BSG Urteil v. - B 4 RA 52/03 R

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: AAÜG § 1 Abs 1; AAÜG § 5; AAÜG § 8

Instanzenzug:

Gründe

I

Streitig ist, ob der beklagte Zusatzversorgungsträger für die Klägerin bezogen auf den Zeitraum vom bis zum (weitere) Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) und die daraus erzielten Arbeitsentgelte festzustellen hat.

Die Klägerin hatte seit 1968 in der DDR die Berechtigung, den Titel einer Diplom-Ingenieurin zu führen. Sie arbeitete von September 1971 bis Mai 1974 als Vorbereitungsingenieurin beim Rat der Stadt L. , Hauptplanträger; in dieser Zeit war sie in die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates (AVSt) einbezogen und sodann nach den Regeln dieses Versorgungssystems aus diesem ausgeschieden, als der Arbeitsvertrag aufgehoben wurde; von Juni 1974 bis Dezember 1980 war sie als Projektingenieurin beim VE Kombinat für Baureparaturen und Rekonstruktion L. beschäftigt. Für diese Zeiträume hat die Beklagte Zugehörigkeitszeiten, daraus erzielte Entgelte und Arbeitsausfalltage gemäß § 8 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) festgestellt.

Von Januar 1981 bis zum war die Klägerin als Projektingenieurin beim VEB Denkmalpflege L. beschäftigt. In der DDR ist sie nach Mai 1974 in kein Versorgungssystem einbezogen worden.

Mit Bescheid vom , bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom , lehnte die Beklagte (ua) den Antrag der Klägerin ab, für sie im Zeitraum vom bis zum Zugehörigkeitszeiten zur AVItech festzustellen; sie habe zwar als Diplomingenieurin im VEB Denkmalpflege Beschäftigungen von entsprechender Qualität verrichtet; sie sei aber nicht in einem Produktionsbetrieb oder gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen.

Das SG Leipzig hat die Klagen mit Urteil vom abgewiesen. Der VEB Denkmalpflege L. habe in der DDR nicht dem Wirtschaftsbereich der Industrie und des Bauwesens angehört, sondern dem der Kultur. Er sei dem Rat der Stadt L. , Abteilung Kultur, und dem Ministerium für Kultur unterstellt und damit anders als sein Vorgänger, das VE Kombinat für Baureparaturen und Rekonstruktion L. , nicht dem Rat der Stadt L. , Stadtbauamt, untergeordnet gewesen.

Das Sächsische LSG hat die Berufung der Klägerin durch Urteil vom zurückgewiesen und ausgeführt: Das AAÜG sei nicht anwendbar, weil die Klägerin zum entgegen § 1 Abs 1 AAÜG weder eine wirkliche noch eine fiktive Versorgungsberechtigung gehabt habe. Der Versorgungsträger habe auch im Ablehnungsbescheid keine Erklärung über das Bestehen einer solchen Berechtigung abgegeben. Die Voraussetzungen für eine fiktive Einbeziehung in die AVItech auf Grund einer verfassungskonformen erweiternden Auslegung des § 1 Abs 1 AAÜG lägen nicht vor, weil die Klägerin die betriebliche Voraussetzung nicht erfülle. Der VEB Denkmalpflege L. sei kein Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens gewesen. Ein "volkseigener Produktionsbetrieb" iS der zum nach Bundesrecht gültigen Regelung des § 1 Abs 2 der 2. Durchführungsbestimmung (2. DB) zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO-AVItech - vom <GBl S 844>) vom (GBl Nr 62 S 487) liege nur vor, wenn der VEB erstens organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordnet war, und zweitens als Hauptzweck die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw Produktion von Sachgütern verfolgte; Gleiches gelte für einen VEB-Produktionsbetrieb im Bauwesen. Ein VEB-Produktionsbetrieb des Bauwesens iS der 2. DB könne daher nur vorliegen, wenn der Betrieb als seinen Hauptzweck Bautätigkeiten ausgeführt habe. Der Arbeitgeber der Klägerin sei aber - anders als sein Vorgänger - dem Rat der Stadt L. , Kultur, und dem Ministerium für Kultur untergeordnet gewesen. Dies ergebe sich nicht nur aus dem Antrag auf Eintragung in das Register der volkseigenen Wirtschaft vom , sondern auch aus der Verfügung des Ministeriums für Kultur vom Nr 8, die das Statut der "Produktionsleitung Denkmalpflege" betroffen habe. Gemäß § 1 der Verfügung sei die "Produktionsleitung Denkmalpflege" das wirtschaftsleitende Organ der VEB Denkmalpflege im Verantwortungsbereich des Ministeriums für Kultur gewesen. Der "Produktionsleitung Denkmalpflege" seien VEB Denkmalpflege unterstellt worden. Durch diese Unterstellung habe der VEB Denkmalpflege L. nicht zum Ministerium für Bauwesen oder zu einem der acht Industrieministerien gehört. Unter diesen Bedingungen hätten die VEB Denkmalpflege Restaurierungs- und Erhaltungsmaßnahmen durchführen, traditionelle Handwerkstechniken fördern und bewahren sowie kultur- und kunsthistorisch wertvolle bauliche Altsubstanz unter der Federführung des Ministeriums für Kultur erhalten müssen.

Demgegenüber habe "nach dem Vortrag der Klägerin" ein nicht unerheblicher Teil der Aufgaben allgemeine Planungs- und Ausführungsarbeiten im Bereich von modernen Abbruch- und Neubauvorhaben umfasst, die dem eigentlichen, im herkömmlichen Sinn verstandenen Baubereich zuzuordnen seien. Im Verhältnis zu "echten" volkseigenen Produktionsbetrieben des (modernen) Bauwesens der DDR, die ausschließlich Neubauvorhaben durchführten und auch nur hierfür die technischen Voraussetzungen besaßen, habe der VEB Denkmalpflege L. somit eine Zwischenstellung eingenommen. Deshalb komme es entscheidend darauf an, welchem staatlichen Leitungsorgan der Beschäftigungsbetrieb unterstellt gewesen sei. Außerdem sei der VEB Denkmalpflege L. kein gleichgestellter Betrieb iS von § 1 Abs 2 der 2. DB und keine Einrichtung iS der Verordnung über die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR (AVIwiss) vom (GBl Nr 85 S 675 <geändert durch Verordnung vom GBl I S 521>) gewesen.

Die - vom LSG zugelassene - Revision rügt sinngemäß eine Verletzung der §§ 1 Abs 1, 5 und 8 AAÜG. Die Frage, ob der VEB Denkmalpflege L. ein Produktionsbetrieb des Bauwesens gewesen sei, habe das Berufungsgericht falsch beantwortet. Es sei rechtsfehlerhaft, als entscheidendes Kriterium auf das Unterstellungsverhältnis abzustellen. Außerdem sei der VEB Denkmalpflege L. gerade nicht der "Produktionsleitung Denkmalpflege" unterstellt gewesen, der nur die VEB Denkmalpflege Berlin, Dresden, Halle, Erfurt und Schwerin untergeordnet gewesen seien. Die "Denkmalpflege-Entscheidung" des habe die VEB Denkmalpflege Schwerin betroffen. Nach der Rechtsprechung des BSG komme es grundsätzlich auf eine Einzelfallprüfung bei jedem VEB an; diese sei vom LSG nicht durchgeführt worden. Der VEB Denkmalpflege L. sei nämlich im Wesentlichen in L. im Rahmen der Verwirklichung des städtischen Wohnungsbauprogramms mit Neubau, Rekonstruktion, Modernisierung und Erhaltung der Bausubstanz beschäftigt gewesen. Er sei bei vielen Bauvorhaben der Stadt L. Hauptauftragnehmer gewesen und habe seine Planungs- und Ausführungsaufträge vom Rat der Stadt L. , Ratsbereich Kultur, und vom Hauptauftraggeber Wohnungs- und Gesellschaftsbau sowie von Investitionsauftraggebern aller Bereiche der Volkswirtschaft erhalten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sächsischen das und die Ablehnungsentscheidung der Beklagten im Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom aufzuheben und diese zu verpflichten, die Zeiten der Beschäftigung der Klägerin vom bis zum als Zugehörigkeitszeiten zur AVItech sowie die daraus erzielten Arbeitsverdienste festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Zwar seien Betriebe, die weder einem Industrieministerium noch dem Ministerium für Bauwesen als staatlichem Leitungsorgan unterstellt waren, nicht von vornherein vom betrieblichen Geltungsbereich der AVItech ausgeschlossen. Im Ergebnis habe aber das LSG zutreffend festgestellt, dass der Hauptzweck des VEB Denkmalpflege L. keine industrielle Bauproduktion war und diese ihm nicht das Gepräge gab, sondern dass dieser VEB für Restaurierungs- und Erhaltungsmaßnahmen geschaffen wurde.

Nachdem sich in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG herausgestellt hatte, dass die Klägerin von 1971 bis 1974 in die AVSt einbezogen gewesen war, ferner, dass die Beklagte dies bereits einmal durch einen Bescheid vom festgestellt, jedoch diesen und alle Unterlagen hierüber inzwischen vernichtet und ferner dem BSG - wie schon den Vorinstanzen - nicht die gesamten Verwaltungsvorgänge des Versorgungsträgers über die Klägerin, sondern nur eine von ihr getroffene Auswahl an Unterlagen zur Verfügung gestellt hatte, haben die Beteiligten auf Anregung des BSG durch angenommenes Anerkenntnis geregelt, dass der Klägerin zum eine fiktive Versorgungsberechtigung nach § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG zusteht.

II

Die zulässige Revision der Klägerin ist iS der Aufhebung des angefochtenen Urteils des LSG und der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Denn das BSG kann auf Grund der vom LSG getroffenen Feststellungen nicht abschließend entscheiden, ob die Klägerin nach den §§ 8, 5 AAÜG vom beklagten Träger beanspruchen kann, wegen ihrer Beschäftigung beim VEB Denkmalpflege L. auch die Zeiten vom bis zum als "Zugehörigkeitszeiten" iS von § 5 Abs 1 AAÜG und die aus dieser Beschäftigung erzielten Arbeitsverdienste festzustellen.

1. Das AAÜG ist nach § 1 Abs 1 Satz 2 aaO auf die Klägerin anwendbar, weil die Beteiligten durch den prozessrechtlichen (§ 101 Abs 2 SGG) und verwaltungsrechtlichen Vertrag (§§ 53 Abs 1, 56, 58 SGB X) des angenommenen Anerkenntnisses (aA Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, 7. Aufl 2002, § 101 RdNr 22, ohne Angabe von Gründen), der durch zwei aufeinander bezogene und inhaltlich übereinstimmende prozess- und materiell-rechtliche Erklärungen abgeschlossen wurde, verfügend geregelt haben, die Klägerin sei zum iS von § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG fiktiv versorgungsberechtigt gewesen. Das BSG ist an diese formwirksam geschlossene vertragliche Regelung, die Doppelnatur hat, gebunden. Prozessrechtlich ist dadurch der Streit um den Anspruch auf die Feststellung einer fiktiven Versorgungsberechtigung und der daraus folgenden Einbeziehung in den persönlichen Geltungsbereich des AAÜG nach § 1 Abs 1 Satz 2 aaO, der ein eigenständiger und für das Begehren auf Feststellung von Daten nach den §§ 5 bis 8 AAÜG vorgreiflicher Anspruch ist, in der Hauptsache erledigt (§ 101 Abs 1 SGG). Materiell-rechtlich steht fest, eine fiktive Versorgungsberechtigung der Klägerin besteht, so dass nach § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG die §§ 5 bis 8 AAÜG auf die Klägerin anwendbar sind.

Dies konnte das LSG noch nicht berücksichtigen, weil ihm die Tatsachen über die Vorgänge von 1971 bis 1974 und über das erste Verwaltungsverfahren der Beklagten hierzu nicht bekannt waren.

2. Das BSG hat auf der Anspruchsgrundlage der §§ 8 Abs 1 bis 4, 5 Abs 1 AAÜG nur zu prüfen, ob für den streitigen Zeitraum "Zugehörigkeitszeiten" und Arbeitsentgelte festzustellen sind. Die bei Feststellungsansprüchen aus § 8 Abs 1 bis 4 AAÜG stets vorab zu prüfende erste Stufe, die der Anwendbarkeit des gesamten AAÜG nach § 1 Abs 1 Satz 1 oder nur der §§ 5 bis 8 AAÜG nach § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG, ist hier durch Vertrag geregelt.

a) Auf der zweiten Stufe der Prüfung eines Feststellungsbegehrens aus § 8 Abs 1 bis 4 AAÜG kommt es nach Bundesrecht allein darauf an, ob die Klägerin im streitigen Zeitraum eine Beschäftigung in der DDR ausgeübt hatte, die ihrer Art nach vom abstrakt-generell geregelten fachlichen Geltungsbereich einer (am als Bundesrecht gültigen) Versorgungsordnung (in deren am maßgeblich gewesenen Fassung) erfasst ist; das gilt auch für sog Vorsystemzeiten, sog Anwartschaftszeiten und Zeiten, für die in der DDR Beiträge erstattet wurden (§ 5 Abs 2, 2a, 3 AAÜG).

Hingegen kommt es auf der zweiten Stufe nicht darauf an, ob und ggf wann der Betroffene durch einen besonderen Akt (zB Erteilung einer Versorgungszusage, Aushändigung einer Urkunde, Einzelvertrag, Einzelentscheidung etc) in ein Versorgungssystem tatsächlich einbezogen wurde; ebenso ist unerheblich, ob er in den fraglichen Zeiten von der DDR als zugehörig oder nicht zugehörig behandelt oder sogar eigens ausgeschlossen wurde; dies alles hat Bedeutung nur auf der ersten Stufe, also für die Frage, ob zum eine "wirkliche" (§ 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG) oder eine "fiktive" (§ 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG auch in verfassungskonformer Auslegung) Versorgungsberechtigung bestanden hat.

Auf der dritten Stufe, also bei der "Subsumtion" der Tatsachen, die im streitigen Zeitraum in der DDR eingetreten bzw verwirklicht worden waren, stehen Versorgungsträger und Sozialgerichtsbarkeit vor einer besonderen Aufgabe, die im Wesentlichen nur mit der Subsumtion von "ausländischen" Tatsachen unter (nach Bundesrecht selbst als bloße Tatsache zu verstehendes) "ausländisches Recht" näherungsweise vergleichbar ist. Zwar ist der abstrakt-generelle fachliche Geltungsbereich des am gültigen Versorgungsrechts (partielles) Bundesrecht; dessen Inhalte beziehen sich aber nur rückschauend auf Gegebenheiten der DDR und verlangen die Zuordnung von Tatsachen, die sich damals ergeben haben. Deren sozialer Sinn und Bedeutung für den fachlichen Geltungsbereich der Versorgungsordnungen lässt sich annähernd zutreffend nur erschließen, wenn der damalige Kontext mitberücksichtigt wird. Zu diesem gehören aber auch die Versorgungsordnungen. Als faktischer Bestandteil der damaligen "Normalität" indizieren sie, wenn es bei der Beweiswürdigung um Tatsachen, faktische Abläufe, übliche Verhaltensweisen etc geht, eine entsprechend ihren Regeln gleichartige Verwaltungs- und Lebenspraxis. Insoweit können sie als "generelle Anknüpfungstatsachen" zur Tatsachenfeststellung beitragen.

b) Auch im vorliegenden Fall kommt es auf der zweiten Stufe, auf der die jeweiligen versorgungsrechtlichen Vorgaben des Bundesrechts zu prüfen sind (siehe oben), allein darauf an, ob die von der Klägerin im umstrittenen Zeitraum verrichtete Beschäftigung vom abstrakt-generellen fachlichen Geltungsbereich einer (am als Bundesrecht gültigen) Versorgungsordnung (in ihrer am maßgeblichen Fassung) erfasst war.

Da die Klägerin in dieser Zeit als Projektingenieurin beim VEB Denkmalpflege L. beschäftigt war und Hinweise auf eine zweite oder verborgene weitere Beschäftigung nicht vorliegen, kann die ausgeübte Beschäftigung nur vom abstrakt-generellen fachlichen Geltungsbereich der AVItech erfasst sein. Unerheblich ist, dass sich die Anwendbarkeit des AAÜG auf der ersten Stufe nach dem og Vertrag inhaltlich aus der früheren Zugehörigkeit der Klägerin zur AVSt ergeben hat; denn für die Zuordnung der Beschäftigung zu einem Versorgungssystem kommt es nicht darauf an, weshalb der Betroffene auf der ersten Stufe unter den persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG fiel.

Nach den §§ 1, 5 der Verordnung über die AVItech vom (GBl S 844) iVm § 1 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 der 2. Durchführungsbestimmung (2. DB) zur AVItech vom (GBl Nr 62 S 487) erstreckt sich der abstrakt-generelle fachliche Geltungsbereich der AVItech bei weitem nicht auf jede berufliche Tätigkeit im Bereich der Technik und angewandten Wissenschaften, sondern nur auf Beschäftigungen,

- die nach ihrem qualitativen Anforderungsprofil von Arbeitnehmern verrichtet werden mussten, die damals berechtigt waren, die Berufsbezeichnungen "Ingenieur", "Konstrukteur", "Architekt", "Techniker" oder "Werksdirektor" zu führen oder die Lehrer technischer Fächer an Fach- oder Hochschulen waren,

und die

- für einen Arbeitgeber ausgeführt wurden, der ein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder einem solchen gerade durch § 1 Abs 2 der 2. DB gleichgestellt worden war.

c) Zwar war die Klägerin Ingenieurin und mit qualitativ entsprechenden Aufgaben betraut. Es kann aber nach den Ausführungen des LSG die Frage noch nicht beantwortet werden, welche Aufgaben gerade dem VEB Denkmalpflege L. von Januar 1981 bis Juni 1990 jeweils das Gepräge gegeben haben, welchen Hauptzweck er im jeweiligen Kalenderjahr tatsächlich verfolgte.

aa) Hierzu hat das LSG lediglich mitgeteilt, dass dieser VEB "nach dem Vortrag der Klägerin" in erheblichem Umfang wie ein volkseigener Produktionsbetrieb im modernen Bauwesen der DDR eingesetzt worden sei. Zutreffend hat das LSG zwar erkannt, dass der Arbeitgeber der Klägerin durch § 1 Abs 2 der 2. DB einem VEB-Produktionsbetrieb nicht gleichgestellt ist. Es ist dem Urteil aber nicht zu entnehmen, ob das LSG den Vortrag der Klägerin für in der Sache zutreffend erachtet hat. Insoweit liegen bezüglich des Vortrags der Klägerin widersprüchliche Tatsachenfeststellungen des LSG vor; denn zum einen hat es den Vortrag der Klägerin mit dem Inhalt festgestellt, es habe sich um einen ganz normalen volkseigenen Baubetrieb gehandelt, dem die Bauproduktion das Gepräge gegeben habe, zum anderen hat es sich auf die Tatsache gestützt, die Klägerin habe gar keine vorwiegende Befassung des VEB mit Aufgaben des Bauwesens vorgetragen. Das Urteil des LSG reicht also schon deshalb nicht aus zu erkennen, welchen von den sich widersprechenden Inhalten es als Vortrag der Klägerin festgestellt und ob es sich überhaupt einen von ihnen "beweiswürdigend" mit dem Überzeugungsgrad des Vollbeweises zu Eigen gemacht hat. Bei der hier noch streitigen Prüfung der Beschäftigungszeiten von 1981 bis Juni 1990 fehlen ferner Feststellungen dazu, ob und ggf wann eine "Geprägeänderung" stattgefunden hat oder ob die Umstrukturierung 1981 gegenüber dem Aufgabenkreis des VE Kombinat für Baureparaturen und Rekonstruktion die Aufgabenstellung nicht wesentlich verändert hat. Ferner kommt es bei § 5 AAÜG, anders als bei § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG, auf die Verhältnisse im jeweiligen Kalenderjahr an.

bb) Das LSG wird nunmehr vor allem zu prüfen haben, welchen Hauptzweck der VEB Denkmalpflege L. von 1981 bis Juni 1990 tatsächlich verfolgt hat. Hierfür können die von der Klägerin angesprochenen Beweismittel zu den wirklich in L. erfüllten Aufgaben, die Statuten des VEB Denkmalpflege L. und besonders seine Geschäftsunterlagen, aber auch Zeitzeugen, ausschlaggebend werden. Insbesondere ist zu prüfen, ob dieser VEB ein produzierender Betrieb war und was mit welchem Anteil am Betriebsaufwand und am Betriebsergebnis tatsächlich produziert wurde. Es bedarf einer durch noch festzustellende Hilfstatsachen gestützten Würdigung, ob die denkmalpflegerischen Aufgaben oder aber die Aufgaben des modernen Bauwesens der DDR überwogen haben.

Sollte sich dies für das LSG anhand der Hilfstatsachen weder in dem einen noch in dem anderen Sinne mit dem Beweisgrad des Vollbeweises klären lassen, könnte es für die Beweiswürdigung auf die Frage der Zuordnung zum Wirtschaftsbereich ankommen. Insoweit wird das LSG ggf neu zu prüfen haben, ob der Arbeitgeber der Klägerin wirklich der "Produktionsleitung Denkmalpflege" (sowie der fachwissenschaftlichen Anleitung durch das Institut für Denkmalpflege) unterstellt war und woraus sich dies konkret ergibt.

Hingegen ist die Unterstellung eines VEB unter ein anderes als ein Ministerium der Industrie bzw des Bauwesens aus sich heraus allein nicht ausreichend, einen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens abzulehnen. Die Unterstellungsverhältnisse können über eine bloß indizielle Wirkung hinaus eine ausschlaggebende Bedeutung bei der Beweiswürdigung nur erlangen, wenn alle erreichbaren Beweismittel zu den wirklichen Aufgaben des VEB erschöpft sind und wenn ferner die Unterstellung unter einen anderen Wirtschaftsbereich ausnahmsweise aus besonderen Gründen sogar dann sachlich gerechtfertigt gewesen sein könnte, wenn in Wirklichkeit die industrielle oder Bauproduktion dem VEB das Gepräge gaben. Dies wäre jedenfalls bei einem VEB mit zu würdigen, der in erheblichem Umfang, wenn auch nicht prägend, denkmalpflegerische Aufgaben im engeren Sinn verrichtet hat.

In jedem Falle wird aber das LSG vorab - unter Ausschöpfung der ihm zugänglichen Beweismittel - die konkreten Hilfstatsachen feststellen müssen, die überhaupt erst die beweiswürdigende Erkenntnis der Haupttatsache des tatsächlichen Gepräges der Aufgabenerfüllung des VEB Denkmalpflege L. in den jeweiligen Kalenderjahren ermöglichen.

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Fundstelle(n):
SAAAC-13801