
Zweck des Gesetzes ist es, den NS-Verfolgten, die sich im Herrschaftsbereich des NS-Staates zwangsweise in einem Ghetto aufhalten mussten, in Ergänzung des WGSVG den Verfolgungsschaden zu ersetzen, den sie heute in ihrer Versicherungsbiographie durch die Nichtberücksichtigung ihrer Beschäftigung im Ghetto noch erleiden. Das Ziel des Gesetzes, allen Ghetto-Arbeitern die gleiche Entschädigung zu gewähren, dürfte aber verfehlt werden, wenn auf die Erfüllung der - hier: allgemeinen - Wartezeit als weitere Voraussetzung für den Rechtserwerb abzustellen wäre.
Dem Gesetzgeber war nicht unbekannt, dass eine Wartezeit von fünf Jahren wegen des in Betracht kommenden historischen Zeitraums mit Ghetto-Beitragszeiten allein nicht erfüllt werden kann, sondern nur in Verbindung mit weiteren bundesdeutschen und/oder Abkommenszeiten (die Ghettos sind in allen Gebieten im Wesentlichen bis Ende 1943 aufgelöst und die "Bewohner" in ein KZ transportiert oder die Ghettos sind - wie das Ghetto Schaulen - in ein KZ umgewandelt worden). Die Entschädigungsregelung des ZRBG ginge daher völlig ins Leere, sofern die NS-Verfolgten nicht weitere bundesdeutsche Beitragszeiten (oder Ersatzzeiten) oder in einem Vertragsstaat Versicherungszeiten zurückgelegt hätten, die auf Grund zwischenstaatlicher Abkommen auf die Wartezeit anzurechnen wären. Dies würde zu erheblichen Ungleichbehandlungen innerhalb der Gruppe der Ghetto-Arbeiter führen, für die kein sachlicher Grund gegeben ist. Diese würden auch durch die auf einige Gruppen von ihnen begrenzte Möglichkeit einer Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen zur Erfüllung der Wartezeit nicht beseitigt, unabhängig davon, dass bei den Beratungen zum Gesetz im Deutschen Bundestag Einigkeit darüber bestand, dass eine Nachentrichtung von Beiträgen für den Rechtserwerb gerade nicht erforderlich sein sollte.
aa) Da die Mehrzahl der vom ZRBG betroffenen Verfolgten in Israel oder den USA leben dürfte, werden die möglichen Ungleichbehandlungen beispielhaft am DISVA und DASVA aufgezeigt.
(1) Nach dem DISVA
Nur für den Rechtserwerb werden die in beiden Vertragsstaaten zurückgelegten Zeiten berücksichtigt (Art 20 Abs 1 Satz 1 DISVA), dagegen für die Berechnung der Rente, also für die "Rentenhöhe", nur die im jeweiligen Vertragsstaat anrechnungsfähigen Zeiten (Art 21 Abs 1 aaO). Eine Sonderregelung trifft Art 20 Abs 2 DISVA für sog "Minizeiten". Besteht in beiden Staaten ein Rentenanspruch und liegt der Rentenberechnung in einem Staat eine Versicherungszeit von weniger als zwölf Monaten zu Grunde, kann nach dem Abkommen kein Rentenanspruch geltend gemacht werden. In diesem Fall hat der andere Staat (Wohnsitzstaat) die "Minizeiten" bei seiner Rentenberechnung wie inländische Zeiten zu berücksichtigen. Der Träger des Staates, nach dessen Recht die Minizeiten zurückgelegt worden sind, ist nicht zahlungspflichtig; der "Minizeiteninhaber" hat keinen Rentenanspruch gegen ihn.
Wurde das Recht auf eine Regelaltersrente bereits auf Grund einer Wartezeiterfüllung mit inländischen Zeiten oder zusammen mit Zeiten aus Vertragsstaaten erworben, sind die Ghetto-Beschäftigungen unstreitig immer rentenerhöhend zu berücksichtigen.
Wird der Regelungsgehalt des § 1 Abs 3 ZRBG auf die Kleinst-/bzw Minizeitenregelung - hier im DISVA - reduziert, könnten gegenüber dem deutschen Rentenversicherungsträger Leistungen für die Ghetto-Beschäftigungen nur dann realisiert werden, wenn diese Minizeiten im Sinne des Abkommens wären und die Wartezeit für den Rechtserwerb mit Versicherungszeiten im Sinne des Abkommens erfüllt wäre. Denn nur dann wäre ein Anwendungsfall für die "Rückverlagerung" der Leistungspflicht gegeben. Liegt dagegen die letztgenannte Voraussetzung nicht vor, greift Art 20 Abs 2 DISVA von vornherein nicht. Nach der Rechtsauffassung des 13. Senats käme damit auch § 1 Abs 3 ZRBG nicht zur Anwendung. Demzufolge könnten Ghetto-Beschäftigungen, mit denen allein niemals die fünfjährige Wartezeit erfüllt werden kann, nicht zu Rentenansprüchen führen, wenn bei Anwendung des Abkommensrechts der Anspruch wegen fehlender Wartezeit nicht erworben wird. Im Ergebnis bestünde bei gleichen Ghetto-Beschäftigungszeiten eine Ungleichbehandlung zwischen den israelischen Verfolgten, je nach dem, ob sie unter Zugrundelegung des Abkommensrechts die Wartezeit erfüllen oder nicht.
Das Gesetz dürfte aber wohl dagegen allen NS-Verfolgten für die gleichen Ghetto-Beschäftigungszeiten die gleichen Leistungen gewähren (vorausgesetzt, sie fallen auch unter seinen räumlichen Anwendungsbereich). Es differenziert nicht danach, ob "Kleinstzeitenregelungen" aus einem Abkommen zur Anwendung kommen, sondern bezieht diese lediglich ausdrücklich mit ein und macht deutlich, dass auch solche Minizeiten zu einem sonst vertraglich gerade ausgeschlossenen (Entstehen und) Bestehen des Anspruchs gegen den deutschen Träger führen.
(2) Nach dem DASVA
Nach Art 7 Abs 1 DASVA werden - wie im DISVA - für den Rechtserwerb ggf die in beiden Staaten zurückgelegten Versicherungszeiten berücksichtigt. Auch das DASVA sieht eine "Kleinstzeitenregelung" vor. Sie unterscheidet sich dogmatisch von der Regelung im DISVA. Auch sie geht davon aus, dass ggf mit den im anderen Vertragsstaat zurückgelegten Zeiten das Recht entstanden wäre (Art 7 Abs 3 Buchst a und b), ordnet jedoch an, dass sich aus diesem Abkommen kein "Anspruch auf Rente" nach den Rechtsvorschriften eines Vertragsstaats ergibt, wenn nach dessen Rechtsvorschriften nicht eine Mindestversicherungszeit zurückgelegt worden ist (Abs 2 Satz 1 aaO); diese beträgt bei Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften 18 Monate (Abs 2 Satz 2 aaO). Die Regelung des DASVA beseitigt nicht nur den im Vertragsstaat, in dem die Minizeiten zurückgelegt worden sind, entstandenen Anspruch, sondern gibt auch nur unter besonderen weiteren Voraussetzungen einen Anspruch auf Berücksichtigung der "Minizeiten" im Wohnsitzstaat.
Wie im DISVA wird mit Blick auf das ZRBG das Abkommensrecht des DASVA nur bedeutsam, wenn die deutsche Wartezeit nur zusammen mit den in den USA zurückgelegten Versicherungszeiten erfüllt worden ist und die Ghetto-Beitragszeiten, einschließlich evtl anderer bundesdeutscher Zeiten, die Grenze des Minizeitentatbestandes von - hier - 18 Monaten nicht übersteigen. Wird § 1 Abs 3 ZRBG auf eine Minizeitenregelung reduziert, würde durch ihn der durch das DASVA ausgeschlossene Anspruch im bundesdeutschen Recht ergänzt. Nach Auffassung des 13. Senats könnten auch in diesem Fall die Ghetto-Beitragszeiten nie zu einem Rentenanspruch führen, wenn auch durch Anwendung des Abkommensrechts der Anspruch wegen fehlender Wartezeit nicht erworben wird. Im Ergebnis bestünde bei gleichen Ghetto-Beschäftigungszeiten eine Ungleichbehandlung zwischen den Verfolgten mit US-amerikanischer Staatsangehörigkeit, je nach dem, ob sie die Wartezeit erfüllt hätten oder nicht. Einen sachlichen Grund für eine derartige Differenzierung lässt das ZRBG nicht erkennen.
bb) Benachteiligungen für Ghetto-Arbeiter in den vom Deutschen Reich besetzten Gebieten
Während für Ghetto-Arbeiter in den eingegliederten Gebieten zumindest aus heutiger Sicht, faktisch fiktiv, nach § 12 WGSVG die rechtliche Möglichkeit bestand, vorher oder nachher Beitragszeiten nach den Reichsversicherungsgesetzen zu erwerben, die auf die Wartezeit angerechnet werden könnten, entfiel diese von vornherein für Ghetto-Arbeiter in den besetzten Gebieten. Dies könnte eine Schlechterstellung dieser Gruppe beinhalten, die sich nach dem ZRBG nicht rechtfertigen lässt; denn das ZRBG behandelt die besetzten und eingegliederten Gebiete gleich.
l) Hält man eine Wartezeit für erforderlich, kann zweifelhaft werden, ob es nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlungen geben könnte, weil das Recht auf Nachentrichtung nur für eine begrenzte Personengruppe besteht.
Der 13. Senat des , RdNr 30) meint, die Benachteiligungen aus dem Wartezeiterfordernis würden dadurch ausgeglichen, dass den Betroffenen zumindest nach Nr 2 Buchst c des Schlussprotokolls zum DISVA (SP-DISVA) idF des Änderungsabkommens vom die Möglichkeit eröffnet sei, freiwillige Beiträge zu entrichten. Der sich im Gesetz widerspiegelnde parlamentarische Wille mutet den NS-Verfolgten gerade eine derartige Nachentrichtung nicht zu.
aa) Das ZRBG sieht keine Nachentrichtungsmöglichkeiten vor. Jedoch ist während der parlamentarischen Beratungen das Problem der Nichterfüllung der Wartezeit und damit das Nachentrichtungsproblem durchaus gesehen worden. Es bestand Überstimmung zwischen den Fraktionen des Deutschen Bundestages, dass die NS-Verfolgten, die während ihres zwangsweisen Aufenthaltes in einem Ghetto eine freiwillige Beschäftigung gegen Entgelt verrichtet hatten, hierfür entschädigt werden sollten, ohne Beiträge nachentrichten zu müssen. So wird in den gleichlautenden Begründungen zu den gleichlautenden Gesetzentwürfen (BT-Drucks 14/8583 und BT-Drucks 14/8602, jeweils Begründung, B. Besonderer Teil, S 6) angemerkt, dass es wegen der in § 2 Abs 1 ZRBG für die Erbringung von Leistungen ins Ausland fiktiv angenommenen Gleichstellung von Ghetto-Beitragszeiten mit Bundesgebietszeiten nicht erforderlich sei, die (übrigen) Regelungen des rentenrechtlichen Teils des WGSVG über die Nachzahlung von Beiträgen und deren Berücksichtigung im Rahmen des Leistungsrechts anzuwenden. Ferner heißt es:
BT-Drucks 14/8583 S 5
"Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungszeiten in einem Ghetto
...
Die Zahlung der auf diesen Zeiten beruhenden Renten für Personen, die sich gewöhnlich im Ausland aufhalten, ist in vielen Fällen aufgrund der Regelungen des allgemeinen Auslandsrentenrechts nicht möglich und für Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG immer ausgeschlossen.
Angesichts der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts würde die Eröffnung neuer Nachzahlungsmöglichkeiten mit dem Ziel, für Beschäftigungszeiten in einem Ghetto auch Leistungen ins Ausland zahlbar zu machen, teils ins Leere laufen (für Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG), teils im Hinblick auf das Alter der Betroffenen und dem seit 1992 geltenden Auslandsrentenrecht vergleichsweise hohe Vorleistungen erfordern, die den Betroffenen nicht zuzumuten sind.
Mit diesem Gesetz wird daher zugunsten von Verfolgten, die alle bereits das für die Regelaltersrente geltende Alter von 65 Jahren - teils erheblich - überschritten haben, im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung Neuland betreten, wobei von bestimmten Grundsätzen sowohl im Bereich der Anerkennung von rentenrechtlichen Zeiten als auch der Erbringung von Leistungen daraus ins Ausland abgewichen wird. Es kommt nicht darauf an, in welchem vom Deutschen Reich beherrschten Gebiet die Beitragszeiten zurückgelegt worden sind und in welchem Staat sich der Berechtigte aufhält (Ausnahme: Abkommensregelungen, die anstelle des Rentenexports die Eingliederung der Beitragszeiten in das System des Wohnsitzstaates vorsehen). Die Zahlung der auf Ghetto-Beitragszeiten beruhenden Rentenansprüche ins Ausland wird auch ohne Bundesgebiets-Beitragszeiten ermöglicht.
..."
Auch die Bundestagsabgeordnete Deligöz weist in ihrem zu Protokoll gegebenen Redebeitrag (Plenarprotokoll 14/233 S 23280) ausdrücklich darauf hin, dass durch das neue Gesetz dieser (betroffene) Personenkreis nun für die Arbeitszeit im Ghetto Rentenzahlungen erhalte; es sei dabei sichergestellt, dass die Zahlungen die Betroffenen rasch erreichten; rentenrechtliche Hürden seien beseitigt worden; die Betroffenen müssten nicht nachträglich Beiträge zur Rentenversicherung entrichten.
Der Gesetzgeber wollte also gewährleisten, dass die Arbeitszeit im Ghetto entschädigt wird, ohne nach Personengruppen zu differenzieren. Die angesprochenen "rentenrechtlichen Hürden" konnten mit Blick auf die Voraussetzungen des § 35 SGB VI sicherlich nicht im Alterserfordernis, sondern allein im Fehlen von bundesrechtlichen Zeiten gesehen werden. Demzufolge ist es konsequent, wenn die Betroffenen von der Pflicht befreit werden sollten, ggf noch Beiträge nachentrichten zu müssen. Dadurch war zugleich eine wesentliche Voraussetzung für die beabsichtigte Sicherstellung einer raschen Zahlung geschaffen worden. Denn alle anderen Nachentrichtungsmöglichkeiten nach dem WGSVG waren ausgelaufen; auch insoweit ergänzt das ZRBG das WGSVG.
bb) Das vom 13. Senat angesprochene Nachentrichtungsrecht nach Nr 2 Buchst c SP-DISVA steht nur einem begrenzten Personenkreis zu.
Israelische Staatsangehörige, die sich gewöhnlich in Israel aufhalten, haben ein Recht zur freiwilligen Versicherung nur dann, wenn sie vor Ausübung dieses Rechts mindestens einen Beitrag in der deutschen Rentenversicherung entrichtet haben. Eine bestimmte Beitragsqualität wird nicht verlangt. So ist unstreitig, dass neben Pflichtbeiträgen oder freiwilligen Beiträgen, seien sie nach Bundesrecht oder nach Reichsversicherungsrecht entrichtet worden, auch Beitrags- oder Beschäftigungszeiten nach den §§ 15, 16 FRG die verlangte Vorversicherung erfüllen können. Das Gleiche gilt demzufolge für eine Ghetto-Beitragszeit eines israelischen Staatsbürgers, für die Beiträge als gezahlt gelten (§ 2 Abs 1 ZRBG).
Nr 2 Buchst c SP-DISVA eröffnet israelischen Staatsangehörigen, die sich im Gebiet des Staates Israel aufhalten, ein Recht zur freiwilligen Versicherung in der deutschen Rentenversicherung. Verfolgte in anderen Vertragsstaaten könnten Beiträge nur nachentrichten, wenn die entsprechenden Abkommen ein vergleichbares Recht vorsehen. Die Bundesrepublik Deutschland hat seit Mitte der 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts darauf gedrungen, dass bei Abschluss neuer Sozialversicherungsabkommen oder bei der Revision bestehender Abkommen eine Vorversicherungsklausel eingeführt wird. So bestimmt zB Nr 7 Buchst b des Schlussprotokoll zum DASVA, dass US-amerikanische Staatsangehörige, die sich im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland oder den USA aufhalten, zur freiwilligen Rentenversicherung nur berechtigt sind, wenn sie zur deutschen Rentenversicherung zuvor mindestens für 60 Monate wirksam Beiträge entrichtet haben. Diese Voraussetzung können die Ghetto-Beschäftigten allein mit ihren ZRBG-Zeiten nicht erfüllen. Demzufolge könnte allenfalls die durch Nr 2 Buchst c DISVA begünstigten israelischen NS-Verfolgten dem Wartezeiterfordernis durch Nachzahlung von freiwilligen Beiträgen in den Grenzen der §§ 209, 197 Abs 3 SGB VI genügen. Auch § 10 WGSVG ermöglicht eine Nachentrichtung nur, wenn die allgemeine Wartezeit erfüllt ist. Die Nachentrichtungsmöglichkeiten der §§ 21, 22 WGSVG betreffen ohnehin nur die hier nicht relevanten Fälle des Erwerbs von FRG-Zeiten über § 20 WGSVG, abgesehen davon, dass die Antragsfristen am abgelaufen waren. Auch soweit in manchen Durchführungsvereinbarungen zu zwischenstaatlichen Abkommen Berechtigungen zur Entrichtung von freiwilligen Beiträgen vorgesehen waren, können diese wegen Ablaufs der Antragsfristen nicht mehr genutzt werden (vgl Art 12 der Durchführungsvereinbarung zum DISVA vom <BGBl II 575>; Art 16 der Durchführungsvereinbarung zum DASVA vom <BGBl II 1979, 567> idF der Zusatzvereinbarung vom <BGBl II 1988, 86> und der Zweiten Zusatzvereinbarung vom <BGBl II 1996, 306>).
Im Übrigen könnten sich weitere Ungleichbehandlungen ergeben, wenn der räumliche Anwendungsbereich des ZRBG alle Verfolgten, die Ghetto-Beschäftigungen verrichtet haben, erfasste, gleichgültig, in welchem Staat sie sich gewöhnlich aufhalten oder wohnen. Betroffen sind insoweit Verfolgte, die nicht in Deutschland leben, oder Staatsangehörige eines Vertragsstaats, die nicht von der Regelung zur Gebietsgleichstellung erfasst werden, zB israelische oder US-amerikanische Verfolgte, die sich nicht im Gebiet des Staates Israel oder der USA aufhalten. Diese unterfallen gemäß § 30 Abs 1 SGB I nicht dem räumlichen Anwendungsbereich des § 7 SGB VI, sodass für sie keine Möglichkeit bestünde, durch Nachzahlung freiwilliger Beiträge die fehlenden Lücken für die Wartezeiterfüllung aufzufüllen.
C. Die Beantwortung der Vorlagefragen dürfte im Wesentlichen davon abhängen, ob man das ZRBG als punktuell abweichende, das WGSVG und SGB VI ergänzende Regelung versteht oder als eine eigenständige rentenversicherungsrechtliche Entschädigungsregelung ansieht, die das allgemeine Rentenversicherungsrecht modifiziert.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
FAAAC-76405