BFH Beschluss v. - IV B 163/04

Betriebsausgabeabzug von Schuldzinsen; Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör

Gesetze: EStG § 4 Abs. 4; FGO § 96

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig. Ein Verfahrensmangel, auf dem das angefochtene Urteil beruhen könnte (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der FinanzgerichtsordnungFGO—), ergibt sich aus den Darlegungen des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) nicht.

1. Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Diese Regelung ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) dahin auszulegen, dass neben dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung auch der gesamte Akteninhalt vollständig zu berücksichtigen ist (vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom IV B 207/03, juris; vom IV B 96/98, BFH/NV 2000, 70). Das rechtliche Gehör ist verletzt, wenn das Finanzgericht (FG) einen rechtzeitig eingegangenen Schriftsatz nicht zur Kenntnis nimmt und in Erwägung zieht (, BFH/NV 2002, 671; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 119 Rz. 16 „Gesamtergebnis des Verfahrens"; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 119 FGO Rz. 199). Die Geltendmachung dieses Verfahrensmangels erfordert die genaue Bezeichnung des nicht berücksichtigten Akteninhalts sowie die Darlegung, inwieweit dessen Berücksichtigung auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunktes des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (Senatsbeschluss vom IV B 61/04, BFH/NV 2006, 85).

2. Der Kläger hat den geltend gemachten Verfahrensmangel, das FG habe relevanten Sachvortrag übersehen und damit gegen seine Beachtungspflicht verstoßen, nicht ausreichend dargelegt.

a) Das FG hat entschieden, dass der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) die streitigen Kreditkosten zu Recht nicht zum Betriebsausgabenabzug zugelassen hat. Es sei weder substantiiert dargelegt noch nachgewiesen worden, dass der Kläger im Jahr 1990 Schuldzinsen in Höhe von 460 000 DM schuldete, die ausschließlich mit seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit in wirtschaftlichem Zusammenhang ständen. Es seien weder Tatsachen vorgetragen noch sei nachgewiesen worden, dass die Schuldzinsen für eine Verbindlichkeit geleistet worden seien, die durch die Einkünfteerzielung des Klägers veranlasst gewesen sei. Dazu hätte es des Vortrags und des Nachweises bedurft, dass das Darlehen tatsächlich zum Erzielen der Einkünfte aus selbständiger Arbeit verwendet wurde. Die Aufwendungen müssten objektbezogen einem bestimmten Wirtschaftsgut zugeordnet werden können (vgl. , BFHE 187, 276, BStBl II 1999, 676).

b) Der Kläger macht demgegenüber im Wesentlichen geltend, er habe vorgetragen, dass in den Jahren 1981 bis 1985 erhebliche Kosten aus seiner Geschäftsführertätigkeit für eine X-GmbH angefallen und im Wege des Vergleichs vom FA anerkannt worden seien. Diese Summe habe sich in den folgenden Jahren durch entsprechende Zinsen und Kosten auf weit über 1 Mio. DM erhöht. Während des Einspruchsverfahrens habe er mit Schreiben vom vorgetragen, eine näher bezeichnete GmbH habe Beträge als Darlehen gegeben, die zur Bezahlung der alten Betriebsausgaben (ca. 1 Mio. DM) angefallen seien. Die neuen Zahlungen beträfen Zinsen auf diese Darlehen, die immer wieder zwischenfinanziert worden seien (50 v.H. Zinsen). Dem Schreiben sei u.a. eine Vereinbarung vom über das Darlehen beigefügt gewesen. Die Urteilsgründe ließen jedoch nicht erkennen, dass das FG diesen Sachvortrag zur Kenntnis genommen habe.

c) Damit hat der Kläger keinen Verfahrensmangel dargelegt. Auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunktes des FG konnte sich daraus keine andere Entscheidung ergeben. Denn es handelt sich bei dem nach Auffassung des Klägers übergangenen Vortrag im Wesentlichen um nicht näher substantiierte Behauptungen, die es nicht ermöglichen, die Entstehung der geltend gemachten Zinsverbindlichkeiten dem Grund und der Höhe nach konkret nachzuvollziehen. Darüber hinaus fehlen geeignete Nachweise, wie sie das FG für erforderlich hielt.

Die in den Akten des FA befindliche Darlehensvereinbarung bedurfte einer ausdrücklichen Erwähnung durch das FG schon deshalb nicht, weil sie als Nachweis nicht in Betracht kam. Denn es handelt sich offenbar um eine handschriftliche Notiz des Klägers ohne jede Angabe von Zahlungszeitpunkten und ohne genaue Betragsangaben bei einer behaupteten Verzinsung von 50 v.H. Im Übrigen muss das Gericht nicht jedes Vorbringen eines Beteiligten in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich behandeln (, BFH/NV 2006, 595).

3. Eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) ist nicht ersichtlich. Insbesondere genügt dafür nicht die bloße Behauptung, Rechnungen über die bilanzierten Zinsen seien bereits im Veranlagungsverfahren vorgelegt worden; das FG hätte deshalb das FA zur Vorlage auffordern müssen, wenn die Rechnungen nicht in den Einkommensteuerakten abgeheftet gewesen seien. Anhaltspunkte dafür, dass die Rechnungen tatsächlich eingereicht wurden, ergeben sich aus den Akten nicht; auch der Kläger hat sein Vorbringen nicht substantiiert. Er hat weder angegeben, wann und ggf. mit welchem Schriftsatz er die Rechnungen vorgelegt haben will, noch hat er Kopien eingereicht.

Fundstelle(n):
KAAAC-37146