Gewerbliche Prägung einer GbR vor 1999; Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
Gesetze: EStG § 15 Abs. 3 Nr. 2; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
Instanzenzug:
Gründe
I. Streitig ist die gewerbliche Prägung einer GbR.
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hatten mit Vertrag vom eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung gegründet. Der Zweck der GbR war die Verwaltung und Verwertung eigenen Vermögens, insbesondere des der Gesellschaft gehörenden Grundbesitzes. Gesellschafter der GbR waren drei natürliche Personen und eine GmbH. Der Gesellschaftsvertrag enthielt u.a. folgende Vereinbarungen:
„§ 6
(1) Die Gesellschafter haften gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft mit dem Gesellschaftsvermögen als Gesamtschuldner und quotal entsprechend ihrer Beteiligung am Gesellschaftskapital. ...
(2) Soweit ausnahmsweise durch übereinstimmende Erklärung der Gesellschafter eine Haftung mit dem sonstigen Vermögen der Gesellschafter vereinbart wird, verpflichten sich die Gesellschafter gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft nur quotal entsprechend ihrer kapitalmäßigen Beteiligung am Gesellschaftsvermögen. ...
§ 7
(1) Zur Geschäftsführung und Vertretung ist die geschäftsführende GmbH berechtigt und verpflichtet. ...”
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom wurde die GbR in eine GmbH & Co. KG (KG) umgewandelt und am als solche im Handelsregister eingetragen. Im Rahmen der Umwandlung beantragte die KG, ihr Vermögen entsprechend dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom IV C 2 -S 2241- 56/00 (BStBl I 2000, 1198) weiterhin als Betriebsvermögen zu behandeln.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) behandelte die Einkünfte der GbR in den Streitjahren (1998 bis 2000) als solche aus Vermietung und Verpachtung.
Die dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, die GbR habe unabhängig von dem (Neue Juristische Wochenschrift —NJW— 1999, 3483) die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht erfüllt. Daraus folge zugleich, dass eine Billigkeitsmaßnahme unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht angebracht sei. Der Gesellschaftsvertrag der GbR habe eine ausreichende Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen nicht vorgesehen, weil darin ausdrücklich auch eine Haftung der Gesellschafter mit dem sonstigen Vermögen in Betracht gezogen worden sei. Außerdem sei nicht ausdrücklich vereinbart worden, wie die Haftung aus §§ 836 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) beschränkt werden sollte. Einzelne Vereinbarungen mit den jeweiligen Gläubigern über eine Haftungsbeschränkung seien weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Mit der gegen die Nichtzulassung der Revision gerichteten Beschwerde machen die Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) und die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortentwicklung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) geltend.
Grundsätzliche Bedeutung hätten die Rechtsfragen:
„Inwieweit ist es für die Annahme einer gewerblichen Prägung im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 EStG schädlich, wenn im Gesellschaftsvertrag bei übereinstimmenden Erklärungen eine voll umfängliche Haftung der Gesellschafter für möglich erachtet wird?
Ist es schädlich für eine Haftungsbeschränkung, wenn auf die §§ 836 ff. BGB nicht ausdrücklich hingewiesen wird?
Ist eine gesellschaftsvertragliche Haftungsbeschränkung für die alleinvertretungsberechtigte Verwaltungs-GmbH im Rahmen einer GbR mbH möglich?
Soweit die gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen nicht zu einer gewerblichen Prägung im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG führen, ist ebenfalls fraglich und von grundsätzlicher Bedeutung, inwieweit das Auftreten nach außen in Form der Geschäftspapiere diesen Gesellschaftsvertrag überlagert, so dass aufgrund dessen eine gewerbliche Prägung im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG anzunehmen ist.”
Die Beantwortung der Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung diene auch der Fortbildung des Rechts, da Klarheit darüber geschaffen werden könnte, ob eine persönliche Haftung auf Basis der Doppelverpflichtungstheorie des BGH sowie der entsprechenden Kenntlichmachung der Haftung in den Geschäftspapieren für die Annahme einer gewerblichen Prägung i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ausreiche und ob eine Differenzierung zwischen schuldrechtlicher und deliktischer Haftung erforderlich sei.
Es liege auch eine Divergenz zu dem (BFHE 149, 149, BStBl II 1987, 553) vor. In diesem Urteil habe der BFH entschieden, dass eine vermögensverwaltende GbR allein durch das Hinzutreten einer GmbH die gewerbliche Prägung nicht erlangen könne, es sei denn, die rechtsgeschäftliche Haftung der außer der Kapitalgesellschaft an der GbR beteiligten Gesellschafter sei allgemein und im Außenverhältnis erkennbar auf ihrer Einlage beschränkt gewesen. Der BFH habe nicht darauf abgestellt, dass auch eine deliktische Haftung der Gesellschafter ausgeschlossen worden sei. Davon weiche die angefochtene Entscheidung ab, wenn sie eine ausreichende Haftungsbeschränkung davon abhängig mache, dass auch deliktische Ansprüche ausgeschlossen würden.
II. Die Beschwerde ist nicht begründet. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH.
1. Grundsätzliche Bedeutung
a) Voraussetzung für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung einer Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist, dass der Kläger eine hinreichend bestimmte Rechtsfrage darlegt, deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit erforderlich ist und die im konkreten Streitfall klärungsfähig ist (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom IV B 67/04, BFH/NV 2006, 234; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz 52). Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage nur dann, wenn ihre Entscheidung für die Zukunft richtungweisend sein kann (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 35).
b) Die Rechtsfragen der Kläger sind danach nicht klärungsbedürftig. Nach der neueren Rechtsprechung des BGH —seit der Änderung der Rechtsprechung mit Urteil in NJW 1999, 3483— kann die kraft Gesetzes bestehende persönliche Haftung der Gesellschafter einer GbR nicht durch einen Namenszusatz oder einen anderen, den Willen zu einer lediglich beschränkten Haftung verdeutlichenden Hinweis beschränkt werden; möglich ist eine Haftungsbeschränkung nur durch individualvertragliche Vereinbarungen mit den Gesellschaftsgläubigern. Der BFH ist dem bei der steuerrechtlichen Beurteilung der BGB-Außengesellschaften gefolgt (u.a. , BFHE 198, 101, BStBl II 2002, 464, unter II.A.2.a der Gründe, und vom VIII R 45/98, BFHE 196, 103, BStBl II 2002, 339, unter II.2.c cc bbb der Gründe; zur Rechtslage s.a. Schmidt/Wacker, EStG, 26. Aufl., § 15 Rz 227, m.w.N.).
Im Streitfall handelt es sich um eine BGB-Außengesellschaft. Nach den Feststellungen des FG, die die Kläger nicht gerügt haben und an die der BFH gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), liegen individuelle Abreden mit den Gesellschaftsgläubigern zur Haftungsbeschränkung nicht vor. Für die —vorliegend streitige— persönliche Haftung der Gesellschafter der GbR i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG kommt es bei dieser Sachlage auf die Beantwortung der Rechtsfragen der Kläger nicht an.
Ungeachtet dessen betreffen die von den Klägern aufgeworfenen Fragen nach der zuvor dargestellten Entwicklung der Rechtsprechung des BGH und des BFH ausgelaufenes Recht. Inwieweit ihre Beantwortung in einer Revisionsentscheidung gleichwohl noch von allgemeiner Bedeutung sein könnte (s. zu diesem Erfordernis z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 35), haben die Kläger nicht dargetan.
2. Fortbildung des Rechts
Bei der Rechtsfortbildungsrevision handelt es sich um einen speziellen Tatbestand der Grundsatzrevision. In den Fällen, in denen eine Entscheidung des Revisionsgerichts der Rechtsfortbildung dient, liegt deshalb regelmäßig auch eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Die Anforderungen an die Darlegung stimmen daher insoweit überein (Senatsbeschluss vom IV B 13/05, BFH/NV 2007, 27; vgl. auch Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 38). Die Voraussetzungen für die Revisionszulassung sind daher im Streitfall aus den unter 1. dargelegten Gründen nicht erfüllt.
3. Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO)
a) Die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung setzt wie bei der früheren Divergenzrüge u.a. voraus, dass die abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann und dass eine Entscheidung des BFH zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 48). Maßgeblich für das Vorliegen einer Abweichung ist der Stand der Rechtsprechung im Zeitpunkt der Entscheidung über die Zulassung (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 51).
b) Eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist danach nicht erforderlich. Denn der Senat ist in dem Urteil in BFHE 149, 149, BStBl II 1987, 553 —wie sich aus den Ausführungen unter 2.a der Gründe ergibt— von der früheren zivilrechtlichen Beurteilung ausgegangen, der zufolge bei einer GbR durch eine Beschränkung der Vertretungsmacht und ein entsprechendes Auftreten des vertretenden Gesellschafters eine beschränkte Haftung für vertragliche Verbindlichkeiten auf das Gesellschaftsvermögen herbeigeführt werden konnte. Diese Auffassung ist jedoch —wie dargelegt (siehe oben unter 1.b)— überholt.
c) Im Übrigen ist die Rüge der Kläger, das FG habe entgegen dem BFH-Urteil in BFHE 149, 149, BStBl II 1987, 553 auch eine Vereinbarung über die Beschränkung der deliktischen Haftung (nach §§ 836 ff. BGB) verlangt, schon nicht schlüssig. Der BFH hat sich in dem genannten Urteil zu dieser Frage überhaupt nicht geäußert. Daher kann insoweit auch keine —von einem abstrakten Rechtssatz— abweichende Auffassung des FG vorliegen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
WAAAC-66218