BFH Beschluss v. - I R 78-80/5

Erfassung einer verdeckten Gewinnausschüttung im Bereich einer GmbH & Co. KG

Instanzenzug: , I 193/2000, I 95/2004

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die verfahrensrechtliche Behandlung einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG).

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Gesamtrechtsnachfolgerin der S-GmbH. Deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war in den Streitjahren (1988 und 1989) S. Sowohl die S-GmbH als auch S waren seit 1983 Kommanditisten der E-GmbH & Co. KG (E-KG), deren Komplementärin die E-GmbH war. Alleiniger Gesellschafter der E-GmbH war ebenfalls S.

Die E-KG war Eigentümerin eines Grundstücks, das mit einem Einkaufszentrum und Wohnungen bebaut wurde. Im Dezember 1983 schied S aus ihr aus, wobei er einen Miteigentumsanteil von 340/1000 an dem Grundstück sowie das Sondereigentum u.a. an den Wohnungen in dem Gebäudekomplex erhielt. Das Sondereigentum an dem Einkaufszentrum verblieb bei der E-KG, die das Einkaufszentrum sowie die zugehörigen Park- und Freiflächen für die Zeit vom bis zum fest vermietete.

Mit Vertrag vom trat die S-GmbH ihren Kommanditanteil an der E-KG „mit Wirkung ab / 1. Januar 0 Uhr” an S ab. Ebenfalls am änderten die Gesellschafter der E-KG „mit Wirkung der Abtretung” deren Gesellschaftsvertrag dahin, dass der Kommanditist ebenfalls zur Geschäftsführung befugt sein sollte. Der Kaufpreis für den KG-Anteil wurde auf der Basis einer Berechnung bestimmt, bei welcher der auf den Kommanditanteil entfallende Teil des Grundstückswerts mit 36 Mio. DM angesetzt war; der so bestimmte Kaufpreis wurde am fällig und von S an die S-GmbH gezahlt.

Die S-GmbH wies in ihrer Gewinnermittlung für 1988 den Erlös für den KG-Anteil als außerordentlichen Ertrag aus. In der Feststellungserklärung für die E-KG wurde insoweit ein der S-GmbH zuzurechnender Veräußerungsgewinn in Höhe von 3 921 495 DM angegeben. Das für die KG zuständige Finanzamt (FA N) stellte zunächst den Gewinn der E-KG erklärungsgemäß fest; ebenso folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) bei der Besteuerung der S-GmbH für die Streitjahre (Festsetzung der Körperschaftsteuer 1988 und Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals —vEK— auf den und 1989) den abgegebenen Steuererklärungen. Sämtliche Bescheide ergingen gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Im Anschluss an eine Außenprüfung bei der S-GmbH (Datum der Prüfungsanordnung: ; Tag der Schlussbesprechung: ) nahm das FA an, dass das von S für den Kommanditanteil gezahlte Entgelt unangemessen niedrig gewesen sei. Im Zeitpunkt der Veräußerung habe nämlich der auf die Beteiligung der S-GmbH entfallende Anteil am Wert des Grundstücks nicht 36 Mio. DM, sondern 47,4 Mio. DM betragen. Daraufhin änderte das FA am den Körperschaftsteuerbescheid 1988 und die vEK-Feststellungsbescheide für 1988 und 1989, wobei es nunmehr u.a. davon ausging, dass die S-GmbH die Wertdifferenz von 11,4 Mio. DM verdeckt an S ausgeschüttet habe. Gegenüber der E-KG wurde ein geänderter Feststellungsbescheid erlassen, in dem im Zusammenhang mit der Abtretung des KG-Anteils ein der S-GmbH zuzurechnender Veräußerungsgewinn in Höhe von 3 608 740 DM festgestellt wurde; eine vGA in Höhe von 11,4 Mio. DM war in diesem Bescheid nicht berücksichtigt. Die S-GmbH legte gegen die ihr gegenüber ergangenen Änderungsbescheide Einsprüche ein.

Im weiteren Verlauf erließ das FA N gegenüber der E-KG einen geänderten Feststellungsbescheid, in dem es die Einkünfte der E-KG um 11,4 Mio. DM höher als zuvor feststellte. Das FA änderte daraufhin die gegenüber der S-GmbH ergangenen Bescheide ebenfalls; dabei setzte es eine zuvor einkommensmindernd berücksichtigte Gewerbesteuer-Umlage in Höhe von 1,96 Mio. DM nicht mehr an, während es einerseits die bei der Feststellung der S-KG erfassten zusätzlichen Einkünfte der S-GmbH von 11,4 Mio. DM berücksichtigte und andererseits nicht mehr von einer unmittelbar bei der S-GmbH zu erfassenden vGA in Höhe von 11,4 Mio. DM ausging (Bescheid vom ). Dies führte zu einer Körperschaftsteuer in Höhe von 6 668 531 DM. Entsprechend wurden die Bescheide zur Feststellung des vEK geändert.

Die S-GmbH teilte dem FA mit, dass durch die Änderung der ihr gegenüber ergangenen Bescheide ihre Einsprüche nicht erledigt seien. Daraufhin erließ das FA am Einspruchsentscheidungen, durch die es die Einsprüche als unbegründet zurückwies. Die E-KG erhob gegen den geänderten Feststellungsbescheid ebenfalls Einspruch, wobei sie geltend machte, dass der zunächst erlassene Feststellungsbescheid aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht habe geändert werden dürfen. Zu diesem Einspruchsverfahren wurde die S-GmbH im Jahr 1999 hinzugezogen. Nachdem das Finanzgericht (FG) auf Antrag der E-KG die Vollziehung des geänderten Feststellungsbescheids ausgesetzt hatte, änderte das FA N diesen Bescheid am , indem es den auf die S-GmbH entfallenden Veräußerungsgewinn nunmehr erneut mit 3 608 740 DM feststellte. Daraufhin erklärten die Beteiligten das den Feststellungsbescheid betreffende Klageverfahren für erledigt.

Am erließ das FA wiederum einen die S-GmbH betreffenden Körperschaftsteuerbescheid 1988, in dem es die Steuer in unveränderter Höhe festsetzte. In einer Anlage zu diesem Bescheid heißt es, zwar sei die Änderung des die E-KG betreffenden Feststellungsbescheids durch eine Verminderung des Gewinns um 11,4 Mio. DM zu berücksichtigen. Zugleich sei aber das zu versteuernde Einkommen der S-GmbH gemäß § 174 Abs. 3 AO 1977 um eine vGA in Höhe von 11,4 Mio. DM zu erhöhen. Entsprechend verfuhr das FA in einem zeitgleich erlassenen Bescheid zur Feststellung des vEK auf den sowie in einem —aus hier nicht streitigen Gründen— geänderten vEK-Feststellungsbescheid auf den . Die gegen diese Bescheide gerichteten Klagen hatten insoweit Erfolg, als das FG —einer inzwischen getroffenen Verständigung zwischen den Beteiligten entsprechend— bei der Bemessung der vGA den Wert des Grundstücksanteils niedriger als zuvor das FA ansetzte. Die weiter gehenden Klagen wies es jedoch ab.

Mit ihren vom FG zugelassenen Revisionen rügt die Klägerin eine Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt, die , I 193/2000 und I 95/2004 aufzuheben und

- im Rahmen des Körperschaftsteuerbescheids 1988 die Steuer auf 3 847 031 DM, das Einkommen auf 6 904 297 DM und die Tarifbelastung auf 3 866 406 DM festzusetzen sowie

- die Beträge des vEK auf den und den nach Maßgabe der in den Revisionsbegründungen bezifferten Anträge festzustellen.

Das FA beantragt, die Revisionen zurückzuweisen.

II. Die Verfahren I R 78/05 bis I R 80/05 werden gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 121 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.

III. Der Senat entscheidet gemäß § 126a Satz 1 FGO durch Beschluss. Er hält einstimmig die Revisionen für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

IV. Die Revisionen sind unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die vGA an S in den die S-GmbH betreffenden Steuerbescheiden berücksichtigt werden durfte.

1. Nach den Feststellungen des FG, die nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffen worden und deshalb im Revisionsverfahren bindend sind (§ 118 Abs. 2 FGO), hat die S-GmbH ihre Beteiligung an der E-KG zu einem unangemessen niedrigen Preis an ihren Alleingesellschafter S veräußert. Der vereinbarte und gezahlte Veräußerungspreis lag, wie inzwischen unter den Beteiligten unstreitig ist, um 7,65 Mio. DM unter dem tatsächlichen Wert der Beteiligung. In dieser Höhe liegt deshalb eine vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vor.

2. Das FA hat diese vGA zu Recht in den angefochtenen Steuerbescheiden berücksichtigt. Dem steht nicht entgegen, dass sie in dem zuletzt ergangenen Bescheid zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte der E-KG für 1988 nicht erfasst worden ist. Der Feststellungsbescheid entfaltet insoweit keine Bindungswirkung, da über die in Rede stehende vGA nicht im Rahmen dieses Bescheids, sondern unmittelbar in den die S-GmbH betreffenden Steuerbescheiden zu entscheiden ist.

a) Ob und ggf. in welcher Höhe im Rahmen der Besteuerung einer Kapitalgesellschaft eine vGA zu berücksichtigen ist, muss nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) grundsätzlich im Rahmen der Besteuerung der Kapitalgesellschaft entschieden werden (, BFHE 167, 316, BStBl II 1992, 832; vom IV R 94/93, BFHE 177, 408, BStBl II 1995, 837). Etwas anderes kann zwar gelten, wenn eine Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft beteiligt und die Frage nach dem Vorliegen einer vGA untrennbar mit der Höhe ihres Gewinnanteils an der Personengesellschaft verbunden ist; dann ist über diese Frage im Rahmen der Gewinnfeststellung für die Personengesellschaft zu befinden (Senatsurteil vom I R 7/02, BFHE 207, 429, BStBl II 2005, 867; Kunz in Beermann/Gosch, Abgabenordnung, § 180 Rz 48, m.w.N.). Eine solche Gestaltung liegt aber nicht vor, wenn die vGA darin besteht, dass die Kapitalgesellschaft eine Beteiligung an einer Personengesellschaft unter Wert an ihren Gesellschafter veräußert (BFH-Urteile in BFHE 167, 316, BStBl II 1992, 832, und in BFHE 207, 429, BStBl II 2005, 867). Das ist die im Streitfall gegebene Situation, in der deshalb die vGA außerhalb der Feststellung der Einkünfte der E-KG zu erfassen ist.

b) Diese Beurteilung gilt unabhängig davon, ob es sich bei der E-KG zunächst um eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitfall maßgeblichen Fassung (EStG 1987) gehandelt hat. Die Klägerin weist zwar zu Recht darauf hin, dass in einem solchen Fall die Übertragung des Kommanditanteils an S in Verbindung mit dessen Bestellung zum zusätzlichen Geschäftsführer der E-KG bei dieser zum Wegfall der gewerblichen Prägung und damit zu einer Betriebsaufgabe geführt haben könnte. Für die steuerrechtliche Beurteilung des Streitfalls ist diese Problematik aber ohne Bedeutung:

aa) Nach den Feststellungen des FG bestand die Geschäftstätigkeit der E-KG seit Anfang 1985 in der langfristigen Vermietung von Grundstücken. Die einzige persönlich haftende Gesellschafterin der E-KG und zugleich ihre einzige Geschäftsführerin war eine Kapitalgesellschaft, nämlich die E-GmbH. Damit waren, sofern die E-KG nicht weitere zur Gewerblichkeit führende Aktivitäten entfaltet haben sollte, die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG 1987 erfüllt. Das änderte sich mit der Übertragung des Kommanditanteils an S und dessen Bestellung zum Geschäftsführer der E-KG, da nunmehr eine natürliche Person —nämlich S— sowohl Gesellschafter als auch zur Geschäftsführung bei der E-KG befugt war. Angesichts dessen gehen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass die genannten Vorgänge aus der Sicht der E-KG zu einer Betriebsaufgabe geführt haben.

bb) Für die Beurteilung des Streitfalls kommt es darauf aber nicht an. Denn auch wenn die E-KG im Zusammenhang mit dem Gesellschafterwechsel ihren Betrieb aufgegeben haben und diese Betriebsaufgabe noch der Beteiligungszeit der S-GmbH zuzurechnen sein sollte, ist dieser Vorgang aus steuerrechtlicher Sicht von der hier in Rede stehenden vGA zu trennen. Insoweit ist nämlich zu beachten, dass die S-GmbH im Rahmen der ggf. vorliegenden Betriebsaufgabe ihren Anteil an der E-KG veräußert hat und dass der dadurch realisierte Gewinn nach dem tatsächlich vereinbarten und gezahlten Veräußerungspreis zu bemessen ist (§ 16 Abs. 3 Satz 2 EStG 1987). Nur dieser Veräußerungsgewinn könnte indessen im Feststellungsbescheid für die E-KG berücksichtigt werden; der Betrag der vGA, die jenen Gewinn mindert, wäre auch bei einer solchen Gestaltung unmittelbar im Körperschaftsteuerbescheid für die S-GmbH zu erfassen (BFH-Urteil in BFHE 167, 316, BStBl II 1992, 832, 833). Angesichts dessen muss die von den Beteiligten erörterte Frage, ob ein etwa entstandener Aufgabegewinn der S-GmbH oder dem S zuzurechnen ist, hier nicht vertieft werden. Zugleich erweist sich damit der von der Klägerin hervorgehobene Umstand, dass in den die E-KG betreffenden Feststellungsbescheiden S nicht als Mitunternehmer der KG aufgeführt ist, als im Streitfall unerheblich.

c) Es ist nicht zu beanstanden, dass das FG die bei der S-GmbH zu berücksichtigende vGA dem Jahr 1988 zugeordnet hat. Denn nach dem Vertrag zwischen der S-GmbH und S wurde die Beteiligung an der E-KG „mit Wirkung ab 24 Uhr/ 1. Januar 0 Uhr” übertragen, was das FG ohne Rechtsfehler dahin gedeutet hat, dass die S-GmbH bis zum Ablauf des Jahres 1988 Gesellschafterin bleiben und S mit Beginn des Jahres 1989 Gesellschafter werden sollte. Bei einer solchen Gestaltung ist es jedenfalls dann nicht rechtsfehlerhaft, die Übertragung steuerrechtlich dem „alten” Jahr zuzuordnen, wenn weitere Umstände für einen dahin gehenden Willen der Vertragsparteien sprechen (, BFHE 113, 195, BStBl II 1974, 707). Solche Umstände hat das FG im Streitfall darin gesehen, dass sowohl in der Gewinnermittlung der S-GmbH als auch in der Feststellungserklärung der E-KG der Veräußerungsgewinn dem Jahr 1988 zugeordnet wurde und dass die S-GmbH dazu angegeben hat, sie sei bis zum Ende des Geschäftsjahrs 1988 an der E-KG beteiligt gewesen. Vor diesem Hintergrund durfte es annehmen, dass bei einer Übertragung des Kommanditanteils zu einem fremdüblichen Preis die (erhöhte) Kaufpreisforderung ebenfalls in der Bilanz auf den hätte ausgewiesen werden müssen und dass deshalb die bei der S-GmbH eingetretene verhinderte Vermögensmehrung dem Jahr 1988 zuzuordnen ist. Ob eine abweichende Beurteilung ebenfalls möglich und deshalb revisionsrechtlich bindend wäre, muss im Streitfall nicht erörtert werden.

3. Die angefochtenen Bescheide sind schließlich auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.

a) Die Klägerin rügt insoweit zunächst, dass das FA die Körperschaftsteuer 1988 in dem (zweiten) Änderungsbescheid vom ebenso wie in dem zuletzt ergangenen Bescheid vom höher festgesetzt habe als in dem (ersten) Änderungsbescheid vom , ohne dass dem ein Hinweis gemäß § 367 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 vorausgegangen sei. Das FG hat dazu ausgeführt, eines solchen Hinweises habe es nicht bedurft, da in dem Bescheid vom der Feststellungsbescheid des FA N vom ausgewertet worden sei. Der Senat kann offenlassen, ob er dieser Begründung beipflichten könnte. Denn Gegenstand der revisionsgerichtlichen Beurteilung ist nur die Steuerfestsetzung durch das FG, und diese ist u.a. dadurch gekennzeichnet, dass die vGA im Zusammenhang mit der Übertragung der KG-Anteile um (11,4 Mio. DM ./. 7,65 Mio. DM =) 3,75 Mio. DM niedriger angesetzt wurde als im Bescheid vom . Dadurch wird die Erhöhung des Einkommens durch die Nichtberücksichtigung der Gewerbesteuerumlage, die in jenem Bescheid noch mit 1,96 Mio. DM berücksichtigt worden war, mehr als ausgeglichen. Im Ergebnis ist folglich die vom FG festgesetzte Steuer niedriger als diejenige, die im Bescheid vom festgesetzt worden war. Damit liegt, selbst wenn das ursprüngliche Vorgehen des FA zu einer unzulässigen „Verböserung” geführt haben sollte, eine solche jetzt nicht mehr vor.

b) Die Klägerin meint weiter, dass das FA im Anschluss an den geänderten Feststellungsbescheid für die E- (Verminderung der Beteiligungseinkünfte um 11,4 Mio. DM) sich auf eine Umsetzung dieses Feststellungsbescheids (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977) hätte beschränken müssen. Es sei nicht berechtigt gewesen, zugleich (erneut) eine vGA anzusetzen und hierdurch die Verminderung der Beteiligungseinkünfte zu kompensieren. Dieser Einwand geht ebenfalls fehl. Denn das von der Klägerin beanstandete Vorgehen des FA kann verfahrensrechtlich auf § 174 Abs. 4 und 5 AO 1977 gestützt werden.

aa) Nach § 174 Abs. 4 AO 1977 können u.a. dann, wenn auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen ist und dieser Bescheid auf Grund eines Rechtsbehelfs des Steuerpflichtigen zu dessen Gunsten geändert wird, aus dem Sachverhalt nachträglich durch Änderung eines Steuerbescheids die richtigen Folgen gezogen werden. Die nachträgliche Änderung ist auch gegenüber Dritten zulässig, wenn diese an dem Verfahren beteiligt waren, das zur Aufhebung des fehlerhaften Bescheids geführt hat (§ 174 Abs. 5 AO 1977). Um einen solchen Sachverhalt geht es hier.

Dass die S-GmbH ihren Gesellschaftsanteil zu einem nicht fremdüblichen Preis an S veräußert hat, ist ein „Sachverhalt” i.S. des § 174 Abs. 4 AO 1977. Dessen unrichtige Beurteilung lag darin, dass das FA N angenommen hatte, die steuerlichen Folgerungen aus ihm seien in dem Feststellungsbescheid für die E-KG zu ziehen. Den auf dieser Basis erlassenen Feststellungsbescheid hat die E-KG mit einem Rechtsbehelf angefochten, woraufhin er zu ihren Gunsten geändert worden ist. Zu dem von der E-KG geführten Rechtsbehelfsverfahren war die S-GmbH hinzugezogen (§ 360 AO 1977) worden. Damit sind alle Voraussetzungen dafür erfüllt, dass nunmehr der S-GmbH gegenüber die richtigen steuerlichen Folgen aus der Veräußerung des KG-Anteils gezogen werden konnten. Diese Folgen bestehen im Ansatz einer vGA unmittelbar bei der Festsetzung der Körperschaftsteuer. So durfte das FA mithin in dem Bescheid vom verfahren.

bb) Vor diesem Hintergrund muss nicht erörtert werden, ob die von der Klägerin beanstandete Maßnahme verfahrensrechtlich auch auf § 177 Abs. 2 AO 1977 gestützt werden konnte. Ebenso spielt keine Rolle, ob im Streitfall darüber hinaus § 174 Abs. 3 AO 1977 eingreift. Allein der Umstand, dass in der Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid 1988 vom nur die letztgenannte Vorschrift erwähnt ist, hindert die Anwendung anderer Änderungsnormen —hier: des § 174 Abs. 4 und 5 AO 1977— nicht (vgl. , BFHE 188, 548, BStBl II 1999, 545, 547 a.E.; von Wedelstädt in Beermann/Gosch, a.a.O., Vor §§ 172 bis 177 Rz 33).

c) Schließlich war das FA nicht durch Treu und Glauben an der Berücksichtigung der vGA gehindert. Insbesondere war es nicht daran gebunden, dass es in der Einspruchsentscheidung zu dem später aufgehobenen Gewinnfeststellungsbescheid angenommen hatte, die vGA sei in jenem Bescheid zu erfassen. Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang angeführten Entscheidungen des BFH betreffen die Rechtslage vor Inkrafttreten der AO 1977 und sind deshalb im Streitfall nicht einschlägig. Ergänzend verweist der Senat auf seinen in dieser Sache ergangenen Gerichtsbescheid vom , dem insoweit nichts hinzuzufügen ist (§ 90a Abs. 4 i.V.m. § 121 Satz 1 FGO).

Fundstelle(n):
YAAAC-43348