Leitsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: SGB III § 144
Instanzenzug: LSG Niedersachsen-Bremen vom
Gründe
I
Der Rechtsstreit betrifft den Eintritt einer Sperrzeit von zwölf Wochen; der Kläger wendet sich gegen das Ruhen der Leistung vom 11. Januar bis und die Minderung der Anspruchsdauer von 960 auf 720 Tage.
Der 1941 geborene Kläger war seit 1992 bei der T GmbH als Kraftfahrer beschäftigt. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos zum . Das Kündigungsschreiben vom enthält keine Begründung. Am Sonntag, dem war der Kläger gegen 12.00 Uhr bei einer außerdienstlichen Fahrt mit seinem privaten PKW der Polizei in stark alkoholisiertem Zustand aufgefallen. Die Fahrerlaubnis wurde vorläufig sicher gestellt. Wegen dieses Vorfalls ist der Kläger rechtskräftig wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Straßenverkehr zu einer Geldstrafe verurteilt und der Führerschein entzogen worden. Die Fahrerlaubnis durfte nicht vor Ablauf von neun Monaten erneut erteilt werden.
Am meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Mit Bescheid vom lehnte die beklagte Bundesanstalt (BA) Alg für die Zeit vom 11. Januar bis wegen Eintritts einer Sperrzeit ab und stellte eine Anspruchsminderung um 240 Tage fest, weil der Kläger durch arbeitsvertragswidriges Verhalten seine Fahrerlaubnis und seine Beschäftigung als Kraftfahrer verloren habe. Ab bewilligte die BA Alg in Höhe von 347,20 DM wöchentlich für eine Anspruchsdauer von 720 Tagen (Bewilligungsbescheid vom ). Den Widerspruch des Klägers, mit dem er geltend machte, die private Trunkenheitsfahrt begründe keinen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Verpflichtungen, wies die BA mit Widerspruchsbescheid vom zurück.
Mit der Klage wiederholte der Kläger sein Widerspruchsvorbringen und führte weiter aus, ihn treffe kein Verschulden an der Arbeitslosigkeit, weil er sich zur Tatzeit in einem Zustand der Alkoholintoxikation befunden habe und ihm deshalb nicht bewusst gewesen sei, durch die Teilnahme am Straßenverkehr den Verlust der Fahrerlaubnis und des Arbeitsplatzes aufs Spiel zu setzen. Er habe am Abend des zu Hause in erheblichen Mengen Alkohol zu sich genommen. Zu diesem Zeitpunkt habe er nicht die Absicht gehabt, ein Fahrzeug zu führen. Am Sonntagmorgen habe seine Schwester angerufen und ihn dringend um einen Besuch gebeten. Unter Alkoholeinfluss habe er nicht gewusst, was er tue. Als er von der Polizei angehalten worden sei, habe sein Blut noch einen Alkoholmittelwert von 2,95 ‰ aufgewiesen, sodass er im strafrechtlichen Sinne praktisch schuldunfähig gewesen sei.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage mit Hinweis auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) abgewiesen. Als Berufskraftfahrer habe er die arbeitsvertragliche Nebenpflicht gegenüber dem Arbeitgeber gehabt, Verkehrsverstöße zu unterlassen, die zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen könnten. Auch habe er wissen müssen, dass die Trunkenheitsfahrt zum Verlust des Führerscheines und damit der Fahrerlaubnis führen könnte. Der Umstand, dass der Kläger sich außerhalb seines Dienstes auf einer Privatfahrt befunden habe, sei unerheblich. Eine besondere Härte liege nicht vor (Urteil vom ).
Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG sowie den Bescheid der BA vom in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom aufgehoben und die BA verurteilt, dem Kläger Alg ab zu zahlen. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, die Kündigung eines Berufskraftfahrers wegen Entziehung der Fahrerlaubnis beruhe arbeitsrechtlich nicht auf einem Vertragsverstoß, sondern auf dem persönlichen Mangel und der fehlenden Eignung des Arbeitnehmers, seine Arbeitsleistung ohne die erforderliche Fahrerlaubnis zu erbringen. Einen Sperrzeittatbestand habe der Kläger nicht erfüllt. Sozialrechtlich werde die Entziehung der Fahrerlaubnis teilweise abweichend gewürdigt. Jedoch bestehe eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht von Berufskraftfahrern, während ihrer Freizeit nur im nichtalkoholisierten Zustand ein Fahrzeug zu führen, nicht. Derartiges werde auch im arbeitsrechtlichen Schrifttum nicht angenommen. Der Umfang vertraglicher Obliegenheiten des Arbeitnehmers könne nicht weitergehen als bei anderen Betätigungen, die die Gesundheit oder Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers beeinträchtigten. Eine Pflicht zum leistungsfördernden Verhalten bestehe nur im Rahmen einer Schadensminderungspflicht, wenn zB der Arbeitgeber im Krankheitsfalle trotz Ausfalls der Arbeitsleistung zur Gehaltsfortzahlung verpflichtet sei. Als Kraftfahrer könne sich ein Arbeitnehmer im Privatbereich frei verhalten, ohne auf Interessen des Arbeitgebers oder des Betriebes Bedacht nehmen zu müssen, solange das private Verhalten nicht in den betrieblichen Bereich hineinwirke, der Arbeitnehmer etwa angetrunken zum Arbeitsantritt erscheine. Mit der privaten Trunkenheitsfahrt habe der Kläger nur gegen Straßenverkehrsvorschriften, nicht aber gegen arbeitsrechtliche Verpflichtungen verstoßen. Der Verlust der Fahrerlaubnis könne nur zur personenbedingten Kündigung führen. Ein Grund für die Abweichung von arbeitsrechtlichen Grundsätzen sei nicht einzusehen.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die BA eine Verletzung des § 144 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III). Sie hält die arbeitsrechtliche Argumentation des LSG nicht für zutreffend und folgt den Entscheidungsgründen des SG. Infolge der Trunkenheitsfahrt und des Führerscheinentzugs habe der Kläger seine arbeitsvertraglichen Pflichten als Kraftfahrer nicht mehr erfüllen können. Er habe die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber damit grob fahrlässig herbeigeführt. Als Kraftfahrer hätte er wissen müssen, dass sein Verhalten zum Verlust der Fahrerlaubnis führen könne. Der Eintritt der Sperrzeit folge dem Grundgedanken der Regelung, dass sich die Versichertengemeinschaft gegen Risikofälle wehren müsse, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend und weist darauf hin, er habe sich während der Trunkenheitsfahrt alkoholbedingt im Zustand der Schuldunfähigkeit befunden. Der Geschehensablauf zeige, dass der Kläger damals unter einer Alkoholsucht mit Krankheitswert gelitten habe.
II
Die Revision der BA ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet. Die Entscheidung des LSG beruht auf einer Verletzung des § 144 Abs 1 Nr 1 SGB III. Für eine abschließende Entscheidung des Senats reichen die tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht aus.
1. Auf die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen eines Anspruchs des Klägers auf Alg für die Zeit vom 14. Januar bis ist das LSG nicht ausdrücklich eingegangen. Das kann auf sich beruhen, denn die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 117 bis 124 SGB III dürften vorliegen, zumal die BA dem Kläger ab die Leistung bewilligt hat. Die Entscheidung des LSG ist aus anderen Gründen aufzuheben.
2.1 Die Konkretisierung und Anwendung des § 144 Abs 1 Nr 1 SGB III durch das LSG halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Nach § 144 Abs 1 Nr 1 SGB III tritt eine Sperrzeit von zwölf Wochen ein, wenn der Arbeitslose ohne wichtigen Grund das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat. Das LSG hat diese Voraussetzungen verneint, weil es die Ansicht vertreten hat, eine private Trunkenheitsfahrt, die zum Verlust der Fahrerlaubnis und zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber führe, könne keine Verletzung des Arbeitsvertrages enthalten. Diese Ansicht widerspricht nicht nur der Rechtsprechung des - DBlR 2731, AFG/§ 119 = BB 1982, 559), sondern auch der vom LSG angeführten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (<BAG> BAGE 86, 95, 102 f = AP Nr 137 zu § 626 BGB = NJW 1998, 554). In dieser Entscheidung hat das BAG die Ansicht der Vorinstanz, im Falle einer privaten Trunkenheitsfahrt gingen Elemente der personen- und verhaltensbedingten Kündigung ineinander über, nicht beanstandet, die Ansicht des Arbeitgebers allerdings, ein solches Verhalten rechtfertige eine verhaltensbedingte Kündigung als "sehr fraglich" bezeichnet. Für Berufskraftfahrer hat das BAG hervorgehoben, Fehlverhalten im Straßenverkehr bei Privatfahrten könne arbeitsrechtlich erheblich sein, wenn der "Vertrauensbereich" des Arbeitsverhältnisses berührt sei (vgl BAGE 51, 104, 110; - unveröffentlicht).
Auch wenn die arbeitsrechtliche Praxis und Lehre das Arbeitsverhältnis nicht mehr als "personenrechtliches Gemeinschaftsverhältnis" begreift, gehen sie weiterhin davon aus, dass es als Sonderrechtsbeziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über ausdrückliche Abreden und den in §§ 611 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelten typischen Inhalt hinaus "nach Treu und Glauben" weitere "Nebenpflichten" als "Schutz- und Erhaltungspflichten" gegenüber dem anderen Vertragsbeteiligten enthalten könne (Preis in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 3. Aufl 2003, BGB <230> § 611 RdNr 894; Blomeyer in: Münchner Handbuch zum Arbeitsrecht, Bd I, 2. Aufl 2000, § 51 RdNr 19 ff; Müller-Glöge in: Münchner Kommentar zum BGB, Bd IV, 3. Aufl 1997, § 611 RdNr 434; Ascheid in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 3. Aufl 2002, KSchG <430> § 1 RdNr 290 ff; Künzl in: Kasseler Handbuch zum Arbeitsrecht, 2. Aufl 2002, 2.1 Inhalt der Arbeitsverhältnisse RdNr 43). Wenn das arbeitsrechtliche Schrifttum dabei auf den hier zu beurteilenden Fall des Verlusts der Fahrerlaubnis eines Berufskraftfahrers wegen einer privaten Trunkenheitsfahrt nicht verbindlich eingeht, so besagt dies nicht, dass es eine arbeitsvertragliche Pflicht zu gesetzmäßigem Verhalten im Straßenverkehr ausschließt (vgl zB Ascheid in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 3. Aufl 2002, KSchG <430> § 1 RdNr 341; "idR nicht der Verhaltensbereich angesprochen"). Es geht vielmehr davon aus, "die Vielfalt und Unterschiedlichkeit dieser Pflichten (nämlich Nebenpflichten) mache eine einheitliche Darstellung unmöglich" (Blomeyer aaO RdNr 20). Außerdem ist im Arbeitsrecht die Unterscheidung von personen- und verhaltensbedingten Kündigungen nicht erheblich, weil diese Gründe die Kündigung alternativ rechtfertigen. Aus dem Stand der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung und Lehre ergibt sich vielmehr die Notwendigkeit, anhand des Gegenstands und des Inhalts des Arbeitsvertrages sowie der konkreten Interessenlage zu überprüfen, ob in der privaten Trunkenheitsfahrt des Klägers ein arbeitsvertragswidriges Verhalten zu sehen ist, dass Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben hat. Die Prüfung liegt weitgehend auf tatsächlichem Gebiet. Das BSG ist hier an einer eigenständigen rechtlichen Beurteilung gehindert, weil das LSG - nach der von ihm vertretenen Rechtsansicht folgerichtig - für die nach der Rechtsprechung des BAG aaO erforderliche Interessenabwägung keine tatsächlichen Feststellungen getroffen hat.
2.2 Ausgangspunkt für die weitere Prüfung ist, dass die private Trunkenheitsfahrt des Klägers nur entscheidungserheblich ist, wenn dieses Verhalten eine verhaltensbedingte außerordentliche oder ordentliche Kündigung durch die Arbeitgeberin veranlasste und rechtfertigte (BSGE 58, 97, 100 = SozR 4100 § 119 Nr 26; BSG SozR 4100 § 119 Nr 32; BSGE 67, 26, 28 = SozR 3-4100 § 119 Nr 3). Dagegen kommt es nicht darauf an, worauf der Arbeitgeber die Kündigung gestützt hat.
Das LSG wird anhand der vom BAG aaO erörterten Maßstäbe zu prüfen haben, ob der Arbeitgeberin ein Recht zur Kündigung zustand. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob eine solche Kündigungsmöglichkeit durch den konkreten Arbeitsvertrag vorgesehen war (vgl zB LSG Rheinland-Pfalz, NZS 2003, 105: "Führerscheinentzug wegen Alkoholgenuss und andere vorsätzliche Verkehrsvergehen bzw Straftaten" als Gründe für eine außerordentliche Vertragslösung). Sollte eine ähnliche Vertragsklausel für das Arbeitsverhältnis des Klägers bestanden haben, wofür der Verzicht der Arbeitgeberin auf eine Begründung der Kündigung und die Hinnahme der Kündigung durch den Kläger sprechen könnte, wird das LSG die arbeitsrechtliche Wirksamkeit dieser Abrede (Günstigkeitsgrundsatz; Verhältnismäßigkeitsgrundsatz) zu bedenken haben. Es wird auch zu prüfen sein, ob es sich bei der Trunkenheitsfahrt des Klägers um einen erstmaligen Vorgang dieser Art handelte oder aber entsprechende Auffälligkeiten vorausgegangen sind und diese schon zu Abmahnungen geführt haben. Außerdem können für die Frage der Zumutbarkeit zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses die Größe des Betriebes und Umsetzungsmöglichkeiten innerhalb des Betriebes von Bedeutung sein. Eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB setzt jedenfalls voraus, dass der Arbeitgeberin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht einmal für die Dauer der Kündigungsfrist zumutbar war. Kommt das LSG zu dem Ergebnis, die fristlose Kündigung sei rechtswidrig, so ist jedenfalls eine Sperrzeit nicht durch den Ausspruch dieser Kündigung ausgelöst worden (BSGE 67, 26, 28 = SozR 3-4100 § 119 Nr 3).
Unabhängig von einer konkreten Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Falle des Verlusts der Fahrerlaubnis kann die Kündigung als verhaltensbedingte fristlose oder ordentliche Kündigung sperrzeitbegründend sein, wenn der Kläger durch sein Verhalten Nebenpflichten seines Arbeitvertrages verletzt hat. Die nicht zu bezweifelnde Pflicht eines Berufskraftfahrers, seinen Dienst unbeeinflusst von Alkohol auszuüben, begründet - wie auch das LSG anerkennt - eine arbeitsvertragliche Pflicht zur Abstinenz während der Freizeit in einem Umfang und zeitlichen Abstand, der Nüchternheit zum Arbeitsantritt gewährleistet (Preis in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 3. Aufl 2003, BGB <230> § 611 RdNr 894 mwN). Außerdem ist bei einem Berufskraftfahrer der Besitz der Fahrerlaubnis Geschäftsgrundlage für die Erfüllung des Arbeitsvertrages. Die Annahme einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht, ein Verhalten zu unterlassen, das die Grundlage der Vertragserfüllung beseitigt, enthält deshalb keine unangemessene und unverhältnismäßige Einwirkung des Arbeitsrechts auf die private Lebensgestaltung von Arbeitnehmern. Diese Überlegung dürfte der Entscheidung des BSG zu Grunde liegen, das zum Verlust der Fahrerlaubnis führende Verhalten im Straßenverkehr außerhalb des Dienstes habe zum vom Arbeitslosen zu vertretenden Unvermögen zur Erfüllung des Arbeitsvertrages und damit zur Kündigung des Arbeitgebers und zur Arbeitslosigkeit geführt ( aaO). Die Gegenbeispiele des LSG überzeugen im vorliegenden Zusammenhang nicht, weil sie sozialadäquates Verhalten betreffen. Die gegen die Rechtsprechung des BSG gerichtete Kritik von Buchner, SGb 1992, 359, 360 verfehlt diese Rechtsprechung schon im Ansatz, weil sie davon ausgeht, es komme für den Eintritt einer Sperrzeit darauf an, mit welcher Begründung der Arbeitgeber gekündigt habe. Demgegenüber stellt das BSG - wie ausgeführt - in ständiger Rechtsprechung darauf ab, ob das Verhalten des Arbeitslosen die Kündigung rechtfertigte (BSGE 67, 26, 28 = SozR 3-4100 § 119 Nr 3; ebenso: Winkler/Gagel in: Gagel, AFG, § 119 RdNr 196 - Stand: Januar 1998). Abweichende rechtliche Würdigungen des Einzelfalls durch Arbeitgeber binden die BA und die Sozialgerichte ebenso wenig wie diejenigen der Arbeitsgerichte (vgl Niesel, SGB III, 2. Aufl 2002, § 144 RdNr 50 mwN).
Entscheidend für den Eintritt einer Sperrzeit ist nicht der Entzug der Fahrerlaubnis, sondern das zu dieser Maßnahme führende Verhalten des Betroffenen. Auch wenn das private Fehlverhalten eines Berufskraftfahrers im Straßenverkehr nicht zum Entzug der Fahrerlaubnis führt, kann dieses Anlass für eine verhaltensbedingte Kündigung sein, wenn das Vertrauen des Arbeitgebers auf die Zuverlässigkeit als Grundlage des Arbeitsvertrages nicht mehr gewährleistet ist (BAGE 51, 104, 110; -), zumal Berufskraftfahrer die tatsächliche Sachherrschaft über Vermögensgegenstände des Arbeitgebers von erheblichem Wert ausüben. Diese Beurteilung ist jeweils von der Feststellung des konkreten Inhalts des Arbeitsvertrages einschließlich der diesem zu Grunde liegenden Interessenlage und sich daraus ergebender Nebenpflichten abhängig.
2.3 Das LSG wird deshalb zu prüfen haben, ob die private Trunkenheitsfahrt des Klägers gegen ausdrücklich vereinbarte Verhaltenspflichten oder dem Vertragsverhältnis zu Grunde liegende "Schutz und Erhaltenspflichten" verstieß und sich im Falle der Rechtswidrigkeit der außerordentlichen Kündigung eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung rechtfertigen ließe (BSGE 67, 26, 29 = SozR 3-4100 § 119 Nr 3; aM Niesel, SGB III, 2. Aufl. 2002, § 144 RdNr 47 - ohne Begründung). Gerechtfertigt wäre diese aber nur, wenn sich Umsetzungsmöglichkeiten im Betrieb der Arbeitgeberin nicht ergäben. Bei Fehlen einer Abmahnung wäre die grobe Fahrlässigkeit des Klägers zu verneinen (Niesel, aaO, § 144 RdNr 41 und 49), es sei denn eine Abmahnung erwiese sich arbeitsrechtlich auch für eine verhaltensbedingte Kündigung als entbehrlich (vgl dazu: Müller-Glöge in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 3. Aufl 2003, BGB <230> § 626 RdNr 48 f; Ascheid, ebd KSchG <430> § 1 RdNr 303 ff). Ein Verschulden des Klägers läge im Übrigen dann nicht vor, wenn er - worauf der festgestellte Blutalkoholgehalt hindeuten könnte - alkoholkrank gewesen ist. Im Übrigen kann der Blutalkoholgehalt unabhängig von einer Alkoholkrankheit darauf hindeuten, dass der Kläger bei seiner Trunkenheitsfahrt schuldunfähig mit der Folge war, dass eine Sperrzeit nach § 144 Abs 1 Nr 1 SGB III nicht eingetreten ist. Dagegen kann aber die strafrechtliche Würdigung des Vorgangs sprechen, die anscheinend nicht von einer Rauschtat (§ 323a Strafgesetzbuch) ausgegangen ist.
Ergibt sich, dass eine fristlose Kündigung nicht, eine fristgebundene verhaltensbedingte ordentliche Kündigung aber gerechtfertigt ist, ist die Sperrzeit jedenfalls nicht am , sondern erst mit Ablauf der für den Arbeitgeber maßgebenden Kündigungsfrist eingetreten (BSGE 67, 26, 28 = SozR 3-4100 § 119 Nr 3). Ein früherer Eintritt der Arbeitslosigkeit wäre nicht durch das Verhalten des Klägers verursacht. Leistungsrechtlich wäre die "festgestellte" Sperrzeit unmittelbar nur erheblich, soweit sie den Zeitraum nach Ablauf der Kündigungsfrist betrifft. Unabhängig hiervon ist die Anspruchsminderung nach § 128 Abs 1 Nr 4 SGB III. Diese Vorschrift knüpft ausschließlich an den Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen nach § 144 Abs 1 Nr 1 SGB III an. Diese tritt kraft Gesetzes ein und bedarf deshalb eines entsprechenden Ausspruchs durch Verwaltungsakt nicht (BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 18; BSGE 83, 95, 98 = SozR 3-4100 § 120 Nr 2; BSGE 89, 243, 249 = SozR 3-4300 § 144 Nr 8 m. zust. Anm. Wank, SGb 2003, 112).
3. Ob der Kläger einen wichtigen Grund für seine Fahrt hatte, weil seine Schwester dringend um einen Besuch gebeten hatte, muss mangels entsprechender Feststellungen des LSG tatrichterlicher Prüfung vorbehalten bleiben. Die Frage, ob eine besondere Härte iS des § 144 Abs 3 SGB III anzunehmen ist, wird in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedlich beurteilt (verneinend: LSG Rheinland-Pfalz, NZS 2003, 105, 106; bejahend: Niesel, SGB III, 2. Aufl 2002, § 144 RdNr 49). Gerade diese Beurteilung ist von den zum Eintritt einer Sperrzeit führenden Umständen im Einzelfall abhängig.
Bei seiner erneuten Entscheidung wird das LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
RAAAC-14766