OFD Frankfurt/M. - S 7103b A - 9 - St 16

Fahrzeugeinzelbesteuerung für Mitarbeiter der Europäischen Zentralbank

Bezug:

Es ist gefragt worden, ob Bedienstete der Europäischen Zentralbank, die ihren Wohnsitz aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in die Bundesrepublik Deutschland verlegt haben.

  • die Fahrzeugeinzelbesteuerung nach § 1b UStG durchführen müssen, wenn sie im Rahmen ihres Umzugs neue Fahrzeuge in die Bundesrepublik Deutschland verbringen,

  • ggf. hierfür die Steuerbefreiung nach § 4b UStG in Anspruch nehmen können.

Hierzu ist folgende Auffassung zu vertreten:

1 Steuerbarkeit des innergemeinschaftlichen Erwerbs

Erwirbt eine Privatperson ein neues Fahrzeug und gelangt dieses bei der Lieferung aus dem Gebiet eines EU-Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen EU-Mitgliedstaates, unterliegt dieser entgeltliche innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs der Umsatzbesteuerung in dem anderen EU-Mitgliedstaat (Fahrzeugeinzelbesteuerung: § 1b und § 18 Abs. 5a UStG). Dabei ist es gleichgültig, ob das neue Fahrzeug vom Erwerber selbst oder vom Lieferer in den anderen EU-Mitgliedstaat verbracht wird.

Zu der umsatzsteuerlichen Problematik, ob das Fahrzeug bei der Lieferung an den Abnehmer aus dem Gebiet eines EU-Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen EU-Mitgliedstaates gelangt, wird auf die Umsatzsteuerkarteikarte OFD Ffm. zu § 1b – S 7103b – Karte 5 (S 7103b A – 1 – St 16) verwiesen.

Zu den allgemeinen Ausführungen zu den Tatbestandsmerkmalen der Fahrzeugeinzelbesteuerung vgl. Umsatzsteuerkarteikarte OFD Ffm. zu § 1b – S 7103b – Karte 1 (S 7103b A – 1 St 16).

Handelt es sich hiernach bei dem von dem Bediensteten der Europäischen Zentralbank in das Inland überführten Fahrzeug um ein neues Fahrzeug im Sinne des § 1b Abs. 3 UStG, ist ein steuerbarer innergemeinschaftlicher Erwerb nach § 1b Abs. 1 UStG gegeben.

2 Anwendung der Befreiungsvorschrift des § 4b Nr. 3 UStG

Nach § 4b Nr. 3 UStG ist der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen steuerfrei, wenn deren Einfuhr nach den für die Einfuhrumsatzsteuer geltenden Vorschriften (§ 5 UStG, Art. 143 der MwStSysRL) steuerfrei wäre. Als Befreiungsvorschrift im Rahmen von internationalen Übereinkommen kommen dabei das Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Zentralbank über den Sitz der Europäischen Zentralbank (EZB-Sitzstaatabkommen) und das Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften (Allgemeines Privilegienprotokoll) in Betracht.

2.1 EZB-Sitzabkommen

Nach Art. 10 S. 1 des EZB-Sitzstaatabkommens werden Bedienstete der EZB und die in ihrem Haushalt lebenden Familienmitglieder bei erstmaliger Aufnahme ihrer Beschäftigung „hinsichtlich der Einfuhr von in ihrem Besitz befindlichem Übersiedlung von der Zahlung von Einfuhrabgaben befreit”. Satz 2 von Artikel 10 lautet: „Das gleiche gilt für Kraftfahrzeuge, jedoch hinsichtlich deren Einfuhr aus Drittländern nur, wenn sie dort vor der Einfuhr mindestens für einen Zeitraum von sechs Monaten von dem Bediensteten benutzt worden sind.” Des Weiteren ist das Kraftfahrzeug in der Regel innerhalb von zwölf Monaten nach der ersten Einreise aus dem Gemeinschaftsgebiet oder Drittland in die Bundesrepublik Deutschland einzuführen.

Der , veröffentlicht im BStBl 2007 II S. 672, dass der innergemeinschaftliche Erwerb neuer Fahrzeuge durch Mitarbeiter der Europäischen Zentralbank und deren Angehörige dann nach § 4b Nr. 3 UStG in Verbindung mit Artikel 10 des EWt-Sitzabkommens steuerfrei zu stellen ist, wenn sich das neue Fahrzeug bei der „Einfuhr” ins Inland im Besitz der Begünstigten befindet und die „Einfuhr” innerhalb von 12 Monaten nach der ersten Einreise des Begünstigten erfolgt.

Das Kraftfahrzeug muss sich demnach nicht bereits „bei der erstmaligen Aufnahme der Beschäftigung” im Besitz der Begünstigten befunden haben, sondern hat sich entsprechend des Wortlauts des Art. 10 Satz 1 EZB-Sitzabkommen lediglich bei der „Einfuhr” im Besitz der Begünstigten zu befinden. So gilt auch die Einschränkung, dass der Bedienstete das Kraftfahrzeug vor der Einfuhr sechs Monate genutzt haben muss, nicht für eine „Einfuhr” aus dem Gemeinschaftsgebiet.

Der BFH wies in seinem Urteil darauf hin dass die Gewährung der Steuerbefreiung zwar zu einem unversteuerten Endverbrauch und damit zu einer Ungleichbehandlung führt, die Vertragsparteien diese Vorrechte und Befreiungen im Rahmen des EZB-Sitzstaatabkommen jedoch willentlich in Kauf genommen haben.

Einspruchsverfahren, welche aufgrund des o. g. Verfahrens nach § 363 Abs. 2 AO ruhen, sind nunmehr zum Abschluss zu bringen.

2.2 Allgemeines Privilegienprotokoll

Wurde des Kfz erst 12 Monate nach der ersten Einreise des Bediensteten der EZB in die Bundesrepublik Deutschland erworben. Ist eine Steuerfreiheit des Fahrzeugerwerbs nach dem Allgemeinen Privilegienprotokoll zu überprüfen.

Artikel 12 Buchstabe e des Allgemeinen Privilegienprotokolls sieht vor, dass Beamte und sonstige Bedienstete der Europäischen Gemeinschaften das zu ihrem eigenen Gebrauch bestimmte Kraftfahrzeug zollfrei (gemeint ist hier einfuhrabgabenfrei, das heißt auch einfuhrumsatzsteuerfrei) einführen dürfen, sofern es von den Bediensteten im letzten ständigen Aufenthaltsland oder in ihrem Heimatland zu den geltenden Bedingungen dieses Binnenmarktes, d. h. ohne Inanspruchnahme zoll- oder steuerrechtlicher Vergünstigungen, erworben worden ist.

Sollte die Vorschrift dahingehend zu verstehen sein, dass der Erwerb zu den Bedingungen erfolgt sein muss, zu denen auch der inländische Erwerb erfolgt, ist fraglich, ob eine Steuerbefreiung nach Art. 12 Buchst. e des Allgemeinen Privilegienprotokolls gewährt werden kann. Im Falle des innergemeinschaftlichen Erwerbs eines neuen Fahrzeugs wäre die korrespondierende innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei. Auch wenn im Erwerbsland des Fahrzeugs irrtümlich eine Versteuerung durchgeführt wurde, verbleibt das Besteuerungsrecht in Deutschland.

Über Fälle, bei denen ausschließlich eine Steuerbefreiung nach Art. 12 Buchst. e des Allgemeinen Privilegienprotokolls in Betracht kommt, bitte ich daher vor Entscheidung zu berichten.

Die Mail-Verfügungen vom und vom sind überholt und damit nicht mehr anzuwenden.

Die (USt-Kartei OFD Ffm. § 1b - S 7103 - Karte 3) und (USt-Kartei OFD Ffm. § 4b – S 7196 – Karte 2) sind durch diese Vfg. überholt und können ausgesondert werden. Die Änderungen sind kursiv gekennzeichnet.

OFD Frankfurt/M. v. - S 7103b A - 9 - St 16

Fundstelle(n):
LAAAC-62905