BGH Beschluss v. - XII ZB 133/06

Leitsatz

[1] Zur Höhe der Beschwer durch eine Verurteilung zur Auskunft.

Gesetze: ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1; ZPO § 574 Abs. 2; BGB § 1580

Instanzenzug: AG Wiesloch 2 F 175/04 vom OLG Karlsruhe 2 UF 233/05 vom

Gründe

Die Parteien streiten im Wege eines Stufenantrags im Scheidungsverbundverfahren um nachehelichen Ehegattenunterhalt.

Durch Teilurteil des Amtsgerichts Wiesloch vom wurde der Antragsteller verurteilt, der Antragsgegnerin Auskunft über seine Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in den Jahren 2002 bis 2004 und über sein Vermögen zum zu erteilen und diese Auskünfte zu belegen. Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung des Antragstellers hat das Oberlandesgericht als unzulässig verworfen, weil seine Beschwer 600 € nicht übersteige (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragstellers.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft, aber nicht zulässig, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO).

1. Grundsätzliche Bedeutung ist weder hinsichtlich der Frage gegeben, wie sich die Beschwer eines zur Auskunft verurteilten Beklagten bemisst, noch hinsichtlich der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Kosten der Zuziehung einer sachkundigen Hilfsperson bei der Bemessung der Beschwer berücksichtigt werden können. Beides hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom - XII ZB 25/05 - FamRZ 2006, 33, 34). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes das Interesse des Rechtsmittelführers maßgebend, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei ist - von dem vorliegend nicht gegebenen Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses abgesehen (vgl. insoweit Senatsbeschluss vom - XII ZB 63/05 - FamRZ 2005, 1986 f. = BGHZ 164, 63, 66 ff.) - auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (Senatsbeschluss vom - XII ZB 165/00 - FamRZ 2005, 104; BGHZ - GSZ - 128, 85, 87 f.). Die Kosten der Zuziehung einer sachkundigen Hilfsperson können nur berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige selbst zu einer sachgerechten Auskunftserteilung nicht in der Lage ist (Senatsurteil vom - XII ZR 14/00 - FamRZ 2002, 666, 667).

Ebenso ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bereits grundsätzlich geklärt, dass im Falle einer Verurteilung zur Auskunft der Wert der Beschwer gemäß § 3 ZPO nach billigem Ermessen zu bestimmen ist. Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Bemessung der Beschwer nur darauf überprüfen, ob das Berufungsgericht von dem ihm nach § 3 ZPO eingeräumten Ermessen rechtsfehlerhaft Gebrauch gemacht hat, was insbesondere dann der Fall ist, wenn das Gericht bei der Bewertung des Beschwerdegegenstandes maßgebliche Tatsachen verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt oder etwa erhebliche Tatsachen unter Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) nicht festgestellt hat ( - NJW-RR 1991, 509 und Urteil vom - IX ZR 351/98 - NJW 1999, 3050 f.). Denn der Sinn des dem Berufungsgericht eingeräumten Ermessens würde verfehlt, wenn das Rechtsbeschwerdegericht berechtigt und verpflichtet wäre, ein vom Berufungsgericht fehlerfrei ausgeübtes Ermessen durch eine eigene Ermessensentscheidung zu ersetzen. Diese Beschränkung begrenzt zugleich die Möglichkeit des Rechtsbeschwerdegerichts, Tatsachen zu berücksichtigten, die erstmals im Verfahren der Rechtsbeschwerde geltend gemacht werden (Senatsbeschluss vom - XII ZB 121/00 - NJW 2001, 1652 f.).

2. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

a) Dieser Zulassungsgrund ist zunächst in Fällen der Divergenz gegeben, wenn also die anzufechtende Entscheidung von der Entscheidung eines höher- oder gleichrangigen Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn die anzufechtende Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung, mithin einen Rechtssatz aufstellt, der sich mit einem in der Vergleichsentscheidung aufgestellten und diese tragenden Rechtssatz nicht deckt (BGHZ 154, 288, 292 f.). Solches hat die Rechtsbeschwerde weder substantiiert dargelegt (vgl. BGHZ 152, 7, 8 f.), noch ist dies sonst offenkundig ( ­ V ZR 222/03 ­ FamRZ 2004, 947, 948).

b) Unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Rechtsbeschwerde ferner dann zulässig, wenn einem Gericht bei der Rechtsanwendung Fehler unterlaufen, die die Wiederholung durch dasselbe Gericht oder die Nachahmung durch andere Gerichte erwarten lassen, und wenn dadurch so schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung zu entstehen oder fortzubestehen drohen, dass eine höchstrichterliche Leitentscheidung notwendig ist. Dabei muss es sich um einen Rechtsfehler von symptomatischer Bedeutung handeln (BGHZ 152, 182, 187). Diese Voraussetzungen sind also nicht schon dann erfüllt, wenn die Entscheidung des Berufungsgerichts, gemessen an der Rechtsprechung des Senats, fehlerhaft ergangen ist (BGHZ 154, 288, 293). Ein schwerer, das Vertrauen der Allgemeinheit in eine funktionierende Rechtsprechung gefährdender Rechtsfehler liegt erst dann vor, wenn das Berufungsgericht bei der Auslegung oder Anwendung von Vorschriften des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts gegen grundlegende, verfassungsrechtlich abgesicherte Gerechtigkeitsanforderungen verstoßen hat und die Entscheidung deswegen von Verfassungs wegen der Korrektur bedarf. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes in seiner Ausprägung als Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) oder auf einer Verletzung der Verfahrensgrundrechte des Beschwerdeführers - insbesondere des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) - beruht (BGHZ 154, 288, 296). Auch solches ist hier aber nicht der Fall:

aa) Die angefochtene Entscheidung ist insbesondere nicht deswegen willkürlich, weil das Berufungsgericht davon ausgegangen ist, dass der Antragsteller nur das vorzutragen habe, was er bereits für seine Steuererklärung zusammengestellt und angegeben habe. Wegen des Ablaufs der gesetzlichen Frist zur Abgabe der Steuererklärung 2004 am konnte das Berufungsgericht davon ausgehen, dass der Antragsteller jedenfalls die entsprechenden Unterlagen bereits zusammengestellt und diese seinem Steuerberater übergeben hatte. Dafür spricht hier sogar der eigene Vortrag des Antragstellers, wonach sein Steuerberater den Umfang der erforderlichen Arbeiten schon habe abschätzen können und mit ca. acht Stunden bemessen habe. Diese Einschätzung spricht wiederum für eine ordnungsgemäße Buchführung des Antragstellers, der nach seinem eigenen Vortrag als Repräsentant einer Versicherung Einkommen ausschließlich aus dem Abschluss von Versicherungsverträgen erzielt. Der allgemeine Hinweis der Rechtsbeschwerde, in der Praxis werde die Steuererklärung durch Selbständige regelmäßig nicht schon zum 31. Mai des Folgejahres abgegeben, steht dem nicht entgegen, zumal dies keine zwingenden Rückschlüsse für den hier zu entscheidenden Fall zulässt.

bb) Bei seiner Ermessensentscheidung hat das Berufungsgericht den Vortrag des Antragstellers, er sei mangels fachlicher Befähigung nicht zur eigenverantwortlichen Erstellung der Auskunft in der Lage und sein Steuerberater verlange für diese Tätigkeit 690 € brutto, auch nicht übergangen. Vielmehr hat es - unter Berücksichtigung des Inhalts der geschuldeten Auskunft und der beruflichen Qualifikation des Antragstellers - lediglich dessen Fähigkeiten abweichend beurteilt. Weil sich das Berufungsgericht unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstands sogar ausdrücklich mit der eigenen Sachkunde des Antragstellers befasst hat, hat es insoweit jedenfalls nicht gegen dessen Anspruch auf rechtliches Gehörs verstoßen.

cc) Schließlich hat es das Berufungsgericht auch nicht in vorwerfbarer Weise unterlassen, den Antragsteller auf die Unzulässigkeit seiner Berufung hinzuweisen. Denn schon der Antragsteller selbst hatte in seiner Berufungsbegründung zu den Auskunftskosten als Grundlage seiner Beschwer vorgetragen. Die Antragsgegnerin hatte diese Bewertung allerdings ausdrücklich in Zweifel gezogen und deswegen die Unzulässigkeit der Berufung gerügt. Damit war für den Antragsteller offensichtlich, dass es für die Erfolgsaussicht auf den Wert seiner Beschwer ankam; ein zusätzlicher Hinweis des Berufungsgerichts war in dieser prozessualen Lage entbehrlich.

Unabhängig davon wäre auch der weitere Vortrag der Rechtsbeschwerde zum Umfang der für die geschuldete Auskunft erforderlichen Arbeiten nicht geeignet, eine höhere Beschwer zu begründen. Denn der Antragsteller hatte selbst substantiiert vorgetragen, dass die geschuldete Auskunft in acht Stunden erstellt werden kann. Weil er die persönlich geschuldete Leistung - wie vom Berufungsgericht zu Recht ausgeführt (vgl. Senatsbeschluss vom aaO) - selbst erbringen kann, erreichen die dafür erforderlichen Kosten die Berufungssumme jedenfalls nicht. Auch insoweit liegt weder ein Ermessensfehlgebrauch des Berufungsgerichts noch ein Verstoß gegen grundlegende Verfahrensrechte des Antragstellers vor.

Fundstelle(n):
NJW-RR 2007 S. 724 Nr. 11
VAAAC-40624

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja