BFH Beschluss v. - III B 21/07

Rüge der Verletzung des Rechts auf Gehör; Darlegung eines Verfahrensmangels

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, FGO § 76, FGO § 96

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie wird durch Beschluss (§ 132 der FinanzgerichtsordnungFGO—) zurückgewiesen. Die angeführten Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor, soweit sie der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt hat.

1. Der Vortrag, das Recht auf den gesetzlichen Richter sei verletzt (§ 119 Nr. 1 FGO i.V.m. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des GrundgesetzesGG—), weil an dem Urteil Richter beteiligt gewesen seien, die wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden seien, rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Die Besetzungsrüge hätte nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn sich dem Beschwerdevorbringen entnehmen ließe, dass die Zurückweisung der Ablehnungsgesuche greifbar gesetzwidrig und willkürlich war (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom VIII B 103/06, BFH/NV 2007, 1330, und vom XI S 13/07 (PKH), BFH/NV 2007, 2139). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Neben der Sache liegt der Einwand, das Recht auf den gesetzlichen Richter sei deshalb verletzt, weil gegen die Richter des Finanzgerichts (FG) Strafanzeige gestellt worden sei.

2. Auch eine Verletzung des Rechts auf Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO, Art. 103 Abs. 1 GG) ist nicht erkennbar.

a) Das FG hat dem Kläger nicht zu Unrecht eine Reisekostenentschädigung verweigert und damit eine Teilnahme am Termin zur mündlichen Verhandlung verhindert. Eine solche Entschädigung wird in entsprechender Anwendung des § 122 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 142 FGO gewährt, wenn die Reise zur Rechtsverfolgung notwendig ist und der Antragsteller nicht über die dafür erforderlichen Mittel verfügt (vgl. IV ARZ (VZ) 29/74, BGHZ 64, 139; Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 122 Rz 26). Hierzu hätte der Kläger vortragen müssen, dass Prozesskostenhilfe zu Unrecht versagt worden ist. Dies hat er jedoch —abgesehen von pauschalen Vorwürfen— nicht getan.

b) Ebenso wenig hat das FG den Anspruch auf rechtliches Gehör des Klägers durch Übergehen entscheidungserheblichen Vorbringens verletzt. Dieser Anspruch verpflichtet das Gericht, wesentliches Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Er bedeutet jedoch nicht, dass sich das Gericht mit allen Ausführungen in den Entscheidungsgründen detailliert befassen muss. Daher liegt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nur vor, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalles deutlich ergibt, dass das FG das Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (z.B. Senatsbeschluss vom III B 138/06, BFH/NV 2007, 2131).

Hiervon kann im Streitfall nicht gesprochen werden. Der diesbezügliche Vortrag, entgegen der Behauptung des FG seien sehr wohl Gründe für einen Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen vorgebracht worden, weil auf den möglichen Ruin des Klägers hingewiesen worden sei, belegt vielmehr, dass dem FG keine Gehörsverletzung angelastet werden kann. Die Auswirkungen eines Erlasses auf die wirtschaftliche Existenz des Klägers waren nicht im Rahmen der sachlichen, sondern der persönlichen Billigkeit zu prüfen. Diese Prüfung hat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) vorgenommen, eine fehlerhafte Ermessensausübung hat das FG zutreffend verneint. Soweit der Kläger allgemein rügt, wesentliches Tatsachenvorbringen sei übergangen worden, ist der Vortrag zu unsubstantiiert, um eine Revisionszulassung zu begründen.

3. a) Mit dem in verschiedenen Formulierungen erhobenen Vorwurf, das FG habe fehlerhaften Tatsachenvortrag des FA ungeprüft übernommen, beanstandet der Kläger sinngemäß die mangelnde Sachaufklärung durch das FG (§ 76 Abs. 1, § 96 Abs. 1 FGO). Entsprechendes gilt für den Vortrag, das FG habe entscheidungserhebliche Tatsachen „verschwiegen”. Die Rüge der mangelnden Sachaufklärung wurde jedoch nicht in zulässiger Weise erhoben. Dies hätte Ausführungen dazu erfordert, welche weitere und entscheidungserhebliche Aufklärung des Sachverhalts sich dem FG auf der Grundlage seiner materiell-rechtlichen Auffassung hätte aufdrängen müssen (vgl. z.B. , BFH/NV 2007, 1691). Der Kläger hat sich jedoch auf pauschale und unsubstantiierte Vorwürfe beschränkt.

b) Soweit der Kläger vorbringt, das FG habe Zeugenbeweise übergangen und dadurch die Sachaufklärungspflicht verletzt, wurde diese Rüge in zulässiger Form erhoben, da das FG in den Urteilsgründen die Erhebung der angebotenen Beweise abgelehnt hat, so dass eine weitere Begründung der Rüge entbehrlich war (s. , BFH/NV 2007, 2122). Das FG ist jedoch den Beweisanträgen zu Recht nicht gefolgt, da die Frage eines angeblichen Darlehens über 100 000 DM nicht für das vorliegende, einen Erlass betreffende Verfahren von Bedeutung ist, sondern allenfalls für das Gewinnfeststellungsverfahren. Letzteres gilt entsprechend für den Einwand, das FG habe einen das Darlehen betreffenden Urkundenbeweis nicht erhoben.

4. Auch mit dem —ebenfalls sinngemäß— vorgebrachten Einwand, verschiedene Feststellungen des FG seien fehlerhaft, kann der Kläger die Zulassung der Revision nicht erreichen. Diese Rüge ist zur Darlegung eines Verfahrensmangels i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ungeeignet, denn damit wendet sich der Kläger nicht gegen das vom FG gehandhabte Verfahren (, BFH/NV 2007, 1685). Eine etwaige falsche Darstellung tatsächlicher Entscheidungsgrundlagen kann ohnehin nicht im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde gerügt werden, sondern ist mit dem Antrag auf Tatbestandsberichtigung geltend zu machen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 81).

5. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass auch eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO wegen eines offensichtlichen Rechtsanwendungsfehlers von erheblichem Gewicht ausscheidet (s. hierzu z.B. , BFH/NV 2007, 2141). Eine Entscheidung ist nur dann objektiv willkürlich, wenn die fehlerhafte Rechtsanwendung nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht. Greifbare Gesetzwidrigkeit ist anzunehmen, wenn das Urteil jeglicher gesetzlicher Grundlage entbehrt oder auf einer offensichtlich Wortlaut und Gesetzeszweck widersprechenden Gesetzesauslegung beruht (z.B. Senatsbeschluss vom III B 128/04, BFH/NV 2006, 1116). Hiervon kann im Streitfall jedoch keine Rede sein.

Fundstelle(n):
JAAAC-69452