BVerfG Beschluss v. - 2 BvR 695/07

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: GG Art. 2 Abs. 1; GG Art. 19 Abs. 4; GG Art. 101 Abs. 1 Satz 2; GG Art. 103 Abs. 1

Instanzenzug:

Gründe

Gegenstand der Verfassungsbeschwerde sind die im Zusammenhang mit dem geplanten Bau einer Brücke über die Elbe auf dem Gebiet der Beschwerdeführerin ergangenen kommunalaufsichtlichen Bescheide des Regierungspräsidiums Dresden sowie Beschlüsse des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts.

I.

1. Im August 1996 beschloss der Stadtrat der Beschwerdeführerin den Bau einer Brücke über die Elbe, der so genannten Waldschlösschenbrücke. Auf den Antrag der Beschwerdeführerin erließ das Regierungspräsidium Dresden im Februar 2004 einen - vollziehbaren - Planfeststellungsbeschluss. Am fand nach einem erfolgreichen Bürgerbegehren ein Bürgerentscheid statt, in welchem sich eine Mehrheit der stimmberechtigten Bürger der Beschwerdeführerin für den Bau der Brücke aussprach. In der Folgezeit schrieb die Beschwerdeführerin Bauleistungen zur Vergabe aus. Die Zuschlags- und Bindefristen (§ 19 VOB/A) endeten zunächst am und wurden später wiederholt verlängert, zuletzt bis zum .

2. Auf seiner 28. Sitzung beschloss das Komitee für das Erbe der Welt der UNESCO (im Folgenden: Welterbekomitee), dem es nach Art. 11 Abs. 2 des Übereinkommens zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt vom (BGBl 1977 II S. 213 - im Folgenden: Welterbekonvention) unter anderem obliegt, die "Liste des Erbes der Welt" zu führen, im Juli 2004, das Dresdner Elbtal als sich entwickelnde Kulturlandschaft in diese Liste aufzunehmen. Im Juli 2006 setzte das Welterbekomitee auf seiner 30. Sitzung das Elbtal auf die "Liste des gefährdeten Erbes der Welt" (Art. 11 Abs. 4 Welterbekonvention), weil der Bau der Waldschlösschenbrücke nach seiner Auffassung den Wert und die Unversehrtheit der Kulturlandschaft irreversibel schädige. Zugleich wurden die staatlichen und kommunalen Behörden aufgefordert, den Bau der Brücke zu stoppen und Gespräche mit allen Interessenvertretern aufzunehmen, um alternative Lösungsmöglichkeiten zu finden.

3. Daraufhin beauftragte der Stadtrat der Beschwerdeführerin den Oberbürgermeister am , dem Stadtrat eine Vorlage für die Durchführung eines Bürgerentscheids, welcher die Möglichkeit eröffnen solle, den Welterbestatus des Elbtals zu erhalten, vorzulegen sowie in Abstimmung mit dem Welterbebüro der UNESCO geeignete Maßnahmen zur Sicherung des Welterbestatus vorzuschlagen. Weiter wurde der Oberbürgermeister beauftragt, die Vergabe von Bauleistungen und den Baubeginn der Brücke weiterhin auszusetzen und gleichzeitig mögliche, aus dieser Aussetzung resultierende Entschädigungsverpflichtungen der Beschwerdeführerin zu verringern. Schließlich erhielt der Oberbürgermeister den Auftrag, Maßnahmen zur Realisierung des Verkehrszuges Waldschlösschenbrücke nur im Konsens mit der UNESCO zu veranlassen. Zugleich vertagte der Stadtrat den Beschluss über Vorlagen der Stadtverwaltung betreffend die Vergabe von Bauleistungen. Nachdem der Vertreter des Oberbürgermeisters den Beschlüssen des Stadtrates widersprochen hatte, weil diese gegen die Sperrwirkung des Bürgerentscheids nach § 24 Abs. 4 der Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen (SächsGemO) verstießen, wiederholte der Stadtrat am den Beschluss vom . Der Vertreter des Oberbürgermeisters widersprach daraufhin erneut und ersuchte gemäß § 52 Abs. 2 Satz 5 SächsGemO das Regierungspräsidium als Rechtsaufsichtsbehörde um Entscheidung.

4. Mit dem angegriffenen Bescheid vom stellte das Regierungspräsidium Dresden fest, dass der Beschluss des Stadtrates der Beschwerdeführerin vom rechtswidrig sei. Zugleich gab das Regierungspräsidium der Beschwerdeführerin auf, den Beschluss sowie die weiteren Vertagungsbeschlüsse bis zum aufzuheben und bis zum genannten Datum fünf im Einzelnen aufgeführte Vergabeentscheidungen zu treffen. Für den Fall, dass die Beschwerdeführerin innerhalb der gesetzten Frist den Anordnungen nicht nachkomme, kündigte das Regierungspräsidium die Ersatzvornahme an. Zur Begründung heißt es in dem Bescheid unter anderem, die beanstandeten Beschlüsse seien rechtswidrig, weil sie gegen die bis reichende Bindungswirkung des Bürgerentscheids verstießen. Der Bürgerentscheid habe die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses, der nach § 52 Abs. 1 SächsGemO vom Bürgermeister unverzüglich zu vollziehen sei. Die Aufforderung des Oberbürgermeisters, die Auftragsvergabe auszusetzen, bis mit der UNESCO eine Einigung über die Projektplanung hergestellt sei, hindere den Oberbürgermeister, seiner in Bezug auf den Bürgerentscheid bestehenden Umsetzungspflicht nachzukommen. Insoweit sei von Bedeutung, dass die Welterbekonvention nicht gemäß Art. 59 GG in deutsches Recht transformiert worden sei und daher keine innerstaatlichen Bindungswirkungen entfalte. Im Übrigen sei nach dem Übereinkommen das Welterbekomitee nicht zu verbindlichen Entscheidungen gegenüber den Vertragsstaaten berufen, da es lediglich eine Liste des Welterbes sowie des Welterbes in Gefahr führe und die Einhaltung der staatlichen Schutzverpflichtung anhand von Staatsberichten prüfe. Da der Stadtrat dem Oberbürgermeister zudem keine Frist gesetzt habe, innerhalb derer eine Entscheidung bei der UNESCO herbeizuführen sei, sei trotz bestehender Baumöglichkeit ein Vollzug des Bürgerentscheids nicht absehbar. Aus den gleichen Gründen sei auch die Vertagung der Vergabeentscheidungen rechtswidrig. Die Anordnung, die Vergaben zu beschließen, diene dazu, dass die Beschwerdeführerin ihrer Pflicht zur Umsetzung des Bürgerentscheids nachkomme. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass die Bindefrist des Bürgerentscheids erfolglos auslaufe und möglicherweise Schadensersatzansprüche beteiligter Bieter gegenüber der Beschwerdeführerin entstünden.

5. Nachdem die Beschwerdeführerin Widerspruch eingelegt hatte, ordnete das Regierungspräsidium mit dem ebenfalls angegriffenen Bescheid vom die sofortige Vollziehung der im Bescheid vom getroffenen Verfügungen an. Das erforderliche besondere öffentliche Interesse liege darin, dass nur durch eine sofortige Aufhebung der beanstandeten Stadtratsbeschlüsse einerseits und eine sofortige Vergabeentscheidung im Sinne der rechtsaufsichtlichen Maßnahme andererseits dem bevorstehenden Ablauf der Zuschlagsfrist und in der Folge zu erwartenden Schadensersatzansprüchen der Bieter wirksam begegnet werden könne. Die Eilbedürftigkeit ergebe sich weiterhin daraus, dass die dreijährige Sperrfrist des Bürgerentscheids bereits im Februar 2008 ende, bisher aber noch keine entsprechenden Vollzugsmaßnahmen begonnen worden seien, sodass das Bürgervotum ins Leere zu gehen drohe.

Mit weiterem Beschluss vom hob das Regierungspräsidium unter Anordnung des Sofortvollzugs die beanstandeten Beschlüsse des Rates der Beschwerdeführerin vom auf und traf die Vergabeentscheidungen. Gegen die Bescheide vom legte die Beschwerdeführerin ebenfalls Widerspruch ein.

6. Mit dem angegriffenen Beschluss vom änderte das Sächsische Oberverwaltungsgericht einen anderslautenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden ab und lehnte den Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche gegen die Bescheide des Regierungspräsidiums ab.

Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Oberverwaltungsgericht aus, im Rahmen der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Interessen überwiege das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das Aussetzungsinteresse der Beschwerdeführerin. Die Interessenabwägung sei hier unabhängig vom Ausgang des Hauptsacheverfahrens durchzuführen, da sich dieser als offen erweise. Ein weiteres Zurückstellen des Vollzugs des Bürgerentscheids dürfte nicht schon wegen weiterer und mit dem Ziel einer einvernehmlichen Lösung von Bürgerentscheid und Welterbekonvention geführter Gespräche gerechtfertigt sein. Zwar spreche einiges dafür, dass die Beschwerdeführerin im Sommer 2006 zunächst die Vergabe von Bauleistungen habe aussetzen dürfen, um Gespräche mit der UNESCO mit dem Ziel zu führen, den Verlust des Welterbestatus zu verhindern. Angesichts der nunmehr über einen längeren Zeitraum erfolglos durchgeführten Einigungsbemühungen erscheine eine weitere Zurückstellung der angegriffenen Vergabeentscheidungen mit Blick auf den bindenden Bürgerentscheid jedoch nicht mehr angemessen. Daran ändere auch die zwischenzeitliche Verlängerung der Vergabefristen bis zum nichts, weil dies allenfalls zivilrechtliche Konsequenzen habe.

Eine Rechtswidrigkeit der in der Hauptsache angegriffenen Bescheide werde sich voraussichtlich auch nicht daraus ableiten lassen, dass die Rechtsaufsichtsbehörde eine innerstaatliche Bindungswirkung der Welterbekonvention verneint und im Rahmen ihrer Ermessensentscheidungen unberücksichtigt gelassen habe. Die Frage nach der innerstaatlichen Bindungswirkung der Welterbekonvention lasse sich im Rahmen des Eilverfahrens zwar nicht abschließend beurteilen. Allerdings dürfte eine unmittelbar verpflichtende Bindungswirkung des insgesamt umsetzungsbedürftigen Vertragswerkes wohl ausscheiden. Auf Grundlage der deutschen Übersetzung bestimmten die Art. 4 und Art. 5 der Welterbekonvention, dass in erster Linie die einzelnen Vertragsstaaten für Schutz und Erhaltung des kulturellen und natürlichen Erbes in ihrem Hoheitsgebiet zuständig seien. Unmittelbar bindende Verpflichtungen für die Beschwerdeführerin und den Freistaat Sachsen als Gegner des Ausgangsverfahrens folgten hieraus wohl nicht. Eine Inkorporation der Konvention in nationales Recht durch ein Vertrags- oder Zustimmungsgesetz im Sinne des Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG sei nicht erfolgt. Auch dürfte der Konvention innerstaatliche Geltung nicht als Verwaltungsabkommen im Sinne des Art. 59 Abs. 2 Satz 2 GG zukommen, da zu deren Begründung ein - hier nicht ersichtlicher - Rechtsakt der Exekutive erforderlich sei. Das Fehlen einer unmittelbaren Bindungswirkung schließe zwar eine mittelbare Bindungswirkung dergestalt, dass die Konventionspflichten der Bundesrepublik Deutschland auch bei der Auslegung des Sächsischen Landesrechts zu berücksichtigen seien, nicht von vornherein aus. In einem Hauptsacheverfahren sei näher zu prüfen, welche konkreten Rechtsfolgen sich aus einer derartigen mittelbaren Bindungswirkung ergeben können. Es spreche manches dafür, dass die Welterbekonvention und die auf ihrer Grundlage ergangenen Entscheidungen des Welterbekomitees etwa im Rahmen von Planungsentscheidungen oder für die Beurteilung der Schutzbedürftigkeit und Schutzwürdigkeit von Kulturdenkmälern nach dem Denkmalschutzrecht Berücksichtigung finden können. Eine abwägungsfeste Schutzposition des Welterbestatus werde sich daraus aber nicht ableiten lassen. Beschlüssen des Welterbekomitees komme auch nicht die gleiche rechtliche Wirkung zu wie etwa Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

Die unabhängig von den Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs vorzunehmende Abwägung der widerstreitenden Interessen gehe trotz der erheblichen Bedeutung der Welterbekonvention und der sich aus ihr ergebenden völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland zum Erhalt geschützter Kulturgüter zu Lasten der Beschwerdeführerin aus. Das öffentliche Interesse, durch den Sofortvollzug der in Rede stehenden Bescheide zu gewährleisten, dass der Bürgerentscheid als Akt der unmittelbaren Demokratie umgesetzt werde, sei vorrangig gegenüber dem Interesse der Beschwerdeführerin, den Bürgerentscheid wegen des drohenden Verlustes des Welterbestatus vorläufig nicht zu vollziehen.

7. Die daraufhin von der Beschwerdeführerin erhobene Anhörungsrüge wies das Oberverwaltungsgericht mit dem ebenfalls angegriffenen Beschluss vom als unbegründet zurück. Ein Gehörsverstoß sei nicht erkennbar. Das Gericht habe den weiteren Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom vollständig zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigt. Es habe allerdings kein Anlass bestanden, die vorgetragenen Aktivitäten der von der Beschwerdeführerin eingerichteten Arbeitsgruppe in dem Beschluss vom zu erwähnen. Auch habe angesichts des in § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO festgelegten Prüfungsumfangs im Beschwerdeverfahren sowie des bereits durchgeführten Erörterungstermins keine Veranlassung bestanden, die Beschwerdeführerin zu weiterer Darlegung aufzufordern.

II.

Mit ihrer am eingegangenen Verfassungsbeschwerde, die mit Schriftsatz vom ergänzt wurde, rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung der Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 19 Abs. 4 GG sowie des Rechts "auf rechtliches Gehör (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG)" und des Justizgewährungsanspruchs.

1. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, dass sie durch die Maßnahmen der Kommunalaufsicht in ihrer durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Entschluss- und Handlungsfreiheit verletzt sei und zudem wegen des bevorstehenden Verlustes des Welterbestatus einen schwerwiegenden Schaden ihres weltweiten Ansehens erleiden werde. Zur allgemeinen Handlungsfreiheit gehöre, dass sie selbst entscheiden könne, ob sie auf ihrem Stadtgebiet eine Brücke baue, wie sie mit dem Bürgerentscheid umgehe und ob sie weitere Anstrengungen unternehmen könne, die Vereinbarkeit zwischen dem Bürgerentscheid und dem Wunsch nach Erhalt des Status als Weltkulturerbe zu ermöglichen. Zudem habe im gegenwärtigen Zeitpunkt für das Oberverwaltungsgericht kein Anlass bestanden, der Beschwerde des Freistaates Sachsen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts stattzugeben. Zum einen laufe die Abänderungssperre des Bürgerentscheids erst in einem Jahr ab und zum anderen bestünden weiterhin gute Chancen, vor der nächsten Sitzung des Weltkulturerbekomitees im Juli 2007 eine Lösung zu präsentieren, die die Streichung des Elbtals aus der Weltkulturerbeliste verhindere.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts könne sie sich auf das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG berufen. Gemeinden könnten die Verletzung materieller Grundrechte mit der Verfassungsbeschwerde rügen, wenn sie sich dem Staat gegenüber - wie im vorliegenden Fall - in einer grundrechtstypischen Gefährdungslage befänden.

2. Zur Begründung des behaupteten Verstoßes gegen das Recht auf rechtliches Gehör verweist die Beschwerdeführerin auf ihr Vorbringen im Rahmen der verwaltungsprozessrechtlichen Anhörungsrüge. Das Oberverwaltungsgericht habe bei seiner Interessenabwägung nicht berücksichtigt, dass ihre außergerichtlichen Einigungsbemühungen mit der UNESCO und weitere Aktivitäten noch zu einer Vereinbarkeit von Brückenbau und Welterbestatus führen könnten.

3. Das Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG und der Justizgewährungsanspruch seien verletzt, weil das Oberverwaltungsgericht im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zumindest eine summarische Prüfung der Hauptsache hätte vornehmen müssen. Es drohe eine substantielle Verletzung von Grundrechten, die bei einer späteren - stattgebenden - Hauptsacheentscheidung nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte.

Die angegriffenen Bescheide seien im Hinblick auf die für die Bundesrepublik Deutschland verbindliche Völkerrechtslage rechtswidrig. Das Grundgesetz gehe von der Eingliederung des von ihm verfassten Staates in die Völkerrechtsordnung aus. Es verpflichte daher zu einer völkerrechtsfreundlichen Interpretation des nationalen Rechts. Darüber hinaus seien alle Staatsorgane unter Einschluss der Kommunalaufsichtsbehörden verpflichtet, die die Bundesrepublik Deutschland bindenden Völkerrechtsnormen zu befolgen und Verletzungen zu unterlassen. Mit den kommunalaufsichtlichen Bescheiden habe der Freistaat Sachsen sowohl den Grundsatz der Bundestreue als auch seine Pflicht zu völkerrechtsfreundlichem Verhalten verletzt. Zudem werde die vom Oberverwaltungsgericht vorgenommene bloße Interessenabwägung den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG an effektiven Eilrechtsschutz nicht gerecht, weil das Oberverwaltungsgericht nicht berücksichtigt habe, dass einerseits mit dem Bau der Brücke der Verlust des Welterbetitels verbunden sei und andererseits Rechtsschutz in der Hauptsache über längere Zeit nicht erreicht werden könne. Im Übrigen habe das Oberverwaltungsgericht sowohl die Bedeutung des Bürgerentscheids als auch dessen Sperrwirkung fehl gewichtet, weil die Frist des § 24 Abs. 4 Satz 2 SächsGemO lediglich eine Änderungssperre und keine Verwirklichungsfrist darstelle.

III.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht erfüllt sind (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 ff.>).

1. Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit (a), des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (b) und des Justizgewährungsanspruchs (c) durch die angegriffenen Entscheidungen rügt, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig.

a) aa) Der Beschwerdeführerin fehlt für die behauptete Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit die Beschwerdeberechtigung, da ihr als Gemeinde das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht zusteht. Zwar gelten die Grundrechte nach Art. 19 Abs. 3 GG auch für juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich im Bereich der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben jedoch grundsätzlich nicht auf Grundrechte berufen (vgl. BVerfGE 21, 362 <369 ff.>; 68, 193 <205 ff.> m.w.N.; stRspr; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des und 1249/03 -, NVwZ 2005, S. 572).

bb) Auch die Voraussetzungen für eine Ausnahme von diesem Grundsatz liegen nicht vor. Juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich dann auf Grundrechte berufen, wenn sie als eigenständige, vom Staat unabhängige oder jedenfalls distanzierte Einrichtungen unmittelbar dem durch ein spezifisches Grundrecht geschützten Lebensbereich zuzuordnen sind und in diesem Lebensbereich den Bürgern zur Verwirklichung ihrer individuellen Grundrechte dienen (vgl. BVerfGE 21, 362 <373 f.>; 68, 193 <207> m.w.N.; stRspr).

Diese Voraussetzungen werden von Gemeinden nicht erfüllt. Die ihnen gewährte Selbstverwaltungsfreiheit (Art. 28 Abs. 2 GG) dient im Zusammenhang mit der ebenfalls verfassungsrechtlich vorgegebenen demokratischen Legitimation des Gemeinderates (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG) zwar der allgemeinen politischen Bürgerfreiheit, eine Zuordnung zu Grundrechten ist jedoch weder zu einem spezifischen Schutzbereich noch allgemein in Bezug auf Art. 2 Abs. 1 GG möglich (vgl. BVerfGE 61, 82 <103>).

Die allgemeine Handlungsfreiheit gewährleistet ein allumfassendes Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe und ist daher gerade nicht auf einen spezifischen Lebensbereich begrenzt. Die Anerkennung einer Art. 2 Abs. 1 GG umfassenden Grundrechtsberechtigung juristischer Personen des öffentlichen Rechts würde daher die in Art. 1 Abs. 3 GG vorausgesetzte, den Grundrechten als subjektiven Abwehrrechten innewohnende Gegenüberstellung von Grundrechtsberechtigten und -verpflichteten aufheben. Etwas anderes ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht daraus, dass die Beschwerdeführerin "Maßnahmen der Kommunalaufsicht ausgesetzt" ist, aufgrund derer sie sich in einer grundrechtstypischen Gefährdungslage befinde. Zwischen den verschiedenen Trägern öffentlicher Gewalt bestehen Hierarchie-, Weisungs- und Abhängigkeitsverhältnisse, in die es Übergriffe des einen in den Bereich des anderen Hoheitsträgers geben kann. Dabei handelt es sich jedoch der Sache nach um die Abgrenzung von Kompetenzen innerhalb der staatlichen Sphäre und nicht um einen Anwendungsfall der Grundrechte (BVerfGE 21, 362 <370 f.>).

b) Soweit der Hinweis auf eine Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG dahingehend ausgelegt werden kann, dass dadurch eine eigenständige Rüge der Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter erhoben werden sollte, ist diese mangels einer den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügenden Begründung unzulässig.

c) Die Rüge eines Verstoßes gegen den allgemeinen Justizgewährungsanspruch ist mangels Beschwerdebefugnis ebenfalls unzulässig. Der im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde allgemeine Grundsatz der Justizgewährung ist im Kern inhaltsgleich mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG. Er sichert den effektiven Rechtsschutz außerhalb des auf den Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt beschränkten Anwendungsbereichs des Art. 19 Abs. 4 GG (vgl. BVerfGE 107, 395 <401>).

Die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen kommunalaufsichtlichen Maßnahmen sind Akte der öffentlichen Gewalt. Unabhängig von der Frage, ob die durch das Rechtsstaatsprinzip lediglich objektivrechtlich und nur nach Maßgabe anderweitiger subjektiver Rechtspositionen, namentlich der Grundrechte, auch subjektivrechtlich gewährte Justizgewährleistungsgarantie (BVerfGE 93, 99 <107>; 107, 395 <401>) von der Beschwerdeführerin als juristischer Person des öffentlichen Rechts überhaupt geltend gemacht werden kann, kommt daher eine mögliche Verletzung des Justizgewährungsanspruchs nicht in Betracht.

2. Die Rügen der Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG (a) und Art. 103 Abs. 1 GG (b) haben in der Sache keinen Erfolg.

a) Die Beschwerdefähigeit von juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG kann dahinstehen (vgl. BVerfGE 61, 82 <109>; 107, 299 <310 f.>), weil die angegriffenen Entscheidungen mit den aus der Rechtsschutzgarantie folgenden verfassungsrechtlichen Anforderungen in Einklang stehen.

aa) Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle im Falle möglicher Verletzungen eigener Rechte durch die öffentliche Gewalt (vgl. BVerfGE 93, 1 <13>; 113, 273 <310>; stRspr). Wirksamer Rechtsschutz bedeutet auch Rechtsschutz in angemessener Zeit. Daraus folgt, dass gerichtlicher Rechtsschutz namentlich in Eilverfahren soweit wie möglich der Schaffung solcher vollendeter Tatsachen zuvorzukommen hat, die dann, wenn sich eine Maßnahme bei endgültiger richterlicher Prüfung als rechtswidrig erweist, nicht mehr rückgängig gemacht werden können (vgl. BVerfGE 37, 150 <153>; 65, 1 <70>; 93, 1 <13>). Hierin liegt die verfassungsrechtliche Bedeutung des in § 80 VwGO geregelten Suspensiveffektes verwaltungsprozessualer Rechtsbehelfe, ohne den der Rechtsschutz wegen der notwendigen Verfahrensdauer häufig hinfällig würde (vgl. BVerfGE 51, 268 <284>). Die Auslegung und Anwendung dieser einfachrechtlichen Vorschrift ist allerdings Sache der Fachgerichte und der Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht weitgehend entzogen (vgl. BVerfGE 79, 69 <74> und BVerfGE 18, 85 <92 f.>; 99, 145 <160>).

Art. 19 Abs. 4 GG gebietet allerdings nicht schlechthin die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen im Verwaltungsprozess. Vielmehr kann es mit Blick auf überwiegende öffentliche Belange geboten sein, den Rechtsschutzanspruch des Einzelnen einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen in die Wege zu leiten (vgl. BVerfGE 35, 382 <402>; 51, 268 <284>; 65, 1 <70 f.>; 69, 220 <228>). Es ist deshalb grundsätzlich mit Art. 19 Abs. 4 GG zu vereinbaren, wenn Fachgerichte in einem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO die Rechtmäßigkeit der zugrundeliegenden Verfügung nur einer summarischen Prüfung unterziehen und bei offenem Ergebnis dieser Prüfung die Entscheidung auf der Grundlage einer Interessenabwägung treffen (vgl. BVerfGE 69, 315 <363> und BVerfGE 35, 382 <402>; 37, 150 <153>; 69, 220 <228>).

bb) Die Beschlüsse des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts sind nach diesem Maßstab verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Das Gericht hat zwar lediglich eine vorläufige Prüfung der Rechtmäßigkeit der in der Hauptsache angegriffenen kommunalaufsichtlichen Bescheide des Regierungspräsidiums vorgenommen. Zu einer abschließenden Prüfung war es verfassungsrechtlich indes - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - nicht verpflichtet. In einem Fall, in dem der Suspensiveffekt eines Rechtbehelfs gegen einen belastenden Verwaltungsakt in Rede steht, geht es im Kern verfassungsrechtlich stets um eine Abwägung des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung einerseits und des Interesses des Rechtsschutzsuchenden an der Aussetzung der Vollziehung bis zur Entscheidung in der Hauptsache andererseits (vgl. BVerfGE 79, 69 <74 f.>; 93, 1 <14>; BVerfGK 5, 237 <241 f.> bezogen auf einstweiligen Rechtsschutz nach § 123 VwGO).

Das Oberverwaltungsgericht hat die Erfolgsaussichten in der Hauptsache eingehend geprüft und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der in der Hauptsache angegriffenen kommunalaufsichtlichen Entscheidungen nicht festzustellen sei. In diesem Zusammenhang hat es einerseits ausgeführt, dass die Beschlüsse des Stadtrates der Beschwerdeführerin voraussichtlich rechtswidrig seien, da ein weiteres Zuwarten mit der Umsetzung des Bürgerentscheids rechtlich nicht mehr vertretbar sei. Auf der anderen Seite hat sich das Oberverwaltungsgericht eingehend mit der Frage des Status der Welterbekonvention und der Wirkung von Beschlüssen des Welterbekomitees im deutschen Recht sowie deren Bedeutung für die Entscheidung des Falles auseinandergesetzt.

Selbst wenn das Gericht im Hauptsacheverfahren zu dem Ergebnis kommen sollte, dass die Welterbekonvention - auch unter Beachtung der zusätzlichen föderalen Besonderheiten des Falles - auf der Grundlage von Art. 59 Abs. 2 GG formal wirksam in die deutsche Rechtsordnung transformiert worden ist, stünden völkervertragliche Verpflichtungen einer Entscheidung für die Umsetzung des Bürgerentscheids nicht notwendig entgegen. Die Welterbekonvention, in der die Idee eines internationalen Kulturgüterschutzes zum Ausdruck kommt, bietet nach Konzeption und Wortlaut keinen absoluten Schutz gegen jede Veränderung der eingetragenen Stätten des Kultur- und Naturerbes. Die Vertragsstaaten des Übereinkommens haben ausdrücklich die Souveränität der Staaten, in deren Hoheitsgebiet sich die geschützten Stätten befinden, und die bestehenden Eigentumsrechte anerkannt (Art. 6 Abs. 1 der Welterbekonvention); die Erfüllung des Schutzauftrages ist zuvörderst Aufgabe der Vertragsstaaten (Art. 4); der Schutzauftrag konkretisiert sich in seiner internationalen Dimension in der "Einrichtung eines Systems internationaler Zusammenarbeit und Hilfe, das die Vertragsstaaten in ihren Bemühungen um die Erhaltung und Erfassung [des Kultur- und Naturerbes] unterstützten soll" (Art. 7). In Anbetracht dieses völkerrechtlichen Rahmens ist es verfassungsrechtlich möglich, dass sich der in einer förmlichen Abstimmung festgestellte Bürgerwille, als authentische Ausdrucksform unmittelbarer Demokratie, in einem Konflikt über die planerische Fortentwicklung einer Kulturlandschaft durchsetzt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn zuvor in einem Verhandlungsprozess erfolglos nach einer Kompromisslösung gesucht wurde. Als Folge müssen dann gleichwohl die möglichen Nachteile aus der Entscheidung - wie etwa der Verlust des Welterbestatus und ein damit einhergehender Ansehensverlust - in Kauf genommen werden.

Die Beschwerdeführerin hat zudem weder im fachgerichtlichen Verfahren noch in der Verfassungsbeschwerde substantiiert begründet, in welchen subjektiven Rechten ihr durch den Sofortvollzug der kommunalaufsichtlichen Maßnahme eine irreversible Verletzung drohen soll. Dass aus dem Status des Dresdner Elbtals als Weltkulturerbe, dessen Verlust durch den Bau der Brücke drohen könnte, eine subjektive Berechtigung der Beschwerdeführerin folgen würde, ist weder dargelegt noch ersichtlich. Selbst wenn ihr Vorbringen zu Art. 2 Abs. 1 GG als in der Sache nach zur kommunalen Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gehörig aufgefasst werden würde, folgte daraus keine abweichende verfassungsrechtliche Würdigung. Die Selbstverwaltungsgarantie ist - anders als das Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG - von vornherein nur im Rahmen der Gesetze, zu denen auch die landesrechtlichen Vorschriften über die Kommunalaufsicht und den Bürgerentscheid gehören, gewährleistet.

b) Das der Beschwerdeführerin zustehende Recht auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 13, 132 <139 f.>; 61, 82 <104>) ist nicht verletzt. Der Gehörsgrundsatz verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht jedoch der von dem Beteiligten vertretenen Rechtsansicht zu folgen (vgl. BVerfGE 64, 1 <12>; 87, 1 <33>). Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt auch keine Pflicht der Gerichte, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen (vgl. BVerfGE 65, 293 <295>; 86, 133 <145 f.>; 96, 205 <216>; stRspr).

Anhaltspunkte dafür, dass das Oberverwaltungsgericht das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu ihren weiteren Bemühungen um eine "einvernehmliche Lösung" nicht berücksichtigt habe, sind nicht ersichtlich. Das Gericht hat in den Gründen seiner Entscheidung ausgeführt, dass ein weiteres Zurückstellen des Vollzugs des Bürgerentscheids nicht schon wegen weiterer und mit dem Ziel einer einvernehmlichen Lösung von Bürgerentscheid und Welterbekonvention geführter Gespräche gerechtfertigt sein dürfte. Weiter wird dort ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin zwar wohl zunächst berechtigt gewesen sei, die Vergabe von Bauleistungen auszusetzen. Angesichts der nunmehr über einen längeren Zeitraum erfolglosen Einigungsbemühungen sei eine weitere Zurückstellung der angegriffenen Vergabeentscheidungen mit Blick auf den bindenden Bürgerentscheid jedoch nicht mehr angemessen, woran auch die Verlängerung der Vergabefristen nichts ändere. Das Oberverwaltungsgericht setzt sich damit ausdrücklich mit der Frage einer weiteren Nichtbeachtung des Bürgerentscheids zum Zwecke einer einvernehmlichen Lösung auseinander.

Im Übrigen ist die Feststellung und Würdigung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Sache der Fachgerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich entzogen (vgl. BVerfGE 22, 267 <273 f.>; 28, 378 <384>).

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde erledigt sich der zugleich gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
RAAAC-47899