Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht; Berichtigung des Tatbestands; keine grundsätzliche Bedeutung bei bloßen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit eines Bescheides; Absehen von der Beweiserhebung
Gesetze: FGO § 76; FGO § 96; FGO § 115 Abs. 2; FGO § 108
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Soweit die Beschwerde auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützt wird, genügt sie nicht den Begründungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), wenn ihre Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Es muss sich um eine klärungsbedürftige und klärbare Rechtsfrage handeln (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 23, 27 ff., m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH). Die grundsätzliche Bedeutung muss —vom hier nicht gegebenen Fall ihrer Offenkundigkeit abgesehen— schlüssig und substantiiert dargelegt werden. Dies erfordert ein konkretes Eingehen des Beschwerdeführers darauf, inwieweit die aufgeworfene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten ist.
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat lediglich behauptet, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Er hat weder die abstrakte Rechtsfrage dargelegt, der er diese Bedeutung beimisst, noch ist er auf deren Bedeutung für die Allgemeinheit eingegangen. Mit Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der erlassenen Steuerbescheide im konkreten Einzelfall kann die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache nicht begründet werden.
2. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde auf einen Verfahrensmangel gestützt, so muss der Mangel in der Beschwerdeschrift dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Dies setzt u.a. voraus, dass schlüssig Tatsachen angegeben werden, aus denen sich —ihre Richtigkeit unterstellt— ergibt, dass ein Verfahrensmangel vorliegt (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 48).
a) Die Rüge, das Finanzgericht (FG) habe es versäumt, gemäß dem in der mündlichen Verhandlung vom gestellten Beweisantrag die Anschriften von Zeugen durch Beiziehung der Akten aus bei anderen Gerichten anhängig gewesenen Verfahren zu ermitteln, versteht der Senat als Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO). Gleiches gilt für die Rüge, das FG habe in der mündlichen Verhandlung vom die Anschrift der Zeugin S nicht notiert.
Zwar stellt die Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) einen Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dar. Ein Prozessbeteiligter kann jedoch auf die Einhaltung des § 76 FGO ausdrücklich oder durch Unterlassen der Rüge verzichten (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung). Ein Verzichtswille ist hierbei nicht erforderlich (, BFH/NV 2004, 207). Die schlüssige Rüge, das FG habe seine Sachaufklärungspflicht verletzt, erfordert jedenfalls bei einem —wie im Streitfall— fachkundig vertretenen Kläger entweder die Darlegung, das Rügerecht sei nicht infolge Rügeverzichts verloren gegangen oder dies sei deshalb unbeachtlich, weil sich dem FG eine Beweiserhebung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom X B 229, 230/96, BFH/NV 1997, 886, m.w.N.; vom VIII B 293/02, BFH/NV 2003, 1192, m.w.N.; vom X B 104/04, BFH/NV 2005, 1860). Solche Darlegungen fehlen in der Beschwerdebegründung.
Auch aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem ergibt sich nicht, dass der Kläger das Übergehen seines Beweisantrags vom gerügt und die Anschrift der Zeugin S zu Protokoll erklärt hat. Der Kläger hätte für eine erfolgreiche Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht vortragen müssen, dass er in der mündlichen Verhandlung am eine Protokollierung sowohl der Rüge als auch der Zeugenanschrift verlangt und —bei Weigerung des FG, die Protokollierung vorzunehmen— eine Protokollberichtigung beantragt habe (vgl. , BFH/NV 2005, 1102). Dies hat der Kläger jedoch nicht getan.
Ebenso wenig hat der Kläger dargelegt, warum es sich dem FG aufdrängen musste, Akten aus bei anderen Gerichten anhängig gewesenen Verfahren beizuziehen, um daraus Anschriften von Zeugen zu ermitteln. Denn das FG hatte den Kläger aufgefordert, bis zum diejenigen Personen mit vollständigem Namen und aktueller Anschrift zu benennen, an die er nach eigenen Behauptungen Zahlungen geleistet hatte. Diese Aufforderung ist nicht zu beanstanden. Es entspricht allgemeinen prozessualen Grundsätzen, die erforderliche Mitwirkung jeweils dem Beteiligten aufzugeben, in dessen Sphäre das zu erhebende Beweismittel liegt bzw. der dem in Betracht kommenden Beweismittel am nächsten steht (vgl. auch § 76 Abs. 1 Satz 2 FGO). Kommt der so betroffene Beteiligte seiner Mitwirkungspflicht nicht nach, dann darf das FG von der Beweiserhebung absehen (vgl. , BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462).
b) Einen Verstoß gegen das Recht auf ein faires Verfahren oder den Grundsatz der Waffengleichheit hat der Kläger ebenfalls nicht schlüssig gerügt.
Das Recht auf ein faires Verfahren gebietet es, den Beteiligten ausreichend, angemessen und gleiche Gelegenheit zur Stellungnahme in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu geben. Dies setzt voraus, dass jeder Beteiligte den Vortrag der Gegenseite sowie alle Beweisunterlagen zur Kenntnis nehmen kann und außerdem Gelegenheit erhält, sich dazu zu äußern (, BFH/NV 1999, 642).
Es ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass das FG dagegen verstoßen hätte. Insbesondere hat der Kläger nicht schlüssig und substantiiert vorgetragen, dass er um Einsichtnahme in Akten bzw. (beschlagnahmte) Unterlagen gebeten habe und ihm die Einsichtnahme verweigert worden sei. Ebenso wenig ist dargetan oder den Akten zu entnehmen, dass dem Kläger die Möglichkeit zum Vortrag seiner Angelegenheit im Vergleich zum Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt) beschränkt worden wäre.
c) Der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes; § 96 Abs. 2 FGO) ist nicht verletzt. Das FG ist nicht gehalten, den Beteiligten die einzelnen für seine Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte oder seine mögliche Beweiswürdigung im Voraus anzudeuten (ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. Beschlüsse vom VII B 227/96, BFH/NV 1997, 591, m.w.N.; vom IV B 195/01, BFH/NV 2003, 1437; vom XI B 13/06, BFH/NV 2007, 389; Gräber/von Groll, a.a.O., § 96 Rz 32). Allein der Umstand, dass das FG nicht der Argumentation des Klägers gefolgt ist, führt nicht zu einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.
d) Mit seiner Rüge, die von ihm näher bezeichneten Feststellungen im Tatbestand des angegriffenen Urteils seien falsch, kann der Kläger ebenfalls nicht durchdringen. Diese Rüge ist zur schlüssigen Darlegung eines Verfahrensmangels i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ungeeignet. Denn damit wendet der Kläger sich nicht gegen das vom FG gehandhabte Verfahren.
Sind die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung im Urteil falsch dargestellt, so ist dieser Mangel nicht mit einer Verfahrensrüge oder einer anderen Rüge im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde, sondern mit dem —gemäß § 108 FGO innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Urteils zu stellenden— Antrag auf Tatbestandsberichtigung geltend zu machen (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 81).
3. Soweit der Kläger Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils geltend macht, kann damit die Zulassung der Revision nicht erreicht werden. Das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten. Einwendungen gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils sind daher nur im Rahmen der Begründung einer —zugelassenen— Revision relevant (z.B. , BFH/NV 2006, 799, m.w.N.).
Gleiches gilt für den Vortrag des Klägers, das FG sei aufgrund einer fehlerhaften Beweiswürdigung zur Abweisung der Klage gelangt. Die Tatsachen- und Beweiswürdigung ist revisionsrechtlich ebenfalls dem materiellen Recht zuzuordnen (z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 799, m.w.N.). Ein materiell-rechtlicher Fehler liegt auch dann vor, wenn die vom FG ausgesprochene Rechtsfolge nicht durch ausreichende tatsächliche Feststellungen gedeckt wird (, BFH/NV 1997, 186; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 81 ff.).
Das Vorbringen des Klägers gibt keinen Anhaltspunkt für einen Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzwidrigen Entscheidung, der ausnahmsweise zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO führt (vgl. , BFH/NV 2006, 1285).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1685 Nr. 9
OAAAC-49643