Kosten für den Abriss eines zuvor vermieteten Gebäudes sowie die darauf bezogene Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
Leitsatz
Die Kosten für den Abriss eines zuvor vermieteten Gebäudes sowie die darauf bezogene Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung nach § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG sind als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen, wenn der (tragende) Grund für den Abriss des Gebäudes (hier: zahlreiche Baumängel) und dessen hieraus sich ergebender wirtschaftlicher Verbrauch in der Zeit der Vermietung durch den Steuerpflichtigen, mithin vor Aufgabe der Vermietungsabsicht entstanden ist. Ein darauf gegründeter Abbruch ist als durch die Vermietung veranlasst anzusehen, selbst wenn anstelle des abgerissenen Gebäudes ein zur Eigennutzung bestimmter Neubau errichtet wird. Die (künftige) Eigennutzungsabsicht führt nicht zu einer Überlagerung des durch die frühere Vermietung veranlassten Abbruchs .
Gesetze: EStG § 9 Abs. 1 Satz 1, EStG § 21, EStG § 12
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über die steuerrechtliche Behandlung von Abbruchkosten und des „Restbuchwerts” eines abgebrochenen Gebäudes.
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) erwarben im Mai 1990 ein Grundstück in A; das darauf in den 50iger Jahren des letzten Jahrhunderts errichtete Zweifamilienhaus vermieteten sie. Die Wohnung im Obergeschoss stand ab Mai 1998 leer; drei Zeitungsannoncen der Kläger, mit denen die Wohnung für eine Einzelperson zur Miete für ein Jahr angeboten wurde, hatten keinen Erfolg. Die Mieterin der Parterrewohnung kündigte ihr Mietverhältnis im August 1998 wegen erheblicher baulicher Mängel des Mietobjekts.
Daraufhin entschlossen sich die Kläger —nach vorheriger Beratung mit ihrem Architekten über eine mögliche Sanierung— im November 1998 zu einem Neubau und stellten den entsprechenden Bauantrag im Dezember 1998. Der Architekt führte in einer gutachterlichen Stellungnahme im Januar 1999 aus, dass das Haus dünne, ungedämmte Außenwände, unzureichend isolierte Kellerwände, dünne Stahlbetondecken ohne ausreichenden Luft- und Trittschallschutz, unterdimensionierte, einfach verglaste Holzfenster sowie eine veraltete Haustechnik (Gas-, Strom- und Wasserversorgung) habe. Bei einer Sanierung müsse der feuchte Keller insgesamt isoliert werden, da die Wand- und Bodendichtungen unwirksam geworden seien. Die Schwammbeseitigung sei gar nicht möglich. Der Kostenaufwand für diese Maßnahmen sei unvertretbar und belaufe sich auf 30 000 DM. Auch die Dämmung, das Dach, der Estrich, die Sanitärräume, die Küche und die Haustechnik seien sanierungsbedürftig. Die Gesamtkosten für die Sanierung würden 432 000 DM, diejenigen für einen vergleichbaren Neubau dagegen nur 395 000 DM betragen.
Nach Genehmigung des Bauvorhabens rissen die Kläger das alte Gebäude im März 1999 ab und errichteten ein zu ihren eigenen Wohnzwecken bestimmtes Wohngebäude.
Im Einspruchsverfahren gegen den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 1999 machten die Kläger erstmals die Abbruchkosten (6 380 DM) und den „Restbuchwert” (105 920 DM) bei den Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung geltend. Sie hätten das Objekt nicht in Abbruchabsicht, sondern mit dem Ziel langfristiger Vermietung erworben. Die baulichen Mängel seien beim Erwerb des Hauses im Jahr 1990 noch nicht vorhanden gewesen. Erst später habe die zunehmende Bodenfeuchtigkeit zur Schwammbildung im Keller und im Treppenhaus geführt und eine Vermietung immer schwieriger gemacht. Die Eigennutzung des neuerrichteten Gebäudes stehe dem streitigen Werbungskostenabzug nicht entgegen.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) wies den Einspruch als unbegründet zurück. Der dagegen erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2006, 1042, veröffentlichten Urteil statt.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Das FG habe § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 12 Nr. 1 EStG fehlerhaft ausgelegt. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) seien Kosten für den Abbruch eines Gebäudes und der dementsprechende Ansatz eines Restwertes nicht schon allein deshalb als Werbungskosten zu berücksichtigen, weil der Abbruch im Anschluss an die Vermietung des Gebäudes erfolge. Werde das anstelle des abgebrochenen Gebäudes neu errichtete Gebäude zu privaten Wohnzwecken genutzt, müsse der Grund für den Abriss vielmehr zumindest ganz überwiegend in der bisherigen Nutzung des abgerissenen Gebäudes zu Vermietungszwecken liegen. Da ein im Streitfall außergewöhnlicher Verschleiß des Gebäudes durch die Vermietung nicht gegeben sei, sei das FG zu Unrecht von einer nur untergeordneten Bedeutung der privaten Nutzung des neu errichteten Gebäudes ausgegangen.
Das FA beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet.
Zu Recht hat das FG die streitigen Abbruchkosten sowie den Restwert des abgebrochenen Gebäudes als Werbungskosten bei den Einkünften der Kläger aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt.
1. Werbungskosten sind gemäß § 9 Abs. 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind Werbungskosten grundsätzlich alle durch diese Einkunftsart veranlassten Aufwendungen.
a) Nach der Rechtsprechung des BFH liegt eine derartige Veranlassung vor, wenn (objektiv) ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der auf Vermietung und Verpachtung gerichteten Tätigkeit besteht und (subjektiv) die Aufwendungen zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden (z.B. , BFHE 177, 50, BStBl II 1995, 534; vom IX R 24/98, BFH/NV 2002, 904, m.w.N.). Sind demgegenüber die Aufwendungen nicht (fast) ausschließlich durch die Einnahmeerzielung (§ 21 Abs. 1 EStG), sondern daneben auch, und zwar nicht unerheblich, durch die private Lebensführung veranlasst (§ 12 Nr. 1 EStG), können sie insgesamt nicht als Werbungskosten abgezogen werden; eine Aufteilung ist grundsätzlich nicht möglich (vgl. , BFH/NV 1996, 533; vom IX R 70/95, BFH/NV 1997, 850). Der erforderliche Veranlassungszusammenhang mit der Vermietungstätigkeit ist nicht gegeben, soweit die Aufwendungen nicht allein oder ganz überwiegend durch die Veräußerung des Mietwohnobjekts (vgl. , BFH/NV 1990, 761, und IX R 17/85, BFHE 159, 491, BStBl II 1990, 465, m.w.N.) oder durch die im Anschluss an die Renovierung oder Instandsetzung beabsichtigte Eigennutzung veranlasst sind (vgl. , BFHE 192, 311, BStBl II 2001, 784).
b) Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung sind die Kosten für den Abriss eines zuvor vermieteten Gebäudes sowie die darauf bezogene Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung (AfaA) nach § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nur zu berücksichtigen, wenn ungeachtet des anschließend auf dem Grundstück zu eigenen Wohnzwecken errichteten Gebäudes der Grund für den Abriss zumindest ganz überwiegend —z.B. eine mangelnde Standfestigkeit— „während der Vermietung des Grundstücks” entstanden ist (, BFH/NV 2002, 16, unter Bezugnahme auf die BFH-Urteile in BFHE 192, 311, BStBl II 2001, 784, sowie —klarstellend— vom IX R 26/96, BFH/NV 1998, 1212).
2. Nach diesen Grundsätzen ist die angefochtene Entscheidung aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Nach den für den Senat nach § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG ist der —tragende— Grund für den Abriss des Gebäudes, nämlich die Vielzahl der im Einzelnen vom FG festgestellten Baumängel und dessen sich daraus ergebender wirtschaftliche Verbrauch, in der Zeit der Vermietung durch die Kläger, mithin vor Aufgabe ihrer Vermietungsabsicht entstanden.
Bei dieser Sachlage ist ein darauf gegründeter Abbruch als durch die Vermietung veranlasst anzusehen, selbst wenn anstelle des abgerissenen Gebäudes ein zur Eigennutzung bestimmter Neubau errichtet wird (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 16); die (künftige) Eigennutzungsabsicht führt danach nicht zu einer Überlagerung des durch die frühere Vermietung veranlassten Abbruchs.
Für diese unterschiedliche steuerrechtliche Behandlung der Abbruchkosten gegenüber den —zur Vorbereitung der Eigennutzung durch den Vermieter— getätigten Aufwendungen für Renovierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen am Ende der Vermietungsphase spricht, dass hinsichtlich eines auf die Vermietungstätigkeit zurückzuführenden Abbruchs von Gebäuden (vgl. , BFH/NV 2004, 787) regelmäßig kein Zweifel an der Veranlassung durch die Einkünfteerzielung bestehen kann. Demgegenüber werden Renovierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen im Hinblick auf eine geplante anschließende Eigennutzung (vgl. Urteil in BFHE 192, 311, BStBl II 2001, 784) oder Veräußerung (vgl. , BFHE 208, 232, BStBl II 2005, 343) maßgebend mit Rücksicht auf die zukünftige (private) Nutzung des Gebäudes getätigt. Diese private Veranlassung ist üblicherweise nicht von untergeordneter Bedeutung, so dass eine Berücksichtigung der Aufwendungen als Werbungskosten nicht in Betracht kommt (ständige Rechtsprechung seit , BFH/NV 1995, 108).
Schließlich kann sich das FA für seine gegenteilige Auffassung nicht auf das mit der Revisionsbegründung in Bezug genommene BFH-Urteil in BFH/NV 2004, 787 berufen; nach jener Entscheidung kam eine steuermindernde Berücksichtigung von Abbruchkosten und der AfaA bei einem bereits in Abbruchabsicht erworbenen Gebäude nicht in Betracht. Ein solcher Erwerb in Abbruchabsicht, die bei einem Abbruch innerhalb von drei Jahren nach Erwerb zu vermuten ist (vgl. BFH-Entscheidung in BFH/NV 2004, 787), lag im Streitfall nach den bindenden Feststellungen des FG nicht vor.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 933 Nr. 6
DStRE 2009 S. 4 Nr. 1
EStB 2008 S. 55 Nr. 2
NWB-Eilnachricht Nr. 18/2008 S. 8
LAAAC-67036