Leitsatz
Eine Kassenärztliche Vereinigung ist nicht befugt, Honoraransprüche einer neu gegründeten Gemeinschaftspraxis mit Forderungen zu verrechnen, die ihr gegen einen der Praxispartner aus dessen vorangegangener Tätigkeit als Einzelvertragsarzt zustehen.
Gesetze: SGB I § 51; SGB I § 52; SGB V § 85 Abs 4 S 1; BGB § 387; BGB §§ 387ff; BGB § 719 Abs 2; BGB § 730 Abs 2 S 1; HGB § 28 Abs 1 S 1; SGG § 70 Nr 1; SGG § 54 Abs 1; SGG § 54 Abs 4
Instanzenzug: SG Dortmund, S 14 KA 178/00 vom LSG Essen, L 11 KA 7/04 vom
Gründe
I
Umstritten ist die Befugnis einer Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV), Honoraransprüche einer neu gegründeten Gemeinschaftspraxis mit Rückforderungen zu verrechnen, die ihr gegen einen der Praxispartner aus dessen vorangegangener Tätigkeit als Einzelvertragsarzt zustehen.
Die Klägerin, eine aus den Radiologen K. und Drs. O. bestehende Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), wurde mit Gemeinschaftspraxisvertrag vom gegründet und nahm nach Genehmigung durch den Zulassungsausschuss ab in den bisherigen Praxisräumen des K. ihre Tätigkeit auf. Beide Partner hatten zuvor in Einzelpraxen im Bezirk der beklagten KÄV an der vertragsärztlichen Versorgung teilgenommen. Am war über das Vermögen des Drs. O., der seine Praxis bereits am geschlossen hatte, das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Dieser hatte gegenüber der Beklagten aus seiner Einzelpraxistätigkeit noch unstreitige Zahlungsverpflichtungen (Schuldsaldo) - überwiegend aufgrund Rückforderung zu Unrecht abgerechneten Honorars - in Höhe von 81.289,82 DM (= 41.562,82 Euro). Die Beklagte meldete ihre Forderung im Insolvenzverfahren an, wo sie am in der Tabelle als in dieser Höhe bestehend festgestellt wurde. Zusätzlich kündigte die Beklagte im September 1999 gegenüber der Gemeinschaftspraxis eine Verrechnung ihrer Honoraransprüche mit den Altschulden des Drs. O. an, und zwar ratenweise in den nächsten acht Quartalen. Die Verrechnung erfolgte über jeweils 10.000 DM in den Honorarbescheiden für die Quartale II/1999 () bzw III/1999 () und - nachdem die Gemeinschaftspraxis bereits am durch Zulassungsverzicht von Drs. O. endete - über den Restbetrag von 61.289,82 DM im Honorarbescheid für das Quartal IV/1999 ().
Die Beklagte wies die Widersprüche der Klägerin gegen die Verrechnungen zurück. Diese hätten ihre Grundlage in § 8 Abs 3 Satz 4 ihrer Abrechnungsrichtlinien. Die Vorschrift des § 719 Abs 2 BGB stehe dem nicht entgegen, denn deren Anwendungsbereich sei bei Gemeinschaftspraxen auf außerhalb des vertragsärztlichen Abrechnungsverhältnisses begründete Forderungen beschränkt, im Vertragsarztrecht hingegen "ggf konkludent abbedungen". Die Buchung von Beträgen, die nur ein Mitglied einer Gemeinschaftspraxis beträfen, über das Konto der Gemeinschaftspraxis sei eine verwaltungsökonomische Notwendigkeit, da andernfalls die Realisierung solcher Forderungen unverhältnismäßig erschwert wäre (Widerspruchsbescheid vom ).
Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat im Wesentlichen ausgeführt, die Berechtigung der Beklagten zur Vornahme der Verrechnungen ergebe sich im Rahmen der öffentlich-rechtlich geprägten Honorarabrechnung aus § 8 Abs 2 ihrer Abrechnungsrichtlinien; dies gelte auch für die Zeit des Betreibens einer Gemeinschaftspraxis. Die Verpflichtung des Vertragsarztes zur Rückzahlung überzahlten Honorars könne nicht durch Bildung einer Gemeinschaftspraxis unterlaufen werden. Mit Gründung einer Gemeinschaftspraxis würden die Vermögen der bisherigen Einzelpraxen aufgrund vertraglichen Schuldbeitritts zum Gesamthandsvermögen; da zum Vermögen alle Aktiva und Passiva gehörten, seien der Gemeinschaftspraxis mithin auch die Passiva der Einzelpraxen zugeordnet. Im Übrigen verbiete es sich, vermeintliche Lücken im öffentlich-rechtlichen System durch eine erweiternde Auslegung zivilrechtlicher Vorschriften zu schließen. Die Entscheidung des (BGHZ 157, 361 = NJW 2004, 836) stehe dem nicht entgegen, da die dort zu einer Rechtsanwaltssozietät entwickelten Grundsätze wegen der strengen Zweckbindung der von der Beklagten verteilten Gelder auf die öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen ihr und den Vertragsärzten nicht übertragbar seien. Soweit das - MedR 2004, 172) im Rahmen eines obiter dictum ausgeführt habe, der Schutz des neuen Praxispartners spreche dafür, Einzel- und Gemeinschaftspraxen im Zeitablauf nicht als Einheit zu sehen, sei dem nicht zu folgen, da der Hinzutretende dieses Schutzes nicht bedürfe.
Aufgrund der öffentlich-rechtlichen Bindungen des vertragsärztlichen Honoraranspruchs sei zudem die eine Aufrechnung ausschließende Vorschrift des § 719 Abs 2 BGB hier nicht anwendbar. Für die Zulässigkeit einer Verrechnung in der vorliegenden Konstellation sprächen überdies Praktikabilitätserwägungen. Da die Gründung einer Gemeinschaftspraxis einen Statuswechsel bedeute und die Gemeinschaftspraxis eine neue Abrechnungsnummer erhalte, könnten die Altschulden aus dem vorangegangenen Betrieb der Einzelpraxen nur noch über dieses neue Konto verrechnet werden. Der andere Praxispartner werde hierdurch nicht übermäßig benachteiligt, denn er könne im Innenverhältnis einen Ausgleich erreichen. Der Umstand, dass über das Vermögen des Drs. O. ein Insolvenzverfahren eröffnet worden sei, führe zu keinem abweichenden Ergebnis, denn die Verrechnung der Altschulden sei mit den Vorschriften der Insolvenzordnung (InsO) vereinbar. Die Zulässigkeit der Aufrechnung ergebe sich zwar nicht aus § 94 InsO, aber aus § 114 Abs 2 Satz 1 InsO; der dort verwendete Begriff der "Bezüge aus einem Dienstverhältnis" sei weit auszulegen und erfasse auch Ansprüche eines Vertragsarztes gegen die KÄV. Schließlich stehe auch die Vorschrift in § 96 Abs 1 Nr 3 InsO einer Aufrechnung nicht entgegen (Urteil vom , veröffentlicht in GesR 2006, 505 sowie in MedR 2006, 310).
Die Klägerin macht mit ihrer Revision geltend, die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts stehe im Widerspruch zu zivilrechtlichen Grundsätzen und zur Rechtsprechung von BGH und BSG. Auch wenn der vertragsärztliche Honoraranspruch öffentlich-rechtlich gebunden sei und grundsätzlich der Verrechnung unterliege, bildeten Einzelpraxen mit einer aus ihnen hervorgegangenen Gemeinschaftspraxis keine Einheit, sondern die Gründung der Gemeinschaftspraxis bewirke eine Statusänderung und Zäsur. Die unterschiedlichen Rechtssubjekte hätten verschiedene Honoraransprüche, welche durch die jeweils bestehende öffentlich-rechtliche Bindung nicht miteinander verklammert seien. Die vom LSG aus zivilrechtlichen Vorschriften hergeleitete Überleitung des Vermögens der bisherigen Einzelpraxen in das Gesamthandsvermögen der Gemeinschaftspraxis sei nicht zwingend und zudem mit den Regelungen in § 4 Abs 1 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin nicht vereinbar. Dort sei ausdrücklich bestimmt, dass die Gesellschafter das Vermögen ihrer jeweiligen Einzelpraxen nicht in die Gemeinschaftspraxis einbrächten. Die Altschulden des Drs. O. könnten mithin nicht den öffentlich-rechtlichen Bindungen der Gemeinschaftspraxis unterliegen. Zudem stehe seit dem für den Bereich des Zivilrechts fest, dass bei der Neugründung einer GbR weder die Gesellschaft noch die Gesellschafter einer akzessorischen Haftung für Altschulden einzelner Mitglieder unterlägen. Diese Entscheidung zum Bereich der Rechtsanwaltssozietäten sei auf vertragsärztliche Gemeinschaftspraxen übertragbar, zumal auch das BSG auf die Vergleichbarkeit beider Gesellschaftstypen hingewiesen habe. Der im Gegensatz hierzu vom LSG für erforderlich gehaltene besondere Vertrauensschutz der KÄV sei nicht gerechtfertigt, da diese über alle bedeutsamen Informationen verfüge und auch am Verfahren zur Genehmigung einer Gemeinschaftspraxis beteiligt sei. Es sei auch widersprüchlich, wenn das LSG den Übergang der Altschulden der Einzelpraxis in das Vermögen der Gemeinschaftspraxis aus zivilrechtlichen Grundsätzen herleite, die Anwendbarkeit des § 719 Abs 2 BGB dagegen wegen des Vorrangs der öffentlich-rechtlichen Bindung vor zivilrechtlichen Grundsätzen verneine. Demgegenüber habe das (BSGE 89, 90 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3) die gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter einer vertragsärztlichen Gemeinschaftspraxis iS des § 421 BGB bejaht. Letztlich sprächen auch Praktikabilitätserwägungen gegen die Rechtsansicht des LSG und der Beklagten, zumal diese sowohl bei Aufgabe der vertragsärztlichen Tätigkeit als auch bei Statusänderungen das bisherige Arztkonto unter der alten Abrechnungsnummer regelmäßig fortführe. Die KÄV dürfe nicht besser gestellt werden als andere Gläubiger eines Einzelvertragsarztes, die darauf beschränkt seien, nach erfolgter Beteiligung an einer Gemeinschaftspraxis dessen Anspruch gegen die Gesellschaft auf Entnahme des vereinbarten Gewinns zu pfänden. Im Übrigen sei der BGH zwischenzeitlich der Auffassung des LSG, § 114 InsO erfasse auch Honoraransprüche eines Vertragsarztes gegen seine KÄV, ausdrücklich entgegengetreten (BGHZ 167, 363 = NJW 2006, 2485).
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom und des Sozialgerichts Dortmund vom abzuändern und die Beklagte unter Abänderung der Honorarbescheide für die Quartale II/1999 bis IV/1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom zu verurteilen, an sie - die Klägerin - die im Wege der Verrechnung einbehaltenen Beträge in Höhe von insgesamt 41.562,82 Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend. Im Rechtsverhältnis zur KÄV müssten die gesellschaftsrechtlichen Wirkungen einer Gemeinschaftspraxis in dem Umfang zurücktreten, wie dies mit der öffentlich-rechtlichen Zweckbindung der verteilten Gesamtvergütungen nicht vereinbar sei. Von einem einzelnen Vertragsarzt unberechtigt erlangte Honorare schmälerten unmittelbar die Vergütung der übrigen Vertragsärzte. Mithin gebiete es die Interessenlage, der KÄV den Zugriff auf die Honoraransprüche einer neu gegründeten Gemeinschaftspraxis zu ermöglichen, um die Rückzahlungsverpflichtungen ihres weiterhin in der vertragsärztlichen Versorgung, aber nunmehr im Rahmen einer Gemeinschaftspraxis tätigen Mitglieds realisieren zu können. Die gesamthänderische Bindung von Honoraransprüchen einer Gemeinschaftspraxis müsse im Verhältnis zur KÄV unberücksichtigt bleiben, weil andernfalls die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Vergütungs- und Verteilungssystems gefährdet sei. Dieser Gedanke liege auch der Rechtsprechung des BSG zur umfassenden Zulässigkeit nachträglicher sachlich-rechnerischer Richtigstellungen zugrunde. Die KÄV könne die Gründung bzw Genehmigung einer Gemeinschaftspraxis wegen bestehender Verbindlichkeiten von deren Mitgliedern rechtlich nicht verhindern. Die Entscheidung des LSG gewährleiste, dass ein einzelner Vertragsarzt sich nicht missbräuchlich durch "Flucht in eine Gemeinschaftspraxis" der Haftung für seine Verbindlichkeiten zum Schaden für die gesamte Vertragsärzteschaft entziehen könne. Die weiteren Mitglieder der Gemeinschaftspraxis, denen regelmäßig die Altschulden bekannt seien, würden aufgrund der innergesellschaftlich bestehenden Freistellungsansprüche nicht unverhältnismäßig belastet, zumal sie nicht persönlich, sondern nur mit den laufenden Honoraransprüchen der Gemeinschaftspraxis hafteten und damit lediglich mittelbar betroffen seien.
II
Die Revision der klagenden Gemeinschaftspraxis hat Erfolg. Die Minderung ihrer Honorare für die Quartale II/1999 bis IV/1999 aufgrund Verrechnung mit einer Forderung, die der Beklagten nur gegen einen der Praxispartner aus dessen vorangegangener Einzelpraxistätigkeit zusteht, beschwert die Klägerin in rechtswidriger Weise (§ 54 Abs 2 Satz 1 SGG).
Die Revision ist zulässig. Die Gemeinschaftspraxis als Rechtsmittelführerin in der Rechtsform einer GbR ist unbeschadet von deren Auflösung zum weiterhin beteiligtenfähig iS des § 70 Nr 1 SGG (zur Beteiligtenfähigkeit einer GbR s BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 5 RdNr 13; SozR 4-1500 § 86 Nr 2 RdNr 8 - jeweils mwN). Der Widerruf der Genehmigung zur Bildung dieser Gemeinschaftspraxis im Beschluss des Zulassungsausschusses vom beendete den besonderen vertragsärztlichen Status der Berufsausübung in Gemeinschaftspraxis (s hierzu BSG SozR 4-1930 § 6 Nr 1 RdNr 14 f; SozR 4-5520 § 33 Nr 5 RdNr 6) nur für die Zukunft, ließ hingegen die mit diesem Status verbundenen und in der Vergangenheit entstandenen Rechte und Pflichten unberührt. Solche Rechte sind Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Für die Geltendmachung der ihr gegenüber der Beklagten gegebenenfalls noch zustehenden öffentlich-rechtlichen Ansprüche auf Honorarteilhabe für die Dauer des Bestehens der Gemeinschaftspraxis in den Quartalen II/1999 bis IV/1999 - dh im Rahmen der Abwicklung ihrer Rechtsbeziehungen zu Dritten - ist deshalb weiterhin die Gemeinschaftspraxis befugt (vgl § 730 Abs 2 Satz 1 BGB) und als solche auch beteiligtenfähig. Dies gilt auch dann, wenn - wie hier - auf zivilrechtlicher Ebene im Gesellschaftsvertrag der GbR eine Liquidation der Gesellschaft bzw eine Vermögensauseinandersetzung bei Ausscheiden eines Partners ausgeschlossen wurde (vgl § 731 Satz 1 BGB sowie § 2 Nr 3 iVm § 22 Nr 2 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin vom ) und deshalb nach Gesellschaftsrecht eine sofortige Vollbeendigung der GbR eintritt (vgl Gummert in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 1, 2. Aufl 2004, § 21 RdNr 8 und 102; s auch BGH NJW 2002, 1207 sowie Bier in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand April 2006, § 61 RdNr 10). Denn die KÄV und die weiteren vertragsärztlichen Behörden sind aufgrund der speziellen Ausprägung des vertragsarztrechtlichen Status einer Gemeinschaftspraxis - ungeachtet der zivilrechtlichen Vereinbarungen zur Auseinandersetzung der GbR, die ihnen oftmals nicht bekannt sein werden - befugt, die öffentlich-rechtlichen Berechtigungen und Verpflichtungen einer Gemeinschaftspraxis auch noch nach deren gesellschaftsrechtlicher Vollbeendigung durch einen an diese gerichteten Verwaltungsakt festzustellen (vgl § 12 Abs 1 Nr 2 SGB X). Die Gemeinschaftspraxis wird mithin in vertragsarztrechtlicher Hinsicht als fortbestehend angesehen, solange sie noch Pflichten aus ihrem Status zu erfüllen hat oder ihr hieraus noch Rechte zustehen (ebenso zur parallelen Rechtslage im Steuerrecht: BFHE 191, 494, 495). Nur dies wird der erforderlichen Klarheit und Transparenz bei der Abwicklung vertragsarztrechtlicher Massenverfahren, wie sie der Erlass quartalsbezogener Honorarbescheide - einschließlich Prüf- und Richtigstellungsbescheide - darstellt, gerecht.
Die Klägerin ist überdies im Revisionsverfahren durch einen ordnungsgemäß bestellten Prozessbevollmächtigten vertreten (§ 166 Abs 1 SGG). Nach Auflösung der Gemeinschaftspraxis wird diese im Prozess grundsätzlich durch die nur noch gemeinschaftlich geschäftsführungsbefugten bisherigen Praxispartner vertreten (§ 71 Abs 3 SGG iVm § 730 Abs 2 Satz 2 und § 714 BGB), sofern nicht gegenüber dem Gericht eine abweichende Vereinbarung - etwa in Gestalt der besonderen Beauftragung eines der bisherigen Praxispartner - nachgewiesen wird (s hierzu Timm/Schöne in Bamberger/Roth (Hrsg), Beck'scher Online-Kommentar BGB, Stand , § 730 RdNr 23). Mehrere nur gemeinschaftlich geschäftsführungs- und vertretungsbefugte Praxispartner müssen einen zur Vertretung der Gemeinschaftspraxis im gerichtlichen Verfahren bestellten Prozessbevollmächtigten auch gemeinsam bevollmächtigen (§ 73 Abs 1 SGG). Eine solche Prozessvollmacht ist jedenfalls im Revisionsverfahren vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgelegt worden.
Keinen Bedenken begegnet zudem, dass die Klägerin im Revisionsverfahren erneut einen auf Auszahlung der aufgrund Verrechnung einbehaltenen Honorare gerichteten kombinierten Anfechtungs- und Leistungsantrag (§ 54 Abs 1 Satz 1 iVm Abs 4 SGG) zur Entscheidung gestellt hat. Die Klägerin hatte diesen für ihr Begehren sachgerechten Klageantrag bereits vor dem Sozialgericht erhoben. Wenn die Klägerin im weiteren Prozessverlauf - nach ihren Angaben in Befolgung einer Anregung des Gerichts - nur noch einen ihr Rechtsschutzziel nicht sinnvoll ausschöpfenden Antrag auf vollständige Aufhebung der ihr erteilten Honorarbescheide geltend machte, so kann dies nicht als teilweise Klagerücknahme in Bezug auf den Leistungsantrag gewertet werden. Denn die Klägerin hat zu keinem Zeitpunkt klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sie von ihrem Begehren auf Zahlung der einbehaltenen Beträge Abstand nehmen möchte (vgl BSG SozR 4-1500 § 92 Nr 2 RdNr 8). Mithin bezieht sich der im Revisionsverfahren erneut erhobene Leistungsantrag nicht auf einen durch Klagebeschränkung bereits bestandskräftig abgeschlossenen Teil des ursprünglichen Streitgegenstands, sondern enthält eine gemäß § 99 Abs 3 Nr 2 SGG auch in der Revisionsinstanz zulässige Neufassung eines sachdienlichen Klageantrags.
Die Revision der Klägerin ist auch begründet. Die Klägerin kann beanspruchen, dass die von ihr in den Quartalen II/1999 bis IV/1999 unstreitig erworbenen Honorarteilhabeansprüche (§ 85 Abs 4 Satz 1 SGB V) ungeschmälert durch Verrechnungen mit Forderungen der Beklagten gegen Drs. O. aus dessen Tätigkeit als Einzelvertragsarzt zur Auszahlung kommen. Entgegen der Ansicht der Beklagten und des LSG besteht keine Rechtsgrundlage dafür, die der Gemeinschaftspraxis zustehenden Honorare mit den Altverbindlichkeiten eines ihrer Praxispartner zu verrechnen.
Spezielle Normen des Vertragsarztrechts enthalten keine Bestimmung, die es der Beklagten ausdrücklich gestatten würde, die bestehende Honorarforderung einer Gemeinschaftspraxis im Wege der Verrechnung bzw Aufrechnung mit einer sich ausschließlich gegen einen der Praxispartner gerichteten Gegenforderung teilweise zum Erlöschen zu bringen. Die vom LSG hierfür herangezogene Vorschrift in § 8 Abs 2 der Abrechnungsrichtlinien der Beklagten vom ist - ungeachtet ihres tatsächlichen Regelungsgehalts - auf die Ende 1999 und Anfang 2000 vorgenommenen Verrechnungen nicht anwendbar. Denn die Beklagte erließ am neue Abrechnungsrichtlinien, die zum in Kraft traten. Auch die im Widerspruchsbescheid benannte Regelung in § 8 Abs 3 Satz 4 der Abrechnungsrichtlinien vom gestattet die hier streitige Aufrechnung bzw Verrechnung nicht. Allerdings sind die Abrechnungsrichtlinien als Satzungsrecht der KÄV für ihre Mitglieder verbindlich (§ 81 Abs 1 Nr 4 SGB V). Die Vorschrift in § 8 Abs 3 Satz 4 der Abrechnungsrichtlinien - der Senat darf sie ungeachtet ihrer Eigenschaft als nicht revisibles Landesrecht selbst auslegen, nachdem das LSG sie unberücksichtigt gelassen hat (s BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 12 RdNr 20) - betrifft jedoch nach Wortlaut und Regelungszusammenhang nur Konstellationen, in denen sich bei der endgültigen Honorarabrechnung herausstellt, dass vorab zu hohe Honorar-Abschlagszahlungen an einen Vertragsarzt geleistet wurden. In einem solchen Fall von Überzahlungen ist die Beklagte "zur Verrechnung mit den nächsten Zahlungen verpflichtet". Darum geht es hier jedoch nicht; vielmehr soll ein endgültiger Schuldsaldo aus der Einzeltätigkeit des Drs. O. gegen abschließend festgestellte Honorarforderungen der Gemeinschaftspraxis aufgerechnet werden. Eine hierfür notwendige Regelung, die vom Erfordernis der Gegenseitigkeit der Forderungen als Voraussetzung einer Aufrechnung dispensiert, enthalten die Abrechnungsrichtlinien vom weder in § 8 Abs 3 noch an anderer Stelle. Unter diesen Umständen braucht der Frage, ob § 81 Abs 1 Nr 4 SGB V überhaupt eine ausreichende Rechtsgrundlage für eine Satzungsregelung wäre, die das für Aufrechnungen geltende Erfordernis der Gegenseitigkeit der Forderungen - dazu im Einzelnen sogleich - preis gibt, hier nicht weiter nachgegangen zu werden.
Auch die allgemein für öffentlich-rechtliche Schuldverhältnisse maßgeblichen Bestimmungen gestatten für die hier zu beurteilende Fallgestaltung kein Absehen von dem Erfordernis der Gegenseitigkeit bei einer Aufrechnung oder Verrechnung von Forderungen. Die Vorschrift des § 52 SGB I ermöglicht zwar einem Sozialleistungsträger die Verrechnung einer von ihm zu zahlenden Geldleistung mit einer Forderung, die einem anderen Leistungsträger gegen den Berechtigten zusteht, lässt mithin das ansonsten auch im Sozialleistungsrecht für Aufrechnungen maßgebliche Gegenseitigkeitserfordernis entfallen (vgl Seewald in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand , § 52 SGB I RdNr 2). Diese für Geldleistungen iS von § 11 SGB I maßgebliche Norm ist aber ebenso wie die Aufrechnungsvorschrift in § 51 SGB I auf die hier betroffenen Honorarzahlungen an Vertragsärzte auf der Grundlage von § 85 Abs 4 Satz 1 SGB V schon deshalb nicht anwendbar, weil solche Zahlungen keine Sozialleistungen darstellen, die dem Vertragsarzt zur Verwirklichung seiner sozialen Rechte zukommen sollen (stRspr, vgl BSGE 56, 116, 117 = SozR 1200 § 44 Nr 10 S 33 f; BSGE 61, 19, 21 = SozR 2200 § 368f Nr 11 S 30; BSGE 82, 50, 51 = SozR 3-1300 § 44 Nr 23 S 49; BSG SozR 4-1500 § 92 Nr 2 RdNr 10 und SozR 4-1300 § 44 Nr 6 RdNr 8). Entsprechendes gilt hinsichtlich weiterer Vorschriften des Sozialgesetzbuchs, die eine Verrechnung unter Verzicht auf das Gegenseitigkeitserfordernis zulassen. So erfasst § 28 Nr 1 SGB IV nur den Fall, dass ein zur Erstattung von Beiträgen verpflichteter Leistungsträger den ihm obliegenden Erstattungsbetrag mit Ansprüchen eines anderen Leistungsträgers gegen den Berechtigten verrechnet. Wenn insoweit auf das Gegenseitigkeitserfordernis verzichtet wird, um die aufgrund der gemeinsamen Zielsetzung aller Sozialleistungen gebotene funktionale Einheit der Leistungsträger und deren Pflicht zur Zusammenarbeit zur Geltung zu bringen (so BSG SozR 3-2400 § 28 Nr 1 S 5; s hierzu auch § 87 Abs 1 SGB X), unterscheidet sich dies wesentlich von der hier vorliegenden Konstellation, in der einer Behörde zwei unterschiedliche Rechtspersönlichkeiten mit jeweils eigenen Forderungen und Verpflichtungen gegenüberstehen. Eine - entsprechende - Anwendung dieser Verrechnungsvorschrift scheidet mithin aus.
Ebenso ergibt sich aus den für die öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisse des Vertragsarztrechts im Wege der Lückenfüllung entsprechend anwendbaren Vorschriften des Allgemeinen Schuldrechts über die Aufrechnung in §§ 387 ff BGB (BSG SozR 3-2500 § 75 Nr 11 S 55 f, mwN) keine Regelung, die für die hier zu beurteilende Fallgestaltung ein Absehen von dem Gegenseitigkeitserfordernis zuließe. Entsprechend § 387 BGB sind Gegenseitigkeit, Gleichartigkeit und Fälligkeit der beiderseitigen Forderungen wesentliche Voraussetzungen für das Bestehen einer Aufrechnungslage. Ausnahmen vom Erfordernis der Gegenseitigkeit können jedoch in speziellen gesetzlichen Vorschriften (zB §§ 406, 409 BGB) oder auch in allgemeinen Rechtsgrundsätzen (zB Durchgriffshaftung) eröffnet sein (vgl Grüneberg in Palandt, BGB, 66. Aufl 2007, § 387 RdNr 6 f).
Zwischen der Hauptforderung der Klägerin gegen die Beklagte auf Honorarzahlung und der Gegenforderung der Beklagten gegen Drs. O. auf Honorarrückzahlung besteht kein Verhältnis der Gegenseitigkeit. Die Hauptforderung steht der Gemeinschaftspraxis als eigenständiger und einheitlicher Rechtspersönlichkeit zu (BSGE 91, 164 RdNr 22 = SozR 4-5520 § 33 Nr 1 RdNr 21; BSG SozR 4-1930 § 6 Nr 1 RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 RdNr 22). Hingegen richtet sich die Gegenforderung der Beklagten auf Rückzahlung zu Unrecht erhaltenen vertragsärztlichen Honorars gegen Drs. O. als Einzelvertragsarzt. Im Grundsatz ist damit eine Aufrechnungslage nicht gegeben. Dies wird in § 719 Abs 2 BGB für die Konstellation, dass sich eine Forderung, die - wie die Honorarforderung der Gemeinschaftspraxis - zum Gesellschaftsvermögen einer GbR gehört, und eine Gegenforderung - hier der KÄV - gegen einen ihrer Gesellschafter gegenüberstehen, nochmals ausdrücklich klargestellt (vgl Sprau in Palandt, aaO, § 719 RdNr 5).
Die Altverbindlichkeit des Drs. O gegenüber der Beklagten ist mit Gründung der GbR durch Abschluss des Gemeinschaftspraxisvertrags vom auch nicht zur Verbindlichkeit der Gemeinschaftspraxis geworden. Der vom LSG lediglich unter Berufung auf eine Literaturstelle (Haack, MedR 2005, 631, 635; kritisch hierzu Bridts, MedR 2006, 102, 103) sowie unter Hinweis auf eine eigene vorangegangene Kostenentscheidung (Beschluss vom , L 11 S (Ka) 23/90; der nachfolgende Beschluss vom , L 11 S (Ka) 21/92 verweist im Rahmen summarischer Prüfung lediglich hierauf) angenommene automatische Übergang der Verbindlichkeiten der vormaligen Einzelpraxen in das Vermögen der neu gegründeten Gemeinschaftspraxis hat im Gesetz keine Grundlage. Sie widerspricht vielmehr der Regelung des § 718 Abs 1 BGB, derzufolge nur die vereinbarten Beiträge der Gesellschafter sowie die durch die Geschäftsführung für die Gesellschaft erworbenen Gegenstände Bestandteil des Gesellschaftsvermögens werden, nicht aber Verbindlichkeiten (vgl Buchner, AcP 169, 483, 491; Kraft/Kreutz, Gesellschaftsrecht, 11. Aufl 2000, S 132).
Früher war allerdings eine Haftung der Gesellschaft für Altschulden eines eintretenden Gesellschafters auf gesetzlicher Grundlage des § 419 BGB denkbar, sofern dieser sein wesentliches Aktivvermögen als Beitrag in die Gesellschaft einbrachte. Da diese Vorschrift zum - also noch vor Gründung der klägerischen Gemeinschaftspraxis - außer Kraft trat, vermag sie im hier zu entscheidenden Fall eine Haftung der Gemeinschaftspraxis für die Altverbindlichkeiten des Drs. O. ebenfalls nicht zu begründen. Darüber hinaus verbieten auch die vertraglichen Regelungen des Gemeinschaftspraxisvertrags vom , die das LSG weder im Einzelnen referiert noch ausgelegt hat, die Annahme eines vertraglichen Schuldbeitritts der Gemeinschaftspraxis zu den Altverbindlichkeiten des Drs. O. Ein solcher Schuldbeitrittsvertrag zwischen dem Altschuldner - Drs. O. - und der diese Schuld mit übernehmenden Gemeinschaftspraxis zugunsten der KÄV als Gläubigerin jener Altverbindlichkeiten ist zwar grundsätzlich denkbar (vgl Grüneberg in Palandt, aaO, Überblick vor § 414 RdNr 2). Die in § 1 Abs 2, § 4 Abs 1 und § 14 Abs 2 Satz 2 des Gemeinschaftspraxisvertrags getroffenen Bestimmungen verbieten jedoch die Annahme, dass die Gesellschafter bei Abschluss ihres Gesellschaftsvertrages eine solche Rechtsfolge ernsthaft gewollt haben könnten. Dort ist im Gegenteil ausdrücklich vorgesehen, dass Drs. O. "lediglich seine Arbeitskraft in die Gemeinschaftspraxis einbringt" und die Partner "jeweils selbst und allein verpflichtet" sind, vor Gründung der Gemeinschaftspraxis begründete Ansprüche Dritter zu erfüllen.
Eine Haftung der Gemeinschaftspraxis für die Altverbindlichkeiten des Drs. O. gegenüber der Beklagten - und damit ein Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen der Hauptforderung der Klägerin auf Honorarzahlung und ihrer Haftungsverpflichtung, welches eine Aufrechnung durch die Beklagte gestatten würde - ergibt sich auch nicht aus einer entsprechenden Anwendung von § 28 Abs 1 Satz 1 Handelsgesetzbuch (HGB). Eine solche Haftungserstreckung wird zwar von einem Teil des zivilrechtlichen Schrifttums für den Fall gefordert, dass eine (Anwalts-)Sozietät unter Einbringung der bisherigen Einzelkanzlei eines der Partner neu gegründet wird. In diesem Falle soll die Sozietät nicht nur die bestehenden Anwaltsverträge der Einzelkanzlei übernehmen, sondern zugleich auch für deren Verbindlichkeiten mit haften (so K. Schmidt, NJW 2003, 1897, 1903; ders in NJW 2005, 2801, 2807; Knöfel, AnwBl 2006, 373; s nunmehr auch OLG Naumburg MedR 2006, 725, 726). Die hier vorliegende besondere Konstellation einer möglichen Erstreckung der Haftung der Gesellschaft auf Altverbindlichkeiten desjenigen Partners, der seine Einzelpraxis und deren Substrat gerade nicht in die neue Gemeinschaftspraxis mit einbringt - so dass von einer Unternehmenskontinuität als innere Rechtfertigung einer solchen Haftung nicht ausgegangen werden kann -, wird dort allerdings nicht erörtert. Unabhängig hiervon hat der BGH in seinem Urteil vom (BGHZ 157, 361 = NJW 2004, 836) auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung zur akzessorischen Gesellschafterhaftung und in Würdigung der in der Literatur vorgetragenen Argumente daran festgehalten, dass die Vorschrift des § 28 Abs 1 Satz 1 HGB auf die Neugründung einer Sozietät in der Rechtsform einer GbR nicht entsprechend angewandt werden kann. Der BGH hat dies einerseits damit begründet, dass aus der Sicht des Rechtsverkehrs jedenfalls der Einzelanwalt vornehmlich mit einer persönlichen und eigenverantwortlichen Dienstleistung und nicht als Unternehmer in Erscheinung trete; der auf die Kontinuität eines Unternehmens gestützte Gedanke der Haftungserstreckung komme insoweit von vornherein nicht zum Tragen. Andererseits sei es den Gesellschaftern einer GbR - anders als denjenigen einer offenen Handelsgesellschaft - nicht möglich, eine vom Grundsatz des § 28 Abs 1 Satz 1 HGB abweichende Haftungsvereinbarung in das Handelsregister einzutragen und auf diese Weise die Haftung abzuwenden (§ 28 Abs 2 HGB). Würde dennoch die Haftungserstreckung entsprechend § 28 Abs 1 Satz 1 HGB auch auf Anwälte angewandt, wären diese Nichtkaufleute schlechter gestellt als Kaufleute (BGHZ 157, 361, 366 f).
Der Senat schließt sich dieser speziell für Anwaltssozietäten getroffenen Bewertung des BGH für den Bereich der hier zu beurteilenden Zusammenschlüsse von Vertragsärzten zur gemeinsamen Berufsausübung in Gemeinschaftspraxen an (vgl bereits Engelmann, ZMGR 2004, 3, 7; ebenso Möller, MedR 2006, 621, 626; Ureta, GesR 2006, 508 sowie Schallen, Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, Vertragszahnärzte, Medizinische Versorgungszentren, Psychotherapeuten, 5. Aufl 2007, RdNr 1256 ff). Denn auch für die vertragsärztliche Einzelpraxis ist die persönliche und eigenverantwortliche ärztliche Heilbehandlung prägend, wie sich aus § 32 Abs 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) ergibt (vgl BSGE 80, 1, 3 = SozR 3-5545 § 19 Nr 2 S 8 für vertragszahnärztliche Behandlungen sowie -, in juris dokumentiert, für den vertragsärztlichen Bereich). Der Gedanke einer "Unternehmenskontinuität" im Falle der Umwandlung in eine Gemeinschaftspraxis liegt hier ebenfalls fern. Ebenso fehlt auch Vertragsärzten die in § 28 Abs 2 HGB für neu gegründete Handelsgesellschaften eröffnete Möglichkeit, eine Haftungserstreckung auf das Gesellschaftsvermögen durch Eintragung in das Handelsregister abzuwenden. Soweit dem entgegengehalten wird, die Variante einer Einzelmitteilung über den Haftungsausschluss (§ 28 Abs 2 Variante 2 HGB) stehe Nichtkaufleuten gleichfalls offen (Knöfel, AnwBl 2006, 373, 375), ist zutreffend darauf hingewiesen worden, dass die Vorlage eines Gemeinschaftspraxisvertrags mit Regelungen zum Haftungsausschluss für Altverbindlichkeiten an den Zulassungsausschuss für alle am Verfahren zur Genehmigung der Gemeinschaftspraxis Beteiligten - also auch für die KÄV (§ 33 Abs 2 - bzw nunmehr Abs 3 - iVm § 37 Abs 2 Ärzte-ZV in der ab geltenden Fassung des Vertragsarztrechtsänderungs- gesetzes <VÄndG> vom , BGBl I 3439) - eine solche Einzelmitteilung enthält (so Ureta, GesR 2006, 508; s hierzu auch die Empfehlung zur Vertragsgestaltung bei Dahm/Ratzel, MedR 2006, 555, 561). Mithin wäre selbst bei entsprechender Anwendung von § 28 HGB auf Neugründungen von Gemeinschaftspraxen regelmäßig - und auch im hier zu entscheidenden Fall - eine Erstreckung der Haftung für Altverbindlichkeiten auf die Gemeinschaftspraxis ausgeschlossen.
Der Senat teilt darüber hinaus nicht die Ansicht des LSG, eine Erstreckung der Haftung von Einzelvertragsärzten für ihre Altverbindlichkeiten gegenüber der KÄV auf die neu gebildete Gemeinschaftspraxis sei aus spezifisch vertragsarztrechtlichen Gründen geboten, um vor allem der besonderen öffentlich-rechtlichen Prägung und strengen Zweckbindung der von der Beklagten verteilten Gesamtvergütungen Geltung zu verschaffen. Vielmehr würde eine solche Vorgehensweise für die KÄV als Gläubigerin zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Erweiterung des Kreises ihrer Schuldner führen. Das Berufungsgericht stellt einseitig nur auf die Zweckbindung der von der Beklagten früher zu Unrecht an Drs. O. ausgezahlten Gesamtvergütungsanteile ab, die zu einer berechtigten Rückforderung und dem Bestehen einer Altverbindlichkeit dieses Praxispartners geführt haben. Wenn aber aus diesem Grund eine Haftung der neu gegründeten Gemeinschaftspraxis für solche Altverbindlichkeiten und somit eine Aufrechnungsmöglichkeit der Beklagten in Bezug auf gegen sie gerichtete aktuelle Honoraransprüche bejaht würde, führte dies zwangsläufig dazu, dass dieselbe "strenge Zweckbindung" der von den Krankenkassen für nachfolgende Zeiträume entrichteten und grundsätzlich an die Vertragsärzte in diesem Quartal auszukehrenden Gesamtvergütungsanteile (vgl BSG SozR 4-1500 § 44 Nr 6 RdNr 13 mwN) vernachlässigt würde. Diese wären dann nicht mehr in Gänze eine Vergütung für alle in der Gemeinschaftspraxis - auch von K. - erbrachten vertragsärztlichen Leistungen, sondern müssten zum Teil zur Begleichung von Verbindlichkeiten dienen, die zu der beruflichen Tätigkeit jedenfalls des K. keinen Bezug haben. Mithin erweist sich das Argument der "strengen Zweckbindung" bei umfassender Betrachtung als ambivalent und nicht geeignet, eine Haftungserstreckung zu begründen.
Im Übrigen würde eine Haftung der neu gegründeten Gemeinschaftspraxis für Altverbindlichkeiten eines ihrer Praxispartner - und damit aufgrund der akzessorischen Gesellschafterhaftung entsprechend § 128 HGB zwingend auch eine persönliche Haftung der weiteren Praxispartner mit ihrem Privatvermögen für diese Altverbindlichkeiten - in der Praxis dazu führen, dass ein wirtschaftlich in Bedrängnis oder gar in Insolvenz geratener Vertragsarzt kaum mehr die Möglichkeit bekommen dürfte, wenigstens im Rahmen einer Gemeinschaftspraxis seinen Lebensunterhalt sowie Beträge zur Tilgung seiner Verbindlichkeiten - auch gegenüber der KÄV - zu erwerben. Kein vernünftiger und ordnungsgemäß beratener Vertragsarzt würde das Risiko der gemeinschaftlichen Berufsausübung mit einem derart vorbelasteten Praxispartner auf sich nehmen. Dies würde - vom Einzelfall losgelöst - im Ergebnis die Wahrscheinlichkeit sogar deutlich erhöhen, dass die KÄV Honorarrückzahlungsforderungen gegenüber solchen Ärzten überhaupt nicht mehr realisieren kann. Aber auch unabhängig vom Falle erkennbarer wirtschaftlicher Bedrängnis eines der Praxispartner hätte der Umstand, dass in der vertragsärztlichen Versorgung Honorarrückforderungen oder Regresse gegen einen Vertragsarzt auch noch längere Zeit nach Ablauf des betreffenden Quartals festgesetzt werden können (s hierzu zB BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, jeweils RdNr 62; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, jeweils RdNr 14), zur Folge, dass zum Zeitpunkt der Gründung einer Gemeinschaftspraxis für die Beteiligten überhaupt noch nicht feststellbare Verbindlichkeiten der Einzelvertragsärzte die gemeinschaftliche Berufsausübung belasten würden; eine adäquate Absicherung gegen solche Entwicklungen wäre kaum möglich. Dies alles würde das mit dem Eingehen einer vertragsärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft verbundene wirtschaftliche Risiko gerade auch für einen ordnungsgemäß arbeitenden Vertragsarzt unkalkulierbar machen und stünde im Widerspruch zu den Bestrebungen des Gesetzgebers des VÄndG, die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit zu erleichtern (vgl § 33 Abs 2 Ärzte-ZV nF).
Die vom LSG und von der Beklagten angeführten Praktikabilitätserwägungen können Aufrechnungen unter Missachtung des Gegenseitigkeitserfordernisses nicht rechtfertigen. Die Beklagte muss bei Beachtung der Voraussetzungen einer Aufrechnung auch nicht besorgen, ihre berechtigten Rückzahlungsforderungen überhaupt nicht mehr realisieren zu können. Soweit die Befürchtung besteht, dass Einzelvertragsärzte mit einem Schuldsaldo gegenüber der KÄV "in eine Gemeinschaftspraxis flüchten" und sich auf diese Weise - bei gutem Auskommen aus vertragsärztlicher Tätigkeit - ihrer Rückzahlungsverpflichtungen entziehen, bestehen gewisse Möglichkeiten, dem zu begegnen. Die Beklagte kann insbesondere den Anspruch des betroffenen Vertragsarztes und nunmehrigen Mitglieds einer Gemeinschaftspraxis gegen die GbR auf Auszahlung des Gewinnanteils und/oder dessen Gesellschaftsanteil pfänden (vgl Gummert in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, aaO, § 16 RdNr 11 f, 16, 21; s auch Wertenbruch NJW 2002, 324, 328), sofern dem insolvenzrechtliche Vorschriften (zB §§ 89, 91 InsO) nicht entgegenstehen. Ist die KÄV hingegen Insolvenzgläubiger eines Einzelvertragsarztes, kann sie nach dem Willen des Gesetzgebers der InsO eine bevorzugte Befriedigung aus der Insolvenzmasse, zu der auch das vom Schuldner während des Insolvenzverfahrens Erlangte gehört (vgl § 35 InsO), ohnehin nicht beanspruchen (s auch BGHZ 167, 363 = NJW 2006, 2485, jeweils RdNr 8 ff, zur Unanwendbarkeit der vom LSG herangezogenen Vorschrift des § 114 InsO für Vergütungsansprüche eines Vertragsarztes gegen seine KÄV).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
JAAAC-49033