Divergenz bei fehlerhafter Anwendung von BFH-Rechtsprechung; Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör; Erheblichkeit eines Verfahrensmangels
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3; FGO § 96
Instanzenzug:
Gründe
I. Von der Darstellung des Tatbestandes sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ab.
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) gerügte Abweichung der angefochtenen finanzgerichtlichen Entscheidung von Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) ist nicht gegeben.
a) Entgegen der Auffassung der Kläger weicht die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) nicht von den in der Beschwerdeschrift zitierten Entscheidungen des (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751), vom VIII R 4/83 (BFHE 145, 375, BStBl II 1986, 289), vom IV R 81/99 (BFHE 195, 382, BStBl II 2002, 276), vom IV R 43/02 (BFHE 205, 243, BStBl II 2004, 455) bzw. vom X R 62/01 (BFHE 208, 522, BStBl II 2005, 336) ab. Die BFH-Entscheidungen gehen zwar davon aus, dass als Gewinn der Totalgewinn zu verstehen ist, d.h. das Gesamtergebnis des Betriebes von der Gründung bis zur Veräußerung oder Aufgabe oder Liquidation. Das ist indes auch Grundlage der Entscheidung des FG, das ausdrücklich den Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751 zitiert. Bereits der Große Senat hat darauf hingewiesen, dass bei einer Tätigkeit Gewinnerzielungsabsicht u.U. erst später einsetzen oder wegfallen kann mit der Folge, dass eine einkommensteuerrechtlich relevante Tätigkeit entsprechend später beginnt oder wegfällt (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 767). Wenn das FG ausführt, der Beurteilungszeitraum für die Totalgewinnprognose umfasse nicht zwingend in jedem Fall die gesamte Lebensdauer eines Unternehmens von der Gründung bis zur voraussehbaren Aufgabe oder Veräußerung, und die Änderung der Unternehmensstruktur stelle möglicherweise erst den Beginn einer mit Einkünfteerzielungsabsicht betriebenen Tätigkeit dar, so steht das mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Einklang. Im Übrigen hat der BFH auch stets darauf hingewiesen, dass für die Gewinnprognose auf den Betrieb, wie er im Streitzeitraum geführt worden ist, abzustellen ist (BFH-Urteil in BFHE 205, 243, BStBl II 2004, 455).
b) Unbegründet ist auch die Rüge, das FG-Urteil weiche von der höchstrichterlichen Rechtsprechung ab, wonach bei Steuerpflichtigen, die einen Katalogberuf i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausübten, zusätzliche Anhaltspunkte dafür vorliegen müssten, dass die Verluste aus persönlichen Gründen oder Neigungen hingenommen werden. Das FG hat sich in seiner Entscheidung (vgl. S. 8, 9 und 10 des FG-Urteils) mit dieser Frage ausführlich auseinandergesetzt und ist letztlich zu dem Ergebnis gekommen, der Kläger habe seine verlustträchtige selbständige Tätigkeit in den Jahren 1992 bis 2002 nur aus persönlichen Gründen ausgeübt. Da sich das FG mit der Thematik der Einkunftserzielungsabsicht befasst und seiner Entscheidung erkennbar die Rechtsauffassung des BFH zugrunde gelegt hat, könnte allenfalls eine fehlerhafte Anwendung der vom BFH entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze auf die Besonderheiten des Streitfalles vorliegen. Die Zulassung der Revision kann darauf jedoch nicht gestützt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Beschlüsse vom VIII B 61/94, BFH/NV 1996, 137, m.w.N.; vom I B 34/99, BFH/NV 2000, 677, unter 2.b der Gründe).
2. Soweit die Beschwerdeschrift rügt, die FG-Entscheidung beruhe auf Verfahrensmängeln, insbesondere habe das FG seine Sachaufklärungspflicht verletzt und den Vortrag der Kläger nicht hinreichend gewürdigt, entspricht dieses Vorbringen nicht den Anforderungen an die Darlegung von Zulassungsgründen i.S. von § 115 Abs. 2 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.
a) Bei einer Rüge der Verletzung der von Amts wegen gebotenen Sachaufklärungspflicht (§ 76 FGO) gehören nach ständiger Rechtsprechung (vgl. Senatsbeschluss vom VIII B 54/97, BFH/NV 1999, 802, m.w.N.; BFH-Beschlüsse vom VII B 115/92, BFH/NV 1994, 37, und vom X B 142/98, BFH/NV 1999, 1236) zu einem schlüssigen Sachvortrag unter anderem Ausführungen dazu, welche Tatsachen das FG hätte aufklären oder welche Beweise es hätte erheben müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung oder Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können.
Substantiierter Vortrag der Kläger in diesem Sinne liegt nicht vor. Vielmehr wenden sich die Kläger inhaltlich gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des FG. Darin liegt jedoch nicht die Geltendmachung eines Verfahrensfehlers, sondern falscher materieller Rechtsanwendung, die nicht zur Zulassung der Revision führt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom X B 132/98, BFH/NV 1999, 510; vom IV B 96/98, BFH/NV 2000, 70). Denn die Sachverhalts- und Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen (vgl. , BFH/NV 2000, 874).
b) Soweit die Kläger rügen, das FG habe ihren Tatsachenvortrag unzureichend gewürdigt, womit sie inzidenter eine Verletzung des Rechts auf Gehör geltend machen, ist ein Zulassungsgrund ebenfalls nicht ausreichend dargelegt worden. Zum einen richten sich diese Einwendungen ebenfalls gegen die materielle Richtigkeit des FG-Urteils; die Zulassung der Revision kann darauf nicht gestützt werden. Zum anderen kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass das Gericht die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und erwogen hat (, BFH/NV 1995, 817). Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang darauf verweisen, ein Verfahrensmangel sei darin zu sehen, dass das FG in seiner Urteilsbegründung ausführe, „Naheliegend erscheint vielmehr, dass die Möglichkeit einer ganztägigen freiberuflichen Tätigkeit nur willkommene Folge der vorzeitigen Pensionierung war”, obwohl der Kläger tatsächlich nicht pensioniert worden sei, lassen sie außer Acht, dass der BFH gemäß § 118 Abs. 2 FGO an die tatsächlichen Feststellungen des FG gebunden ist. Selbst wenn die Auffassung der Kläger zuträfe, wäre der von ihnen behauptete Verfahrensmangel jedoch nicht erheblich, weil nach dem materiell-rechtlichen Standpunkt des FG nicht davon auszugehen ist, dass dessen Urteil bei „richtigem Verfahren” anders ausgefallen wäre (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 96, m.w.N.); die Kläger verkennen insoweit Ursache und Wirkung. Das FG hat bei seiner Entscheidung im Ergebnis nämlich darauf abgestellt, dass der Kläger seine Tätigkeit als Syndikusanwalt nicht eingestellt hat bzw. bei seinem früheren Arbeitgeber ausgeschieden ist, um anschließend die selbständige Anwaltstätigkeit hauptberuflich ausüben zu können. Für das FG war vielmehr entscheidend, dass der Kläger seine selbständige Tätigkeit als Hauptberuf aufgenommen hat, weil er seine frühere nichtselbständige Tätigkeit und diejenige eines Syndikusanwalts nicht mehr ausgeübt hat bzw. ausüben konnte. Die Beendigung der früheren Tätigkeit als Syndikusanwalt war damit für das FG eine gravierende Zäsur, die zur Folge hatte, dass damit der für die Entscheidung des Streitfalls maßgebliche Prognosezeitraum zum Zeitpunkt der Umstellung der Kanzlei von der nebenberuflichen auf die hauptberufliche Tätigkeit geendet hat.
Der angebliche Verfahrensmangel, auf den sich die Kläger berufen, wäre für die Entscheidung des FG daher nicht ursächlich.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1173 Nr. 6
RAAAC-43359