BAG Urteil v. - 3 AZR 446/05

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: BetrAVG § 10; BetrAVG § 17; BetrAVG in der bis geltenden Fassung (aF) § 1 Abs. 1 Satz 1; InsO § 47; VVG § 166; ALB § 13

Instanzenzug: ArbG Erfurt 8 Ca 796/02 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, wie das dem Kläger eingeräumte Bezugsrecht aus einer Direktversicherung im Insolvenzverfahren seiner früheren Arbeitgeberin zu behandeln ist. Er macht ein Aussonderungsrecht geltend. Beklagter ist der Insolvenzverwalter.

Der am geborene Kläger war Mitglied der Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH) "E" und bei ihr seit dem als Elektroinstallateur tätig. Sie wandelte sich durch Erklärung vom nach der Verordnung über die Gründung, Tätigkeit und Umwandlung von Produktionsgenossenschaften des Handwerks vom (GBl. DDR I S. 164) in die E GmbH um. Diese wurde am in das Handelsregister eingetragen. Der Kläger war einer ihrer Gesellschafter. Sein Anteil am Stammkapital betrug 1,63 %. Bei ihr war er auch als Arbeitnehmer beschäftigt. Nach § 1 Nr. 1 des schriftlichen Arbeitsvertrages trat der Kläger ab auf unbestimmte Zeit in ihre Dienste.

Am schloss die GmbH mit der A Lebensversicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit einen Vertrag über eine Gruppenlebensversicherung. Maßgebend für die Lebensversicherung sind nach § 4 dieses Vertrages ua. "die anliegende Satzung der A, der von der Aufsichtsbehörde genehmigte Geschäftsplan und ... die anliegenden bzw. die bei Beginn der Versicherung jeweils in Kraft befindlichen Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung". Abschnitt II der beigefügten "Allgemeinen Bestimmungen für den Rahmenvertrag BK (Direktversicherung-Kapital)" befasste sich mit dem "Bezugsrecht" und lautete auszugsweise:

"1. Die versicherte Person ist aus der auf ihr Leben genommenen Versicherung sowohl für den Todes- als auch für den Erlebensfall unter den obengenannten und nachstehenden Vorbehalten unwiderruflich bezugsberechtigt:

Dem Arbeitgeber bleibt das Recht vorbehalten, alle Versicherungsleistungen für sich in Anspruch zu nehmen.

wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles endet, es sei denn,

- die versicherte Person hat das 35. Lebensjahr vollendet und die Versicherung hat 10 Jahre bestanden

oder

- die versicherte Person hat das 35. Lebensjahr vollendet und das Arbeitsverhältnis hat 12 Jahre und die Versicherung 3 Jahre bestanden.

..."

Der Geschäftsbericht der GmbH für das Jahr 1992 S. 25 enthielt folgende

Hinweise:

"Alle Mitarbeiter, die vor dem im Betrieb tätig sind, sind ab in eine zusätzliche Altersversorgung eingeschlossen...

Ab dem Einstellungsjahr 1978 werden alle Mitarbeiter jährlich automatisch in die Altersversorgung aufgenommen, d.h. der Einstellungsjahrgang 1978 wird 1993 mit aufgenommen, der Einstellungsjahrgang 1979 wird 1994 aufgenommen usw.

...

Dieses innerbetriebliche Altersversorgungswerk, d.h. die Einzahlungen bleiben die ersten 7 Versicherungsjahre Eigentum der GmbH, ausgenommen sind solche Abgänge, wie Erreichen des Rentenalters, Vorruhestand, aus gesundheitlichen Gründen usw.

(Also kein Firmenwechsel)"

Die GmbH händigte dem Kläger eine Urkunde über die zugesagte betriebliche Altersversorgung aus. In ihr hieß es:

"Im Vertrauen darauf, dass Sie unserem Unternehmen die Treue halten, haben wir uns entschlossen, nach Maßgabe der umstehenden Bestimmungen der A Lebensversicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit eine Versicherung auf Ihr Leben für Sie abzuschließen.

...

Allgemeine Bestimmungen

...

4. Bezugsrecht

Gemäß den Bestimmungen des Gruppenversicherungsvertrages sind Sie zu der auf Ihr Leben abgeschlossenen Versicherung sowohl für den Todes- als auch für den Erlebensfall unter den in Ziffer 1. und 5. genannten Vorbehalten unwiderruflich bezugsberechtigt.

...

5. Vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses, Beleihung und Unverfallbarkeit

Der Abschluß dieser Versicherung schränkt die gesetzlichen und arbeitsvertraglichen Kündigungsrechte unserer Firma nicht ein.

Unserer Firma bleibt das Recht vorbehalten, alle Versicherungsleistungen für sich in Anspruch zu nehmen,

a) wenn Ihr Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles endet, es sei denn,

- Sie haben beim Ausscheiden das 35. Lebensjahr vollendet und die Versicherung hat 10 Jahre bestanden

oder

- Sie haben beim Ausscheiden das 35. Lebensjahr vollendet und das Arbeitsverhältnis hat 12 Jahre und die Versicherung 3 Jahre bestanden,

...

Soweit Ihnen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Eintritt des Versorgungsfalles unverfallbare Ansprüche im Sinne des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung zustehen, erklären wir Ihnen hiermit schon jetzt, daß wir von der Möglichkeit des § 2 Absatz 2 Satz 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung Gebrauch machen..."

Mit Beschluss des Amtsgerichts Erfurt vom wurde über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Er kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom zum . Eine Kündigungsschutzklage ist nicht erhoben worden. Mit Schreiben vom widerrief der Beklagte gegenüber der Versicherungsgesellschaft das dem Kläger eingeräumte Bezugsrecht.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO zu. Sein Bezugsrecht sei unwiderruflich; denn seine Versorgungsanwartschaft sei unverfallbar geworden. Er habe eine Betriebszugehörigkeit von mindestens zwölf Jahren erreicht. Wie sich aus den Lohn- und Gehaltsabrechnungen ergebe, seien sich die Parteien einig gewesen, dass die Betriebszugehörigkeit des Klägers vom an zähle. Auch nach dem Betriebsrentenrecht sei die Tätigkeit bei der PGH zu berücksichtigen. Dabei handele es sich um eine Tätigkeit für ein anderes Unternehmen iSd. § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG. Der Widerruf des Bezugsrechts sei unwirksam. Zudem stelle die Ausübung des Widerrufsrechts einen Rechtsmissbrauch dar. Der Beklagte könne sich nicht auf § 148 InsO berufen. Er sei jedenfalls zum Schadensersatz verpflichtet. Die Naturalrestitution führe ebenfalls zum Aussonderungsrecht.

Der Kläger hat zuletzt beantragt

festzustellen, dass ihm hinsichtlich der von der E GmbH bei der A Lebensversicherungsgesellschaft aG auf ihn abgeschlossenen Direktversicherung, Versicherungsnummer 05670236/00/ 00004, Gruppenversicherungsnummer 5670236 K, ein Aussonderungsrecht an der Insolvenzmasse der E GmbH zusteht.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er ist der Auffassung, der Kläger habe keinen Anspruch auf Aussonderung des Bezugsrechts. Für das Aussonderungsrecht komme es nicht auf die Versorgungszusage, sondern auf den Inhalt des Versicherungsvertrages an. Nach dem klaren Wortlaut dieses Vertrages sei die Dauer des Arbeitsverhältnisses mit der Insolvenzschuldnerin maßgebend. Es habe keine zwölf Jahre bestanden. Bei der PGH sei der Kläger nicht als Arbeitnehmer tätig gewesen. Diese Tätigkeit sei auch nicht nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG einem Arbeitsverhältnis gleichzusetzen. Im Übrigen sei es unerheblich, wie sie betriebsrentenrechtlich zu betrachten sei. Entscheidend seien die Vereinbarungen im Versicherungsvertrag. Außerdem hätte die Versicherungsgesellschaft nach § 13 der Allgemeinen Bedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung (ALB) das unwiderrufliche Bezugsrecht schriftlich bestätigen müssen. Dies sei nicht geschehen. Mit dem Widerruf des Bezugsrechts sei der Beklagte seinen Pflichten als Insolvenzverwalter zur Sicherung und Verwertung der Insolvenzmasse nachgekommen. Die Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten führe lediglich zu Schadensersatzansprüchen, die zur Insolvenztabelle anzumelden seien.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Gründe

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Recht stattgegeben. Dem Kläger steht der geltend gemachte Aussonderungsanspruch zu.

A. Die Feststellungsklage ist zulässig. Der Aussonderungsrechtsstreit ist nach den allgemeinen prozessrechtlichen Regeln zwischen Insolvenzverwalter und Gläubiger auszutragen. Die Voraussetzungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Der Kläger will klären lassen, wem die Rechte aus dem genau bezeichneten Versicherungsvertrag zustehen. Eine Leistungsklage musste nicht erhoben werden. Die Feststellungsklage führt zu einer prozessökonomisch sinnvollen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte. Auch die Versicherungsgesellschaft hat dem Kläger mitgeteilt (vgl. Anlage zu deren Schreiben vom ), dass sie einem gegen den Insolvenzverwalter erwirkten Feststellungsurteil Rechnung tragen werde.

B. Die Klage ist auch begründet. Der Kläger ist auf Grund des ihm eingeräumten eingeschränkt unwiderruflichen Bezugsrechts aussonderungsberechtigt.

I. Mit der Berufung auf ein Aussonderungsrecht macht der Kläger geltend, dass die Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnis nicht zur Insolvenzmasse, sondern zu seinem Vermögen gehören. Entscheidend ist somit, welche Rechte einerseits ihm und andererseits dem Insolvenzverwalter aus dem Versicherungsverhältnis zustehen. Das hängt allein von der Ausgestaltung des Versicherungsverhältnisses ab, das von dem zwischen dem Unternehmen und dem Beschäftigten bestehenden Versorgungsverhältnis zu unterscheiden ist (vgl. ua. - BAGE 92, 1, zu B I 1 der Gründe mwN). Dies ändert jedoch nichts daran, dass die versicherungsvertraglichen Vereinbarungen auf das Versorgungsverhältnis abstellen können (vgl. ua. - aaO, zu B I 2 der Gründe). Eine derartige Verknüpfung liegt im Streitfall vor.

1. Bei einer Direktversicherung ist der Arbeitgeber - hier die Insolvenzschuldnerin - Versicherungsnehmer und der Beschäftigte - hier der Kläger - sowohl Versicherter als auch Begünstigter. Nach § 166 Abs. 1 Satz 2 VVG hat der Versicherungsnehmer im Zweifel die Befugnis, an die Stelle des bezugsberechtigten Dritten einen anderen zu setzen. Bezugsberechtigungen dieser Art sind widerrufliche Bezugsrechte. Der Begünstigte erwirbt, soweit der Versicherungsnehmer (Arbeitgeber) nichts Abweichendes bestimmt hat, das Recht auf die Versicherungsleistungen erst mit dem Eintritt des Versicherungsfalles (§ 166 Abs. 2 VVG).

Im vorliegenden Fall hat die Insolvenzschuldnerin von der Möglichkeit des § 13 Abs. 2 ALB Gebrauch gemacht. Sie hat dem Kläger ein unwiderrufliches Bezugsrecht gewährt. Entgegen der Ansicht des Beklagten sind die formalen Voraussetzungen für die Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts erfüllt.

Nach § 4 des Gruppenversicherungsvertrages sind für das Versicherungsverhältnis unter anderem die ALB maßgebend. Im versicherungsrechtlichen Regelfall kann der Arbeitgeber bis zum Eintritt des Versicherungsfalles das eingeräumte Bezugsrecht jederzeit widerrufen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 ALB). Die Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts ist nach § 13 Abs. 2 ALB von einer schriftlichen Bestätigung der Versicherungsgesellschaft abhängig. Bis zum Eingang der Bestätigung hat der Bezugsberechtigte lediglich ein widerrufliches Recht auf die Leistungen aus dem Versicherungsvertrag. Sowohl die Erklärung des Versicherungsnehmers, dass die Bezugsberechtigung unwiderruflich sein soll, als auch die Bestätigung der Versicherungsgesellschaft, können sich bereits aus dem Versicherungsvertrag ergeben. Dies trifft im vorliegenden Fall zu. Bestandteil des Versicherungsvertrages waren die ihm beigefügten "Allgemeinen Bestimmungen für den Rahmenvertrag BK" (ABRBK). Nach Abschnitt II Nr. 1 Satz 1 ABRBK ist "die versicherte Person ... aus der auf ihr Leben genommenen Versicherung sowohl für den Todes- als auch für den Erlebensfall unter ... nachstehenden Vorbehalten unwiderruflich bezugsberechtigt".

2. Der Vorbehalt des Abschn. II Nr. 1 erste Alternative ABRBK knüpft an die gesetzlichen Unverfallbarkeitsvoraussetzungen an.

a) Es kommt nicht auf den Inhalt der arbeitsvertraglichen Versorgungszusage und damit auch nicht auf die ihr beigefügten "Allgemeinen Bestimmungen" an, auf die das Landesarbeitsgericht abgestellt hat. Entscheidend ist, wie die ABRBK auszulegen sind. Bei ihnen handelt es sich um typisierte versicherungsvertragliche Vereinbarungen, die der Senat selbst ohne Einschränkungen überprüfen kann (vgl. ua. - AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 56 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 71, zu B I 1 der Gründe; - 3 AZR 463/04 - AP BetrAVG § 16 Nr. 59 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 46, zu II 2 a der Gründe).

b) Bei der Auslegung der ABRBK kommt es darauf an, wie sie aus der Sicht eines verständigen und durchschnittlichen Versicherungsnehmers zu verstehen sind. Die Insolvenzschuldnerin verschaffte durch den Abschluss der Direktversicherung ihren Beschäftigten eine betriebliche Altersversorgung. Entsprechend dem Zweck dieser Versicherung sind auch die Interessen der versicherten Beschäftigten zu berücksichtigen, die eine grundsätzlich unwiderrufliche Bezugsberechtigung erwerben sollen und von den einschränkenden Vorbehalten unmittelbar betroffen sind (ständige Rechtsprechung des BGH ua. - IV ZR 134/05 - NJW-RR 2006, 1258, zu II 3 a der Gründe mwN). Insoweit ist dem Bundesgerichtshof zu folgen, obwohl bei einer Direktversicherung nicht der Arbeitnehmer, sondern der Arbeitgeber Versicherungsnehmer und damit Vertragspartner der Versicherungsgesellschaft ist. Der Versicherungsvertrag ist ein Vertrag zugunsten Dritter (der Arbeitnehmer). Entsprechend dem Zweck der Direktversicherung (Durchführung einer betrieblichen Altersversorgung) sind sowohl die Interessen des Versicherungsnehmers (Arbeitgeber) als auch die Interessen der versicherten und bezugsberechtigten Arbeitnehmer angemessen zu berücksichtigen.

c) Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Versicherungsvertrag, dass es sich um eine Direktversicherung handelt. Zum versicherten Personenkreis zählen nach § 1 Abs. 2 des Versicherungsvertrages unter anderem "alle vollzeitbeschäftigten Mitarbeiter mit einer Betriebszugehörigkeit von mindestens 14 Jahren". Abschnitt I Satz 1 ABRBK weist ausdrücklich darauf hin, dass "der Rahmenvertrag zur Sicherstellung einer Alters- und Hinterbliebenenversorgung der Arbeitnehmer" dient. Abschnitt II Nr. 1 erste Alternative ABRBK sorgt für eine interessengerechte Verzahnung mit den betriebsrentenrechtlichen Vorschriften. Es wird an die gesetzlichen Unverfallbarkeitsregelungen angeknüpft. Daran ändert der im vorliegenden Fall missverständliche Wortlaut des formularmäßigen Vorbehalts nichts.

aa) Nicht nur den Interessen der Beschäftigten, sondern auch den Interessen der Arbeitgeberin (Versicherungsnehmerin) widerspräche es, wenn das Bezugsrecht der Beschäftigten noch nach Eintritt der gesetzlichen Unverfallbarkeit widerruflich wäre. Dies hätte eine Verpflichtung der Arbeitgeberin ausgelöst, vom Eintritt der gesetzlichen Unverfallbarkeit an bis zum Wegfall des Widerrufsrechts Insolvenzsicherungsbeiträge nach § 10 BetrAVG an den Pensions-Sicherungs-Verein abzuführen. Das eingeschränkt unwiderrufliche Bezugsrecht dient jedoch auch dazu, die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Entrichtung eines Insolvenzsicherungsbeitrags zu begrenzen ( - AP BetrAVG § 1 Lebensversicherung Nr. 14 = EzA BGB § 315 Nr. 38, zu 2 b bb der Gründe). Bei widerruflichen Bezugsrechten setzt die Beitragspflicht des Arbeitgebers erst mit der Unverfallbarkeit der Versorgungsanwartschaft ein (§ 10 Abs. 3 1. Halbs. BetrAVG). Bei unwiderruflichen Bezugsrechten entsteht eine Beitragspflicht nur dann, wenn der Arbeitgeber die Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnis abtritt oder beleiht (§ 10 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG). Handelt es sich - wie hier - um ein eingeschränkt unwiderrufliches Bezugsrecht, entfällt das Widerrufsrecht mit der Unverfallbarkeit.

bb) Abschnitt II Nr. 1 erste Alternative ABRBK verweist nicht lediglich auf die gesetzlichen Voraussetzungen unverfallbarer Versorgungsanwartschaften, sondern gibt sie mit eigenen Worten wieder. Während nach dem bei Abschluss des Versicherungsvertrages geltenden § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG (aF) die gesetzliche Unverfallbarkeit der Versorgungsanwartschaften unter anderem von der Dauer der "Betriebszugehörigkeit" abhing, stellt Abschnitt II Nr. 1 erste Alternative ABRBK auf die Dauer des "Arbeitsverhältnisses" ab.

Der unterschiedliche Wortlaut lässt nicht den Schluss zu, dass damit inhaltlich von § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG aF abgewichen werden sollte. Zum einen ist der im Gesetz verwandte Begriff missverständlich, weil nicht die Bindung an den Betrieb, sondern die Bindung an den Arbeitgeber entscheidend ist. Passender wäre der Begriff Unternehmenszugehörigkeit (vgl. - BAGE 66, 1, zu B II 2 der Gründe). Zum anderen beginnt die Betriebszugehörigkeit im Regelfall, sobald ein Arbeitsverhältnis besteht. Die formularmäßigen ABRBK sind auf den Regelfall zugeschnitten und befassen sich nicht mit allen denkbaren Sonderfällen. Im Versicherungsvertrag sind keine eigenständigen Regelungen über Anrechnung oder Nichtanrechnung der vor dem Arbeitsverhältnis liegenden Beschäftigungszeiten enthalten.

Der Begriff des Arbeitsverhältnisses ist weit auszulegen. Darunter fallen auch Tätigkeiten, die betriebsrentenrechtlich einem Arbeitsverhältnis gleichstehen und auf die Betriebszugehörigkeit anzurechnen sind. Selbst wenn die ABRBK eine Regelungslücke enthielten, wäre sie im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Dabei wären der Zweck des Vorbehalts und die Interessen der am Versicherungsverhältnis Beteiligten zu berücksichtigen. Das eingeschränkt unwiderrufliche Bezugsrecht soll mit Hilfe der Vorbehalte eine Parallelität von Versorgungsverhältnis und Versicherungsverhältnis schaffen. Davon durften sowohl die Arbeitgeberin als Versicherungsnehmerin als auch die versicherten Beschäftigten ausgehen.

3. Als der Beklagte das dem Kläger eingeräumte Bezugsrecht widerrief, war seine Anwartschaft bereits unverfallbar.

Sowohl zur Betriebszugehörigkeit iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG aF als auch zur Dauer des Arbeitsverhältnisses iSd. Abschnitts II Nr. 1 erste Alternative ABRBK zählt die Tätigkeit für die PGH. Davon ist auch die Versicherungsgesellschaft ausgegangen, wie die Anlage zu ihrem Schreiben vom zeigt. Unerheblich ist es, dass der Kläger seine Arbeitsleistung für die PGH auf Grund einer Verpflichtung aus dem Genossenschaftsverhältnis erbrachte und nach dem Recht der DDR nicht in einem Arbeitsverhältnis stand ( - AP AGBDDR § 15 Nr. 1 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerstatus-DDR Nr. 3, zu B II der Gründe). Auch nach dem ist für den Kläger neben dem Mitgliedschaftsverhältnis kein Arbeitsverhältnis begründet worden. Der Einigungsvertrag veränderte insoweit die Rechtslage nicht ( - aaO, zu B III der Gründe). Erst nach der Umwandlung der PGH in eine GmbH trat der Kläger in ein Arbeitsverhältnis zur GmbH. Sie ist Rechtsnachfolgerin der PGH. Die Tätigkeit für das Unternehmen der PGH steht nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG einem Arbeitsverhältnis gleich. Dies führt zu einer Anrechnung dieser Tätigkeit.

a) § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG erweitert den Anwendungsbereich des Betriebsrentengesetzes auf Personen, die zwar nicht als Arbeitnehmer, aber für ein "fremdes Unternehmen" tätig sind (vgl. ua. - AP BetrAVG § 17 Nr. 25 = EzA BetrAVG § 17 Nr. 6, zu I 2 b der Gründe; - BGHZ 77, 94, zu III 5 der Gründe; - II ZR 181/96 - AP BetrAVG § 17 Nr. 26). Die Tätigkeit für ein fremdes Unternehmen ist von der Tätigkeit für ein eigenes Unternehmen abzugrenzen. Der Kläger war als Mitglied der PGH nach Vermögensbeteiligung und Einfluss nicht so stark mit dem Unternehmen verbunden, dass er es als sein eigenes betrachten konnte (vgl. dazu -AP BetrAVG § 17 Nr. 3, zu I der Gründe).

b) Sowohl für die gesetzliche Unverfallbarkeit als auch - daran anknüpfend - für die Dauer des Arbeitsverhältnisses iSd. Abschnitts II Nr. 1 ABRBK ist es unerheblich, ob der Mitarbeiter die erforderliche Beschäftigungszeit als Arbeitnehmer oder durch eine unter § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG fallende Tätigkeit erreichte. Die für dasselbe Unternehmen geleistete Tätigkeit kann nicht nach dem unterschiedlichen Status des Mitarbeiters im Zeitablauf aufgespalten werden (vgl. - BAGE 66, 1, zu B II 3 der Gründe). Erforderlich und ausreichend ist es, dass die Tätigkeit für ein und denselben Vertragspartner erbracht wurde. Die Identität des Unternehmens liegt auch bei einer Gesamtrechtsnachfolge vor ( - BAGE 110, 176, zu II 3 b der Gründe). Es besteht kein Anlass, diese Rechtsprechung aufzugeben.

c) Im Geschäftsbericht für das Jahr 1992 S. 25 wurde darauf hingewiesen, dass "dieses innerbetriebliche Altersversorgungswerk, dh. die Einzahlungen bleiben die ersten 7 Versicherungsjahre Eigentum der GmbH". Ob diesem Hinweis überhaupt eine rechtsgeschäftliche Bedeutung zukommt, kann dahinstehen. Er ist in die für das Aussonderungsrecht maßgeblichen Versicherungsvereinbarungen nicht aufgenommen worden. Abgesehen davon hat der Kläger mehr als sieben Versicherungsjahre erreicht.

II. Nach Eintritt der Unverfallbarkeit konnte die Arbeitgeberin nicht mehr über die Versicherung verfügen. Sie konnte anstelle des Klägers keinen anderen Bezugsberechtigten benennen. Die Insolvenzschuldnerin konnte dem Kläger die Gläubigerstellung nicht mehr entziehen (vgl. dazu - BAGE 65, 208, zu 4 a der Gründe).

Da die Einschränkungen des unwiderruflichen Bezugsrechts nicht zum Zuge kamen, hatte der Kläger bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine wertlose Anwartschaft, sondern eine gefestigte Rechtsstellung. Solange die Voraussetzungen der Vorbehalte nicht erfüllt sind, steht das eingeschränkt unwiderrufliche Bezugsrecht wirtschaftlich und rechtlich einem uneingeschränkt unwiderruflichen Bezugsrecht gleich. In der Insolvenz des Arbeitgebers gehört es zum Vermögen des Bezugsberechtigten, hier des Klägers. Die Ansprüche auf die Versicherungsleistungen fallen nicht in die Insolvenzmasse ( - BAGE 65, 208, zu 4 der Gründe; - NJW-RR 2006, 1258, zu II 2 der Gründe).

III. Nicht entscheidungserheblich sind die weiteren von den Parteien aufgeworfenen Fragen (Wirksamkeit eines gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßenden Widerrufs des versicherungsrechtlichen Bezugsrechts; Rechtsmissbräuchlichkeit eines derartigen Vorgehens oder insolvenzrechtlich zulässige Liquidation; insolvenzrechtliche Einordnung eines Schadensersatzanspruchs; Möglichkeit oder Ausschluss einer zur Aussonderung führenden Naturalrestitution). Ebenso wenig kommt es im vorliegenden Fall darauf an, dass der Bundesgerichtshof abweichend von der Rechtsprechung des Senats (vgl. ua. - AP BetrAVG § 1 Lebensversicherung Nr. 14 = EzA BGB § 315 Nr. 38, zu 2 b aa der Gründe) den Unverfallbarkeitsvorbehalt noch enger auslegt. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs gilt dieser Vorbehalt nicht für den Fall einer insolvenzbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Versicherungsnehmer ( - IV ZR 134/05 - NJW-RR 2006, 1258, zu II 3 der Gründe). Der Wortlaut der gängigen Unverfallbarkeitsvorbehalte, ihr erkennbarer Zweck und rechtssystematische Gründe sprechen mehr für die vom Senat als für die vom Bundesgerichtshof vertretene Meinung ( [A] -).

C. Die Kosten für das erstinstanzliche Verfahren und das Berufungsverfahren sind in analoger Anwendung des § 92 Abs. 1 ZPO entsprechend dem teilweisen Obsiegen und teilweisen Unterliegen nach dem Verhältnis zum Streitwert zwischen den Parteien zu teilen. Der Kläger hat im Berufungsverfahren eine Klageänderung vorgenommen, die eine teilweise Klagerücknahme beinhaltete. Er hat den ursprünglichen Klageantrag zu 2) (Feststellung der Rechts, die Direktversicherung beitragsfrei oder ohne erneute Gesundheitsprüfung beitragspflichtig fortzusetzen, sowie Feststellung eines Unterlassungsanspruchs gegen den Beklagten) und den ursprünglichen Klageantrag zu 3) (Auskunftsklage) im Zuge der Klageänderung fallen gelassen. Den Streitwert für diese Anträge hat das Arbeitsgericht auf 2.000,00 Euro + 500,00 Euro = 2.500,00 Euro festgesetzt. Dies ist ebenso wenig zu beanstanden wie die Festsetzung eines Streitwerts von 4.000,00 Euro für den in geänderter Form weiter verfolgten und erfolgreichen Klageantrag. Dies ergibt für den Kläger einen Anteil an den erst- und zweitinstanzlichen Kosten von 5/13 und für den Beklagten von 8/13. Gegenstand des Revisionsverfahrens war nur noch der geänderte Klageantrag. Die Revision des Beklagten hatte keinen Erfolg. Nach § 97 Abs. 1 ZPO hat er die Kosten dieses Rechtsmittels zu tragen.

Fundstelle(n):
DB 2008 S. 939 Nr. 17
HAAAC-62325

1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein