Vorläufige Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO im Hinblick auf anhängige Musterverfahren
Übersicht über die aktuellen und bereits erledigten Vorläufigkeitsvermerke bei der Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag, Arbeitnehmer-Sparzulage und den gesonderten (und ggf. einheitlichen) Feststellungen
1. Allgemeines
Das Verfahren zur Anbringung von Vorläufigkeitsvermerken ist im geändert durch (beide Schreiben sowie konsolidierte Fassung im AIS: AO/Vorläufigkeit) geregelt. In der täglichen Praxis werden häufig von den Steuerpflichtigen Fragen zu den derzeit bestehenden bzw. bereits erledigten Vorläufigkeitsvermerken gestellt. Aus diesem Grund erfolgt nachstehend eine Aufzählung der derzeit bestehenden bzw. erledigten Vorläufigkeitsvermerke.
2. Vorläufigkeitsvermerke gemäß dem ( BStBl 2006 I S. 692; AIS: AO/Vorläufigkeit)
Festsetzungen der Einkommensteuer sind hinsichtlich folgender Punkte gem. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorläufig vorzunehmen:
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Beschränkte Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3 EStG) – für Veranlagungszeiträume vor 2005
Beschränkte Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3, 4, 4a EStG) – für Veranlagungszeiträume ab 2005
Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zu Rentenversicherungen als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG
Besteuerung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG für Veranlagungszeiträume ab 2000 [1]
Besteuerung der Einkünfte aus Termingeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG für Veranlagungszeiträume ab 2000 [2]
Anwendung des § 24b EStG (Entlastungsbetrag für Alleinerziehende) für Veranlagungszeiträume ab 2004
Anwendung des § 32 Abs. 7 EStG (Haushaltsfreibetrag) für die Veranlagungszeiträume 2002 und 2003
Höhe des Behinderten-Pauschbetrags (§ 33b Abs. 3 EStG)
Anwendung der durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 vom ( BGBl 2003 I S. 3076, 2004 I S. 69) geänderten Vorschriften
Nichtberücksichtigung pauschaler Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben in Höhe der steuerfreien Aufwandsentschädigung nach § 12 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages
Ferner sind Festsetzungen des Solidaritätszuschlags hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995 vorläufig vorzunehmen.
Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 1 umfasst auch die beschränkte Abziehbarkeit von Beiträgen zu Krankenversicherungen. Er umfasst des weiteren die in der Verfassungsbeschwerde 2 BvR 587/01 erhobene Frage, ob es verfassungsrechtlich geboten ist, im Falle der Zusammenveranlagung die vorzunehmende Kürzung des gemeinsamen Vorwegabzugs auf den Anteil desjenigen Ehegatten zu beschränken, der im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses durch die Arbeitgeberleistungen begünstigt worden ist (vgl. , BFH/NV S. 1900).
Der Vorläufigkeitsvermerk gem. Nummer 1 Buchstabe b umfasst auch die Frage, ob die angeführten gesetzlichen Vorschriften aufgrund der Neureglung der Rentenbesteuerung durch das Alterseinkünftegesetz verfassungswidrig sind.
Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 2 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen für Veranlagungszeiträume vor 2005 beizufügen. Er umfasst nicht die einfachgesetzlichen Fragen des Revisionsverfahrens X R 11/05 (möglicherweise Änderung der Rechtsprechung durch den BFH zur steuerlichen Berücksichtigung von Rentenversicherungsbeiträgen), sondern nur die Frage, ob bei Beibehaltung der bisherigen BFH-Rechtsprechung die betroffenen Vorschriften des EStG verfassungsgemäß sind.
Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß den Nummern 3 und 4 ist Einkommensteuerbescheiden nur beizufügen, wenn die Summe der im Veranlagungszeitraum erzielten Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bzw. aus Termingeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG positiv ist. Bescheiden über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 9 in Verbindung mit § 10d Abs 4 EStG ist er nicht beizufügen. Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß den Nummern 3 und 4 kann auch Einkommensteuerbescheiden für den Veranlagungszeitraum 1999 sowie Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften für Veranlagungszeiträume ab 1999 beigefügt werden. Wird mit einem Einspruch die Verfassungswidrigkeit der Besteuerung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bzw. aus Termingeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG geltend gemacht und gleichzeitig Aussetzung der Vollziehung beantragt, ist gem. dem (AIS: AO/Vorläufigkeit) für die Jahre 1994 – 1996 und 1999 ff. keine Aussetzung der Vollziehung zu gewähren. Bereits bewilligte Vollziehungsaussetzungen sind zu widerrufen; in Fällen, in denen das Finanzgericht oder der BFH nach § 69 Abs. 3 FGO Aussetzung der Vollziehung gewährt haben, ist nach § 69 Abs. 6 Satz 2 FGO die Aufhebung des Vollziehungsaussetzungsbeschlusses zu beantragen.
Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 5 umfasst nur die Frage, ob § 24b EStG Ehegatten in verfassungswidriger Weise benachteiligt. Er ist daher Einkommensteuerfestsetzungen nur beizufügen, wenn ein Fall des § 26 Abs. 1 EStG und der Prüfung der Steuerfreistellung nach § 31 EStG vorliegt.
Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 6 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen mit einer Prüfung der Steuerfreistellung nach § 31 EStG beizufügen. Er umfasst sowohl die Frage, ob die Abschmelzung des Haushaltsfreibetrags (§ 32 Abs. 7 EStG, ggf. in Verbindung mit § 52 Abs. 40a EStG) verfassungswidrig ist, als auch die Frage, ob § 32 Abs. 7 EStG Ehegatten in verfassungswidriger Weise benachteiligt.
Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 8 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen für Veranlagungszeiträume ab 2004 beizufügen. Er ist ferner sämtlichen Bescheiden über die gesonderte (und ggf. einheitliche) Feststellung von Einkünften für Feststellungszeiträume ab 2004, sämtlichen Festsetzungen der Arbeitnehmer-Sparzulage für Kalenderjahre ab 2004 und sämtlichen Körperschaftsteuerfestsetzungen für Veranlagungszeiträume ab 2004 und sämtlichen Bescheiden über die Feststellungen nach den §§ 27, 28, 37 und 38 KStG für Veranlagungszeiträume ab 2005 beizufügen.
Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 9 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen sowie sämtlichen Bescheiden über die gesonderte (und ggf. einheitliche) Feststellung von Einkünften beizufügen. Aufgrund einer personellen Anweisung kann er auch Körperschaftsteuerfestsetzungen beigefügt werden.
3. Erledigte Verfahren
Anwendung des § 32c EStG
Das die Verfassungsmäßigkeit des für die Veranlagungszeiträume 1994 bis 2000 geltenden § 32c EStG bestätigt. Wegen der behaupteten Verfassungswidrigkeit des § 32c EStG kommt ein Ruhen lassen außergerichtlicher Rechtsbehelfsverfahren nicht mehr in Betracht. Bisher bewilligte Vollziehungsaussetzungen sind zu widerrufen; in Fällen, in denen die Finanzgerichte oder der BFH nach § 69 Abs. 3 FGO Aussetzung der Vollziehung gewährt haben, ist nach § 69 Abs. 6 Satz 2 FGO die Aufhebung des Vollziehungsaussetzungsbeschlusses zu beantragen. Ferner sind nach Maßgabe des § 237 AO Aussetzungszinsen festzusetzen.
Besteuerung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und Besteuerung der Einkünfte aus Termingeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG für die Jahre vor 1999
Das , BStBl 2005 II S. 56 entschieden, dass § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG in der für die Veranlagungszeiträume 1997 und 1998 geltenden Fassung mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar und nichtig ist, soweit die Vorschrift Veräußerungsgeschäfte bei Wertpapieren betrifft. Das Gericht hat aber auch festgestellt, dass der Befund eines strukturellen Vollzugsdefizits sich nicht ohne weiteres auf die Folgejahre übertragen lässt, weil sich die einfachgesetzliche Lage mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 1999 deutlich gewandelt hat.
In anhängigen außergerichtlichen und gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren zur Einkommensteuer 1997 und 1998 ist – bei Zulässigkeit des Rechtsbehelfs – ein Änderungsbescheid zu erlassen und eine Besteuerung rückgängig zu machen. Entsprechendes gilt, falls die Einkommensteuerfestsetzung einen Vorläufigkeitsvermerk hinsichtlich der Besteuerung der Einkünfte aus privaten Wertpapierveräußerungsgeschäften enthält.
Bei dem Erlass erstmaliger Einkommensteuerbescheide für die Veranlagungszeiträume 1997 und 1998 sowie im Einspruchsverfahren gegen derartige Steuerbescheide sind (ggf. nach einem Hinweis gem. § 367 Abs. 2 Satz 2 AO) Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG (a.F.) nicht zu berücksichtigen (, BStBl 2005 II S. 125).
Für Veranlagungszeiträume vor 1997 ist die Vorschrift über die Besteuerung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften weiterhin anzuwenden (vgl. BStBl 2004 I S. 1026). Zur Frage der Aussetzung der Vollziehung für die Jahre 1994 – 1996 bzw. ab 1999 vgl. Ausführungen zum Vorläufigkeitsvermerk Nr. 4 in Tz. 2.
Anwendung des Mindeststeuersatzes bei beschränkt Steuerpflichtigen (§ 50 Abs. 3 Satz 2 EStG)
Der Vorläufigkeitsvermerk ist durch (BStBl 2004 I S. 1026) gestrichen worden. Die bisher vorläufig durchgeführten Steuerfestsetzungen sind nach § 165 Abs. 2 Satz 2 AO zu ändern, soweit nach Maßgabe des (BStBl 2004 I S. 860) die Einkommensteuer herabzusetzen ist. Kommt keine Steuerherabsetzung in Betracht und ist die Festsetzung der Einkommensteuer auch aus anderen Gründen nicht aufzuheben oder zu ändern, ist die Steuerfestsetzung insoweit nur auf Antrag des Steuerpflichtigen für endgültig zu erklären. Die zweijährige Frist im Sinne des § 171 Abs. 8 Satz 2 AO wurde am (einen Monat nach dem Datum des Bundessteuerblatts, in dem das veröffentlicht wurde) in Lauf gesetzt. Ist gegen die Einkommensteuerfestsetzung ein zulässiger Rechtsbehelf (Einspruch, Klage, Nichtzulassungsbeschwerde, Revision) anhängig und ist nach Maßgabe des die Einkommensteuer herabzusetzen, ist der Steuerbescheid nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AO entsprechend zu ändern. Bei einem Rechtsbehelf gegen einen Bescheid, der einen unanfechtbaren und hinsichtlich der Anwendung des Mindeststeuersatzes nicht vorläufigen Bescheid geändert hat, ist die Anfechtungsbeschränkung nach § 351 Abs. 1 AO (ggf. in Verbindung mit § 42 FGO) zu beachten. Wird der Änderungsbescheid während eines gerichtlichen Verfahrens erlassen, ist dem Gericht eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts zu übersenden (§ 68 Satz 3 FGO).
Höhe des Haushaltsfreibetrags (§ 32 Abs. 7 EStG)
Der BFH hat die u.a. gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 32 Abs. 7 EStG (Haushaltsfreibetrag) gerichtete Revision VI R 279/94 durch nach Artikel 1 Nr. 7 des BFH-Entlastungsgesetzes ergangenen Beschluss vom als unbegründet zurückgewiesen. Weitere Verfahren, die die Verfassungsmäßigkeit des § 32 Abs. 7 EStG betreffen, sind weder beim BVerfG noch beim BFH anhängig.
Für die Veranlagungszeiträume 2002 und 2003 wurde erneut ein Vorläufigkeitsvermerk eingeführt (vgl. Tz. 2).
Beschränkte Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3 EStG)
Der Vorläufigkeitsvermerk wird aufgrund des (BStBl 2001 I S. 414) wieder gesetzt. (vgl. Tz. 2). Der Vorläufigkeitsvermerk wurde bereits bis Ende 1997 in allen Einkommensteuerfestsetzungen ausgegeben. Er wurde damals aufgehoben, da nach dem , , BStBl 1992 II S. 774, wonach die dem Gesetzgeber für die Neuordnung der Besteuerung von Alterseinkünften zur Verfügung stehende Frist seinerzeit noch nicht abgelaufen sei, weder beim BFH noch beim BVerfG Verfahren anhängig waren, die die Verfassungsmäßigkeit des § 10 Abs. 3 EStG für Veranlagungszeiträume ab 1993 zum Gegenstand hatten (vgl. BStBl 1997 I S. 1015).
Soweit bezüglich des früheren Vorläufigkeitsvermerks noch keine Endgültigkeitserklärungen gem. § 165 Abs. 2 Satz 3 AO vorgenommen wurden, erfolgt dies maschinell gesteuert in Einkommensteueränderungsbescheiden für 1996 und frühere Jahre. Gleichzeitig wird der Steuerpflichtige darauf hingewiesen, dass diese Endgültigkeitserklärung sich auf Verfahren vor dem BFH bzw. dem BVerfG bezieht, die mittlerweile rechtskräftig erledigt sind.
Soweit verfahrensrechtlich zulässig, wird der neue Vorläufigkeitsvermerk zur beschränkten Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen in vollem bzw. eingeschränktem Umfang („soweit die Änderung reicht”) ausgegeben.
Vorläufigkeit wegen der Beschlüsse des (FMS vom , bekannt gegeben durch OFD-Verfügung S 0338 – 19 St 312 vom OFD München bzw. OFD-Verfügung S 0338 – 70/St 24 vom OFD Nürnberg)
Durch FMS vom wurde geregelt, dass der Vorläufigkeitsvermerk zu den Beschlüssen des nicht mehr auszugeben ist. Soweit Änderungs- bzw. Aufhebungsbescheide zu Steuerfestsetzungen zu erteilen sind, die den Vorläufigkeitsvermerk zu den Beschlüssen des BVerfG enthalten, werden ab sofort Endgültigkeitserklärungen im Sinne des § 165 Abs. 2 Satz 2 AO erteilt, die den gesamten Vorläufigkeitsvermerk zu den Beschlüssen des BVerfG umfassen (vgl. auch Telex Nr. 556 der bzw. ).
Solidaritätszuschlag für Veranlagungszeiträume 1991 und 1992
Das BVerfG hat am durch einstimmigen Beschluss gem. § 93b i.V.m. § 93a BVerfGG entschieden, dass die erhobene Verfassungsbeschwerde – 2 BvR 762/93 – nicht zur Entscheidung angenommen wird. Eine weitere Verfassungsbeschwerde wurde ebenfalls nicht zur Entscheidung angenommen .
Progressionsvorbehalt bei Lohnersatzleistungen
Das , BStBl 1995 II S. 758 die Verfassungsmäßigkeit der Regelungen zum Progressionsvorbehalt bei Lohnersatzleistungen (§ 32b Abs. 1 Nr. 1 EStG) bestätigt.
Grundfreibetrag
Durch § 32d EStG in der Fassung des Standortsicherungsgesetzes vom (BStBl 1993 I S. 774) wird das Existenzminimum für Veranlagungszeiträume ab 1993 steuerlich ausreichend berücksichtigt. Bis zum Veranlagungszeitraum 1995 ist nach dem , , , BStBl 1993 II S. 413 die als verfassungswidrig erkannte Regelung weiter anzuwenden. Damit ist für alle Veranlagungszeiträume die Ungewissheit im Sinne des § 165 Abs. 2 AO über die steuerliche Berücksichtigung des Existenzminimums entfallen (vgl. BStBl 1994 I S. 2).
Ausbildungsfreibetrag
Das , BStBl 1994 II S. 307 den Ausbildungsfreibetrag nach § 33a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG in der für den Veranlagungszeitraum 1984 geltenden Fassung für mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt. Damit ist die Ungewissheit im Sinne des § 165 Abs. 2 AO über die Höhe der Ausbildungsfreibeträge für die Veranlagungszeiträume 1984 und 1985, zugleich aber auch für Veranlagungszeiträume, in denen ein höherer Ausbildungsfreibetrag abgezogen werden kann, entfallen (vgl. BStBl 1994 I S. 596).
Höchstbetrag der außergewöhnlichen Belastungen bei Unterhaltsaufwendungen (§ 33a Abs. 1 EStG)
Das , vom und vom die wegen der beschränkten Abziehbarkeit zwangsläufiger Unterhaltsaufwendungen (§ 33a Abs. 1 EStG) erhobenen Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen (vgl. BStBl 1997 I S. 540).
Höchstbetrag der außergewöhnlichen Belastungen bei Haushaltshilfen bzw. Heimunterbringungen (§ 33a Abs. 3 EStG)
Nach der Beilage 1/1997 zum BStBl II vom waren weder beim BFH noch beim BVerfG Verfahren zur Verfassungsmäßigkeit des § 33a Abs. 3 EStG anhängig (vgl. BStBl 1997 I S. 642).
Arbeitnehmer-Pauschbetrag (§ 9a Nr. 1 EStG)
Mit , BStBl 1997 II S. 518 hat das BVerfG die Regelungen des Steuerreformgesetzes 1990 (BStBl 1988 I S. 224) zur Aufhebung des Arbeitnehmer- und des Weihnachtsfreibetrags sowie zur Einführung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags (§ 9a Nr. 1 EStG) für verfassungsgemäß erklärt.
Höhe der zumutbaren Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG)
Das eine u. a. gegen den Ansatz einer zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
Höhe der Kinderfreibeträge 1986 – 1995 (§ 32 Abs. 6 EStG)
Die maschinell gestützte Aktion zur Anwendung des § 53 EStG ist abgeschlossen. Der Vorläufigkeitsvermerk zur Höhe der Kinderfreibeträge wird nicht mehr ausgegeben (vgl. BStBl 2000 I S. 36).
Höhe der Kinderfreibeträge ab 1996 (§ 32 Abs. 6 EStG)
Die Höhe der Kinderfreibeträge für Veranlagungszeiträume ab 1996 entspricht den Vorgaben des BVerfG. Es besteht somit keine Veranlassung mehr, Einkommensteuerfestsetzungen ab 1996 hinsichtlich der Höhe der Kinderfreibeträge vorläufig durchzuführen (vgl. BStBl 2000 I S. 36).
Kinderbetreuungskosten bei beiderseits berufstätigen Ehegatten (§ 33c EStG)
Durch das Gesetz zur Familienförderung vom wurde mit der Einführung eines Betreuungsfreibetrages zusätzlich zum Kinderfreibetrag (§ 32 Abs. 6 EStG) den Beschlüssen des Rechnung getragen. Es besteht somit keine Veranlassung mehr, Einkommensteuerfestsetzungen hinsichtlich der Kinderbetreuungskosten bei beiderseits berufstätigen Ehegatten vorläufig durchzuführen (vgl. BStBl 2000 I S. 36).
Mit entschieden, dass § 33c Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz EStG in der für die Veranlagungszeiträume 1997 bis 1999 geltenden Fassung gegen das Grundgesetz verstößt und daher nichtig ist.
Die bis zum (a.a.O.) angewiesenen Vorläufigkeitsvermerke betrafen eine andere Frage (Kinderbetreuungskosten bei beiderseits berufstätigen Ehegatten) und eröffnen somit keine Möglichkeit, formell bestandskräftige Einkommensteuerfestsetzungen im Hinblick auf den o.g. BVerfG-Beschluss zu ändern.
Abziehbarkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG)
Das festgestellt, dass § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG verfassungsgemäß ist.
Nichtabziehbarkeit privater Schuldzinsen
Nach dem , BStBl 1999 II S. 81 und dem , BFH/NV 2000 S. 429 besteht keine verfassungsrechtliche Verpflichtung, die Abziehbarkeit privater Schuldzinsen wieder einzuführen. Weitere Verfahren, die die Nichtabziehbarkeit privater Schuldzinsen betreffen, sind weder beim BVerfG noch beim BFH anhängig.
Besteuerung von Versorgungsbezügen (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG) ab 1993
Das , BStBl 2002 II S. 618 entschieden, dass § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 EStG in der für die Veranlagungszeiträume ab 1996 geltenden Fassung mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist, insoweit einerseits Versorgungsbezüge bis auf einen Versorgungs-Freibetrag von höchstens insgesamt 6000 DM zu den steuerpflichtigen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören und andererseits Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung nur mit Ertragsanteilen besteuert werden, deren Höhe unabhängig davon festgesetzt ist, in welchem Umfang dem Rentenbezug Beitragsleistungen der Versicherten aus versteuertem Einkommen vorangegangen sind. Nach Abschnitt D II der Urteilsbegründung kommt als verfassungsgemäße Lösung weder ein rückwirkender Abbau der Vergünstigungen bei der Besteuerung von Sozialversicherungsrenten noch eine rückwirkende Besserstellung allein der Ruhestandsbeamten in Betracht.
Ferner hat das die Unzulässigkeit des Vorlagebeschlusses des festgestellt und mit die Verfassungsbeschwerde gegen das nicht zur Entscheidung angenommen. Beide Verfahren betrafen die Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung der Versorgungsbezüge im Veranlagungszeitraum 1993.
4. Umfang der Vorläufigkeitsvermerke nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO
Der Vorläufigkeitsvermerk deckt nicht Musterverfahren vor dem BFH ab, die sich mit der „einfachgesetzlichen” Auslegung von Steuergesetzten befassen. Bereits dem Wortlaut des § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO kann zweifelsfrei entnommen werden, dass nur solche Musterverfahren vor dem BFH eine Vorläufigkeit begründen können, bei denen es um die Frage geht, ob die in Frage stehenden gesetzlichen Vorschriften mit höherrangigem Recht vereinbar sind.
Somit können/konnten folgende BFH-Urteile, die für die Steuerpflichtigen günstige Auswirkungen hatten, unter Bezugnahme auf einen Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO nicht bei der Steuerfestsetzung berücksichtigt werden:
, BStBl 2004 II S. 546:
„Der Vorwegabzug für Vorsorgeaufwendungen des Alleingesellschafters und Geschäftsführers einer GmbH ist nicht nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchstabe a i.V.m. § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG zu kürzen, wenn diese ihm eine Alterversorgung zugesagt hat.”
, BStBl 2004 II S. 709:
„Bei der Kürzung des zusammen veranlagten Ehegatten gemeinsam zustehenden Vorwegabzugs für Vorsorgeaufwendungen ist in die Bemessungsgrundlage nur der Arbeitslohn desjenigen Ehegatten einzubeziehen, für den Zukunftssicherungsleistungen i.S. des § 3 Nr. 62 EStG erbracht worden sind oder der zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 1 oder 2 EStG gehört.” (gegen R 106 Satz 3 EStR 2001)
, BStBl 2004 II S. 720
„Erzielt ein Steuerpflichtiger aus mehreren Beschäftigungsverhältnissen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sind bei der Kürzung des Vorwegabzugs für Vorsorgeaufwendungen nur die Einnahmen aus solchen Beschäftigungsverhältnissen einzubeziehen, in deren Zusammenhang der Arbeitgeber Zukunftssicherungsleistungen i.S. des § 3 Nr. 62 EStG erbracht hat oder bei denen der Steuerpflichtige zum Personenkreis des § 10c Abs. 1 Nr. 1 oder 2 EStG gehört.” (gegen R 106 Satz 2 EStR 2001)
Zur verfahrensrechtlichen Behandlung bei unzutreffenden Auskünften des Finanzamts über den Umfang des Vorläufigkeitsvermerks vgl. Tz. 6.
5. Rechtsschutzbedürfnis bei Steuerfestsetzungen mit Vorläufigkeitsvermerk
Gem. AEAO zu § 350, Nr. 6 fehlt Einsprüchen, mit denen ausschließlich die angebliche Verfassungswidrigkeit einer Rechtsnorm gerügt wird, grundsätzlich das Rechtsschutzbedürfnis, wenn das Finanzamt spätestens im Einspruchsverfahren den angefochtenen Verwaltungsakt hinsichtlich des strittigen Punktes für vorläufig erklärt hat (, BStBl 1994 II S. 119 und vom , BStBl 1996 II S. 506).
Eine Beschwer ist jedoch dann gegeben, wenn
der Einspruchsführer zu erkennen gibt, dass er vor Abschluss des Musterverfahrens seinen Fall an das BVerfG herantragen will,
ausnahmsweise eine Aussetzung der Vollziehung in Betracht kommt (was derzeit bei keiner Nummer des Vorläufigkeitskatalogs der Fall ist) oder
ein Steuerpflichtiger davon ausgeht, dass eine Steuerfestsetzung durch den Vorläufigkeitsvermerk nicht „offen gehalten” wird.
Kommt eine Aussetzung der Vollziehung in Betracht, sind abweichend von Abschnitt II 2 des (BStBl 2005 I S. 794) einschlägige Einsprüche nicht zurückzuweisen, sondern ruhen zu lassen, falls nicht der Steuerpflichtige ausdrücklich eine Einspruchsentscheidung begehrt.
6. Folgen einer unzutreffenden Auskunft des Finanzamts zum Umfang des Vorläufigkeitsvermerks
Hat das Finanzamt gegenüber dem Steuerpflichtigen durch Äußerungen den unzutreffenden Eindruck erweckt, aufgrund eines Vorläufigkeitsvermerks könne der Einkommensteuerbescheid (zu seinen Gunsten) geändert werden, falls der BFH bei „einfachgesetzlichen” Fragen gegen die Verwaltungsmeinung entscheiden sollte, und
hat der Steuerpflichtige daher von der Einlegung eines Einspruchs abgesehen,
einen bereits eingelegten Einspruch zurückgenommen oder
hat das Finanzamt einen eingelegten Einspruch mangels Rechtsschutzinteresses als unzulässig verworfen,
ist wie folgt zu verfahren:
Soweit der Steuerpflichtige von der Einlegung eines Einspruchs abgehalten worden und die Jahresfrist im Sinne des § 110 Abs. 3 AO noch nicht abgelaufen ist, ist dem Steuerpflichtigen zur Eröffnung der Einspruchsmöglichkeit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO) zu gewähren.
Bei einer durch eine „irreführende Äußerung” bewirkten Einspruchsrücknahme ist die Unwirksamkeit der Einspruchsrücknahme festzustellen und das Rechtsbehelfsverfahren fortzusetzen, falls dem nicht der Ablauf der Jahresfrist gem. § 362 Abs. 2 Satz 2 AO entgegensteht.
Soweit die vorgenannten verfahrensrechtlichen Möglichkeiten nicht bestehen, ist der vorläufige Einkommensteuerbescheid im Billigkeitswege (abweichende Steuerfestsetzung gem. § 163 AO) an die geänderte Rechtsprechung anzupassen.
Bayerisches Landesamt für
Steuern v. - S 0338 - 4 St
41M
Fundstelle(n):
NAAAC-34365