BVerwG Urteil v. - 4 C 8.06

Leitsatz

Eine landesrechtliche Vorschrift (hier: § 13 Abs. 3 Satz 1 BauO NRW), die aus Gründen der Verunstaltungsabwehr Anlagen der Außenwerbung außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile grundsätzlich für unzulässig erklärt, ist dem Bauordnungsrecht zuzuordnen. Sie greift nicht in die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für das Bodenrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG) über.

Gesetze: BauO NRW § 13 Abs. 3; GG Art. 74 Abs. 1 Nr. 18; BauGB § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5

Instanzenzug: VG Gelsenkirchen VG 6 K 266/00 vom OVG Münster OVG 10 A 630/04 vom Fachpresse: ja BVerwGE: ja

Gründe

I

Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Erteilung eines Bauvorbescheides für die Anbringung einer Telekom-Werbeanlage am 158 m hohen Fernmeldeturm der Stadt Schwerte. Der Turm, der im Außenbereich steht, dient der Übertragung von Rundfunk- und Fernsehsendungen sowie der Weiterleitung von Ferngesprächen. Die Klägerin ist Eigentümerin des Turmes. Die Werbeanlage soll an dem Fernmeldeturm ca. 15 m unterhalb der Antennenplattform in einer Höhe von ca. 80 m angebracht werden. Auf einer dreieckigen Bühnenkonstruktion aus Stahl mit jeweils 9,70 m langen Seiten sollen jeweils ein neonbeleuchteter Buchstabe ("T") in der Farbe "Telemagenta" und je vier so genannte "Digits" in "Weiß" angebracht werden. Die Buchstaben sollen eine Höhe von 4,50 m und eine Breite von 3,54 m, die quadratischen "Digits" eine Seitenlänge von 92,3 cm haben. Der Beklagte lehnte die Bauvoranfrage (der Rechtsvorgängerin der Klägerin) ab. Der Widerspruch blieb erfolglos.

An der von ihrer Rechtsvorgängerin erhobenen Klage hat die Klägerin festgehalten: Die Werbeanlage sei nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB privilegiert. Sie diene der privilegierten Anlage (Fernmeldeturm) als Hinweis auf dessen Eigentümer. Reine Eigenwerbung stelle eine untergeordnete Nebenanlage dar und diene dem Grundstück. Das Landschaftsbild werde nicht beeinträchtigt. Die Anlage sei auch als Eigenwerbung an der "Stätte der Leistung" nach § 13 Abs. 3 BauO NRW zulässig. Die Leistung am vorgesehenen Standort bestehe in der Aussendung elektromagnetischer Wellen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen: Die Klägerin habe auf die Erteilung des erstrebten Vorbescheides keinen Anspruch, weil die geplante Werbeanlage ein genehmigungsbedürftiges Vorhaben der Außenwerbung darstelle und nach § 13 Abs. 3 Satz 1 BauO NRW nicht genehmigungsfähig sei. Nach dieser Vorschrift seien Werbeanlagen außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile unzulässig. Die Vorschrift sei eine Norm des Baugestaltungsrechts und falle damit in den Bereich des Bauordnungsrechts, für das den Ländern die Gesetzgebungsbefugnis nach Art. 70 Abs. 1 GG zustehe. Das ergebe sich bereits aus dem Rechtsgutachten des (BVerfGE 3, 407) über die Zuständigkeit des Bundes zum Erlass eines Baugesetzes. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehörten Werbeanlagen als solche weder allein zum Bauplanungsrecht noch allein zum Bauordnungsrecht. Sie seien vielmehr je nach der gesetzgeberischen Zielsetzung sowohl einer bauplanungsrechtlichen als auch einer bauordnungsrechtlichen Regelung zugänglich. Dies habe das Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil vom in der Parallelsache OVG 10 A 4924/05 ausführlich dargelegt. Darauf werde verwiesen. Im Übrigen habe das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden, dass Normen des Baugestaltungsrechts, welche die Errichtung von Werbeanlagen in Baugebieten, die hinsichtlich der Erhaltung des Orts- oder Landschaftsbildes besonders schutzwürdig erschienen, erheblich beschränkten, aus kompetenz- und grundrechtlicher Sicht (Art. 3, 12, 14 GG) nicht zu beanstanden seien. Das gelte auch für § 13 Abs. 3 Satz 1 BauO NRW, der mit dem grundsätzlichen Verbot von Werbeanlagen im Außenbereich unter dem Gesichtspunkt der Verunstaltungsabwehr dem Bedürfnis der Bevölkerung an der Erhaltung der natürlichen Eigenart der Landschaft Rechnung trage.

Der Ausnahmetatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BauO NRW, der Werbeanlagen an der Stätte der Leistung zulasse, greife nicht ein. "Stätte der Leistung" sei der Ort, an dem eine "Leistung" erbracht werde, also entweder ein Produkt hergestellt, verwaltet, gelagert oder zum Verkauf angeboten oder ein Dienst geleistet werde. Werbung an der Stätte der Leistung sei im Außenbereich ausnahmsweise zulässig, weil sie der optischen Kontaktaufnahme zwischen einem Betrieb im Außenbereich und den potenziellen Kunden diene. Werbung an technischen Einrichtungen eines an anderer Stelle ausgeübten Gewerbebetriebes sei hingegen nicht durch den Ort der Leistungserbringung veranlasst. Die Werbeanlage diene weder der Anpreisung einer an dieser Stelle hergestellten oder erhältlichen Ware und Dienstleistung noch als Hinweis für das Auffinden der Stätte, an der die Leistung abgerufen werden könne. Gerade das Angewiesensein auf die Werbeanlage am konkreten Standort sei der maßgebliche Grund dafür, dass sich das Werbeinteresse des Leistungserbringers gegenüber dem hohen Schutzgut, den Außenbereich von ihm fremder Nutzung freizuhalten, letztlich durchsetze. Für die Telekom gebe es vielfältige Fremdwerbemöglichkeiten an anderer Stelle, von denen sie ausgiebig Gebrauch mache. Ihre Position unterscheide sich deutlich von dem Gewerbetreibenden im Außenbereich, der auf den optischen Kontakt zum Kunden an dieser Stelle und notfalls auf (Lauf-)Kundschaft angewiesen sei.

Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Verpflichtungsbegehren weiter: Mit § 13 Abs. 3 Satz 1 BauO NRW habe der Landesgesetzgeber eine bodenrechtliche Regelung getroffen, die in die Zuständigkeit des Bundes für das Bodenrecht in Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG übergreife. In der Auslegung durch das Berufungsgericht sei § 13 Abs. 3 Satz 1 BauO NRW kompetenzwidrig. Die Vorschrift regele in Gestalt des grundsätzlichen Verbots, Werbeanlagen außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zu errichten, die generelle Zulässigkeit eines bestimmten Typs baulicher Anlagen im Außenbereich. Aufgestellt werde eine Zulässigkeitsschranke für eine bestimmte Art der baulichen Nutzung, und zwar ohne dass die landesrechtliche Regelung dies damit verknüpfe, bestimmte gestalterische Anforderungen an den Anlagentyp zu stellen. Das Bodenrecht sei flächenbezogen. Es befasse sich mit dem Einfügen eines Bauvorhabens in seine Umgebung. Das Bauordnungsrecht enthalte hingegen in seinem materiellrechtlichen Teil die ordnungsrechtlichen Anforderungen an ein konkretes Bauwerk. Es sei daher objektbezogen. § 13 Abs. 3 Satz 1 BauO NRW sei eindeutig flächenbezogen. Die Norm stelle keine objektbezogenen Anforderungen an ein einzelnes Bauvorhaben. Sie fingiere, dass ein bestimmter Anlagentyp in einem bestimmten Baugebiet generell als verunstaltend anzusehen sei. Die Norm sei verfassungskonform dahin auszulegen, dass sie nur Werbeanlagen erfasse, die mangels bodenrechtlicher Relevanz nicht Anlagen im Sinne des Bauplanungsrechts seien. Die Rechtssache sei an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es den Sachverhalt im Hinblick auf die planungsrechtliche Zulässigkeit des Werbevorhabens abschließend würdigen könne.

II

Die Revision bleibt erfolglos. Das Berufungsurteil steht mit Bundesrecht in Einklang. Die kompetenzrechtlichen Bedenken der Revision gegen die Regelung in § 13 Abs. 3 Satz 1 BauO NRW greifen nicht durch. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass diese Vorschrift dem Bauordnungsrecht des Landes und nicht der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes für das Bodenrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG) zuzuordnen ist.

1. Das Berufungsurteil beruht in weitem Umfang auf der Auslegung und Anwendung irrevisiblen Landesrechts. Mit der Vorinstanz ist deshalb im Revisionsverfahren davon auszugehen, dass die Telekom-Werbeanlage eine bauliche Anlage im Sinne von § 2 Abs. 1 BauO NRW ist, die nach § 63 Abs. 1 BauO NRW genehmigungsbedürftig ist (§ 173 VwGO, § 560 ZPO). Nach Landesrecht beurteilt sich auch die vom Berufungsgericht bejahte Frage, ob die Klägerin befugt ist, die Vereinbarkeit der geplanten Werbeanlage mit § 13 BauO NRW zum Gegenstand eines Vorbescheidsantrags (§ 71 Abs. 1 BauO NRW) zu machen.

Der Senat ist ferner an die vorinstanzliche Auslegung von § 13 Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 1 BauO NRW gebunden. Das Berufungsgericht ordnet § 13 Abs. 3 BauO NRW unter Heranziehung der Gesetzesmaterialien zur Vorgängervorschrift (§ 15 Abs. 3 BauO NRW 1962) der bauordnungsrechtlichen "Verunstaltungsabwehr" zu und führt hierzu aus: Unter diesem Gesichtspunkt diene die Beschränkung für Werbeanlagen im Außenbereich dem Bedürfnis der Bevölkerung an der Erhaltung der natürlichen Eigenart der Landschaft, um dort Ruhe und Erholung zu finden. Das im angefochtenen Urteil in Bezug genommene Urteil der Vorinstanz vom - OVG 10 A 4924/05 - bezeichnet § 13 BauO NRW als Norm des "Baugestaltungsrechts". An diese Zweckbestimmung ist das Revisionsgericht gebunden. Die Auffassung der Vorinstanz, bei den kommunikationstechnischen Vorgängen am Fernmeldeturm handele es sich nicht um eine Leistung, die es rechtfertige, die umstrittene Werbeanlage gemäß § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BauO NRW "an der Stätte der Leistung" zuzulassen, betrifft ebenfalls die Auslegung irrevisiblen Landesrechts. Sie ist aus bundesrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

2. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch die Frage, ob die Vorschrift des § 13 Abs. 3 Satz 1 BauO NRW mit dem Inhalt, den ihr das Berufungsgericht beigelegt hat, die konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis des Bundes für das Bodenrecht verletzt. Der erkennende Senat verneint diese Frage. Dabei geht er von folgenden Grundsätzen aus:

2.1 Nach dem Rechtsgutachten des (BVerfGE 3, 407 <430 ff.>) über die Zuständigkeit des Bundes zum Erlass eines Baugesetzes erstreckt sich die Zuständigkeit des Bundes für das Bodenrecht (Art. 74 Nr. 18 GG a.F.) auf das "Baupolizeirecht im bisher gebräuchlichen Sinne" nur, soweit es Bestandteile des "heutigen Planungsrechts" enthält. Den Ländern fällt der Bereich des bisherigen "Baupolizeirechts" zu, der übrig bleibt, wenn das Planungsrecht ausgeschieden wird (a.a.O. S. 432).

Zur Materie "Bodenrecht" gehören nur solche Vorschriften, die den Grund und Boden "unmittelbar zum Gegenstand rechtlicher Ordnung haben, also die rechtlichen Beziehungen des Menschen zum Grund und Boden regeln". Den Ländern verbleiben vom "Polizeirecht im bisher gebräuchlichen Sinne" zunächst die Aufgaben, die von den Polizeibehörden auf Verwaltungs- oder Ordnungsbehörden verlagert worden sind, jedoch ihren materiell-polizeirechtlichen Charakter im Sinne einer Abwehr von Gefahren für die Allgemeinheit oder den Einzelnen behalten haben. Außerdem fallen den Ländern im Bereich des Bauwesens Befugnisse zu, die den (früheren) Baupolizeibehörden durch Sondergesetze eingeräumt worden sind und nicht mehr der Gefahrenabwehr im engeren Sinne dienen, sondern "ästhetische oder der allgemeinen Wohlfahrt dienende Absichten verfolgen". Dabei handelt es sich immer "um Maßnahmen der Polizei- oder Ordnungsbehörden, die sich auf zu erstellende oder bereits bestehende Bauwerke beziehen" (a.a.O. S. 430 ff.). Hieran anknüpfend heißt es im (BVerfGE 40, 261 <266>), das Bauordnungsrecht enthalte Vorschriften über die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie über die äußere Gestaltung baulicher Anlagen.

Diese Aufteilung der Gesetzgebungsbefugnisse entspricht der bundesstaatlichen Zuständigkeitsordnung. Danach hat der Bund Gesetzgebungsbefugnisse nur, soweit das Grundgesetz sie ihm verleiht (Art. 70 Abs. 1 GG). Im Zweifel spricht eine Vermutung für die Zuständigkeit der Länder (Art. 30 GG; vgl. auch BVerfGE 42, 20 <28> - zu Art. 74 Nr. 22 GG a.F.). Eine Norm, die im Bauordnungsrecht eines Landes enthalten und nach Entstehungsgeschichte und Verwaltungspraxis dem "Baupolizeirecht" im herkömmlichen, traditionellen Sinn zuzuordnen ist, ist daher nur kompetenzwidrig, wenn der Nachweis gelingt, dass die geregelte Materie in den Bereich des Bodenrechts im Sinne von Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG fällt (und der Bund seine konkurrierende Zuständigkeit insoweit voll ausgeschöpft hat).

2.2 Das Bundesverwaltungsgericht hat diesen Ansatz der Kompetenzabgrenzung aufgenommen und fortentwickelt. Drei ältere Leitentscheidungen, die jeweils zu Vorhaben der Außenwerbung in Baugebieten ergangen sind, haben Rechtsprechung und Landesgesetzgebung maßgeblich beeinflusst. In seinen Urteilen vom - BVerwG 1 C 146.53 - (BVerwGE 2, 172), vom - BVerwG 4 C 73.65 - (BVerwGE 21, 251) und vom - BVerwG 4 C 11.69 - (BVerwGE 40, 94) hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass bestimmte landesrechtliche Vorschriften über Anlagen der Außenwerbung zum Baugestaltungsrecht gehören, das als "Baupolizeirecht im bisher gebräuchlichen Sinne" den Ländern vorbehalten und damit als Teil des Bauordnungsrechts anzusehen sei. Werbeanlagen seien als solche weder dem Bauordnungs- noch dem Bauplanungsrecht vorbehalten. In dem Maße, in dem sie überhaupt unter baurechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen seien, könnten sie je nach der gesetzgeberischen Zielsetzung sowohl einer bauplanungsrechtlichen als auch einer bauordnungsrechtlichen Regelung zugänglich sein (BVerwGE 40, 94 <96>; BVerwG 4 C 27.91 - BVerwGE 91, 234 <240>). Kompetenzrechtlich bedenklich sei es, wenn eine Vorschrift über Werbeanlagen "trotz ihrer formalen Stellung in der Landesbauordnung nach ihrem materiellen Inhalt dem Bauplanungsrecht zugerechnet werden müsste" (BVerwGE 40, 94 <96>).

2.3 An dieser bei Anlagen der Außenwerbung nach der gesetzgeberischen Zielsetzung unterscheidenden Betrachtungsweise ist festzuhalten. Die Revision macht demgegenüber geltend, § 13 Abs. 3 BauO NRW sei bodenrechtlicher Natur, weil er eine Regelung der zulässigen Art der baulichen Nutzung enthalte, die nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB ggf. i.V.m. § 1 Abs. 5, § 14 BauNVO festgesetzt werden könne. Dabei beruft sie sich auf eine im Schrifttum vertretene Ansicht, nach der das Bundesverwaltungsgericht sich in seinem BVerwG 4 B 14.05 - (Buchholz 406.17 Bauordnungsrecht Nr. 75 = BauR 2005, 1768 = ZfBR 2005, 559) von dem "finalen" Ansatz bei der Abgrenzung des Bauordnungs- vom Bauplanungsrecht verabschiedet habe (Jäde, ZfBR 2006, 9). Es verfolge nunmehr einen "instrumental-funktionalen" Ansatz, der sich auf die "rigide Formel" bringen lasse, allem, was auf Grund der Ermächtigung des § 9 Abs. 1 BauGB in einem Bebauungsplan festsetzungsfähig sei, komme bodenrechtliche Relevanz zu und sei deshalb dem Kompetenzbereich des Bauordnungsrechts entzogen. Diese Argumentation lässt nicht nur außer Acht, dass die hier umstrittene Werbeanlage im Außenbereich errichtet werden soll. Sie läuft auf den Rechtssatz hinaus, dass ein Sachverhalt, der mit den Instrumenten des Bauplanungsrechts geregelt werden könne, einer bauordnungsrechtlichen Regelung, die sich im Ergebnis wie eine bauplanungsrechtliche Festsetzung auswirke, nicht zugänglich sei. Eine derart ergebnisbezogene Sperrwirkung kann der Festsetzungskatalog in § 9 Abs. 1 BauGB nicht entfalten. Sie findet in der Rechtsprechung des Senats auch keine Stütze. Jede baurechtliche oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschrift, die zur Ablehnung eines Bauantrages führt, hat im Ergebnis eine quasi bodenrechtliche Wirkung, weil auf einem bestimmten Grundstück ein beabsichtigtes Vorhaben nicht verwirklicht werden darf.

Aus dem Senatsbeschluss vom ergibt sich nichts anderes. Er betrifft das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom (ZfBR 2005, 560) zur Aschaffenburger Stellplatz- und Garagensatzung von 1995, nach der Kfz-Stellplätze im Vorgartenbereich nicht gewerblich genutzter Grundstücke unzulässig waren. Der Verwaltungsgerichtshof erklärte die Vorschrift inzidenter für nichtig, weil sie, obgleich generell auf gestalterische Ziele ausgerichtet, nach konkretem Regelungszweck, rechtlicher Anknüpfung und Instrumentarium in den Kompetenzbereich des Bauplanungsrechts falle. Die Vorschrift suche Einfluss auf das Ortsbild zu nehmen, regele zur Verwirklichung dieses Zieles aber nicht die äußere Gestaltung einzelner baulicher Anlagen, sondern schließe Stellplätze im Vorgartenbereich flächenbezogen aus; sie regele damit unmittelbar die Nutzung von Grund und Boden. Entscheidungsmaßstab des Urteils ist die Zielsetzung des Normgebers (konkreter Regelungszweck, Regelungsgegenstand). Diesen differenzierenden Ansatz stellt der von der Revision angeführte Senatsbeschluss vom nicht in Frage; er legt ihn zugrunde. Soweit der Beschluss auf die Festsetzungsmöglichkeiten in § 9 Abs. 1 Nr. 2 und 4 BauGB i.V.m. § 23 BauNVO eingeht, geschieht dies, um - wie der Verwaltungsgerichtshof - den (objektiv-rechtlichen) Regelungszweck der Satzung herauszustellen, wie er sich bei teleologischer Auslegung mit Rücksicht auf ihren Regelungsgegenstand und die Regelungsfolgen ergibt.

3. Mit der gesetzgeberischen Zielsetzung der Verunstaltungsabwehr steht § 13 Abs. 3 Satz 1 BauO NRW nicht nur in der Regelungstradition des umgebungsbezogenen "Verunstaltungsverbots", das sich im Rahmen des "Baupolizeirechts im herkömmlichen Sinne" entwickelt hat (3.1). Auch bei Anlegung rechtssystematischer und teleologischer Abgrenzungskriterien ist nicht festzustellen, dass die Vorschrift in der Auslegung des Berufungsgerichts den Regelungsbereich des den Ländern überlassenen Bauordnungsrechts verlässt (3.2).

3.1 Aus historischer Sicht bildeten Werbeanlagen inner- und außerhalb bebauter Ortschaften bereits im frühen 20. Jahrhundert einen herausgehobenen Regelungsgegenstand der den Baupolizeibehörden zugewiesenen Abwehr von Verunstaltungen durch die äußere Gestaltung von Bauwerken (Bauten).

Die preußische Gesetzgebung zur Abwehr von Verunstaltungen ist eine Reaktion auf die Kreuzberg-Urteile des Preußischen Oberverwaltungsgerichts vom 10. Juni 1880 (PrVerwBl 1879/80, 401) und vom 14. Juni 1882 (PrOVG 9, 353 = DVBl 1985, 219), das den klassischen materiellen Polizeibegriff der Gefahrenabwehr unter Ausklammerung der sog. Wohlfahrtspflege geprägt hat, zugleich aber über die allgemeine polizeirechtliche Ermächtigung hinausgehende Beschränkungen des Eigentums im Wege der Spezialgesetzgebung für zulässig erachtete. Der preußische Gesetzgeber hat diesen Weg beschritten; andere sind ihm gefolgt (Einzelheiten bei Büge/Zinkahn, Der Rechtsschutz gegen Verunstaltung, 1952; Schulte, in: Reichel/Schulte (Hrsg.), Handbuch Bauordnungsrecht, 2004, S. 38 f., 372 ff.). Werbeanlagen (Reklameschilder, Schaukästen, Aufschriften und Abbildungen) waren in zweierlei Hinsicht Gegenstand gesetzlicher Regelungen. Sie mussten für sich betrachtet Ausdruck "anständiger Baugesinnung" und werkgerechter Durchbildung sein und sich "einwandfrei in die Umgebung einfügen". Beispiele für das umgebungsbezogene Verbot der Verunstaltung durch Werbeanlagen enthielten das Preußische Gesetz gegen die Verunstaltung landschaftlich hervorragender Gegenden vom (GS S. 159) und §§ 1 und 3 des Preußischen Gesetzes gegen die Verunstaltung von Ortschaften und landschaftlich hervorragenden Gegenden vom (GS S. 260). In den Ausführungsanweisungen der Bauverwaltung vom hieß es hierzu u.a., der Schutz vor Verunzierung durch Reklameschilder, Aufschriften und Abbildungen erstrecke sich auf das Ortsbild, sei es innerhalb oder außerhalb der bebauten Teile der Städte oder Dörfer (abgedruckt bei Büge/Zinkahn, a.a.O. S. 116).

Weitere Beispiele für die Beschränkung von Werbeanlagen innerhalb und außerhalb der Baugebiete finden sich z.B. in § 1 des Lippischen Heimatschutzgesetzes vom (Text bei Büge/Zinkahn, a.a.O. S. 123: "Die Polizeibehörden sind befugt, Anpreisungszeichen aller Art zu verbieten, wenn sie geeignet sind, Straßen, Plätze oder einzelne Bauwerke, das Ortsbild oder das Landschaftsbild zu verunstalten") und in § 1 der VO über Baugestaltung vom (RGBl I S. 938). Diese Vorschrift erfasste auch die Errichtung von Werbeeinrichtungen, soweit sie bauliche Anlagen darstellten (Büge/Zinkahn, a.a.O. S. 55). Hiervon ausgehend hat das Bundesverwaltungsgericht die Vorschrift im Hinblick auf den rechtsstaatlichen Grundsatz der Bestimmtheit von Rechtsnormen im Wege der verfassungskonformen Auslegung auf die Verunstaltungsabwehr begrenzt ( BVerwG 1 C 146.53 - BVerwGE 2, 172 <175 ff.>). Der umgebungsbezogene Schutz besteht nach diesem Urteil darin, dass die bauliche Anlage das Gesamtbild der Umgebung nicht stören dürfe, der Gegensatz zwischen der Anlage und der Umgebung "von dem Betrachter also nicht als belastend oder Unlust erregend empfunden" werde.

Die Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts und das begleitende Schrifttum ordneten die Vorschriften zum Schutz gegen Verunstaltung durch Werbeanlagen dem Bereich der "Wohlfahrtspolizei" zu und werteten sie als Ausdruck gewandelter ästhetischer Anschauungen. Das Verunstaltungsrecht wende sich gegen die Gefährdungen ästhetischer Belange, die vom bisherigen Verständnis der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne der polizeilichen Generalklauseln nicht erfasst worden seien. Anknüpfungspunkt des Schutzes vor Verunstaltung war stets die äußere Erscheinung baulicher Anlagen. Das gilt für das Anbringen von Werbeanlagen an Gebäuden ebenso wie für freistehende ortsfeste Werbeanlagen und erstreckte sich auf Werbeanlagen in bebauten Gebieten ebenso wie auf solche in der freien unbebauten Landschaft (vgl. im Einzelnen Baltz/Fischer, Preußisches Baupolizeirecht, 6. Aufl. 1934, S. 176 ff.; Isay, Das Preußische Bau- und Wohnungsrecht, 1933, S. LXV; Büge/Zinkahn, a.a.O. S. 50 ff.). § 13 Abs. 3 Satz 1 BauO NRW führt diese Regelungstradition fort.

3.2 In der Auslegung des Berufungsgerichts greift die Vorschrift des § 13 Abs. 3 Satz 1 BauO NRW auch dann nicht in die bundesrechtliche Zuständigkeit für das Bodenrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG) ein, wenn sie - losgelöst von ihrem entstehungsgeschichtlichen Hintergrund - an den von der Revision angeführten abstrakten Kriterien zur Abgrenzung von Bauordnungs- und Bauplanungsrecht gemessen wird.

Die Revision macht geltend, die Vorschrift statuiere die generelle Unzulässigkeit eines bestimmten "Typs baulicher Anlagen" im Außenbereich. Verboten werde eine "Art der baulichen Nutzung". § 13 Abs. 3 BauO NRW habe "unmittelbar" Grund und Boden zum Gegenstand. Die Regelung sei "flächenbezogen", weil sie sich mit dem "Einfügen eines Bauvorhabens in die Umgebung" befasse. Das Bauordnungsrecht stelle in seinem materiellrechtlichen Teil Anforderungen an "ein konkretes Bauwerk". Es sei daher "objektbezogen". § 13 Abs. 3 BauO NRW stelle gegenüber Absatz 2 der Vorschrift keine "zusätzlichen gestalterischen Anforderungen" an eine bauliche Anlage, sondern wolle abschließend über die Zulässigkeit eines bestimmten Anlagentypus im Außenbereich entscheiden. Der Rückgriff auf diese Abgrenzungskriterien spiegelt eine dogmatische Trennschärfe vor, die so nicht besteht.

Der Hinweis auf den "objektbezogenen" Ansatz des Baugestaltungsrechts (Bauordnungsrechts) kann die Kompetenzwidrigkeit des § 13 Abs. 3 BauO NRW nicht begründen. Der Bezugspunkt "Bauwerk" wird zwar bei dem gebäudebezogenen Verunstaltungsverbot in § 12 Abs. 1 BauO NRW besonders deutlich. Nach dieser Vorschrift müssen bauliche Anlagen nach Form, Maßstab, Verhältnis der Baumassen und Bauteile zueinander, Werkstoff und Farbe so gestaltet sein, dass sie nicht verunstaltet wirken. Maßstab der rechtlichen Beurteilung sind hier vor allem Gestaltungen des Daches (Dachform, Dacheindeckung, Farbton) und die Gestaltung der Fassade und der Fenster. Das (umgebungsbezogene) Verbot baulicher Anlagen und Werbeanlagen, die das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild verunstalten (§ 12 Abs. 2, § 13 Abs. 2 BauO NRW), verschiebt jedoch nur den Maßstab für das Merkmal der Verunstaltung. Nicht das einzelne Bauwerk, sondern sein Verhältnis zur Umgebung gerät in das Blickfeld des fiktiven Betrachters. Das Bauwerk wird nicht isoliert betrachtet, sondern in eine Beziehung zum "gestalterischen Eigenwert der Umgebung" gesetzt (Moench/Schmidt, Die Freiheit der Baugestaltung, 1989, S. 16). Auch diese Betrachtungsweise bleibt "objektbezogen".

Der Einwand der Revision, § 13 Abs. 3 Satz 1 BauO NRW stelle gegenüber Absatz 2 der Vorschrift keine "zusätzlichen gestalterischen Anforderungen" an Werbeanlagen, sondern schließe sie im Außenbereich grundsätzlich aus, berücksichtigt nicht, dass das Berufungsgericht das Errichtungsverbot im Außenbereich der Sache nach auf die typisierende Annahme des Gesetzgebers zurückführt, Werbeanlagen, insbesondere solche der Fremdwerbung (und der Eigenwerbung außerhalb der Stätte der Leistung), fügten sich in der Regel auch dann, wenn sie an sich nicht verunstaltet ("unschön") seien, nicht "einwandfrei" in die Umgebung ein, weil sie verunstaltend auf das Landschaftsbild einwirkten. Damit trägt der Landesgesetzgeber dem Umstand Rechnung, dass Werbeanlagen optisch auffallen und gezielt Aufmerksamkeit auf sich lenken sollen. Aus dieser Sicht kann der grundsätzliche Ausschluss von Werbeanlagen durchaus das Ergebnis rechtlicher Anforderungen an die äußere Gestaltung baulicher Anlagen im Außenbereich sein. Die Ausnahmetatbestände in § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 3 BauO NRW verdeutlichen die gestalterische Zielsetzung, soweit sie Werbung in der Form von Hinweisschildern auf einer Tafel vor Ortsdurchfahrten bzw. Hinweiszeichen an Verkehrswegen für zulässig erklären.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass baugestalterische Anforderungen an Werbeanlagen "tatbestandlich an deren Aufstellung in (planungsrechtlich) bestimmten Baugebieten" anknüpfen dürfen ( BVerwG 4 C 11.69 - BVerwGE 40, 94 <97 f.>). Der erkennende Senat hat ferner "das baupflegerische Ziel, eine Beeinträchtigung des vorhandenen oder durch Planung gestalteten Charakters eines Baugebietes zu verhindern", als begründetes öffentliches Anliegen bezeichnet und seine normative Ausgestaltung dem Bauordnungsrecht (Baugestaltungsrecht) überlassen ( BVerwG 4 C 73.65 - BVerwGE 21, 251 <255>). Dieser Regelungsansatz kann auf die Verunstaltungsabwehr im Außenbereich übertragen werden. Ob sich der Landesgesetzgeber diese Sichtweise zu eigen macht, bleibt ihm überlassen. Das zu prüfen, ist Aufgabe der Tatsachengerichte, nicht des Revisionsgerichts. Die generelle Verbannung von Anlagen der Fremdwerbung aus dem Außenbereich in Gestalt eines grundsätzlichen Verbots (mit Ausnahmen) ist zunächst nur eine Frage der gesetzgeberischen Regelungstechnik. Die typisierende Betrachtungsweise ist kein Vorrecht der Städtebaugesetzgebung.

In der gesetzgeberischen Zielsetzung der Verunstaltungsabwehr besitzt § 13 Abs. 3 Satz 1 BauO NRW nicht den flächenbezogenen Regelungsinhalt, der die Normen des Bauplanungsrechts kennzeichnet. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist zwar inzwischen geklärt, dass Werbeanlagen der Außenwerbung, welche bauliche Anlagen im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB sind und Fremdwerbung zum Gegenstand haben, bauplanerisch eine eigenständige Hauptnutzung darstellen, deren Zulässigkeit sich im beplanten Innenbereich nach den Vorschriften der §§ 2 ff. BauNVO richtet ( BVerwG 4 C 27.91 - BVerwGE 91, 234). Entsprechendes gilt für bauliche Anlagen der Fremdwerbung und der Eigenwerbung außerhalb der Stätte der Leistung, die im Außenbereich errichtet werden sollen. Sie sind u.a. nach § 35 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB zu beurteilen und im Einzelfall unzulässig, wenn sie die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigen oder das Orts- und Landschaftsbild verunstalten. Die Vorschriften des Bauplanungsrechts verfolgen jedoch ein anderes Regelungsziel als § 13 Abs. 3 Satz 1 BauO NRW und vergleichbare landesrechtliche Vorschriften der bauordnungsrechtlichen Verunstaltungsabwehr.

Die Regelungen des § 35 BauGB dienen ebenso wie bauplanerische Festsetzungen aus dem Katalog des § 9 BauGB dazu, konkurrierende Bodennutzungen und Bodenfunktionen zu koordinieren und in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Rechtlicher Anknüpfungspunkt ist die Inanspruchnahme von Grund und Boden. Regelungsgegenstand ist die flächenhafte Zuweisung von Nutzungsrechten, die Gestaltung eines Nutzungsregimes. § 13 Abs. 3 BauO NRW beschränkt die Zulässigkeit von Anlagen der Außenwerbung außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile nicht, weil sie Grund und Boden in Anspruch nehmen und eine andere Flächennutzung an diesem Standort ausschließen. Das zeigt sich schon darin, dass die Vorschrift Werbeanlagen unabhängig davon erfasst, ob sie als selbstständige und freistehende bauliche Anlage Grundfläche für sich beanspruchen oder ob sie - wie im vorliegenden Fall - bautechnisch an einer bereits bestehenden Anlage ohne zusätzliche Flächeninanspruchnahme angebracht werden sollen. Das grundsätzliche Verbot, Werbeanlagen im Außenbereich zu errichten, beruht wie ausgeführt darauf, dass solche Anlagen sich bei typisierender Betrachtung wegen ihres äußeren Erscheinungsbildes und ihrer Gestaltung nicht in die Umgebung einfügen. Allein der Umstand, dass die Abwehr von Werbeanlagen faktisch denjenigen zugutekommt, die im Außenbereich Ruhe und Erholung suchen, ohne durch kommerzielle Werbung angesprochen und gestört zu werden, verleiht § 13 Abs. 3 Satz 1 BauO NRW keinen bauplanungsrechtlichen Charakter. Eine Verletzung der Bundeszuständigkeit für das Bodenrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG) liegt nicht schon dann vor, wenn eine bauordnungsrechtliche (baugestalterische) Vorschrift, die der Abwehr verunstaltender baulicher Anlagen dient, in der konkreten Rechtsanwendung zu Ergebnissen führt, die im Einzelfall auch auf der Grundlage von § 35 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB erzielt werden könnten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 10 000 € festgesetzt.

Fundstelle(n):
IAAAC-66052