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Bilanzpolitik (HGB, IFRS)
1. Definition
Unter Bilanzpolitik wird das Gestalten und Darstellen des Jahres- bzw. Konzernabschlusses verstanden. Es geht um die zweckorientierte, d. h. auf die bilanzpolitischen Ziele ausgerichtete Einwirkung auf den um den Anhang und Lagebericht erweiterten Jahres- bzw. Konzernabschluss.
Bilanzpolitik im engeren Sinn (auch Abbildungsgestaltung genannt) bezeichnet Maßnahmen, die nach dem Stichtag ergriffen werden und auf die Abbildung des realen Geschehens in den Rechenwerken und die Art der Berichterstattung im Anhang und im Lagebericht gestaltend einwirken.
Dagegen umfasst die Bilanzpolitik im weiteren Sinn (auch Sachverhaltsgestaltung genannt) auch Maßnahmen, die vor dem Bilanzstichtag bewusst getroffen werden, um eine Veränderung des Jahres- bzw. Konzernabschlussbildes zum Bilanzstichtag zu erreichen.
In diesem Beitrag werden vor allem die Möglichkeiten der Abbildungsgestaltung genannt.
Kirsch, IFRS-Abschlussanalyse – Finanz- und erfolgswirtschaftliche Aspekte, 5. Aufl. 2023
Wagenhofer, Internationale Rechnungslegungsstandards – IAS/IFRS, 6. Aufl. 2009
Veit, Bilanzpolitik, 2002
2. Instrumente der Bilanzpolitik
Bei den Instrumenten der Bilanzpolitik kann man vom zeitlichen Ablauf die Instrumente unterscheiden, die vor dem Bilanzstichtag ergriffen werden, und die, die erst nach dem Bilanzstichtag eingesetzt werden. Zu den erstgenannten gehören die im Geschäftsjahr vorgenommenen Sachverhaltsgestaltungen, z. B. Kauf versus Leasing, ein zeitliches Vorziehen eines Kaufs oder das Factoring von Forderungen aus LuL (siehe auch „Bilanzpolitik im weiteren Sinn“ unter Abschnitt 1).
Das vor allem nach dem Abschlussstichtag eingesetzte bilanzpolitische Instrumentarium besteht aus den Wahlrechten und den Ermessensspielräumen.
Nach ihrer Wirkungsweise auf den Jahresabschluss unterscheidet man bei den Wahlrechten Ausweiswahlrechte, Ansatzwahlrechte, Bewertungswahlrechte sowie Darstellungswahlrechte im Anhang und ggf. im Lagebericht.
Im Gegensatz zu den Wahlrechten zeichnen sich Ermessensspielräume dadurch aus, dass diese formal keine Auswahlentscheidung des Bilanzierenden zwischen verschiedenen Bilanzierungs-, Bewertungs- und Darstellungswahlrechten erfordern. Der Bilanzierende hat vielmehr bei der Erstellung des Jahres- bzw. Konzernabschlusses die Möglichkeit, den Abschluss, insbesondere durch Schätzungen und Absichten des Managements, so zu gestalten, dass auf Basis dieser Einflussparameter unterschiedliche Bilanz- und Wertansätze möglich sind.
Nach ihrer sachlichen Reichweite können die Ermessensspielräume in Verfahrens- und Individualermessensspielräume eingeteilt werden. Verfahrensspielräume treten vor allem in der Bewertung von Abschlussposten auf, wenn der Bilanzierende verschiedene Möglichkeiten der Wertermittlung für zulässig hält, ohne dass ein formales Wahlrecht existiert (z. B. unterschiedliche Möglichkeiten der Gemeinkostenschlüsselung auf Herstellungskosten im Rahmen der Vorratsbewertung). Demgegenüber betreffen Individualspielräume die Auswahl eines bestimmten Wertansatzes innerhalb eines vertretbaren Schätzrahmens (z. B. Festlegung der konkreten Rückstellungshöhe für einen spezifischen Rückstellungssachverhalt oder konkrete Schätzung des Leistungserfüllungsgrads bei zeitraumbezogen erfüllten Kundenverträgen nach IFRS 15; vgl. auch Abschnitt 4.3).
3. Bilanzpolitik nach HGB
3.1. Ausweiswahlrechte
Ausweiswahlrechte zeichnen sich dadurch aus, dass das äußere Bild der Abschlussinstrumente (insbesondere Bilanz und GuV) verändert wird; demgegenüber ändern sich hierdurch nicht die Wertansätze der Bilanzposten oder das Jahresergebnis. Ausweiswahlrechte können zu verschiedenen Zwecken eingesetzt werden, bspw. um