Leitsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: SGG § 163
Instanzenzug: LSG Niedersachsen-Bremen vom
Gründe
I
Streitig ist, ob die Klägerin Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit ab hat.
Die Beklage bewilligte der Klägerin Alg für 364 Tage ab und zahlte die laufende Leistung an die Klägerin bis einschließlich aus. Mit Wirkung ab hob die Beklagte die Alg-Bewilligung auf, da die Klägerin im Zusammenhang mit der Geburt ihres ersten Kindes am Mutterschaftsgeld vom 11. März bis und im Anschluss daran Erziehungsgeld (Erzg) bezog. Am wurde die Klägerin erneut Mutter und bezog danach wiederum Erzg bis einschließlich .
Am meldete sich die Klägerin arbeitslos und beantragte, ihr Leistungen zu gewähren. Dies lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom , Widerspruchsbescheid vom ).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom ). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom ). In den Entscheidungsgründen hat das LSG ua ausgeführt: Der am entstandene Anspruch auf Alg könne wegen Ablaufs der vierjährigen Verfallsfrist des § 147 Abs 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) nicht mehr geltend gemacht werden. Die Frist sei durch den Bezug von Mutterschaftsgeld und Erzg nicht gehemmt und nicht unterbrochen worden. Die Arbeitslosmeldung vom sei verspätet. Da Kindererziehungszeiten erst seit dem versicherungspflichtig seien, habe die Klägerin bis zu ihrer Meldung am auch keine neue Anwartschaftszeit erfüllt. Die Klägerin könne ihr Begehren auch nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Eine allgemeine Pflicht, Leistungsbezieher regelmäßig über den Ablauf der Verfallsfrist aufzuklären, treffe die Beklagte nicht. Zur Zeit der Einstellung der Alg-Zahlungen habe kein erkennbarer Beratungsbedarf bestanden.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und macht geltend: Es verstoße gegen den verfassungsmäßigen Anspruch der Mütter auf Schutz und Fürsorge der Gemeinschaft, dass der Bezug von Mutterschaftsgeld bzw Erzg weder anwartschaftsbegründende Wirkung habe noch zur Hemmung oder Verlängerung der Ausschlussfrist des § 147 Abs 2 SGB III führe. Auch der Gleichheitssatz sei verletzt, weil sie schlechter gestellt werde als andere Mütter, die neben dem Bezug von Mutterschaftsgeld oder Erzg erwerbstätig seien und dadurch Alg-Anwartschaften erwerben könnten. Darüber hinaus sei ein Herstellungsanspruch gegeben; es habe eine gesteigerte Beratungspflicht der Beklagten bestanden. Auch habe sie, die Klägerin, schon im Dezember 2002 das Arbeitsamt aufgesucht, um Alg zu beantragen, sei jedoch wieder nach Hause geschickt worden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des LSG, den Gerichtsbescheid des SG und den Bescheid der Beklagten vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Alg ab mindestens für eine Restanspruchsdauer von 149 Tagen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Ihr steht für die Zeit ab kein Alg zu. Ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe kommt von vornherein nicht in Betracht, weil sie in der Vorfrist kein Alg bezogen hat (§ 190 Abs 1 Nr 4, § 192 Satz 2 Nr 3 SGB III in der bis zum geltenden Fassung iVm § 434d Abs 2 SGB III).
1. Das LSG ist zutreffend vom Erlöschen des am entstandenen Anspruchs der Klägerin auf Alg ausgegangen, der zur Leistungsgewährung bis einschließlich geführt hat und dessen Dauer für die Zeit ab nicht durch Erfüllung gemindert worden ist (§ 128 Abs 1 Nr 1 SGB III). Denn nach § 147 Abs 2 SGB III kann der Anspruch auf Alg nicht mehr geltend gemacht werden, wenn nach seiner Entstehung vier Jahre verstrichen sind.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu § 125 Abs 2 Arbeitsförderungsgesetz, der § 147 Abs 2 SGB III entsprechenden Vorgängervorschrift, hat die Verfallsregelung eine Ausschlussfrist zum Inhalt, die, auch bei ruhendem Alg-Anspruch (vgl § 142 Abs 1 Nr 3 SGB III), ohne Hemmungs- oder Unterbrechungsmöglichkeit kalendermäßig abläuft (ua BSGE 54, 212, 214 = SozR 4100 § 125 Nr 2; BSGE 62, 179, 180 f = SozR 4100 § 125 Nr 3). Der Ablauf der Ausschlussfrist hat das Untergehen der gesamten Anspruchsberechtigung zur Folge (ua BSGE 62, 179, 181). Hieran ist auch unter Geltung des SGB III grundsätzlich festzuhalten (vgl bereits Urteil des 7. Senats des , BSGE 91, 226, 228 = SozR 4-4300 § 147 Nr 2; zustimmend Wank SGb 2004, 322 ff mit weiteren Nachweisen aus dem Schrifttum).
Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, die nicht mit Revisionsrügen angegriffen und somit gemäß § 163 Sozialgerichtsgesetz (SGG) für den Senat bindend sind, ist der Anspruch der Klägerin auf Alg am entstanden und die Klägerin hat sich - nachdem der Leistungsbezug ab aufgehoben worden war - erst am beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Leistungen beantragt. Zu diesem Zeitpunkt war die Frist des § 147 Abs 2 SGB III von vier Jahren bereits abgelaufen; denn zur Wahrung der vierjährigen Frist hätte der Anspruch bis spätestens (Montag) geltend gemacht werden müssen (vgl § 26 Abs 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch). Soweit die Klägerin im Revisionsverfahren vorgetragen hat, sie sei schon im Dezember 2002 im Arbeitsamt gewesen, sei aber wieder weggeschickt worden, handelt es sich nicht um eine Revisionsrüge, sondern lediglich um abweichenden Sachvortrag, der nicht berücksichtigt werden kann; im Übrigen hätte auch eine Arbeitslosmeldung im Dezember 2002 die zu diesem Zeitpunkt bereits verstrichene Frist nicht mehr wahren können.
Die Frist des § 147 Abs 2 SGB III wird auch nicht etwa, wie schon das LSG zutreffend ausgeführt hat, durch Zeiten des Bezugs von Mutterschaftsgeld oder Erzg verlängert. Denn eine Verlängerung wäre nicht mit dem Wesen einer materiellen Ausschlussfrist sowie mit dem Wortlaut und dem Zweck der Verfallsregelung zu vereinbaren (vgl BSG SozR 3-4100 § 107 Nr 10 S 42 f; BSGE 91, 226, 228 = SozR 4-4300 § 147 Nr 2). Der vom BSG angenommene "eng umgrenzte Sonderfall", wonach die Verfallsfrist ausnahmsweise während der Zeit eines Beschäftigungsverbots nach § 6 Mutterschutzgesetz (MuSchG) nicht ablaufen kann (BSGE 91, 226, 230), liegt im vorliegend zu beurteilenden Fall ersichtlich nicht vor.
2. Die Klägerin kann auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden, als habe sie die Ausschlussfrist nicht versäumt. Denn das LSG hat keine Tatsachen festgestellt, die Anlass zur Annahme geben könnten, die Beklagte habe eine ihr der Klägerin gegenüber obliegende Beratungspflicht verletzt.
Der Senat kann - wie ausgeführt - von der nachgeschobenen Behauptung der Klägerin, sie sei im Dezember 2002 im Arbeitsamt gewesen, nicht ausgehen; eine Fehlberatung im Dezember 2002 wäre im Übrigen wegen des zu diesem Zeitpunkt bereits eingetretenen Fristablaufs ohnehin unerheblich.
Entgegen dem Vorbringen der Revision kann nicht angenommen werden, die Beklagte sei allgemein verpflichtet gewesen, die Klägerin auch ohne besonderen Anlass - etwa schon anlässlich der Alg-Bewilligung bzw der Einstellung der Zahlungen im Jahre 1999 oder später - auf die Möglichkeit des Anspruchsverlustes nach Ablauf von vier Jahren nach Anspruchsentstehung hinzuweisen; eine Beratungspflicht setzt vielmehr voraus, dass dafür nach den Umständen des Einzelfalles besonderer Anlass besteht (vgl BSGE 62, 179, 183 = SozR 4100 § 125 Nr 3; BSGE 66, 258, 266 = SozR 3-4100 § 125 Nr 1). Einen solchen besonderen Anlass hat das LSG zutreffend verneint. Zu berücksichtigen ist insoweit insbesondere, dass die Klägerin weder bei der Beantragung von Alg noch im Zusammenhang mit der Einstellung der Zahlungen wegen des Bezugs von Mutterschaftsgeld noch zu einem späteren Zeitpunkt einen Beratungswunsch geäußert hat. Zu beachten ist weiter, dass die Beklagte zur Zeit der Zahlungseinstellung im Jahre 1999 den Umstand, dass die Klägerin zwei Jahre später erneut Mutter werden würde, nicht voraussehen und mithin auch nicht absehen konnte, dass der Bezug von Mutterschaftsgeld sowie nachfolgend von Erzg im Hinblick auf die vierjährige Erlöschensfrist relevant werden könnte. Entgegen dem Vortrag der Revision ist auch nicht ersichtlich, wie die Beklagte schon im Jahre 1999 spätere Gesetzesänderungen - etwa der §§ 26, 124 SGB III durch das Job-AQTIV-Gesetz vom , BGBl I 3443, oder des Bundeserziehungsgeldgesetzes (BErzGG) - hätte voraussehen und zum Gegenstand einer Beratung hätte machen können.
3. Die Klägerin hat für die streitige Zeit ab auch keinen neuen Anspruch auf Alg erworben. Insoweit fehlt es jedenfalls an der Anspruchsvoraussetzung der Erfüllung der Anwartschaftszeit innerhalb der Rahmenfrist (§§ 117, 123, 124 SGB III). Innerhalb der von Januar 2003 an rückwärts zu berechnenden Rahmenfrist hat die Klägerin nicht in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass die grundsätzlich dreijährige Rahmenfrist nach § 124 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB III in der bis Ende 2002 geltenden Fassung (vgl § 434d Abs 2 SGB III) um Zeiten der Betreuung und Erziehung eines Kindes verlängert wird; denn nach § 124 Abs 2 SGB III reicht die Rahmenfrist nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt hatte. Auf die vor Juli 1998 zurückgelegten Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung kann die Klägerin einen Anspruch also nicht mehr stützen. Ein für die Klägerin günstigeres Ergebnis lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass es fraglich sein kann, ob nicht Frauen, die eine versicherungspflichtige Beschäftigung unterbrechen und Mutterschaftsgeld beziehen, in dieser Zeit versicherungspflichtig bleiben müssten (vgl Vorlagebeschluss des Senats vom , B 11 AL 20/01 R, NZS 2002, 100). Denn selbst wenn die Zeiten des Mutterschaftsgeldbezugs der Klägerin als der Erfüllung der Anwartschaft dienende Zeiten zu berücksichtigen wären, hätte die Klägerin die Anwartschaftszeit von zwölf Monaten (§ 123 SGB III) gleichwohl nicht erfüllt.
Ein neuer Anspruch auf Alg ergibt sich für die Klägerin auch nicht aus der durch das Job-AQTIV-Gesetz vom , BGBl I 3443, mit Wirkung ab eingeführten Regelung in § 26 Abs 2a SGB III, wonach uU versicherungspflichtig auch Personen in der Zeit sind, in der sie ein Kind, das das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen (vgl Fuchs in Gagel, SGB III, § 26 RdNr 38, Stand Juli 2004; Schlegel in Eicher/Schlegel, SGB III, § 26 RdNr 83 ff, Stand Februar 2003). Denn für die Zeit vor Januar 2003 ist diese Vorschrift, worauf das LSG zu Recht hingewiesen hat, nicht anwendbar. Der Erfüllung einer neuen Anwartschaftszeit könnten also nur die wenigen Tage der Erziehung im Januar 2003 dienen, die aber offensichtlich zur Begründung eines Anspruchs nicht ausreichen.
4. Entgegen der Ansicht der Klägerin begegnen die genannten gesetzlichen Bestimmungen und ihre Anwendung im vorliegenden Fall nach Überzeugung des Senats keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
a) Aus Art 6 Abs 4 Grundgesetz (GG), wonach jede Mutter Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft hat, kann nicht abgeleitet werden, der Gesetzgeber sei gehalten, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung auszugleichen (BVerfGE 60, 68, 74; Vorlagebeschluss des Senats vom , B 11 AL 20/01 R, NZS 2002, 100). Hiervon geht auch der 7. Senat des BSG im Rahmen seiner Überlegungen zum absoluten Beschäftigungsverbot nach dem MuSchG aus (BSGE 91, 226, 229 f = SozR 4-4300 § 147 Nr 2). Im vorliegenden Fall kann - anders als in der vom 7. Senat zu beurteilenden Konstellation - nicht angenommen werden, es handle sich bei der gesetzlichen Regelung in § 147 Abs 2 SGB III um einen unmittelbar auf die Mutterschaft zurückzuführenden und über Art 6 Abs 4 GG abzuwehrenden Eingriff.
Wie bereits ausgeführt, hat der 7. Senat einen verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren "Eingriff" lediglich für den Sonderfall bejaht, dass die Ausschlussfrist während der Zeit abläuft, in der die Mutter dem zwingenden nachgeburtlichen Beschäftigungsverbot des § 6 Abs 1 MuSchG unterliegt und deswegen an der Ausschöpfung des Alg-Anspruchs gehindert ist. Dies war bei der Klägerin nicht der Fall. Ihr Bezug von Mutterschaftsgeld während der Schutzfrist nach der Entbindung endete am und war deshalb für die Versäumung der erst am abgelaufenen Ausschlussfrist ohne Bedeutung. Deshalb stellt sich im vorliegenden Fall auch nicht die Frage, ob eine für alle Mütter geltende Verlängerung der vierjährigen Ausschlussfrist um die Schutzfristen nach dem MuSchG nicht nur wünschenswert, sondern von Verfassungs wegen geboten ist (dies verneinend: BSG SozR 3-4100 § 107 Nr 10 S 44). Denn zum Verlust des Alg-Anspruchs der Klägerin hat erst der sich an die Geburt des zweiten Kindes im Jahre 2001 anschließende und über das Ende der Ausschlussfrist hinausreichende (erneute) Bezug von Erzg geführt.
Soweit der Bezug von Erzg dazu beigetragen hat, dass die Ausschlussfrist abgelaufen ist, ist bei der Prüfung des Art 6 Abs 4 GG zu beachten, dass die Gewährung von Erzg nicht an die besondere Schutzbedürftigkeit von Müttern anknüpft. Denn der Anspruch auf Erzg steht sowohl Müttern wie Vätern in gleichem Umfang zu. Das BSG hat es deshalb bereits als verfassungsgemäß angesehen, dass die vierjährige Erlöschensfrist nicht um Zeiten des Bezugs von Erzg verlängert wird (BSG SozR 3-4100 § 107 Nr 10 S 44 f). Aus Art 6 Abs 1 GG - Schutz von Ehe und Familie - folgt ebenfalls kein anderes Ergebnis. Denn der Staat ist nicht gehalten, jegliche die Familie treffende Belastung auszugleichen oder Familien ohne Rücksicht auf sonstige öffentliche Belange zu fördern (BVerfGE 82, 60, 81 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1). In diesem Zusammenhang ist eine verfassungswidrige Benachteiligung der Klägerin im Übrigen auch schon deswegen zu verneinen, weil sie nach den Bestimmungen des BErzGG in der ab geltenden Fassung durch den Bezug von Erzg für ihr zweites, im Januar 2001 geborenes Kind, nicht daran gehindert war, ihren Restanspruch auf Alg zu realisieren. Die Klägerin hätte sich vor Ablauf der Erlöschensfrist für eine Beschäftigung im Umfang von mindestens 15 und bis zu 30 Wochenstunden dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen können und hätte dann uU gleichzeitig Alg und Erzg beziehen können (vgl § 119 Abs 4 Satz 1 Nr 2 SGB III in der Fassung des Ersten SGB III-Änderungsgesetzes vom , BGBl I 2970; § 2 Abs 1 und 2 BErzGG idF der Bekanntmachung vom , BGBl I 1645; vgl auch nunmehr § 2 BErzGG idF der Bekanntmachung vom , BGBl I 206).
Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken ergeben sich auch nicht daraus, dass § 124 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB III in der bis Ende 2002 geltenden Fassung eine Streckung der maßgeblichen dreijährigen Rahmenfrist durch Zeiten der Kinderbetreuung ermöglichte und dass ein derartiger Verlängerungstatbestand in § 147 SGB III nicht vorgesehen ist. Denn der Gesetzgeber war innerhalb seines Gestaltungsermessens nicht verpflichtet, für die im Vergleich zur Rahmenfrist längere Ausschlussfrist eine gleichartige Regelung zu treffen, da es bei der Rahmenfrist darum geht, den Erwerb des Anspruchs zu ermöglichen, bei der Ausschlussfrist aber darum, der Absicherung insgesamt eine Grenze zu setzen (vgl Gagel, SGB III, § 147 RdNr 3b, 3c, Stand März 2001; Voelzke in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 12 RdNr 479).
Eine verfassungswidrige Benachteiligung kann schließlich auch nicht darin gesehen werden, dass die Klägerin in der Zeit vor Einführung der Versicherungspflichttatbestände des § 26 Abs 2a SGB III durch Zeiten der Kindererziehung keine neue Anwartschaft erwerben konnte (vgl oben unter 3.). Insoweit geht der Senat davon aus, dass der Gesetzgeber zu einer gleichartigen Regelung auch schon für die Zeit vor 2003 nicht verpflichtet war. Wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt (BT-Drucks 14/6944, S 2, 26 und 30) sollte durch die Neuregelung - die mit erheblichen Kostenbelastungen verbunden ist - der Arbeitslosenversicherungsschutz für den betroffenen Personenkreis nur aktuell verbessert werden (vgl dazu im Einzelnen Schlegel in Eicher/Schlegel, SGB III, § 26 RdNr 85 ff, Stand Februar 2003).
b) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen ist im Ergebnis auch ein von der Revision behaupteter Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) zu verneinen. Der Klägerin war es grundsätzlich nicht verwehrt, neben der Erziehung ihrer Kinder eine Teilzeitbeschäftigung auszuüben; dann ist aber auch nicht ersichtlich, inwiefern sie verfassungswidrig im Vergleich zu anderen Müttern benachteiligt sein könnte, die neben dem Bezug von Erzg erwerbstätig sind und dadurch Alg-Anwartschaften erwerben können. Unabhängig davon ist die gesetzliche Regelung in § 147 Abs 2 SGB III und ihre Ausgestaltung durch die Rechtsprechung des BSG auch durch den Gesichtspunkt, Ansprüche auf Versicherungsleistungen zeitlich zu begrenzen, sachlich gerechtfertigt. Art 3 Abs 1 GG verpflichtet den Gesetzgeber, der sich im Rahmen seines Ermessens bei der Ausgestaltung von staatlichen Leistungen für eine familienpolitische Förderung durch Gewährung von Erzg entschieden hat, nicht, diese Förderung auch im Zusammenhang mit anderen sozialrechtlichen Regelungen zur Geltung zu bringen (vgl auch BSG SozR 4-4300 § 124 Nr 1 und hierzu bestätigend BVerfG, Kammer-Beschluss vom , 1 BvR 2303/03 - veröffentlicht in JURIS).
5. Die Verfallsregelung des § 147 Abs 2 SGB III verstößt auch nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Insoweit hat das BSG bereits auf den weiten Entscheidungsspielraum hingewiesen, der den Mitgliedstaaten im Bereich der Sozialpolitik zusteht (vgl BSG SozR 3-4100 § 107 Nr 10 S 45 f zu Art 4 der EWG-Richtlinie 79/7 vom zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit, ABl 1979 L 6 S 24); Bedenken gegen die Anwendung des § 147 Abs 2 SGB III auf die vorliegende Fallgestaltung sind nach wie vor - auch unter Berücksichtigung der weiteren EG-Richtlinien (vgl Richtlinie 2000/78 EG des Rates vom , ABl EG L 303/16 vom , mit einer Umsetzungsfrist bis ) - nicht ersichtlich.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstelle(n):
XAAAC-14806