BFH Beschluss v. - XI B 19/06

Rüge einer Divergenz; keine Bindung des FG an Strafgerichte

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2; AO § 393

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

1. Gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision müssen innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des Urteils dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 FGO).

2. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat keinen der in § 115 Abs. 2 FGO abschließend geregelten Zulassungsgründe entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargelegt.

a) Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung einer Rechtsfrage zuzulassen. Es bedarf keiner Klärung, dass der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) nicht berechtigt ist, ein nicht existierendes Kapitalvermögen zu erfinden und zu besteuern, wahrheitsgemäße Angaben in einer Steuererklärung zu ignorieren oder nach Eintritt der Festsetzungsverjährung „ohne neue Tatsachen Steuern auf nicht vereinnahmte Kapitalerträge” festzusetzen.

b) Der Kläger hat auch nicht den Zulassungsgrund einer Divergenz dargelegt. Wird die Nichtzulassungsbeschwerde auf Divergenz gestützt, erfordert die nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO notwendige Darlegung der Zulassungsvoraussetzungen, dass die Entscheidung, von der nach der Behauptung des Klägers das Urteil des Finanzgericht (FG) abweicht, genau bezeichnet und kenntlich gemacht wird, zu welcher konkreten Rechtsfrage eine Abweichung vorliegen soll. Dem ist nur genügt, wenn abstrakte Rechtssätze des vorinstanzlichen Urteils und der Divergenzentscheidung(en) so genau bezeichnet und gegenübergestellt werden, dass eine Abweichung erkennbar wird (BFH-Beschlüsse vom X B 26/87, BFH/NV 1988, 239, und vom VII B 238/03, juris Nr: STRE200450585).

Der Kläger trägt zwar vor, die FG beurteilten das Schweigerecht und damit die Frage der Mitwirkungspflicht des die Wiederaufnahme seines Strafverfahrens betreibenden Klägers abweichend vom Bundesgerichtshof (BGH); er hat insoweit aber keine voneinander abweichenden Rechtssätze dargetan. Der Senat verweist hierzu zudem auf seinen Beschluss vom XI B 21/05 (BFH/NV 2006, 496, unter II.2. der Gründe), der u.a. auch gegenüber dem Kläger ergangen und in dem ausgeführt ist, dass die vom Kläger herangezogene Entscheidung des (Neue Juristische Wochenschrift —NJW— 2002, 1134) lediglich den Einsatz von Zwangsmitteln betreffe und keine Aussage zu der Frage enthalte, ob das FA weiterhin zur Steuerfestsetzung bzw. zur Feststellung von Einkünften berechtigt ist. Dazu hat der erkennende Senat in der Entscheidung vom XI R 10, 11/01 (BFHE 198, 7, BStBl II 2002, 328) u.a. ausgeführt, dass nach § 393 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) im Besteuerungs- und im Strafverfahren die für das jeweilige Verfahren geltenden Vorschriften anzuwenden seien; Besteuerungs- und Steuerstrafverfahren stünden grundsätzlich unabhängig und gleichrangig nebeneinander. Der Steuerpflichtige bleibt daher im Besteuerungsverfahren zur Mitwirkung verpflichtet, wenn gegen ihn ein Strafverfahren läuft. Eine Zulassung der Revision kommt demnach auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage in Betracht.

c) Der Kläger hat schließlich keinen Verfahrensfehler des FG schlüssig dargetan, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könnte (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

Hinsichtlich des gerügten Verfahrensfehlers der Verletzung der dem FG obliegenden Sachaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1 FGO ist die Beschwerde bereits unzulässig. Der Kläger verweist insoweit lediglich auf eine Reihe von ihm schriftsätzlich gestellte Beweisanträge ohne näher darzulegen, welche Fragen tatsächlicher Art damit aufgeklärt werden sollten und inwieweit die als unterlassen gerügte Beweiserhebung zu einer anderen Entscheidung hätte führen können. Ferner wäre darzulegen gewesen, dass der Kläger die nach seiner Ansicht unzulängliche Sachaufklärung vor dem FG gerügt hat oder ihm eine solche Rüge nicht möglich gewesen sei (vgl. , BFH/NV 2005, 921).

Soweit der Kläger eine fehlerhafte Ermittlung des Gewinns seiner zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis in 1995 rügt, wendet er sich gegen die Beweiswürdigung und gegen die Rechtsanwendung des FG, nicht aber gegen das Procedere des FG und die Einhaltung des vorgeschriebenen Verfahrens. Die Rüge fehlerhafter Rechtsanwendung vermag die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO nicht zu begründen (vgl. , BFH/NV 1999, 1582; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 82 f., m.w.N.). Im Übrigen bezieht sich die angeblich fehlerhafte Gewinnermittlung auf die zahnärztliche Gemeinschaft; dieser Gewinn ist bereits durch bestandskräftigen Bescheid einheitlich und gesondert festgestellt worden und nicht Gegenstand des Streitverfahrens.

Der Kläger benennt auch keinen Verfahrensfehler, wenn er geltend macht, das FG sei zu Unrecht vom Urteil des Landgerichts in dem gegen ihn geführten Steuerstrafverfahren abgewichen und gehe von gänzlich unzutreffenden Kapitaleinkünften aus. Die FG sind nicht an die Beurteilung der Strafgerichte gebunden, sondern haben nach ihrer freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden (vgl. , BFH/NV 2000, 1459, und , BFH/NV 1995, 573, m.w.N.).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 400 Nr. 3
OAAAC-36553