BGH Urteil v. - VIII ZR 225/05

Leitsatz

[1] Zur Verpflichtung des Betreibers einer Windenergieanlage unter der Geltung des Stromeinspeisungsgesetzes, die Kosten des Anschlusses der Anlage an das Stromnetz zu tragen.

Gesetze: StrEG § 2; BGB § 269; BGB § 448 aF

Instanzenzug: LG Itzehoe 5 O 52/01 vom OLG Schleswig 4 U 217/04 vom

Tatbestand

Die Klägerin ist Betreiberin einer Windenergieanlage. Sie verlangt von der Beklagten, einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die Vergütung von Strom, den sie in das Netz der Beklagten eingespeist hat. Die Beklagte rechnet mit einem Anspruch auf Erstattung von Kosten für den Anschluss der Windenergieanlage an ihr Netz auf.

Im Jahr 1993 forderte die Klägerin die Beklagte zum Anschluss der von ihr zu errichtenden Windenergieanlage an das Netz der Beklagten auf. Die Beklagte, der weitere Anschlussanträge benachbarter Betreiber von Windenergieanlagen vorlagen, plante in der Folgezeit den Ausbau des Umspannwerks M. und den Anschluss der Windenergieanlage der Klägerin sowie der Anlagen weiterer Betreiber durch ein neu zu verlegendes Kabel, das sogenannte Windkabel 8, von den Windenergieanlagen zum Umspannwerk M. .

Mit Schreiben vom bot sie der Klägerin den Anschluss ihrer Anlage zum Preis von 106.927 DM an. Davon sollte die eine Hälfte bei Auftragserteilung und die andere Hälfte nach Fertigstellung des Anschlusses gezahlt werden. Nachdem sich die Parteien über die Frage der Kostentragung für den Anschluss nicht einigen konnten, erteilte die Klägerin der Beklagten mit Anwaltschreiben vom 2. Mai 1996 den Auftrag zum Anschluss der Windenergieanlage mit dem Zusatz:

"Mit der Unterschrift unter diesen Auftrag verzichte ich nicht auf meine Ansprüche nach dem Stromeinspeisungsgesetz, insbesondere nicht auf meine Rückforderungsansprüche bezüglich der Anschlusskosten".

In dieser Form nahm die Beklagte den Auftrag am gleichen Tag an. In der Folgezeit errichtete die Beklagte das in ihrem Eigentum stehende Windkabel 8, das am fertig gestellt wurde. Am wurde die Windenergieanlage der Klägerin an dieses Kabel angeschlossen. Für den Anschluss stellte die Beklagte der Klägerin am 106.927 DM brutto in Rechnung. Die Kosten setzen sich wie folgt zusammen:

a) Anteil Ausbaukosten Umspannwerk M.: 28.900,00 DM

b) Anteil Kosten Schaltzelle Kabel 8 5.373,00 DM

c) Anteil Kosten Kabel 8 39.159,00 DM

d) Anschlusskosten 7.010,00 DM

e) Messkosten 7.200,00 DM

f) Gemeinkosten (10% aus den Pos. c) bis e)) 5.337,00 DM

Gesamt netto 92.979,00 DM

15% Mehrwertsteuer 13.946,85 DM

Gesamt brutto 106.925,85 DM

Die Klägerin zahlte einen Betrag in Höhe von 53.463,50 DM (27.335,45 €). Einen weiteren Betrag in dieser Höhe rechnete die Beklagte gegen die der Klägerin geschuldete Einspeisevergütung für die Monate Januar und Februar 1998 auf.

Das Landgericht hat der Klage auf Zahlung der Stromeinspeisevergütung von 53.463,50 DM (27.335,45 €) nebst Prozesszinsen in vollem Umfang stattgegeben. Mit ihrer dagegen eingelegten Berufung hat die Beklagte das Urteil des Landgerichts wegen der Höhe der zuerkannten Zinsen sowie insoweit angefochten, als sie zur Zahlung eines über 20.152,62 € (39.415,10 DM) hinausgehenden Betrages, mithin in Höhe von 7.182,83 € (14.048,40 DM) nebst Zinsen verurteilt worden ist. Wegen der Positionen a) und b) der Kostenaufstellung hat sie ihre Aufrechnungsforderung nicht weiterverfolgt. Das Berufungsgericht hat der Berufung im Wesentlichen stattgegeben und sie lediglich wegen eines Teils der beanstandeten Zinshöhe zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter.

Gründe

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Der Klägerin stünden für die Monate Januar und Februar 1998 gemäß § 433 Abs. 2 BGB Kaufpreisansprüche für den eingespeisten Strom in Höhe von 20.152,62 € zu. In Höhe der restlichen - zwischen den Parteien noch allein streitigen - 7.182,83 € (14.048,40 DM) habe die Beklagte wirksam die Aufrechnung mit dem ihr zustehenden Anspruch auf die hälftigen Kabelkosten für das Windkabel 8 gemäß der Position c) der Kostenaufstellung erklärt. Ob ihr darüber hinaus die geltend gemachten Ansprüche aus den Aufrechnungspositionen d) bis f) der Kostenaufstellung zustünden, brauche nicht entschieden zu werden. Die Beklagte habe auf der Basis ihres Angebotes vom keinen vertraglichen Anspruch auf Ersatz aller in Rechnung gestellter Kosten. Das Landgericht habe zu Recht festgestellt, dass eine Einigung insoweit nicht erfolgt sei. Ein Anschlussvertrag sei zwischen den Parteien erst gemäß den beiderseitigen Schreiben vom und nur vorbehaltlich einer Einigung über Grund und Höhe der Anschlusskosten zustande gekommen. Der Beklagten stehe aber ein gesetzlicher Aufwendungsersatzanspruch gemäß §§ 677, 683, 670 BGB auf Erstattung der anteiligen Kabelkosten für das Windkabel 8 zu. Das Stromeinspeisungsgesetz vom , das zur Zeit des streitgegenständlichen Anschlusses gegolten habe, regele nicht die Frage, wer die im Falle einer Stromeinspeisung aus regenerativen Energiequellen entstehenden, nicht vergütungsbezogenen Zusatzkosten zu tragen habe. Die Beklagte habe zunächst primär im Interesse und mit Willen der Klägerin das Windkabel 8 verlegt. Diese Verlegung sei objektiv ein Geschäft der Klägerin gewesen, weil gemäß § 448 BGB grundsätzlich der Stromerzeuger die Kosten zur Schaffung der für die Einspeisung erforderlichen technischen Voraussetzungen zu tragen habe. Es sei grundsätzlich Sache des Verkäufers, die Kosten des Transports der Sache bis zum Erfüllungsort zu tragen. Dieser befinde sich an dem Ort, an welchem der Netzbetreiber zur Aufnahme des Stroms in sein Netz in der Lage sei. Entgegen der Auffassung der Klägerin befinde sich der Einspeisungsort nicht unmittelbar neben der Windenergieanlage, sondern bei dem Umspannwerk M. . Der Beklagten stehe deshalb mindestens in Höhe der noch offenen Klageforderung (7.182,83 €) ein Aufwendungsersatzanspruch zu. Die Höhe der anteiligen Verlegungskosten habe die Beklagte substantiiert dargelegt. Bei dem aus neun Abschnitten bestehenden Kabel mit einer Gesamtleistung von 6,7 MW habe die Beklagte die Kosten für die jeweiligen Kabelstrecken entsprechend den jeweils genutzten Leistungsanteilen auf die Betreiber der Windenergieanlagen verteilt. Dieser Umlagemaßstab sei geeignet und sachgerecht. Das pauschale Bestreiten der Klägerin sei unbeachtlich. Die Beklagte habe aber lediglich einen Anspruch auf die Hälfte der von ihr geltend gemachten Kosten, weil die Verlegung des Kabels auch in ihrem Interesse erfolgt sei. Das Kabel stehe unstreitig in ihrem Eigentum und gehöre nunmehr zu ihrem Mittelspannungsnetz. Lägen die Aufwendungen sowohl im eigenen wie im fremden Interesse und handele es sich um gegenständlich nicht abgrenzbare, gleichwertige Vorteile, seien die Kosten zu teilen. Auch nach dem Maß der Verantwortlichkeit und dem Gewicht der Interessen der Beteiligten erscheine es sachgerecht, die Kosten der Netzverstärkung hälftig zu teilen.

II.

1. Die Revision der Klägerin ist begründet. Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht stand.

a) Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Klägerin für den Strom, den sie in den Monaten Januar und Februar 1998 in das Netz der Beklagten eingespeist hat, über den in der Berufungsinstanz nicht mehr im Streit befindlichen Betrag von 20.152,62 € (39.415,10 DM) hinaus ein restlicher Vergütungsanspruch in Höhe von 7.182,83 € (14.048,40 DM) zusteht. Dieser Anspruch ergibt sich aber nicht aus § 433 Abs. 2 BGB, sondern aus §§ 2, 3 des seinerzeit noch geltenden Gesetzes über die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das öffentliche Netz (Stromeinspeisungsgesetz - StrEG) vom (BGBl. I S. 2633) in der Fassung von Art. 5 des Gesetzes vom (BGBl. I S. 1618).

b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht dagegen angenommen, dass der restliche Vergütungsanspruch der Klägerin allein durch die Aufrechnung der Beklagten mit einem dieser zustehenden Anspruch auf Erstattung der hälftigen Kosten für das Windkabel 8 (10.010,84 € = 19.579,50 DM) erloschen sei. Diese Annahme ist, wie die Revision mit Recht geltend macht und die Revisionserwiderung einräumt, schon deswegen unzutreffend, weil das Berufungsgericht nicht berücksichtigt hat, dass die Klägerin für den Netzanschluss ihrer Windkraftanlage bereits 53.463,50 DM an die Beklagte gezahlt hat. Es kann im vorliegenden Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob der Beklagten der vom Berufungsgericht bejahte Anspruch auf Erstattung der hälftigen Kosten für das Windkabel 8 gegen die Klägerin zugestanden hat. Selbst wenn das entgegen den vorsorglichen Angriffen der Revision der Fall gewesen sein sollte, wäre der Anspruch bereits durch die genannte Zahlung der Klägerin erfüllt worden. Das würde sogar dann gelten, wenn die Beklagte, was das Berufungsgericht offen gelassen hat, von der Klägerin darüber hinaus die Positionen d) bis f) ihrer Kostenaufstellung, nämlich Anschlusskosten, Messkosten und 10% Gemeinkosten, ersetzt verlangen könnte. Insgesamt hätten ihr dann einschließlich 15% Mehrwertsteuer nur 42.743,72 DM (19.579,50 DM + 7.010,00 DM + 7.200,00 DM + 3.378,95 DM + 5.575,27 DM) und damit weniger als die 53.463,50 DM zugestanden, die ihr die Klägerin bereits gezahlt hat.

2. Danach kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben, und die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, da es noch tatsächlicher Feststellungen dazu bedarf, ob die Beklagte von der Klägerin die Positionen d) bis f) ihrer Kostenaufstellung, nämlich Anschlusskosten, Messkosten und 10% Gemeinkosten, ersetzt verlangen kann, was das Berufungsgericht, wie bereits erwähnt, bislang offen gelassen hat. Sollte das der Fall sein, würde sich das Berufungsurteil im Ergebnis als richtig erweisen. Denn die Beklagte kann von der Klägerin, wie die Revisionserwiderung zu Recht geltend macht und im Folgenden näher auszuführen ist, entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts die anteiligen Kosten für das Windkabel 8 nicht nur in halber Höhe, sondern im vollen Umfang von 39.159 DM ersetzt verlangen. Der Beklagten stehen daher gegebenenfalls zusammen mit den vorgenannten Positionen in Höhe von 19.547 DM (7.010 DM + 7.200 DM + 5.337 DM) zuzüglich 15% Mehrwertsteuer (8.805,90 DM) insgesamt 67.511,90 DM und damit über die von der Klägerin bereits gezahlten 53.463,50 DM hinaus weitere 14.048,40 DM (7.182,83 €) zu, mit denen sie gegenüber dem gleich hohen restlichen Vergütungsanspruch der Klägerin aufrechnen kann.

a) Der Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin auf Erstattung der anteiligen Kosten für das Windkabel 8 ergibt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683, 670 BGB), sondern vielmehr aus der vertraglichen Vereinbarung, die die Parteien, wie das Berufungsgericht selbst unangegriffen festgestellt hat, gemäß den beiderseitigen Schreiben vom geschlossen haben. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts steht diese Vereinbarung nicht unter dem Vorbehalt einer - nicht zustande gekommenen - Einigung über Grund und Höhe der Anschlusskosten, sondern vielmehr unter dem von der Beklagten gebilligten Vorbehalt der Klägerin, die Anschlusskosten zurückzufordern, soweit sie diese nach dem Gesetz nicht zu tragen hat.

Der Senat ist an die Auslegung der gemäß den vorgenannten Schreiben geschlossenen Vereinbarung durch das Berufungsgericht nicht gebunden. Zwar handelt es sich um eine Individualvereinbarung, deren tatrichterliche Auslegung in der Revisionsinstanz nur beschränkt daraufhin überprüft werden kann, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen worden ist (vgl. nur BGHZ 137, 69, 72; Senatsurteil vom - VIII ZR 136/04, WM 2005, 1895 unter II 2 a). Solche Rechtsfehler liegen hier jedoch vor, weil die Auslegung des Berufungsgerichts nicht vom Wortlaut ausgeht (vgl. dazu BGHZ 121, 13, 16) und zudem nicht den beiderseitigen Interessen der Parteien gerecht wird (vgl. dazu BGHZ 137, 69, 72).

Mit Anwaltschreiben vom hat die Klägerin der Beklagten den Auftrag zum Anschluss ihrer Windenergieanlage mit dem Zusatz erteilt, dass sie nicht auf ihre Ansprüche nach dem Stromeinspeisungsgesetz und insbesondere nicht auf ihr Rückforderungsansprüche bezüglich der Anschlusskosten verzichte. Der Wortlaut dieses Zusatzes liefert keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Auftragserteilung, wie vom Berufungsgericht angenommen, unter dem Vorbehalt einer Einigung der Parteien über die Anschlusskosten stehen sollte. Das erscheint auch eher fernliegend, da eine solche Einigung zuvor trotz mehrmonatiger Verhandlungen nicht gelungen war. Aus dem Wortlaut des von der Beklagten in ihrem Antwortschreiben vom gleichen Tag gebilligten Zusatzes der Klägerin lässt sich vielmehr der übereinstimmende Wille der Parteien entnehmen, dass der Klägerin die Rückforderung der von der Beklagten verlangten Netzanschlusskosten vorbehalten sein sollte, soweit sie zu deren Zahlung nach dem Gesetz, namentlich dem ausdrücklich angesprochenen Stromeinspeisungsgesetz nicht verpflichtet war. Nur diese Auslegung entspricht den beiderseitigen Interessen der Parteien, die unterschiedlicher Auffassung darüber waren, wer welche Anschlusskosten nach dem Stromeinspeisungsgesetz zu tragen habe, an diesem Streit aber die Herstellung des Netzanschlusses nicht länger scheitern lassen wollten. Namentlich die Klägerin hatte ein Interesse am alsbaldigen Anschluss ihrer bereits im Bau befindlichen Windenergieanlage durch die Beklagte, um zum einen die erheblichen Mehrkosten zu vermeiden, die nach der unangegriffenen Feststellung des Berufungsgerichts durch die Errichtung einer eigenen Verbindung zum Umspannwerk M. entstanden wären, und um zum anderen unverzüglich nach der Fertigstellung der Anlage die Vergütung nach dem Stromeinspeisungsgesetz beziehen zu können. Die Beklagte war ihrerseits daran interessiert, dass die Windkraftanlage der Klägerin - ebenso wie die Anlagen anderer Betreiber - nicht mit einer eigenen Leitung, sondern mit dem von ihr geplanten Windkabel 8 an das zu diesem Zweck umgebaute Umspannwerk M. angeschlossen wurde.

b) Das danach in erster Linie maßgebliche Stromeinspeisungsgesetz regelt selbst allerdings nicht, wer die Kosten des Netzanschlusses einer Windenergieanlage zu tragen hat. Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, beurteilt sich diese Frage daher im zeitlichen Geltungsbereich des Stromeinspeisungsgesetzes nach den allgemeinen kaufrechtlichen Regeln, die auf Verträge über die entgeltliche Lieferung von Elektrizität jedenfalls entsprechend anwendbar sind. Nach § 448 Abs. 1 BGB (gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB in der vor dem geltenden Fassung; im Folgenden aF) fallen die Kosten der Übergabe der verkauften Sache dem Verkäufer zur Last. Dementsprechend hat der Verkäufer die Kosten des Transports der verkauften Sache bis zum Erfüllungsort zu tragen. Dieser befindet sich bei einem Stromeinspeisungsvertrag nach den gemäß § 269 Abs. 1 BGB aF maßgeblichen Umständen an dem Ort, der unter technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zur Aufnahme des Stroms in das Netz am besten geeignet ist. Mangels anderweitiger Vereinbarung obliegen danach dem Anlagenbetreiber die Kosten zur Schaffung der für die Einspeisung des Stroms erforderlichen technischen Voraussetzungen, insbesondere der Verlegung von Kabeln bis zum Einspeisungsort (Senatsurteil vom - VIII ZR 107/93, WM 1994, 76 = NJW-RR 1994, 175 unter II 1 b; ferner BGHZ 155, 141, 163; Senatsurteil vom - VIII ZR 89/03, WM 2004, 745 = NJW-RR 2004, 453 unter II 2 a aa).

Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass Einspeisungsort im Sinne dieser Rechtsprechung hier das Umspannwerk M. und nicht der unmittelbar neben der Windenergieanlage der Klägerin befindliche Anschluss an das Windkabel 8 ist. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts war das Windkabel 8 im Jahr 1993, als die Klägerin von der Beklagten den Anschluss ihrer geplanten Windenergieanlage begehrte, noch nicht vorhanden. Vielmehr ist es gerade erst für den Anschluss dieser und anderer Windenergieanlagen an das Netz der Beklagten errichtet worden. Der dafür unter technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten am besten geeignete Ort war das zu diesem Zweck von der Beklagten ausgebaute Umspannwerk M. . Ist dieses mithin Einspeisungsort für den Strom aus der Windenergieanlage der Klägerin, stellen sich die anteiligen Kosten für die Errichtung des Windkabels 8 als Netzanschlusskosten dar, die der Klägerin als Anlagenbetreiberin obliegen.

Zu Unrecht macht die Revision demgegenüber geltend, dass es sich bei der Errichtung des Windkabels 8 um einen Ausbau des Netzes der Beklagten handele, für den diese die Kosten zu tragen habe. Richtig ist, dass das nach dem hier in Rede stehenden Geschehen an die Stelle des Stromeinspeisungsgesetzes getretene Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG) vom (BGBl. I S. 305) in § 3 Abs. 1 Satz 3, § 10 Abs. 2 Satz 1 und das diesem nachfolgende gleichnamige Gesetz vom (BGBl. I S. 1918) in § 4 Abs. 2 Satz 2, § 13 Abs. 2 Satz 1 die Verpflichtung des Netzbetreibers vorsehen, das Netz im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren so auszubauen, dass es für die Aufnahme des Stroms aus erneuerbaren Energien technisch geeignet ist, und die Kosten hierfür zu tragen. Es kann dahingestellt bleiben, ob eine solche Verpflichtung, wie die Revision meint, auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung bereits unter der Geltung des Stromeinspeisungsgesetzes bestanden hat (vgl. dazu Salje, Stromeinspeisungsgesetz, 1. Aufl., § 2 Rdnr. 65 ff., ders., Erneuerbare-Energien-Gesetz, 3. Aufl., Rdnr. 1 ff., jew. m.w.Nachw.). Denn bei der Errichtung des Windkabels 8 handelt es sich nicht um einen Ausbau im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 3 EEG 2000 und des § 4 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004. Nach den Halbsätzen 1 dieser Vorschriften gilt ein Netz auch dann als technisch für die Aufnahme des Stroms aus erneuerbaren Energien geeignet, wenn dessen Abnahme erst durch einen wirtschaftlich zumutbaren Ausbau des Netzes möglich wird. Danach betrifft der Ausbau, zu dem der Netzbetreiber gemäß den Halbsätzen 2 auf Verlangen des Einspeisewilligen verpflichtet ist, die technische Eignung seines Netzes zur Aufnahme des Stroms aus erneuerbaren Energien. Durch den Ausbau soll die insoweit nicht vorhandene Eignung hergestellt werden. Der Ausbau dient mit anderen Worten der qualitativen Verbesserung (Verstärkung) des Netzes, um dieses aufnahmefähig zu machen. Das kann auch durch Errichtung einer Parallelleitung zu einer bereits bestehenden Leitung geschehen (Senatsurteil vom - VIII ZR 391/03, NJW-RR 2005, 565, unter II 2 b bb). Den genannten Vorschriften lässt sich dagegen nichts dafür entnehmen, dass der dem Netzbetreiber obliegende Ausbau darüber hinaus eine quantitative Erweiterung in Form einer räumlichen Ausdehnung des Netzes umfasst, um dem Anlagenbetreiber den Anschluss der Anlage an das Netz durch Verkürzung der dazwischen liegenden Entfernung zu erleichtern. Ob sich aus § 4 Abs. 2 Satz 4 EEG 2004, wonach sich die Pflicht zum Ausbau unter anderem auf die "im Eigentum des Netzbetreibers stehenden oder in sein Eigentum übergehenden Anschlussanlagen" erstreckt, für den - hier gegebenen - Fall, dass die zum Zweck des Netzanschlusses der Anlage neu errichtete Verbindungsleitung nach den getroffenen Vereinbarungen in das Eigentum des Netzbetreibers übergeht, etwas anderes ergibt, bedarf im vorliegenden Zusammenhang keiner Entscheidung. Entweder dient diese Vorschrift lediglich der Abgrenzung zwischen Anschluss- und Netzausbaumassnahmen (vgl. BT-Drucks. 15/2864 S. 34). Dann ändert sie nichts daran, dass der Ausbau nach dem Grundsatz des § 4 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004 nur die technische Eignung des Netzes zur Aufnahme des Stroms aus erneuerbaren Energien, hingegen nicht seine räumliche Ausdehnung betrifft. Oder § 4 Abs. 2 Satz 4 EEG 2004 soll über den vorgenannten Zweck hinaus die Netzausbaupflicht des Netzbetreibers gegenüber § 4 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004 in räumlicher Hinsicht erweitern. Dann gilt das jedoch erst im zeitlichen Anwendungsbereich des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2004, hingegen nicht für Altfälle, die - wie der hier gegebene - noch nach dem Stromeinspeisungsgesetz und den im vorliegenden Zusammenhang ergänzend heranzuziehenden §§ 448, 269 Abs. 1 BGB aF zu beurteilen sind.

c) Handelt es sich mithin bei den anteiligen Kosten für das Windkabel 8 um Netzanschlusskosten, obliegen sie der Klägerin im vollen Umfang der in der Revisionsinstanz nicht mehr streitigen Höhe von 39.159 DM. Eine Rechtsgrundlage dafür, dass die Beklagte die Hälfte der Kosten zu tragen hat, ist angesichts der Vereinbarung der Parteien vom nicht ersichtlich. Eine solche lässt sich auch nicht aus der Tatsache herleiten, dass das Windkabel 8 in das Eigentum der Beklagten übergegangen ist, zumal ein nicht unbeachtlicher Ausgleich schon darin gesehen werden kann, dass die Klägerin durch den Netzanschluss ihrer Windkraftanlage über das Windkabel 8 die bereits oben erwähnten erheblichen Mehrkosten für die Errichtung einer eigenen Verbindung zum Umspannwerk M. gespart hat.

d) Das zugunsten des Rechtsmittelführers bestehende Verschlechterungsverbot (§ 528 Satz 2, § 557 Abs. 1 ZPO) schließt es nicht aus, den von der Beklagten zur Aufrechnung gestellten Anspruch auf Erstattung der Kosten für das Windkabel 8 in voller Höhe zu bejahen. Das Verbot der Verschlechterung (reformatio in peius) soll verhindern, dass das Rechtsmittelgericht dem Rechtsmittelführer etwas aberkennt, was ihm in dem angefochtenen Urteil wirksam und mit materieller Rechtskraftwirkung zuerkannt worden ist (, WM 2004, 102 = NJW-RR 2004, 95 unter IV 2 a). Soweit das Berufungsgericht den genannten Anspruch zur Hälfte verneint hat, ist das Berufungsurteil nicht in Rechtskraft erwachsen. Wird die Klage - wie hier - abgewiesen, weil die Aufrechnung durchgreift, ist die Entscheidung über die Aufrechnungsforderung gemäß § 322 Abs. 2 ZPO nur im Umfang der Klageforderung (hier zuletzt noch 7.182,83 €) der Rechtskraft fähig (, WM 2002,1249 = NJW 2002, 900 unter II).

Fundstelle(n):
WM 2007 S. 1227 Nr. 26
UAAAC-40095

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja