Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StPO § 244 Abs. 2; StPO § 261
Instanzenzug:
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung, versuchter Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in drei Fällen, versuchter Vergewaltigung und wegen sexueller Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Die allein auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten, mit der die Beweiswürdigung des Landgerichts angegriffen wird, bleibt erfolglos.
1. Das Landgericht hat sich durch Vernehmung der geschädigten Frauen und nach sachverständiger Auswertung der Tatumstände davon überzeugt, dass derselbe Täter folgende sechs zwischen dem 18. Juli und dem in der Berliner Innenstadt im Umkreis von 1500 m verübte Sexualdelikte begangen hat (UA S. 13 f.):
a) Der Täter trat am gegen 3.00 Uhr von hinten an die auf dem Heimweg befindliche Zeugin S. mit den Worten heran: "Willst Du mir einen blasen?" und "Oder halt ficken?", ergriff sie am Hals und drohte ihr mit den Worten: "Entweder so oder mit Gewalt". Der Täter zerrte die Zeugin auf ein Garagengrundstück, drückte sie an ein Garagentor, entkleidete sie am Unterleib und drang vaginal mit seinem Geschlechtsteil in die Zeugin ein. Nach kurzer Zeit ließ die Erektion des Täters nach; dieser brach mit den Worten "Scheiß-Drogen" den Geschlechtsverkehr ab.
b) Am gegen 4.45 Uhr trat der Täter im Stadtpark aus einem Gebüsch an die auf dem Heimweg befindliche Zeugin B. mit den Worten "Willst Du mich ficken?" heran und hielt sie an der rechten Schulter fest. Der Täter versuchte, die Zeugin mit den Worten "Schlampe, fick mich!" in ein Gebüsch zu drängen, um dort gegen ihren Willen den Geschlechtsverkehr zu erzwingen. Durch geschicktes Wegducken ihres Körpers und unter Zurücklassen ihrer Wolljacke und Umhängetasche konnte sich die Zeugin dem Griff des Täters entwinden und flüchten.
c) Am um 5.30 Uhr folgte der Täter der Zeugin M. in den Hausflur ihres Wohnhauses. Der Täter sagte, er wolle zu ihr, und umklammerte sie. Er führte seine Zunge gegen ihren Willen in ihren Mund. Die Zeugin biss dem Angeklagten daraufhin in die Zunge und rief um Hilfe. Nunmehr drückte der Täter eine Hand auf den Mund der Zeugin und drehte sie gewaltsam mit dem Gesicht zur Hauswand. Er sagte: "Fick mich, fick mich!" und griff ihr dabei kräftig in den bedeckten Schritt und einmal an die Brust. Der Täter ließ nach etwa zehn Sekunden von der sich weiterhin wehrenden Geschädigten ab und flüchtete.
d) Am gegen 5.10 Uhr trat der Täter in einer Grundschule an die dort als Putzfrau tätige Zeugin S. heran, griff ihr zwischen die Beine an ihr Geschlechtsteil, ergriff den Hals der Zeugin und äußerte mehrfach: "Ich will dich ficken!" Der Täter schleppte die Zeugin, sie mit Schlägen traktierend sowie mit Worten beleidigend und bedrohend, zum Putzmittelraum der Grundschule. Als der Täter den Reißverschluss seiner Hose öffnete, boxte die Zeugin den Angreifer heftig in den Magen und entwand sich dem Täter in den Putzraum, dessen Tür sie verschließen konnte.
e) Am gegen 4.05 Uhr verfolgte der Täter die auf dem Heimweg befindliche Zeugin N. und fragte sie: "Wollen wir ficken?" Die Zeugin ignorierte den Täter, worauf dieser deren rechten Arm festhielt und mit seiner linken Hand den Oberkörper und die Brüste der Zeugin anfasste. Der Täter drückte die Zeugin gegen die Wand eines Supermarkts. Nach einem Hilferuf stieß der Täter die Zeugin zu Boden; sie schlug heftig mit dem Kopf auf dem Weg auf. Der Täter hielt ihr dann den Mund zu und zerrte sie zu den Büschen, um dort den Geschlechtsverkehr erzwingen zu können. Aus einem Nachbarhaus mischte sich durch den Ruf "Hey Sie!" der Bruder der Zeugin A. ein, die nur wenige Minuten zuvor auf ihrem Heimweg ebenfalls mit den Worten: "Willst Du ficken?" belästigt worden war, aber hatte fliehen können. Der Täter flüchtete daraufhin.
f) Am befand sich die Zeugin Sk. gegen 2.20 Uhr auf dem Heimweg. Der Täter trat mit den Worten: "Willst Du ficken?" an sie heran, ergriff ihren Hals und drückte so stark zu, dass die Geschädigte keine Luft mehr bekam. Der Täter wiederholte mehrmals: "Komm, mach keinen Scheiß - wir gehen jetzt ficken", und forderte die Zeugin auf, über den Zaun einer Kindertagesstätte zu klettern, um dort auf dem nicht einsehbaren Spielplatzgelände den Geschlechtsverkehr zu erzwingen. Der Täter riss die Zeugin unter weiterer Bedrohung zu Boden, er trat ihr gegen den linken Arm und den Kopf, ließ aber nach lauten Hilferufen von ihr ab.
2. Das Landgericht hat sich von der Täterschaft des Angeklagten im Wesentlichen wie folgt überzeugt:
a) Der Angeklagte befand sich am (Fall 1. e betreffend) bis kurz vor 4.00 Uhr in der Wohnung des Zeugen K. und hatte Amphetamine in einer Dosis von ca. einem halben Gramm geschnupft sowie mäßig Alkohol in Form von Bier konsumiert. Der in diesem Fall festgestellte Tatort befand sich in unmittelbarer Nähe der nur wenige hundert Meter betragenden Strecke von der Wohnung des Zeugen K. zu der des Angeklagten, weshalb die von der Zeugin N. angegebene Tatzeit genau der Zeit entsprochen habe, zu welcher der Angeklagte nach Verlassen der Wohnung den Tatort hätte erreichen müssen. Zudem sei der Angeklagte von seiner damaligen Lebensgefährtin, der Zeugin H. , zu dieser Zeit noch erwartet worden.
Die Zeugin N. habe den Angeklagten eindeutig als Täter wiedererkannt. Sie habe - unbeeinflusst von Lichtbildvorlagen - mit der Sachverständigen Zeugin B. ein Phantombild mit einer solch großen Ähnlichkeit mit dem Angeklagten erstellt, wie es das Gericht bei noch keinem Angeklagten erlebt habe. Anschließend habe die Zeugin aus mehreren Hundert auf einem Computermonitor in Augenschein genommenen Bildern zwei Bilder als dem Täter ähnlich und ein Bild, das den Angeklagten gezeigt hätte, als dem Täter sehr ähnlich identifiziert. Bei einer Videowahlgegenüberstellung habe die Zeugin unter sechs gefilmten Männern den Angeklagten "mit 99%iger bis 100%iger Sicherheit" als den Täter wiedererkannt und dabei nicht nur auf das Gesicht, sondern den Gang des Mannes und seine Art, den Kopf leicht zur Seite geneigt zu halten, abgestellt. Diese eigentümliche Kopfhaltung hat die Strafkammer durch eigene Wahrnehmung in der Hauptverhandlung bei dem Angeklagten verifiziert.
b) Im Fall 1. d habe die Zeugin S. vor Inaugenscheinnahme von Lichtbildern eine auf den Angeklagten passende Täterbeschreibung abgegeben: schmale Nase, eher dünne Lippen, etwas längliche Augen, anliegende Ohren, eher schmale Gesichtsform, 1,70 m groß, 20 bis 30 Jahre alt und von eher schmächtiger Statur. Diese Merkmale träfen sämtlich auf den Angeklagten zu. Darüber hinaus habe die Zeugin zwei Wochen nach der Tat in einer Wahllichtbildvorlage unter sechs Männern den Angeklagten als Täter erkannt, auch wenn sie sich zunächst wegen eines Bartes, den der Angeklagte auf dem Foto, nicht aber der Täter getragen habe, unklar dahingehend ausgedrückt habe, den Täter "nur zu 95 %" erkannt zu haben. Die Zeugin habe ferner bekundet, dass sie den Täter auch in der Videowahlgegenüberstellung erkannt habe, auch wenn sie sich damals nicht habe "100%ig" festlegen wollen, weil sie die Haarfarbe bei dem Täter durch dessen Mütze nicht habe erkennen können und ihr die Augen dunkler erschienen seien. Schließlich habe die Zeugin bei einer direkten Gegenüberstellung mit dem Angeklagten im Gerichtssaal spontan zu diesem gesagt: "Wir haben uns doch schon gesehen!", worauf der sonst eher teilnahmslos und kühl wirkende Angeklagte ungewöhnlich verschreckt und verängstigt reagiert habe.
c) Hinsichtlich der übrigen Fälle 1. a bis c und f stehe die Täterschaft des Angeklagten fest aufgrund der zahlreichen Übereinstimmungen der Tatmodalitäten in diesen Fällen mit den Tatumständen in den Fällen 1. d und e, in denen unabhängig voneinander die Täterschaft des Angeklagten erwiesen sei.
Dazu habe der sachverständige Zeuge Kriminalhauptkommissar Sch. die Tatumstände aller sechs Fälle in dem Analysesystem für Sexualstraftaten ViCLAS (Violent Crime Linkage Analysis System) bearbeitet und sei zu dem Ergebnis gelangt, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit alle sechs Taten zu einer Tatserie gehören und von demselben Täter begangen worden sind. Es bestünden in allen sechs Fällen Übereinstimmungen hinsichtlich der Tatzeiten in den frühen Morgenstunden innerhalb eines Zeitfensters von etwa zwei Stunden und der sehr dicht - innerhalb eines Umkreises von nur etwa 1500 m - beieinander liegenden Tatorte. Bei allen Taten sei die erste Kontaktaufnahme durch plumpes sexualisiertes Ansprechen erfolgt, dem sich unmittelbar die körperliche Kontaktaufnahme angeschlossen habe. In allen Fällen habe der Täter zunächst den Widerstand der Opfer ignoriert, sich dann aber bei größerer Gegenwehr in die Flucht schlagen lassen. Das Verbalverhalten des Täters sei gleich und unmissverständlich gewesen. In allen Fällen hätten die Geschädigten den Täter in gleicher Weise beschrieben, nämlich als Mann vermutlich mitteleuropäischer Herkunft, Mitte 20, von eher schmächtiger Gestalt und bekleidet mit einem hellen Basecape (UA S. 14). Aufgrund kriminologischer Untersuchungen einer Vielzahl von Sexualdelikten sei bekannt, dass Täter von Sexualdelikten stark regional orientiert seien und ihre Taten im Rahmen von Routinehandlungen begehen würden. Deshalb komme den räumlichen und zeitlichen Parallelen in allen Fällen besonderes Gewicht zu, weshalb davon auszugehen sei, dass der Täter im Umkreis der Tatorte gewohnt und die Taten auf dem Weg nach Hause oder von dort weg begangen habe. Entsprechende Tatserien kämen bundesweit selten, in Berlin sehr selten vor. Besonders auffällig sei auch der Abbruch der Tatserie Ende August/Anfang September 2005 unmittelbar nach der ersten Inhaftierung des Angeklagten am . Es seien weder vor noch nach den hiesigen Fällen vergleichbare Taten in Berlin bekannt geworden.
d) Für die Täterschaft des Angeklagten hat das Landgericht bei allen Taten Umständen aus der polizeilichen Beschuldigtenvernehmung des Angeklagten und den Aussagen von dessen ehemaliger Lebensgefährtin in der Hauptverhandlung und bei der Polizei "mindestens indizielle Bedeutung" zugemessen (UA S. 14).
3. Die Beweiswürdigung des Landgerichts hält den sachlichrechtlichen Revisionsangriffen und den vom Generalbundesanwalt geltend gemachten prinzipiellen Einwänden stand. Die Schuldsprüche des Landgerichts bauen auf einer tragfähigen Beweisgrundlage auf (vgl. BVerfG - Kammer - NJW 2003, 2444, 2445 m.w.N.; BGH StV 2002, 235 m.w.N.) und sind auch das Ergebnis einer ausreichenden Beweiswürdigung (vgl. BGH NJW 2003, 150, 152; 2006, 925, 928).
a) Indes ist die hier - mangels erhobener Verfahrensrügen gemäß § 244 Abs. 2 und/oder § 261 StPO - aufgrund der Sachrüge mögliche und gebotene Prüfung der Beweiswürdigung auf den Inhalt des landgerichtlichen Urteils beschränkt (vgl. BGHSt 35, 238, 241). Die Revision kann grundsätzlich nicht mit der Behauptung gehört werden, das Tatgericht habe sich mit einer bestimmten Aussage einer Beweisperson nicht auseinandergesetzt, wenn sich diese Aussage nicht aus dem Urteil selbst ergibt (vgl. BGH NJW 2003, 150, 152). Danach bleibt - worauf auch der Generalbundesanwalt zu Recht hingewiesen hat - der Vortrag der Revision von vornherein erfolglos, alle geschädigten Zeuginnen hätten aufgrund unvollständiger Wertung ihrer Aussagen durch das Landgericht und nach Maßgabe der richtigen Wertung durch den Revisionsführer den Angeklagten nicht nur nicht wiedererkannt, sondern ihn mitunter sogar als Täter explizit ausgeschlossen. Damit unterliegen die Behauptungen der Revision, die Zeuginnen A. , S. und M. hätten ganz andere Täter beschrieben, das Landgericht hätte die Aussage der Zeugin N. missinterpretiert und die Räumlichkeiten der Grundschule seien - entgegen der Aussage der Zeugin S. (UA S. 13) - hell erleuchtet gewesen, hier nicht der revisionsgerichtlichen Prüfung. Gleiches gilt für den urteilsfremden Vortrag, im Fall 1. d habe der Täter am vermuteten Einstiegsfenster der Grundschule Zigarettenkippen hinterlassen, die - wie auch andere ausgewertete Spuren - den Angeklagten nicht belastet hätten.
b) Das Landgericht durfte sich ohne Rechtsfehler von der Täterschaft des Angeklagten in allen Einzelfällen der festgestellten Tatserie auf der Grundlage der Wiedererkennungsleistungen von zwei geschädigten Zeuginnen, der individuellen Übereinstimmungen zwischen den Einzelfällen und dem Abriss der Tatserie nach der ersten Verhaftung des Angeklagten überzeugen. Die dafür von dem sachverständigen Zeugen Sch. gelieferte Grundlage ist - trotz der eher ermittlungstechnisch eingesetzten operativen Fallanalyse - nicht als Verwertung eines methodisch näher zu erläuternden Gutachtens zu verstehen, sondern als Verwendung zulässig über sachkundige Angaben eingeführter mehrerer aussagekräftiger Belastungsindizien.
Soweit der Generalbundesanwalt besorgt, die beweiswürdigenden Erwägungen des Landgerichts würden in den Fällen 1. a bis c und f, in denen etwaige Wiedererkennungsleistungen der Geschädigten im Urteil nicht näher wiedergegeben sind, einen strukturellen Darlegungsmangel offenbaren, folgt der Senat dem nicht.
Allerdings trifft der Ausgangspunkt des Generalbundesanwalts zu, dass der Tatrichter aufgrund der Komplexität und Fehlerträchtigkeit bei einer Überführung eines Angeklagten aufgrund der Aussage und des Wiedererkennens einer einzelnen Beweisperson (vgl. BVerfG - Kammer - NJW 2003, 2444, 2445 m.w.N.; BGHR StPO § 261 Identifizierung 6) grundsätzlich gehalten ist, darzulegen, ob und in welchem Grade die Aussage des Wiedererkennungszeugen zur Übereinstimmung zwischen dem Angeklagten und dem seinerzeit wahrgenommenen Täter mit den in der Hauptverhandlung gewonnenen übrigen Beweisergebnissen in Einklang gebracht werden kann oder aber diesen zuwider läuft (vgl. auch ). Diese Pflicht hat die Strafkammer vorliegend erfüllt.
Das Landgericht hat zwar von den Zeuginnen S. , B. , M. und Sk. stammende Täterbeschreibungen nicht anhand deren polizeilicher Aussagen und der Bekundungen dieser Zeuginnen in der Hauptverhandlung mitgeteilt. Es hat aber, dargestellt in der Aussage des Sachverständigen Zeugen Kriminalhauptkommissar Sch. , deren jeweiliges Erinnerungsbild vom Täter (UA S. 14) als übereinstimmende Mindestbeschreibung durch diese Zeuginnen - anders als die den Angeklagten sogar identifizierenden Angaben der Zeuginnen S. und N. - festgestellt und seiner Bewertung zugrundegelegt. Solches erfüllt die sich aus dem Erfordernis der rationalen Nachvollziehbarkeit der Beweiswürdigung ergebende Darstellungspflicht (vgl. Jähnke in FS für Ernst-Walter Hanack 1999 S. 355, 362) und das Gebot der erschöpfenden Beweiswürdigung (vgl. BGH wistra 2002, 260, 261; BGH NStZ-RR 2002, 338; 2005, 321, 322). Es ergibt zudem nach dem Sinnzusammenhang des Urteils die weitere Feststellung, dass keine der den Angeklagten nicht sicher identifizierenden vier Zeuginnen genauere Angaben machen konnte und keine eine wesentliche Detailwahrnehmung bezeichnet hat, die dem Erscheinungsbild des Angeklagten in relevanter Weise widersprochen hätte.
Eine weitergehende Darstellungspflicht, wie sie der Generalbundesanwalt hinsichtlich der Umstände in Erwägung zieht, aus denen diese Zeuginnen keine umfangreicheren oder präziseren Angaben machen konnten, besteht nicht. Der Tatrichter ist generell unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu einer umfassenden Darstellung einer nicht protokollierten Zeugenaussage im Urteil verpflichtet (vgl. BGH StV 1986, 6; BGH NStZ-RR 2006, 346). Das Fehlen der hier in Frage stehenden Umstände offenbart auch keine sachliche Lücke (vgl. BGH NJW 2003, 150, 152; 2006, 925, 928). Die Opfer von - auch sexuell motivierten - Gewalthandlungen sind während der Tatausführung als existenzbedrohend empfundenen Bedrängnissen ausgesetzt. Dieser Umstand kann sie in ihrer Wahrnehmungsfähigkeit in Bezug auf Merkmale des Täters, die eine Wiedererkennung ermöglichen, beeinträchtigen, ähnlich auch der Situation von Opfern, die mit einer Schusswaffe bedroht worden sind (vgl. BGH NStZ-RR 2006, 212). Angaben derart beeinträchtigter Zeuginnen müssen deshalb nicht etwa stets als Grundlage für eine Täterfahndung geeignet sein. Diese Gründe sind so naheliegend, dass der Tatrichter zur näheren Darlegung insoweit nicht verpflichtet ist.
c) Die sachlichrechtlich mögliche und gebotene Nachprüfung der Beweiswürdigung im Einzelnen (vgl. BGH NStZ 2002, 48; BGH NStZ-RR 2000, 171; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 33 m.w.N.) ergibt keinen durchgreifenden Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten.
aa) Das Landgericht hat allerdings nicht erwogen, dass auch die Zeugin A. am wenige Minuten vor der Zeugin N. ebenfalls Opfer einer sexistischen Beleidigung und vom Täter bedrängt worden ist und sich weiteren Angriffen nur durch Flucht entziehen konnte (UA S. 9). Das Landgericht hat nicht ausdrücklich festgestellt, dass dieser Täter auch der Angeklagte war. Dies versteht sich indes von selbst. Denn auch die Täterangaben der Zeugin A. als "Geschädigte" (UA S. 14) stimmten mit den Angaben der Zeuginnen überein, die den Angeklagten nicht identifiziert haben.
Das Landgericht hat es lediglich unterlassen, die von den Zeuginnen N. und S. herrührenden Täterbeschreibungen daraufhin kritisch zu prüfen, ob die Zeuginnen nicht einen dem Angeklagten sehr ähnlichen anderen Täter beschrieben haben könnten (vgl. BGHR StPO § 261 Identifizierung 11), der dann auch für die gesamte Tatserie hätte verantwortlich sein können. Dies begründet jedoch keinen relevanten Erörterungsmangel. Die Strafkammer hat aufgrund einer fehlerfreien, von den Aussagen der Opferzeuginnen nicht beeinflussten Beweiswürdigung festgestellt, dass der Angeklagte gegen 4.05 Uhr des auf seinem Nachhauseweg die Wege der Zeuginnen N. und A. kreuzen konnte (UA S. 12). Dass um diese Uhrzeit anstelle des Angeklagten ein ganz ähnlich aussehender Mann, den der Angeklagte naheliegend sogar hätte agieren sehen oder dessen Opfer er hätte hören können, der Täter gewesen ist, der zudem seine Tatserie mit Verhaftung des Angeklagten beendet hat, ist denkbar fernliegend und nötigte nicht zu ausdrücklicher Problematisierung (vgl. BVerfG - Kammer - NJW 2003, 2444, 2446).
bb) Der Senat besorgt nicht, dass sich das Landgericht unter Missachtung möglicher suggestiver Wirkung vorgelegter Bilder (vgl. BGHR StPO § 261 Identifizierung 3) davon überzeugt hat, dass die Zeugin S. den Angeklagten als Täter wiedererkannt hat (UA S. 12 f.). Die Strafkammer hat die verschiedenen Beweisstationen anhand einer übergreifenden Zeugenaussage lediglich rekapitulierend und erläuternd nachvollzogen und als Ausgangspunkt seiner Überzeugungsbildung die von vorgelegten Bildern unbeeinflusste erste Täterbeschreibung der Zeugin genommen. Solches stößt auf keine Bedenken (vgl. BGHR StPO § 261 Identifizierung 12).
cc) Soweit die Revision eine Erörterungslücke darin sieht, dass es das Landgericht nicht erwogen hat, dass der Angeklagte aufgrund des regelmäßig praktizierten Konsums von Amphetamin und Alkohol "positiv, fröhlich und entspannt" gewesen sei (UA S. 16), was der Begehung von Gewalttaten entgegen stünde, offenbart dieses keinen Rechtsfehler. Angesichts der Vielfalt menschlicher Dispositionen und Motive, die zur Begehung von Verbrechen führen können, wird von der Revision insoweit kein erörterungsbedürftiger, einer Täterschaft des Angeklagten entgegenstehender Umstand dargelegt.
dd) Entgegen der Auffassung der Revision beruhen die vom Landgericht übernommenen Schlussfolgerungen der Vernehmungsbeamten bezüglich des Aussageverhaltens des Angeklagten während dessen polizeilicher Vernehmung auf einer tatsächlichen Grundlage. Das Landgericht durfte in Verfolgung seiner umfassenden Kognitionspflicht auf den besonderen, dem prinzipiellen Bestreiten der Täterschaft des Angeklagten widersprechenden Umstand abstellen, dass der Angeklagte den Tatopfern Mitleid entgegengebracht und nach Vorhalt von Einzelheiten auf Erinnerungslücken verwiesen hat (UA S. 14). Dadurch hat der mit einer Tatserie konfrontierte Angeklagte - wenn auch in geringstem Umfang - eine gewisse Tatnähe zu erkennen gegeben, der das Landgericht geringste indizielle Bedeutung zumessen durfte. Eine Überbewertung dieses ergänzend herangezogenen Indizes ist nicht zu besorgen.
ee) Soweit das Landgericht der Aussage der ehemaligen Lebensgefährtin des Angeklagten ebenfalls "zumindest indizielle Bedeutung" zugemessen hat (UA S. 14), beruht dies dagegen auf keiner ausreichenden Tatsachengrundlage (vgl. BGH StV 2002, 235) und ist rechtsfehlerhaft. Die Aussage der Zeugin, die nach Trennung vom Angeklagten wegen erloschener Zuneigung zu diesem und nach dieserhalb vom Angeklagten erhaltener Todesdrohung die Fassung verloren und in ersichtlich aufgewühltem Zustand erklärt hatte, sie mache sich solche Vorwürfe, weil sie "es" hätte verhindern müssen, lässt offen, ob sie ihre Aussage auf eine bloße Vermutung einer Täterschaft des Angeklagten gestützt oder aufgrund vom Angeklagten erlangten Wissens bzw. sonst gewonnener Erkenntnisse getätigt hat. Nur in letzterem Fall könnte die Äußerung der Zeugin einen die Täterschaft des Angeklagten stützenden Umstand darstellen.
Solches ist auch der weitergehenden, auf die Aussage der Vernehmungsbeamtin zurückgehenden Annahme des Landgerichts, die von der Zeugin H. während ihrer polizeilichen Vernehmung geäußerten Selbstzweifel seien "typisch für Frauen von Sexualstraftätern, die eine Begehung entsprechender Taten durch ihre Partner zumindest vermuten" (UA S. 15), nicht zu entnehmen. Diese Erwägung knüpft ausdrücklich an eine bloße Vermutung an und ist somit ebenfalls nicht geeignet, eine Täterschaft des Angeklagten zu stützen.
Indes schließt der Senat aus, dass die fehlerhafte Bewertung der Aussage der Zeugin H. als ersichtlich unwesentliches Indiz die Beweiswürdigung insgesamt tangiert haben könnte.
4. Gegen die vom Landgericht vorgenommene Subsumtion und die Rechtsfolgenentscheidung bestehen keine Bedenken.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
ZAAAC-52087
1Nachschlagewerk: nein