Keine Fehlertoleranzen bei der zollamtlichen Überprüfung, ob die Ausfuhrerzeugnisse der in der Ausfuhranmeldung angegebenen Marktordnungs-Warenlistennummer entsprechen
Gesetze: ZK Art. 68, ZK Art. 70 Abs. 1
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) meldete im Dezember 2000 beim Hauptzollamt S eine Warensendung gefrorener Hühner bestehend aus 1 537 Kartons mit je acht Geflügelkörpern zur Ausfuhr nach Russland an, die sie als „Hühner, unzerteilt, gefroren, gerupft und ausgenommen, o. Kopf u. Ständer, mit Hals, Herz, Leber u. Muskelmagen, gen. Hühner 70 v.H., deren Brustbeinfortsatz, Ober- Unterschenkel nicht vollständig verknöchert sind” der Marktordnungs-Warenlistennummer 0207 12 10 9900 bezeichnete. Das Hauptzollamt S entnahm drei verschiedenen Kartons jeweils zwei Geflügelkörper als Probe, die es an die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt (ZPLA) übersandte. In ihren daraufhin erstellten Untersuchungszeugnissen und Gutachten kam die ZPLA zu dem Ergebnis, dass nur einer der sechs untersuchten Geflügelkörper den Voraussetzungen der angegebenen Marktordnungs-Warenlistennummer 0207 12 10 9900 entsprochen habe, die anderen Geflügelkörper seien entweder nicht vollständig gerupft gewesen oder hätten zu viele Innereien enthalten. Der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt —HZA—) versagte daraufhin die beantragte Ausfuhrerstattung für eine Teilmenge von 17 217,9 kg, was im Wege einer Hochrechnung des Gewichtsanteils der untersuchten nicht erstattungsfähigen Proben auf das Gesamtgewicht einem Anteil von 81,52 % entsprach.
Das Finanzgericht (FG) gab der hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage statt und verpflichtete das HZA, Ausfuhrerstattung auch für die genannte Teilmenge zu gewähren. Das FG urteilte, dass die Untersuchungsergebnisse der durchgeführten Teilbeschau nicht auf den übrigen Teil der angemeldeten Ware anzuwenden seien, da der Eintritt der gesetzlichen Beschaffenheitsfiktion gemäß Art. 70 Abs. 1 Unterabs. 1 des Zollkodex (ZK) voraussetze, dass der Teilbeschau eine repräsentative Probe zugrunde gelegt werde. Hieran fehle es aber im Streitfall. Den Vorschriften der Verordnung (EWG) Nr. 1538/91 (VO Nr. 1538/91) der Kommission vom mit ausführlichen Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EWG) Nr. 1906/90 des Rates über bestimmte Vermarktungsnormen für Geflügelfleisch (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften —ABlEG— Nr. L 143/11) i.d.F. der Änderungs-Verordnung (EWG) Nr. 2891/93 (VO Nr. 2891/93) der Kommission vom (ABlEG Nr. L 263/12) sei der Gedanke zu entnehmen, dass bei der Frage, ob eine bestimmte Menge Geflügelfleisch gemeinschaftsrechtlichen Mindeststandards entspreche, Fehlertoleranzen zuzulassen seien. Damit werde dem Umstand Rechnung getragen, dass die Qualität von Naturerzeugnissen von verschiedenen Umweltfaktoren beeinflusst werde und dass auch unter Beachtung größter Sorgfalt und Aufmerksamkeit sog. Ausreißer nicht ausgeschlossen werden könnten. Daraus folge, dass eine repräsentative Stichprobe nicht nur aus einer einzelnen Probe bestehen dürfe, sondern eine am Gesamtumfang der Warensendung orientierte Größe haben müsse. Bezogen auf die streitige Ausfuhrsendung hätte eine repräsentative Probe mehr als nur sechs Geflügelkörper, sondern wenigstens zwei vollständige Kartons umfassen müssen. Insoweit sei nämlich auch zu berücksichtigen, dass die Zollverwaltung bei einer Sendung von mehr als 1 000 angemeldeten Packstücken einen Prüfungsumfang von mindestens 20 Packstücken annehme und dass nach der zu verallgemeinernden Vorgabe des Verordnungsgebers gemäß Art. 2 Abs. 1 der (seinerzeit gültigen) Verordnung (EG) Nr. 2457/97 (VO Nr. 2457/97) der Kommission vom über die Probenahme für die Warenkontrolle von entbeinten Teilstücken von Rindfleisch, für die eine Ausfuhrerstattung gewährt werden soll (ABlEG Nr. L 340/29), eine repräsentative Probe aus zwei Kartons bestehen müsse, die an unterschiedlichen Stellen der Sendung zu entnehmen seien.
Die Ermittlung der Menge der erstattungsfähigen Geflügelkörper im Wege der Schätzung komme im Streitfall nicht in Betracht, weil es bei nur sechs untersuchten Geflügelkörpern, was bezogen auf die Gesamtmenge ein Anteil von weniger als 0,05 % sei, an einer hinreichend sicheren Schätzungsgrundlage fehle. Vielmehr seien in Ermangelung eines verwertbaren Prüfungsergebnisses die in der Ausfuhranmeldung enthaltenen Angaben gemäß Art. 71 Abs. 2 ZK zugrunde zu legen gewesen.
Mit seiner Revision beruft sich das HZA auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach sich die Frage, ob die gezogene Probe repräsentativ sei, in solchen Fällen nicht stelle, in denen in der Zollanmeldung nicht angegeben sei, dass die Ware in sich unterschiedlich beschaffen sei, und sich die Zollbehörde dann darauf beschränken dürfe, eine einzige Probe zu entnehmen. Die vom FG vorgenommene Übertragung des Stichprobenumfangs, wie er in der VO Nr. 1538/91 und der VO Nr. 2457/97 geregelt sei, sei nicht zulässig, da diese Verordnungen die Vermarktung von Geflügelfleisch in der Gemeinschaft, also keine Ausfuhrerzeugnisse, bzw. die Gewährung von Ausfuhrerstattungen für Rindfleisch beträfen.
Das HZA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Sie schließt sich der Rechtsauffassung des FG an und macht geltend, dass der Anspruch auf die beantragte Ausfuhrerstattung bestehe, weil die zur Ausfuhr angemeldeten Geflügelkörper die Mindestanforderungen gemäß der VO Nr. 1538/91 erfüllt hätten. Durch die Vorlage der Veterinärzeugnisse sei der Nachweis der Erstattungsberechtigung erbracht worden. Dieser Nachweis könne nicht im Rahmen einer Teilbeschau durch eine einzelne, nicht repräsentative Probe erschüttert werden. Schließlich folge auch aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom Rs. C-353/04 (EuGHE 2006, I-7357, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern —ZfZ— 2006, 349), dass die Vorschriften der VO Nr. 1538/91 zum Stichprobenumfang Anwendung fänden, woraus folge, dass im Streitfall die vom Hauptzollamt S entnommene Stichprobe nicht als repräsentativ angesehen werden könne.
II. Die Revision des HZA ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das Urteil des FG verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der angefochtene Teilablehnungsbescheid ist rechtmäßig (§ 101 FGO).
1. Nach dem Ergebnis der Untersuchung der entnommenen Proben durch die ZPLA kann nicht davon ausgegangen werden, dass mit der streitigen Ausfuhrsendung ausschließlich die in der Ausfuhrlizenz der Klägerin angegebenen Erzeugnisse der Marktordnungs-Warenlistennummer 0207 12 10 9900 ausgeführt worden sind. Danach waren drei der sechs untersuchten Geflügelkörper nicht vollständig gerupft und weitere zwei enthielten zu viele Innereien. Zutreffend hat das FG in einem nahezu gleich liegenden Fall der Klägerin mit Urteil vom IV 218/01 (ZfZ 2005, 128) angenommen, dass gefrorene Hühner der Unterpos. 0207 12 10 der Kombinierten Nomenklatur vollständig gerupft und dass dem Schlachtkörper die dort genannten Innereien jeweils in einfacher Anzahl beigefügt sein müssen mit der Folge, dass bei einer Organdoppelung die Zahl der zolltariflich zulässigen Innereien der Marktordnungs-Warenlistennummer 0207 12 10 9900 überschritten ist. Dies ist auch zwischen den Beteiligten nicht im Streit.
Die von der Klägerin im Streitfall vorgelegte Ausfuhrlizenz ist gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1932/00 der Kommission vom zur Festsetzung der Ausfuhrerstattungen auf dem Geflügelfleischsektor (ABlEG Nr. L 231/9), für Erzeugnisse der Marktordnungs-Warenlistennummer 0207 12 10 9900 ausgestellt worden. Für Erzeugnisse, die nicht dieser Marktordnungs-Warenlistennummer entsprechen, kann daher Ausfuhrerstattung nicht gewährt werden (Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 —VO Nr. 800/1999— der Kommission vom , ABlEG Nr. L 102/11); auch dies ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit.
2. Zu Unrecht hat das FG indes angenommen, dass die Untersuchungsergebnisse der ZPLA mangels Repräsentativität der gezogenen Proben nicht verwertbar seien und dass deshalb gemäß Art. 71 Abs. 2 ZK hinsichtlich der Beschaffenheit der Ausfuhrwaren die Angaben in der Ausfuhranmeldung zugrunde gelegt werden müssten.
Da das Ausfuhrverfahren ein Zollverfahren ist (Art. 4 Nr. 16 Buchst. h ZK), sind für die amtlichen Feststellungen zur Warenbeschaffenheit die Art. 68 ff. ZK einschlägig (EuGH-Urteil in EuGHE 2006, I-7357, ZfZ 2006, 349; Senatsurteil vom VII R 19, 35/03, zur Veröffentlichung in BFHE bestimmt, ZfZ 2007, 160).
a) Art. 71 Abs. 2 ZK, auf den das FG seine Entscheidung gestützt hat, findet auf den Streitfall keine Anwendung, weil eine Überprüfung der Ausfuhranmeldung der Klägerin stattgefunden hat. Das Hauptzollamt S hat gemäß Art. 68 Buchst. b, Art. 70 ZK eine Teilbeschau unter Entnahme von Proben durchgeführt, deren Ergebnisse nach Art. 70 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK für alle in der Anmeldung bezeichneten Waren gelten. Es handelte sich dabei auch nicht um eine fehlerhafte und damit unwirksame Teilbeschau, weshalb die Klägerin —anders als der Ausführer in dem vom Senat in ZfZ 2007, 160 entschiedenen Fall— nicht so zu behandeln ist, als hätte eine Überprüfung ihrer Anmeldung überhaupt nicht stattgefunden. Der Ansicht des FG, wonach die Beschaffenheitsfiktion gemäß Art. 70 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK voraussetzt, dass bei Waren der vorliegenden Art die Warenprobe in der Weise repräsentativ zu sein hat, dass sie wenigstens zwei vollständige Kartons umfasst, folgt der Senat nicht.
aa) Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass die Entscheidung, ob und in welchem Umfang die Beschaffenheit des Zollguts ermittelt wird, im pflichtgemäßen Ermessen der Zollbehörde liegt und dass es regelmäßig einer pflichtgemäßen Ermessensausübung entspricht, wenn sich die Zollbehörde in Fällen, in denen die Ware als einheitlich beschaffen angemeldet wird, auf die Beschau von Stichproben beschränkt. Die gesetzliche Fiktion, dass der nicht geprüfte Teil der Ware dem geprüften Teil entspricht, setzt in diesen Fällen grundsätzlich nicht voraus, dass es sich bei den entnommenen und geprüften Proben um Durchschnittsproben der angemeldeten Waren handelt (vgl. zuletzt: Senatsurteil vom VII R 40/04, BFHE 212, 312, ZfZ 2006, 229, m.w.N.; ebenso Lichtenberg in Dorsch, Zollrecht, Art. 70 ZK Rz 2; Schwarz in Schwarz/Wockenfoth, Zollrecht, 3. Aufl., Art. 70 ZK Rz 7; Witte/Henke, Zollkodex, 4. Aufl., Art. 70 Rz 2 a.E.).
Der Zollanmelder ist nach Art. 62 Abs. 1 Satz 2 ZK verpflichtet, die Waren mit den Merkmalen anzumelden, die für das von ihm beantragte Zollverfahren erforderlich sind. Zu diesen Merkmalen gehört bei der Ausfuhr von Erzeugnissen, für welche Ausfuhrerstattung beansprucht werden soll, die genaue Beschreibung der Beschaffenheit der Erzeugnisse, mithin auch, ob die angemeldete Ausfuhrsendung in sich unterschiedlich beschaffen ist. Macht der Anmelder solche Angaben zu einer etwaigen unterschiedlichen Beschaffenheit nicht, bekundet er selbst, dass sich Fragen zum Umfang und zur Repräsentativität einer Durchschnittsprobe von vornherein nicht stellen, weil in Fällen dieser Art bereits eine einzige Probe die gesamte Ausfuhrsendung „repräsentiert”. Die Zollbehörde kann dann von einer einheitlichen Beschaffenheit der Erzeugnisse ausgehen und ihr weiteres Verwaltungshandeln und die in ihrem Ermessen stehende Entscheidung über den Umfang der Probenziehung danach ausrichten und sich darauf beschränken, eine Stichprobe zu entnehmen, die ausreicht, um die erforderliche Beschaffenheitsuntersuchung durchzuführen (Senatsurteil in BFHE 212, 312, ZfZ 2006, 229, m.w.N.).
bb) Da im Streitfall die Klägerin in ihrer Ausfuhranmeldung keine Angaben über eine unterschiedliche Beschaffenheit der Erzeugnisse gemacht hat, stellt sich die Entscheidung des Hauptzollamts S, lediglich eine Stichprobe von sechs Geflügelkörpern untersuchen zu lassen, nicht als ermessensfehlerhaft dar, denn diese Probenmenge war fraglos ausreichend, um die Übereinstimmung ihrer Beschaffenheit mit den Angaben in der Ausfuhranmeldung zu überprüfen. Auch die das Ermessen der Zollbehörde regelnde Dienstvorschrift Ausfuhrerstattungsrecht —ErstDV— (Vorschriftensammlung der Bundesfinanzverwaltung —VSF— M 35 65) verpflichtete nicht zu einer umfassenderen Probenziehung. Vielmehr schreibt Abs. 2 der Anlage 2 zur ErstDV für Waren der vorliegenden Art eine Mindestprobenmenge von 500 g vor. Der vom FG angeführte Abs. 25 ErstDV gilt —worauf das HZA zutreffend hinweist— für die Beschau, während die Entnahme von Proben in der Anlage 2 zur ErstDV geregelt wird.
cc) Das Hauptzollamt S war auch nicht aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften gehalten, der Ausfuhrsendung eine größere Probenmenge zu entnehmen und diese auf ihre Beschaffenheit zu untersuchen. Art. 7 VO Nr. 1538/91 i.d.F. der VO Nr. 2891/93, der hinsichtlich der Qualitätsanforderungen an Geflügelfleisch bestimmte Fehlertoleranzen vorsieht und aus diesem Grund den Umfang regelt, den eine Probenziehung zum Zweck der Warenkontrolle haben muss, findet auf den Streitfall keine Anwendung, denn diese Vorschrift gilt nach Art. 1 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1906/90 des Rates vom über Vermarktungsnormen für Geflügelfleisch (ABlEG Nr. L 173/1), deren Durchführung sie dient, nicht für zur Ausfuhr aus der Gemeinschaft bestimmtes Geflügelfleisch.
Wenn der EuGH in seinem Urteil in EuGHE 2006, I-7357, ZfZ 2006, 349 und —ihm folgend— der erkennende Senat mit Urteil in ZfZ 2007, 160 auf den seinerzeit zu entscheidenden Fall Art. 7 VO Nr. 1538/91 gleichwohl angewandt haben, so war dies dadurch gerechtfertigt, dass in jenem Fall die gesunde und handelsübliche Qualität der Ausfuhrerzeugnisse (Art. 21 Abs. 1 VO Nr. 800/1999) zweifelhaft war. Da es hinsichtlich dieser Frage darauf ankommt, ob ein ausgeführtes Erzeugnis im Gebiet der Gemeinschaft unter normalen Bedingungen vermarktungsfähig ist, haben der EuGH und der erkennende Senat es in jenem Fall für gerechtfertigt gehalten, insoweit die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften der VO Nr. 1538/91 heranzuziehen, welche die Vermarktungsnormen für Geflügelfleisch festlegen. Deshalb war es in jenem Fall geboten, auch die insoweit eingeräumten Fehlertoleranzen und den bei der Qualitätsüberprüfung jeweils vorgeschriebenen Stichprobenumfang zu beachten.
Im Streitfall geht es jedoch nicht um die gesunde und handelsübliche Qualität der ausgeführten Erzeugnisse, sondern um die Frage, ob die Ausfuhrerzeugnisse den Voraussetzungen der Marktordnungs-Warenlistennummer 0207 12 10 9900 entsprachen und somit erstattungsfähig sind. Hinsichtlich dieser Frage, ob Ausfuhrerzeugnisse mit den Beschaffenheitsmerkmalen der Satzverordnung und den darauf beruhenden Angaben in der Ausfuhrlizenz übereinstimmen, räumen aber die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften keine Fehlertoleranzen ein. Für eine Ausfuhrsendung, die —weil nur zum Teil der Satzverordnung entsprechend— nicht in vollem Umfang erstattungsfähig ist, kann nicht die volle Ausfuhrerstattung mit der Begründung gewährt werden, dass der nicht erstattungsfähige Teil im Sinne einer zu berücksichtigenden Fehlertoleranz nur gering gewesen ist. Anders als das FG meint, kann daher der VO Nr. 1538/91 kein Rechtsgedanke entnommen werden, der das der Zollbehörde hinsichtlich des Umfangs der Teilbeschau und der Stichprobenentnahme eingeräumte Ermessen begrenzt, wenn es um die Überprüfung der die Erstattungsfähigkeit begründenden Beschaffenheitsmerkmale der Ausfuhrerzeugnisse geht. Deshalb liegt auch die Erwägung des FG neben der Sache, dass kein Grund ersichtlich sei, weshalb Geflügelfleisch, welches die in Art. 7 VO Nr. 1538/91 festgelegten Fehlertoleranzen nicht überschreite und deshalb in der Gemeinschaft vermarktet werden könne, nicht auch unter Inanspruchnahme von Ausfuhrerstattung in ein Drittland ausgeführt werden dürfe. Es geht vorliegend nämlich nicht um die Vermarktungsfähigkeit der ausgeführten Erzeugnisse, denn es steht außer Streit und wird auch durch die Untersuchungszeugnisse und Gutachten der ZPLA bestätigt, dass die ausgeführten gefrorenen Hühner handelsübliche Qualität besaßen und in der Gemeinschaft vermarktungsfähig waren und dass Art. 21 Abs. 1 VO Nr. 800/1999 der Erstattungsgewährung nicht entgegensteht.
dd) Anders als das FG meint, ist auch Art. 2 Abs. 1 VO Nr. 2457/97 keine zu verallgemeinernde Vorgabe des Verordnungsgebers zu entnehmen, dass eine repräsentative Probe vollständige Kartons der Ausfuhrsendung umfassen müsse. Wie sich aus den Erwägungsgründen jener Verordnung ergibt, betrifft diese nur die Ausfuhr von einzeln verpacktem Rindfleisch, welches einen bestimmten Gehalt an magerem Fleisch aufweisen muss, und soll dem Umstand Rechnung tragen, dass die Probenentnahme in den Mitgliedstaaten bis dahin unterschiedlich durchgeführt wurde. Es geht mithin allein um die Probenentnahme bei Erzeugnissen, bei denen der Erstattungssatz von einem spezifischen Gehalt abhängt (vgl. Art. 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 2221/95 der Kommission vom zur Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 386/90 des Rates hinsichtlich der Warenkontrolle bei der Ausfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse, für die eine Erstattung gewährt wird, ABlEG Nr. L 224/13). Die für die Erstattung maßgeblichen besonderen Beschaffenheitsmerkmale von Rindfleisch dieser Art, denen mit den Vorschriften der VO Nr. 2457/97 Rechnung getragen werden soll, bestehen bei gefrorenen Hühnern, wie sie im Streitfall ausgeführt worden sind, nicht.
ee) Die Zollbehörde wird zwar im Rahmen ihrer Ermessensausübung zu berücksichtigen haben, dass bei bestimmten Waren die Untersuchung nur einer einzelnen Probe zu einer Beschaffenheitsfeststellung führen kann, die mit Unsicherheiten behaftet ist, weshalb aus diesem Grund Proben an verschiedenen Stellen der Sendung zu ziehen sind, um eine repräsentative Durchschnittsprobe zu erhalten (vgl. zum Erfordernis einer repräsentativen Durchschnittsprobe bei Schüttgut und Flüssigkeiten: Schwarz in Schwarz/Wockenfoth, a.a.O., Art. 70 ZK Rz 4, 7; Witte/Henke, a.a.O., Art. 70 Rz 2, m.w.N.; Abs. 10 der Dienstanweisung zur Entnahme und Behandlung von Proben zum Untersuchen, VSF Z 07 12). Die Ausfuhrsendung der Klägerin wies allerdings nach den in der Ausfuhranmeldung enthaltenen Angaben solche Besonderheiten nicht auf. Der Erwägung des FG, dass die Qualität von Naturerzeugnissen von verschiedenen Umweltfaktoren beeinflusst werde, ist schon deshalb nicht zu folgen, weil es vorliegend nicht um die —möglicherweise schwankende— Beschaffenheit von Naturerzeugnissen geht, sondern um Unzulänglichkeiten bei der Bearbeitung der Geflügelkörper (nicht vollständiges Rupfen sowie Versehen mit zu vielen Innereien).
b) Es besteht nach alledem kein Grund, die vom Hauptzollamt S vorgenommene Probenziehung als mangelhaft anzusehen. Gemäß Art. 70 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK gilt somit das Ergebnis der Probenuntersuchung für alle in der Anmeldung bezeichneten Waren. Allerdings hat die Probenuntersuchung zu einem nicht einheitlichen Ergebnis geführt. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG und den insoweit in Bezug genommenen Untersuchungszeugnissen und Gutachten der ZPLA war von den sechs untersuchten Geflügelkörpern nur einer der Marktordnungs-Warenlistennummer 0207 12 10 9900 zuzuordnen und damit erstattungsfähig.
3. Es ist nicht erkennbar, dass sonstige geeignete Beweismittel zur Verfügung stehen, um die in der streitigen Ausfuhrsendung enthaltene Menge erstattungsfähiger Waren zweifelsfrei (vgl. EuGH-Urteil in EuGHE 2006, I-7357, ZfZ 2006, 349 Rz 68) zu ermitteln; anders als die Klägerin meint, ist das Veterinärzeugnis kein insoweit geeignetes Beweismittel, da es nicht die Übereinstimmung der Ausfuhrerzeugnisse mit der Satzverordnung bescheinigt. Es ist daher von einem sich gemäß Art. 70 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK auf die gesamte Ausfuhrsendung erstreckenden Ergebnis der Probenuntersuchung auszugehen, wonach die Ausfuhrsendung der Klägerin in sich uneinheitlich beschaffen war und sowohl erstattungsfähige als auch nicht erstattungsfähige Erzeugnisse enthielt. Unter diesen Umständen ist —wie der EuGH in EuGHE 2006, I-7357, ZfZ 2006, 349 ausgeführt hat— das Verhalten des Ausführers und das der Zollbehörde danach zu würdigen, inwieweit diese jeweils ihre Rechte ausgeübt und ihre Verpflichtungen erfüllt haben, um aufgrund dieser Feststellung die angemessenen Konsequenzen hinsichtlich des Anspruchs auf Ausfuhrerstattung zu ziehen.
Diese Würdigung führt unter Berücksichtigung der materiellen Beweislast zu dem Ergebnis, dass die Unaufklärbarkeit der Zusammensetzung der streitigen Ausfuhrsendung zu Lasten der Klägerin gehen muss. Dem Ausführer und nicht der Zollbehörde obliegt nämlich die materielle Beweislast für die Beschaffenheit der Ausfuhrerzeugnisse; der Ausführer hat danach seine im Ausfuhrverfahren gemachten Angaben zu beweisen und hat für den Fall, dass er dies nicht kann, die Feststellungslast zu tragen, falls Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Angaben unzutreffend sein könnten (vgl. Senatsurteil in ZfZ 2007, 160, m.w.N.; § 16 Abs. 1 Satz 3 der Ausfuhrerstattungsverordnung). Im Streitfall bestehen solche Anhaltspunkte, weil sich trotz der sehr geringen Probenmenge fünf der sechs entnommenen Geflügelkörper als nicht erstattungsfähig erwiesen haben. Unter solchen Umständen ist die —evtl. vom FG vertretene— Annahme nicht gerechtfertigt, dass es sich insoweit um sog. „Ausreißer” gehandelt hat, die sich bei der Herstellung der Ausfuhrerzeugnisse auch unter Beachtung größter Sorgfalt nicht ausschließen lassen; vielmehr bestehen ernstliche Zweifel an der Erstattungsfähigkeit der gesamten angemeldeten Ausfuhrsendung. Anders als in dem vom Senat mit dem Urteil in ZfZ 2007, 160 entschiedenen Fall, in dem hinsichtlich der handelsüblichen Qualität der Erzeugnisse bestimmte Fehlertoleranzen eingeräumt waren, verhält es sich nämlich vorliegend nicht so, dass die Ausfuhrsendung auch einen bestimmten Anteil nicht erstattungsfähiger, d.h. nicht unter die Marktordnungs-Warenlistennummer 0207 12 10 9900 fallender, Erzeugnisse enthalten durfte und der Fund von fünf nicht erstattungsfähigen Geflügelkörpern deshalb nicht außergewöhnlich erscheinen musste.
Die Folgen der Unaufklärbarkeit der Erstattungsvoraussetzungen können sich dagegen nicht zu Lasten des HZA auswirken, denn es kann —wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt— im Streitfall nicht davon ausgegangen werden, dass die Zollbehörde die einschlägigen Bestimmungen, die sie hätte kennen müssen, missachtet hat und dass sie mit den nunmehr aufgetretenen Zweifeln an der Erstattungsfähigkeit der Ausfuhrerzeugnisse die Klägerin in eine Beweisnot bringt, die durch eine den Vorschriften entsprechende Beschau und Probenziehung hätte vermieden werden können (vgl. dazu: Senatsurteil in ZfZ 2007, 160). Vielmehr ist im Ergebnis festzuhalten, dass die Zollbehörde die einschlägigen Vorschriften beachtet hat, während die Klägerin ihren Verpflichtungen nicht ausreichend nachgekommen ist, denn sie hatte es in der Hand, durch ausreichende Kontrollen der Ausfuhrerzeugnisse sicherzustellen, dass diese den Anforderungen der Marktordnungs-Warenlistennummer 0207 12 10 9900 entsprachen.
Ob im Streitfall die —vom FG mangels sicherer Schätzungsgrundlage verneinte— Möglichkeit besteht, auf der Grundlage der uneinheitlichen Untersuchungsergebnisse der ZPLA eine —gegenüber einer Beweislastverteilung vorrangige— Schätzung des Mengenverhältnisses der erstattungsfähigen und der nicht erstattungsfähigen Teile der Ausfuhrsendung vorzunehmen, kann offenbleiben, weil es als für die Klägerin günstigste Schätzungsmöglichkeit allenfalls in Betracht käme, die Mengenverhältnisse in der streitigen Ausfuhrsendung unter Zugrundelegung der Gewichtsanteile der erstattungsfähigen bzw. nicht erstattungsfähigen untersuchten Proben zu ermitteln. Eine Erstattungsgewährung auf dieser Grundlage hat das HZA mit dem angefochtenen Bescheid aber ohnehin vorgenommen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
EAAAC-65385